3 RK 2/56
Gründe
Der Beigeladene J. war bis zu seinem Tode (1957) der alleinige Geschäftsführer der klagenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung. An ihrem Stammkapital in Höhe von 20.000,00 DM war er mit 1.000,00 DM beteiligt; nach dem Vortrag der Klägerin war er ferner ihr Hauptgläubiger, dessen Guthabenkonto bei der Klägerin in der Zeit von 1951 bis 1953 von rund 59.000,00 DM auf über 106.000,00 DM gestiegen war. In dem Anstellungsvertrag des Beigeladenen vom 10.8.1951 war bestimmt, daß er seine gesamte Arbeitskraft und sein ganzes Wissen ausschließlich in den Dienst der Klägerin zu stellen hatte. Er war verpflichtet, die Satzung der Klägerin und die besonderen Geschäftsanweisungen auf Grund von Gesellschaftsbeschlüssen zu beachten. Als Vergütung stand Geschäftsführer J. eine Umsatzbeteiligung von 10 % zu.
Die Versicherungsanstalt Berlin, die Rechtsvorgängerin der beklagten KK, stellte diesen Sachverhalt anläßlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin fest. Sie sah Geschäftsführer J. als abhängig beschäftigt und deshalb als versicherungspflichtig an und forderte von der Klägerin Zahlung der noch nicht verjährten Beiträge, nämlich für die Zeit vom 1.1.1950 bis zum 31.5.1952 in Höhe von 3.515,00 DM.
Die gegen diese Beitragsbescheide gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision der Klägerin erwies sich als begründet, soweit revisibles Berliner Recht anzuwenden war.
Revisibles Landesrecht kommt im vorliegenden Streitfall nur zur Anwendung, soweit es sich um die Versicherungspflicht des Beigeladenen J. in der AV vom 1.4. bis 31.5.1952 handelt. Vom 1.4.1952 an wurde im Lande B. die RentV wieder getrennt als JV und AV durchgeführt. Nach § 1 RVÜG vom 10.7.1952 (GVBI. S. 588) sollten in Berlin die Vorschriften des AVG i.d.F. der Ersten VereinfVO vom 17.3.1945 (AVG a.F.) Anwendung finden, soweit das RVÜG nichts anderes vorschreibt. Damit war, soweit es sich um die Versicherungspflicht handelt, auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 AVG a.F. verwiesen, wonach Angestellte (§ 165b der Reichsversicherungsordnung) versicherungspflichtig waren. Diese Übereinstimmung des Berliner Rechts mit dem Bundesrecht war, wie schon die Überschrift des RVÜG klar erkennen läßt, „bewußt und gewollt“.
Der Revisibilität dieser Norm steht nicht entgegen, daß das Berliner Recht bestimmte Fragen der Versicherungspflicht und -freiheit für eine Übergangszeit abweichend vom Bundesrecht geregelt hat (vgl. §§ 18 ff. RVÜG). So bestand in B. während des hier in Betracht kommenden Zeitraumes keine Begrenzung der Versicherungspflicht für Angestellte durch eine Jahresarbeitsverdienstgrenze (§ 18 RVÜG). Die Revisibilität des Landesrechts hängt jedoch nicht davon ab, daß Inhaltsgleichheit mit außerhalb des Landes gültigem Recht für größere, in sich abgeschlossene Rechtsgebiete besteht. Vielmehr genügt es, daß die einzelne Regelung für sich genommen die gewollte Übereinstimmung mit der anderen Norm - insbesondere in dem hier gegebenen Fall einer Verweisung auf Bundesrecht - aufweist, mögen auch hiermit zusammenhängende Fragen, die aber nicht Gegenstand der fraglichen Regelung sind, anders behandelt sein. Verweist Landesrecht zum Zwecke der Angleichung auf Bundesrecht dergestalt, daß es für einzelne Rechtsfragen Sonderregelungen trifft, so sind diejenigen Vorschriften, auf die verwiesen wird, revisibel, soweit nicht landesrechtliche Sonderregelungen vorliegen. § 1 RVÜG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AVG a.F. ist somit revisibel.
Soweit im vorliegenden Rechtsstreit diese Vorschrift zur Anwendung kommt - Versicherungspflicht in der AV vom 1.4. bis 31.5.1952 -, ist die Revision auch begründet.
Entgegen der Rechtsauffassung des LSG war der Beigeladene J. nicht als „Angestellter in leitender Stellung“ anzusehen (§ 1 RVÜG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AVG a.F.; § 165b Abs. 1 Nr. 1 RVO). Auch ein Angestellter in leitender Stellung, der also selbst weisungsberechtigt ist, steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Dieses ist nach der feststehenden Rechtsprechung des erkennenden Senats durch das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit gekennzeichnet. Sie ist bei Beschäftigung in einem Betrieb gegeben, wenn der entgeltlich Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert und damit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterworfen ist (BSG 8 S. 278, 282; 10 S. 41, 44 ff.; 11 S. 257, 259 ff.; 13 S. 130).
Die Feststellung, ob in diesem Sinne persönliche Abhängigkeit vorliegt, stößt bei dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) auf besondere Schwierigkeiten, weil er sowohl eine gesellschaftsrechtliche als auch eine durch seinen Dienstvertrag bestimmte Rechtsstellung innehat. Auf der einen Seite hat er eine gesellschaftsrechtliche Organstellung, die ihm durch die Bestellung zum Geschäftsführer- sei es im Gesellschaftsvertrag, sei es durch Beschluß der Gesellschafter (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2, § 46 Nr. 5 GmbH-Gesetz) - verliehen wird. In dieser Eigenschaft vertritt er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz). Er ist der „konkrete Prinzipal“ (RGZ 120 S. 300, 303) und übt das Weisungsrecht des Arbeitgebers und seine sonstigen Funktionen aus; er „repräsentiert ihn“ (BGHZ 12 S. 1, 8).
Aus dieser - bei Beschäftigung von Arbeitnehmern gegebenen - Arbeitgeberfunktion der Geschäftsführer hat die Gesetzgebung eine Reihe von Folgerungen gezogen. Im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11.10.1952 (BGBl. I S. 681) gelten sie nicht als Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 2 Buchst. a). Sie genießen nach § 12 Buchst. a KSchG vom 10.8.1951 (BGBl. I S. 499) keinen Schutz gegenüber sozial ungerechtfertigter Kündigung. Sie gelten nicht als Arbeitnehmer i.S. der Arbeitszeitordnung vom 30.4.1938 - RGBI. I S. 447 - (§ 1 Abs. 2 Nr. 1), des SchwBG vom 16.6.1953 - BGBl. I S. 389 - (§ 2 Abs. 2 Buchst. b) und des ArbGG (§ 5 Abs. 1 Satz 3); sie können zu Arbeitsrichtern und Sozialrichtern „aus Kreisen der Arbeitgeber“ (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 16 Abs. 4 Nr. 2 SGG) berufen werden. Indessen kann daraus, daß der Geschäftsführer einer GmbH in manchen Rechtsbeziehungen nicht als Arbeitnehmer behandelt wird, noch nicht gefolgert werden, daß er auch über diese speziellen Regelungen hinaus, insbesondere im Sozialversicherungsrecht, nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist. Das geht schon daraus hervor, daß eine Reihe der vorgenannten Rechtsfolgen auch leitenden Angestellten zuerkannt wird, obwohl diese unbestritten abhängig beschäftigt sind.
Kann somit aus der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen allein noch nicht auf die Selbständigkeit des GmbH-Geschäftsführers geschlossen werden, so entscheidet sich die Frage, ob er abhängig beschäftigt ist, letztlich nach seinem Anstellungsverhältnis, das von der gesellschaftsrechtlichen Stellung als Geschäftsführer zu unterscheiden ist. Abgesehen von den seltenen Fällen, in denen ein Geschäftsführer für die Gesellschaft unentgeltlich - regelmäßig auf Grund eines Auftrags (§ 662 ff. BGB) - tätig ist, besteht zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer ein Dienstvertrag, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611 ff., 675 BGB). Das ist auch in der Rechtspr. des RVA anerkannt, und zwar uneingeschränkt für den - auch hier - vorliegenden Fall, daß der Geschäftsführer nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung zum Geschäftsführer bestellt worden ist (Grunds. Entsch. Nr. 4064 in AN 1931 S. 202 und Nr. 5229 in AN 1938 S. 384; vgl. ferner Scholz, GmbH-Gesetz 2. Aufl. § 35 Anm. 10; Dersch in RdA 1951 S. 212; Kunkel in GmbH-Rundschau 1954 S. 22; a.M. Hachenburg, GmbH-Gesetz 6. Aufl. Bd. Il § 35 Anm. 44, der Bestellung zum Geschäftsführer und Abschluß des Anstellungsvertrages in einen „Geschäftsführervertrag“ zusammenfallen läßt, für den aber die Vorschriften über den Dienstvertrag und die entgeltliche Geschäftsbesorgung, gegebenenfalls den Auftrag, sinngemäß gelten sollen; der praktische Unterschied gegenüber der herrschenden Lehre ist gering).
Ob dieses Dienstverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft auch ein - die Versicherungspflicht auslösendes - abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt, ist vom RVA (vgl. die genannten Entscheidungen) im wesentlichen danach beurteilt worden, ob der Geschäftsführer als Mitgesellschafter einen maßgebenden Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft hat. Dieser wiederum wurde an seiner Kapitalbeteiligung an der GmbH gemessen. Wenn er weniger als die Hälfte der Geschäftsanteile der GmbH - oder, falls es nach dem Gesellschaftsvertrag zur Beschlußfassung einer qualifizierten Mehrheit bedurfte, weniger als den zur Ausübung der Sperrminorität erforderlichen Anteil der Geschäftsanteile (EuM Bd. 40 S. 372) - besaß, wurde er regelmäßig als unselbständig beschäftigt und demzufolge versicherungspflichtig angesehen. Soweit dieses Rechtspr. aus der entsprechenden Beteiligung am Stammkapital und dem hierdurch begründeten beherrschenden Einfluß des Gesellschafter-Geschäftsführers gefolgert hat, daß er selbständig beschäftigt ist, kann ihr unbedenklich gefolgt werden. Der Gesellschafter kann bei seiner eigenen Bestellung zum Geschäftsführer mitwirken; der Ausschluß vom Stimmrecht nach § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbH-Gesetz berührt diese Beschlußfassung nicht, da es sich hierbei um einen Organisationsakt innerhalb der Gesellschaft, nicht aber um ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten handelt, der gleichzeitig Gesellschafter ist (Hachenburg a.a.O. § 47 Anm. 22; Scholz a.a.O. § 6 Anm. 7, § 47 Anm. 19). Wegen des inneren Zusammenhangs der Bestellung zum Geschäftsführer mit dem Anstellungsvertrag kann der begünstigte Gesellschafter auch bei der Beschlußfassung über den mit ihm abzuschließenden Dienstvertrag mitwirken (RGZ 74 S. 276, 279 f; BGHZ 18 S. 205, 210 f mit weiteren Nachweisen; Hachenburg a.a.O. § 47 Anm. 22). Kann aber ein Gesellschafter vermöge seiner Kapitalbeteiligung sowohl einen entscheidenden Einfluß auf Abschluß und Gestaltung seines Anstellungsvertrages ausüben als auch verhindern, daß Weisungen i.S. eines Direktionsrechts, die ihm nicht genehm sind, erteilt werden, so liegt keinesfalls ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor (vgl. Kunkel a.a.O. S. 22, 25).
Dem Umkehrschluß, daß mangels eines durch Kapitalbeteiligung vermittelten beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, kann allerdings in der vom RVA ausgesprochenen Allgemeinheit (vgl. die oben zitierten Entscheidungen) nicht zugestimmt werden. Hat der Gesellschafter keinen solchen bestimmenden Einfluß auf die Gesellschaft, so muß er zwar grundsätzlich hinnehmen, daß ihm durch den Gesellschaftsvertrag oder die Beschlüsse der Gesellschafter Beschränkungen in seiner Geschäftsführung auferlegt werden (§ 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz) und daß ihm durch solche Beschlüsse auch positive Anordnungen gegeben werden (Hachenburg a.a.O. § 37 Anm. 3). Indessen genügt für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht schon, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete überhaupt an Weisungen irgendwelchen Art gebunden ist. Auch wer sich durch Dienstvertrag zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung als Selbständiger verpflichtet hat, muß grundsätzlich nach § 675 i.V.m. § 665 Satz 1 BGB „Weisungen“ des Dienstberechtigten beachten (vgl. Nikisch, RdA 1960 S. 1). Deshalb kommt es für die Entscheidung der Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder vertragliche Dienstverpflichtung eines Selbständigen vorliegt, darauf an, welcher Art die Weisungsgebundenheit des zur Dienstleistung verpflichteten Geschäftsführers ist. Besteht sie allein darin, daß der Geschäftsführer in seiner Entscheidungsfreiheit bei bestimmten wichtigeren Geschäften beschränkt ist, ohne zugleich einem - für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden - Direktionsrecht des Dienstberechtigten in bezug auf die Ausführung seiner Arbeit unterworfen zu sein, so ist der Geschäftsführer trotz seiner gesellschaftsrechtlichen Bindung an den - in Beschlüssen konkretisierten - Willen der Gesellschaftermehrheit nicht abhängig beschäftigt.
So wenig somit schon ein nur beschränkter Einfluß des Gesellschafter-Geschäftsführers bei der Beschlußfassung der Gesellschafter, der sich aus seiner geringen Kapitalbeteiligung ergibt, auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dieses Geschäftsführers schließen läßt, so wenig kann allerdings auch der Organstellung des Geschäftsführers schlechthin entnommen werden, daß er selbständig beschäftigt ist. Die gegenteilige Meinung beruft sich vor allem darauf, daß der Geschäftsführer dadurch, daß sein Wille in den Prozeß der Willensbildung der Gesellschaft einbezogen ist, notwendig eine Unternehmerstellung einnimmt (so besonders Dersch in RdA 1951 S. 212, in der Anmerkung zum Urteil des BSG vom 25.11.1955 in SGb 1957 S. 270, 271 f und in Kaskel / Dersch, Arbeitsrecht 5. Aufl. S. 28, vgl. ferner Hueck in Anmerkungen zu den Urteilen des BGH vom 16.12.1953 in RdA 1954 S. 110, 112, des RG vom 18.7.1942 in ArbRSlg, Bd. 5 S. 309, 312, des RAG vom 25.9.1929 in ArbRSIg. Bd. 7 S. 156, 161 f sowie in Gesellschaftsrecht 9. Aufl S. 129 f, 199 und Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts 6. Aufl. Bd. 1 S. 39 f Note 15 und 79 Note 7; vgl. ferner Nipperdey / Mohnen / Neumann in Staudinger, Kommentar zum bürgerlichen Gesetzbuch 11. Aufl. Bd. II, 3. Teil Vorbem. vor § 611 Anm. 204; Hachenburg, a.a.O., 6. Aufl. § 35 Anm. 44 sowie RGZ 120 S. 300, 302 f; BGHZ 10 S. 187, 190 f; 12 S. 1, 5 ff.). Vielfach werden hierbei Rechtsfolgen, die für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften gelten (vgl. die oben zitierten Entscheidungen), ohne weiteres auf die Rechtsstellung von GmbH-Geschäftsführern übertragen. Das erscheint nicht unbedenklich, da das Gesetz (vgl. § 70 Abs. 1 AktG) dem Vorstand einer Aktiengesellschaft eine wesentlich selbständigere Stellung als dem Geschäftsführer einer GmbH einräumt. Gegen die Auffassung, daß Organmitglieder niemals in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu ihrer Gesellschaft stehen können, ist vor allem einzuwenden, daß sie die gesellschaftsrechtlich begründete Organstellung des Geschäftsführers nicht deutlich genug von seinem Anstellungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft trennt (vgl. Kunkel a.a.O. S. 22 unter IV). So klar auf der einen Seite, wie bereits dargelegt, die Stellung des GmbH-Geschäftsführers dadurch gekennzeichnet ist, daß er Unternehmer- und Arbeitgeberfunktionen erfüllt, so wenig ist damit auf der anderen Seite über die Bindungen ausgesagt, denen er selbst bei seiner Geschäftsführung im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft unterworfen sein kann. Wie Dersch (RdA 1951 S. 212) zuzugeben ist, enthält eine solche Vereinigung von Organmitgliedschaft und Arbeitnehmertum in einer Person „wesensmäßige funktionelle Gegensätze“. Doch müssen solche Spannungen nicht zu unlösbaren Interessenkollisionen führen, die es ausschließen würden, daß beide Funktionen von der gleichen Person wahrgenommen werden. Wie das schon erwähnte Beispiel der leitenden Angestellten zeigt, die vielfach wie die gesetzliche Vertretung ausübenden Organmitglieder zur Arbeitgeberseite gerechnet werden, andererseits aber unstreitig abhängig Beschäftigte sind, läßt die Rechtsordnung es zu, daß dieselbe Person zum Teil Arbeitgeber- und zum Teil Arbeitnehmerfunktionen erfüllt.
Ob der Geschäftsführer in einem freien Dienstverhältnis oder in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft steht, kann nur aus dem Anstellungsvertrag, erforderlichenfalls unter Heranziehung der näheren Umstände seiner Tätigkeit, entnommen werden. Ergibt sich hieraus, daß der Geschäftsführer einem Direktionsrecht - sei es der Gesamtheit der Gesellschafter, sei es, was zulässig wäre, eines Aufsichtsrats (vgl. Scholz a.a.O. § 37 Anm. 4) - unterworfen ist, so liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Hierbei ist nicht entscheidend, ob der Geschäftsführer bei seinen Sachentscheidungen im Rahmen der Geschäftsführung bestimmten Beschränkungen unterliegt, z.B. für bestimmte wichtigere Maßnahmen die Genehmigung der Gesellschafter einholen muß. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Geschäftsführer „im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“, wie § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB die Selbständigkeit des Handelsvertreters unter Verwertung eines allgemeinen Rechtsgedanken umschreibt (vgl. dazu Hueck/Nipperdey, a.a.O. S. 40 Note 15 am Schluß) oder ob er einem „Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung“ umfassenden Weisungsrecht unterliegt (BGHZ 10 S. 190).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen beurteilt, erweist sich das Anstellungsverhältnis des verstorbenen Beigeladenen J. als ein unabhängiges Dienstverhältnis. Aus seinem Anstellungsvertrag i.V.m. der Satzung der Gesellschaft geht hervor, daß er die Genehmigung der Gesellschafter für bestimmte Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung - z.B. Erwerb und Veräußerung von Grundstücken - einzuholen hatte, zur Einhaltung der besonderen Geschäftsanweisungen auf Grund von Gesellschafterbeschlüssen verpflichtet war und sich über Angelegenheiten grundsätzlicher Art vor ihrer Durchführung mit den Gesellschaftern „zu verständigen“ hatte. Diese Beschränkungen grenzten nur die Sachentscheidungsbefugnis des Beigeladenen ein, so daß auf sich beruhen kann, ob diese Beschränkungen, wie die Klägerin geltend gemacht hat, praktisch kaum in Erscheinung getreten sind, der Beigeladene vielmehr als Hauptgläubiger der Gesellschaft und als der sachkundige Fachmann die Geschäfte der Gesellschaft im wesentlichen nach eigenem Gutdünken geführt hat. jedenfalls unterlag der Beigeladene nach seinem Dienstvertrag keinen Beschränkungen, soweit es sich um Gestaltung und Ausführung seiner Arbeit, insbesondere in Fragen der Arbeitszeit, handelte; unstreitig entsprach auch die tatsächliche Durchführung des Vertrages dieser Vereinbarung.
Demnach war der verstorbene Beigeladene J. in der AV in der Zeit vom 1.4. bis 31.5.1952 nicht versicherungspflichtig. Insoweit waren das angefochtene Urteil und die Beitragsbescheide der beklagten KK aufzuheben.