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XII ZB 64/13

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2013 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.187,33 €,

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung der Rente des Antragstellers.

Auf den am 10. Februar 2007 zugestellten Antrag hatte das Familiengericht die am 1. Oktober 1982 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Beteiligten (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden. Zugleich hatte es den Versorgungsausgleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht durchgeführt.

Während der Ehezeit (1. Oktober 1982 bis 31. Januar 2007, § 1587 Abs. 2 BGB aF) hatten beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Der Versorgungsausgleich wurde dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Ehemanns bei der Antragsgegnerin (Deutsche Rentenversicherung Bund; im Folgenden: DRV Bund) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 510,71 € im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland übertragen wurden, bezogen auf den 31. Januar 2007 als Ehezeitende.

Seit dem 1. Juni 2011 bezieht der Ehemann von der DRV Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die seit dem 1. Januar 2012 1.050,76 € beträgt. Ohne Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs hätte die Rente des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversicherung 1.561,47 € betragen. Daneben bezieht der Ehemann weitere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von monatlich 1.807 €.

Im Scheidungsverfahren hatte die Ehefrau Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.600,50 € sowie auf Zugewinnausgleich in Höhe von rund 30.000 € geltend gemacht, die zwischen den Eheleuten streitig waren. Über diese Ansprüche schlossen die Eheleute im Scheidungstermin am 1. September 2009 folgenden gerichtlichen Vergleich:

"1. Der Antragsteller verpflichtet sich, zum Ausgleich des nachehelichen Unterhaltes sowie zur Übertragung des Miteigentumsanteils der Antragsgegnerin an ihn an der Immobilie M-Straße in K… an die Antragsgegnerin insgesamt einen Betrag von 115.000 € zu zahlen. Die Zahlung ist fällig zum 31. Oktober 2009.

2. .…

3. Der Antragsteller stellt die Antragsgegnerin von den Darlehensverpflichtungen bei der Raiffeisenbank … frei.

4. Die Parteien erklären, wechselseitig auf evtl. bekannte oder unbekannte Ansprüche aus Zugewinnausgleich zu verzichten."

Die Ehefrau bezieht keine Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich übertragenen Anrecht. Unterhalt zahlt der Ehemann ihr nicht.

Den am 16. Januar 2012 gestellten Antrag, die Kürzung seiner laufenden Versorgung gemäß § 33 VersAusglG auszusetzen, hat das Familiengericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat die Voraussetzungen einer Rentenkürzung nach § 33 VersAusglG verneint. Für eine Aussetzung der Kürzung sei erforderlich, dass diese Einfluss auf den Unterhalt habe. Das sei nicht der Fall, wenn die Unterhaltsansprüche abgefunden worden seien. Verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Aussetzung der Rentenkürzung sei die neben die Kürzung der Rente aus dem Regelsicherungssystem tretende Unterhaltsbelastung des Ausgleichspflichtigen. Zu dieser Doppelbelastung komme es jedoch nicht mehr, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte auf Unterhalt verzichtet habe oder Unterhalt deshalb nicht mehr in Betracht komme, weil etwaige Unterhaltsansprüche abgefunden worden seien. Andernfalls würden Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, die der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 33 VersAusglG habe verhindern wollen.

2. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 21. März 2012 - XII ZB 234/11 - FamRZ 2011, 853 Rn. 17 ff.). Die Vorschrift beruht auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach ein verfassungswidriger Zustand einträte, wenn der Ausgleichspflichtige neben der grundsätzlich hinzunehmenden Rentenkürzung zusätzlich durch Unterhaltszahlungen belastet wird, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung weiter eingeschränkt würde (BVerfGE 53, 257, 303 f. = FamRZ 1980, 326, 335). Dies zu vermeiden entspricht einer in der Gesetzesbegründung zu § 33 VersAusglG hervorgehobenen Zielsetzung (BT-Drucks. 16/10144 S. 72).

b) Wie der Senat bereits entschieden hat, beschränkt § 33 Abs. 3 VersAusglG die Aussetzung der Rentenkürzung auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, den der geschiedene Ehegatte nach § 33 Abs. 1 VersAusglG bei ungekürzter Versorgung hätte. Hierdurch begegnet die gesetzliche Neuregelung auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute (Senatsbeschlüsse vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189 Rn. 19 und vom 21. März 2012 - XII ZB 234/11 - FamRZ 2012, 853 Rn. 23 mwN).

Weiter hat der Senat entschieden, dass die Aussetzung der Rentenkürzung durch die Regelung des § 33 Abs. 3 VersAusglG auch auf das Maß des tatsächlich geschuldeten - gegebenenfalls geringeren - Unterhaltsbetrags beschränkt ist (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189 Rn. 22). Denn über den tatsächlich zu zahlenden Betrag hinaus tritt eine Doppelbelastung des Ausgleichspflichtigen, durch die er in der Freiheit seiner Lebensführung mehr als zulässig eingeschränkt würde und vor der er deshalb von Verfassungs wegen geschützt werden müsste, nicht ein.

c) Allerdings hat der Bundesgerichtshof zur früheren Vorschrift des § 5 VAHRG entschieden, dass auch dann, wenn der Ausgleichspflichtige den Unterhaltsanspruch des berechtigten Ehegatten im Wege eines Vergleichs durch eine Unterhaltsabfindung ausgleicht, nicht ausgeschlossen sei, dass der Verpflichtete über den Zeitpunkt seiner Leistung hinaus in seiner Lebensführung eingeschränkt ist. Der Verpflichtete könne durch die Leistung einer Abfindung im Einzelfall erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, die einer fortlaufenden Unterhaltszahlung gleichkommen könnten. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn der Verpflichtete ein Darlehen habe aufnehmen müssen, um seiner Leistungspflicht aus dem Vergleich nachkommen zu können. Aber auch wenn der Verpflichtete die Abfindung aus eigenen Mitteln habe finanzieren können, müsse er in der Folgezeit auf die sonst erwirtschafteten Erträge aus dem Abfindungsbetrag verzichten. Wie schwer die Abfindung den Verpflichteten belaste, hänge von seiner übrigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Auch könne der Zeitpunkt eine Rolle spielen, zu dem die Abfindung gezahlt wurde. Die Belastung werde umso stärker sein, je näher der Zeitpunkt an dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben liege. Des Weiteren könne von Bedeutung sein, ob der Verpflichtete die Abfindung in einem Betrag oder in mehreren auf eine längere Zeit verteilten Raten zu leisten habe (BGHZ 126, 202, 205 f. = FamRZ 1994, 1171, 1172; vergleiche auch BSG NJW 1994, 2374; BVerwGE 109, 231).

Ob diese Rechtsprechung auch auf die Nachfolgeregelung des § 33 VersAusglG übertragen werden kann, ist in der Literatur umstritten (bejahend: Johannsen/Henrich/Hahne Familienrecht 5. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 4; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 965; MünchKommBGB/Gräper 6. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 11; Palandt/Brudermüller BGB 72. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 3; Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 950; Wick Der neue Versorgungsausgleich in der Praxis Rn. 219; Friederici Praxis des Versorgungsausgleichs § 33 VersAusglG Rn. 7; Götsche in: Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleich § 33 VersAusglG Rn. 18; verneinend: KG Beschluss vom 24. Oktober 2012 - 25 UF 50/12 - juris; Kemper Versorgungsausgleich in der Praxis Kap. X Rn. 39; Gutdeutsch FamRB 2010, 149, 150; Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein/Gutdeutsch/Wagner Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 9. Aufl. Kap. 7 Rn. 324; Heiß FamFR 2011, 291, 292; juris-PK/6. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 23 ff.).

Soweit die ablehnende Auffassung allerdings damit begründet worden ist, dass die Kürzung der Versorgung kausal für den Wegfall oder die Verringerung des Unterhalts sein müsse, hat der Senat bereits entschieden, dass es auf diesen Zusammenhang nicht ankommt, sondern nur auf das Maß der Doppelbelastung durch Versorgungskürzung und Unterhaltsbelastung (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 271/12 - FamRZ 2013, 189 Rn. 20).

Zweifelhaft könnte die Übertragung der Rechtsprechung zum früheren § 5 Abs. 1 VAHRG deswegen sein, weil es für eine vollständige Aussetzung der Kürzung der Versorgung nach dieser Vorschrift genügte, dass der Berechtigte gegen den Verpflichteten überhaupt einen Unterhaltsanspruch gleich welcher Höhe hat, während die Aussetzung der Kürzung nach § 33 VersAusglG nunmehr von der Höhe des tatsächlich geschuldeten Unterhalts abhängt. Einem laufend geschuldeten Unterhalt könnte der im Vorhinein entrichtete Abfindungsbetrag daher nur dann gleichstehen, wenn er in bestimmter Höhe auf einzelne Unterhaltsmonate umgerechnet werden könnte (Johannsen/Henrich/Familienrecht 5. Aufl. § 33 VersAusglG Rn. 4; Borth Versorgungsausgleich 6. Aufl. Rn. 965; aA offenbar Götsche in: Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleich § 33 VersAusglG Rn. 18).

Ob und gegebenenfalls nach welchem Umlegungsmaßstab dies in Betracht kommen könnte, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn die rechnerische Umlegung eines gezahlten Unterhaltsabfindungsbetrages auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum, für den dann die Aussetzung der Kürzung der Versorgung beansprucht werden könnte, setzt zumindest voraus, dass der auf die Unterhaltsabfindung entfallende Betrag feststeht. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Nach den getroffenen Feststellungen bezieht sich die vom Ehemann geleistete Abfindung sowohl auf den nachehelichen Unterhalt als auch auf Zugewinnausgleich, ohne dass sich bestimmen ließe, welcher Anteil der geleisteten Summe auf den Unterhalt entfällt. Deshalb ist es nicht möglich zu ermitteln, in welcher Höhe der Ehemann tatsächlich Unterhalt geleistet hat und dadurch nachwirkend laufend belastet ist. Kann dies jedoch nicht festgestellt werden, kommt eine Kürzung der Aussetzung wegen Unterhalt von vornherein nicht in Betracht.

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