XII ZB 214/16
Gründe
I.
Auf den am 13. Juni 2015 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 15. August 1997 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antrags-gegners rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Mai 2015 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) hat der Antragsgegner unter anderem bei dem A. e.V. (Beteiligter zu 7) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil in Höhe von 89.684,58 € erworben.
Auf Verlangen des Versorgungsträgers hat das Familiengericht dieses Anrecht extern geteilt und zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Beteiligten zu 7 ein Anrecht in Höhe von 44.842,29 €, bezogen auf den 31. Mai 2015, zu Gunsten der Antragstellerin auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beteiligte zu 4) begründet sowie den Beteiligten zu 7 verpflichtet, diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 2,25 % p.a. und Zinseszinsen ab dem 1. Juni 2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich an die Beteiligte zu 4 zu zahlen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, dass die Versorgungsausgleichs-kasse (Beteiligte zu 8) als Zielversorgungsträger bestimmt und der Beteiligte zu 7 verpflichtet wird, an diese 44.842,29 € nebst Zinsen in Höhe von 2,25 % ab dem 1. Juni 2015 bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu zahlen; eine Verpflichtung zur Zahlung von Zinseszinsen hat es abgelehnt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Familien-gerichts mit der Maßgabe begehrt, dass die C. AG zur Zielversorgung bestimmt wird.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Antragstellerin habe einen Ausgleich in der Beteiligten zu 8 als auf-nehmenden Versorgungsträger angeregt. Auch wenn deren Aufnahmebereitschaft nicht nachgewiesen sei, fungiere sie nach § 15 Abs. 5 Satz 2 VersAusglG ohnehin als Zielversorgungsträger. Der an die Beteiligte zu 8 zu zahlende Kapitalbetrag sei zwar zu verzinsen, nicht aber um Zinseszinsen zu erhöhen.
2. Dies hält der Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde nicht stand.
a) Zwar ist das Oberlandesgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der gemäß §§ 222 Abs. 3 FamFG, 14 Abs. 4 VersAusglG zu zahlende Kapital-betrag zur Berücksichtigung der Wertsteigerung des auszugleichenden An-rechts zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit dem zur Ermittlung des Ausgleichswerts verwendeten Rechnungszins zu verzinsen ist (Senatsbeschlüsse BGHZ 191, 36 = FamRZ 2011, 1785 Rn. 17 ff. und vom 6. Februar 2013 - XII ZB 204/11 - FamRZ 2013, 773 Rn. 20 ff.).
Auch hat das Oberlandesgericht zutreffend angenommen, dass in der Beschlussformel insoweit lediglich eine einfache Verzinsung ausgesprochen werden kann, nicht aber eine den Zinseszins beinhaltende Aufzinsung (vgl. den nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 - XII ZB 201/17 - FamRZ 2017, 1655 Rn. 34 ff. mwN).
b) Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde indessen, dass das Oberlandesgericht die innerhalb der vom Gericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist von der Antragstellerin ausgewählte C. AG nicht als Zielversorgung benannt hat.
aa) Verlangt der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG die externe Teilung eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes, steht der ausgleichsberechtigten Person gemäß § 15 Abs. 1 VersAusglG ein Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung zu. Nach § 222 Abs. 1 FamFG ist dieses Wahlrecht in einer vom Gericht zu setzenden Frist auszuüben. Wird das Wahlrecht ausgeübt, hat die ausgleichsberechtigte Person gemäß § 222 Abs. 2 FamFG innerhalb der Frist zugleich nachzuweisen, dass der ausgewählte Versorgungsträger mit der vorgesehenen Teilung einverstanden ist. Übt die ausgleichsberechtigte Person dagegen ihr Wahlrecht nicht aus, so erfolgt die externe Teilung eines Anrechts im Sinne des Betriebsrentengesetzes nach § 15 Abs. 5 VersAusglG durch Begründung eines Anrechts bei der Versorgungsausgleichskasse.
bb) Das Oberlandesgericht hatte der Antragstellerin durch Verfügung des Berichterstatters vom 25. Februar 2016 eine Frist zur Ausübung ihres Wahl-rechts bis zum 30. März 2016 gesetzt. Die Antragstellerin hat ihr Wahlrecht durch einen am 29. März 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom gleichen Tag, in dem die C. AG als Zielversorgung benannt wurde, nach § 222 Abs. 1 und 2 FamFG wirksam ausgeübt, denn dem Schriftsatz war eine entsprechende Einverständniserklärung der C. AG vom 22. März 2016 beigefügt.
cc) Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zuvor mit Anwaltsschriftsatz vom 8. März 2016 mitgeteilt hatte, dass der Ausgleich in der Versorgungsausgleichskasse gewünscht und angeregt werde, die externe Teilung in der Versorgungskasse vorzunehmen. Denn dabei handelt es sich schon nicht um die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG, sondern lediglich um den Verzicht auf den Ablauf der vom Oberlandesgericht nach § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist. Ein solcher Verzicht steht der späteren Aus-übung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG jedenfalls nicht entgegen, solange das Gericht eine Entscheidung in der Sache noch nicht getroffen hat.
Zwar ist die angefochtene Entscheidung ausweislich des Erlassvermerks bereits am 21. März 2016 zur Geschäftsstelle gelangt (§ 38 Abs. 3 FamFG). Indessen rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass die Antragstellerin vor Erlass des Beschlusses mehrfach, unter anderem am 14. und 15. März 2016, auf der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts angerufen und um den Ausgleich in der C. AG gebeten habe. Diesem Vorbringen ist das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 20. April 2016, durch den es eine Berichtigung des hier angefochtenen Beschlusses abgelehnt hat, nicht entgegen getreten. Damit ist dieses Vorbringen für das Rechtsbeschwerdeverfahren als wahr zu unterstellen.
Nachdem die Antragstellerin das Oberlandesgericht über die anderweitige Ausübung ihres Wahlrechts informiert hatte, durfte das Gericht im Hinblick auf das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete all-gemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl. dazu BVerfG NJW 2014, 205 Rn. 20) nicht mehr vor Ablauf der gemäß § 222 Abs. 1 FamFG gesetzten Frist entscheiden. Unabhängig davon bedarf es selbst für die Ausübung des Wahlrechts nach § 15 Abs. 1 VersAusglG gemäß § 114 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 7 FamFG nicht der Vertretung durch einen Rechtsanwalt.
c) Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG).
3. Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden, da eine fehlende Verfahrensbeteiligung der C. AG als Zielversorgungsträger im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden kann.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Gemäß §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 219 Nr. 3 FamFG hat das Gericht diejenigen Versorgungsträger am Verfahren zu beteiligten, bei denen ein Anrecht zum Zweck des Ausgleichs begründet werden soll. Auf den zwingenden Charakter dieser Verfahrensvorschriften hat der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich hingewiesen (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2017 - XII ZB 405/16 - FamRZ 2017, 727 Rn. 7). Für eine Beteiligung in diesem Sinne reicht es nicht aus, wenn der Versorgungsträger in der Endentscheidung benannt und ihm diese zugestellt wird. Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor deren Erlass zu äußern. Daher muss grundsätzlich zu jedem dem Gericht unterbreiteten Vortrag Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, soweit er für die Entscheidung erheblich ist. Das Gericht darf nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse verwenden, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten vorher äußern konnten (vgl. BVerfG FamRZ 1994, 493, 494 f.).