Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

XII ZB 128/98

Tenor

Die weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 2. Familiensenat in Kassel - vom 1. Oktober 1998 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Wert: bis 30.000 DM.

Gründe I.

Die am 4. April 1959 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 19. August 1991 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin am 6. Juni 1995 rechtskräftig geschieden. Die Ehegatten schlossen am 23. Dezember 1993 einen notariellen Vertrag, der unter anderem in Abschnitt „II. Ehevertrag“ zum Versorgungsausgleich folgende Vereinbarung enthielt:

„§ 4

Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung abgewickelt werden soll. Beide Parteien verzichten darauf, etwaige Anträge auf Ausschluß und/oder Verminderung des Versorgungsausgleichs zu stellen und nehmen die diesbezüglichen Erklärungen wechselseitig an.“

Das Familiengericht hat im Scheidungsverbundurteil den Versorgungsausgleich nach § 1587b Abs. 2 BGB durchgeführt und zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe des (damaligen) Höchstbetrages begründet. Im übrigen hat es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Die Antragstellerin, die seit dem 1. März 1996 Altersrente bezieht, hat am 4. März 1996 beantragt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen und den Antragsgegner, der sich seit dem 1. August 1996 in Ruhestand befindet, zur Zahlung einer monatlichen Rente von 2.384,89 DM sowie zur Abtretung seines Versorgungsanspruchs in dieser Höhe zu verpflichten. Im Juli 1996 hat sie ferner einen Antrag nach § 10a VAHRG auf Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs gestellt. Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag auf Zahlung einer monatlichen Rente zurückzuweisen und die Antragstellerin zur Auskunftserteilung über ihre Vermögensverhältnisse zum 1. August 1996 zu verpflichten. Er wendet sich gegen eine Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, da diese für ihn eine unbillige Härte darstelle. Die Antragstellerin verfüge über beträchtliches, ihm jedoch nicht im einzelnen bekanntes Vermögen, so daß sie bei Anordnung einer Ausgleichsrente höhere Einkünfte erziele als er. Demgegenüber besitze er kein nennenswertes Vermögen.

Die Vereinbarung, nach der er sich nicht auf einen Ausschluß des Versorgungsausgleichs aus Billigkeitsgründen berufen könne, sei unwirksam und habe darüber hinaus auch nur für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich gelten sollen.

Das Familiengericht hat mit Wirkung ab 1. August 1996 das Verbundurteil zum Versorgungsausgleich gem. § 10a VAHRG abgeändert sowie den Antragsgegner verpflichtet, ab 1. August 1996 eine monatliche Ausgleichsrente von 2.384,89 DM zu entrichten und in dieser Höhe seinen Versorgungsanspruch abzutreten. Den Antrag des Antragsgegners auf Auskunftserteilung hat es zurückgewiesen. Auf seine Beschwerde und die Anschlußbeschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht aufgrund aktualisierter Auskünfte der Versorgungsträger den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich in Höhe von 1.233,51 DM angeordnet und darüber hinaus den Antragsgegner verpflichtet, ab 1. August 1996 eine monatliche Ausgleichsrente von 2.257,13 DM zu zahlen sowie die Erklärung abzugeben, daß er seine Versorgungsansprüche in dieser Höhe abtrete. Im übrigen hat es die Beschwerde und die Anschlußbeschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt:

Die Vereinbarung, auf Anträge auf Ausschluß des Versorgungsausgleichs zu verzichten, sei wirksam und habe keiner gerichtlichen Genehmigung bedurft. Der Verzicht betreffe sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Für eine Aufspaltung der Ausgleichsarten gebe es keinen Anhaltspunkt. Im übrigen wäre ein Ausschluß des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587h Abs. 1 Nr. 1 BGB auch nicht gerechtfertigt. Die vom Antragsgegner angeführte unterschiedliche Besteuerung von Pensionen und Renten führe vorliegend nicht zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes. Auch die Vermögenslage der Antragstellerin spiele für die Beurteilung der Vereinbarung und des Versorgungsausgleichs keine Rolle, zumal der Antragsgegner bereits bei Abschluß des Vertrages Kenntnis davon gehabt habe, daß der Wert des Mehrfamilienhauses der Antragstellerin eventuell doppelt bis dreimal so hoch sein könnte wie angenommen. Deshalb sei auch der Auskunftsanspruch abzuweisen.

Dagegen wendet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene weitere Beschwerde des Antragsgegners, mit der dieser die Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich angreift und sein Auskunftsbegehren weiterverfolgt.

Gründe II.

Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Soweit der Antragsgegner beantragt, den Beschluß des Oberlandesgerichts aufzuheben, den Beschluß des Familiengerichts abzuändern und den Antrag auf Zahlung einer Ausgleichsrente zurückzuweisen, greift er allein den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an. Zwar ist das Gericht im Verfahren der weiteren Beschwerde grundsätzlich nicht an den Antrag des Beschwerdeführers gebunden (vgl. Senatsbeschluß vom 25. September 1991 - XII ZB 77/90 - FamRZ 1992, 165). Ausnahmsweise kann eine Bindung eintreten, wenn es nur um private Interessen geht, z.B. bei einem Ausschluß der Billigkeitsregelung nach § 1587c BGB (Zöller /Philippi, 22. Aufl. § 621 e Rdn. 29 a; angedeutet im Senatsbeschluß vom 27. Juni 1989 - IVb ZB 767/80 - FamRZ 1984, 990, 992). Zwar geht die Begründung hier auch auf den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ein. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Antrags liegt jedoch, von der Weiterverfolgung des Auskunftsanspruchs abgesehen, eine wirksame Beschränkung der weiteren Beschwerde auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor, da dieser einen teilbaren Verfahrensgegenstand darstellt (vgl. Senatsbeschluß BGHZ 92, 5, 10 f).

2. Der Antragsgegner ist aufgrund der Vereinbarung vom 23. Dezember 1993 gehindert, Härtegründe nach § 1587h Nr. 1 BGB gegenüber dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich geltend zu machen.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht den Vertrag dahingehend ausgelegt, daß er einen Verzicht der Parteien auf die Billigkeitskorrektur sowohl nach § 1587c als auch nach § 1587h BGB enthält.

Die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen ist Sache des Tatrichters. Sie kann von dem Gericht der weiteren Beschwerde (wie auch vom Revisionsgericht) nur darauf überprüft werden, ob die Vorinstanz Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt hat, ob ihr im Zusammenhang mit der Auslegung Verfahrensfehler unterlaufen sind und ob sie wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt gelassen hat. Solche Auslegungsfehler vermag die weitere Beschwerde nicht aufzuzeigen. Die Auslegung des Oberlandesgerichts ist möglich und sogar naheliegend. Bei seiner Auslegung hat es sowohl den Wortlaut als auch die Vorgeschichte der Vereinbarung berücksichtigt, die erst eineinhalb Jahre nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und nach Erörterung des Versorgungsausgleichs im Termin vom 10. Juni 1992 geschlossen wurde. Entgegen der weiteren Beschwerde ergibt sich auch aus der Vorkorrespondenz kein Anhaltspunkt dafür, daß lediglich die Härteklausel des § 1587c BGB ausgeschlossen, auf die Geltendmachung des § 1587h BGB jedoch nicht verzichtet werden sollte. Im Gegenteil ist dem Schreiben der Vertreter der Antragstellerin vom 23. November 1993, also kurz vor Abschluß des Vertrags zu entnehmen, daß sie besonderen Wert auf uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs legte, da „diese Position wegen der erforderlichen Absicherung ihres Lebensstandards von entscheidender Bedeutung“ sei.

Soweit die weitere Beschwerde rügt, das Oberlandesgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, den vom Antragsgegner benannten Zeugen dazu zu vernehmen, daß in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 1995, also anderthalb Jahre nach der umstrittenen Vereinbarung, ausführlich über die zukünftige Anrechnung von Vermögen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verhandelt worden sei, hat sie ebenfalls keinen Erfolg. Die den Parteien mit gerichtlichem Hinweis vom 22. Mai 1998 bekanntgegebene Auffassung des Oberlandesgerichts, auf die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen komme es nicht an, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Angesichts des Wortlauts der Vereinbarung erscheinen spätere Verhandlungen der Parteien über eine - auch im Rahmen des § 1587h BGB gesetzlich nicht vorgesehene - „Anrechnung“ von Vermögenserträgnissen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht geeignet, die getroffene Auslegung des in der notariellen Vereinbarung erklärten Verzichts in Frage zu stellen. Den Abschluß einer Abänderungsvereinbarung vor oder in dem Termin vom 6. Juni 1995 hat der Antragsgegner nicht behauptet.

b) Entgegen der weiteren Beschwerde ist der „Ehevertrag“ nicht bereits deshalb nach § 1408 Abs. 2 Satz 2 BGB unwirksam, weil er erst nach Stellung des Scheidungsantrags geschlossen wurde.

aa) Nach § 1408 Abs. 2 Satz 2 BGB ist der Ausschluß des Versorgungsausgleichs unwirksam, wenn binnen eines Jahres nach Abschluß des Vertrages Scheidungsantrag gestellt wird. Die Vorschrift ist allerdings über den Wortlaut hinaus nicht nur dann anzuwenden, wenn der Scheidungsantrag erst (innerhalb eines Jahres) nach Vertragsabschluß gestellt wird, sondern auch dann, wenn er bereits - wie hier - rechtshängig ist (st. Rspr. vgl. nur Senatsbeschluß vom 4. Februar 1987 - IVb ZB 106/85 - FamRZ 1987, 467 m.N.).

bb) § 1408 Abs. 2 Satz 1 BGB erfaßt nicht nur den vollständigen Ausschluß des Versorgungsausgleichs, sondern auch jede andere Vereinbarung, die im Rahmen des § 1587o BGB geschlossen werden könnte. Es ist kein Grund ersichtlich, Vereinbarungen über einen Teilausschluß oder eine Modifizierung des Versorgungsausgleichs nicht zuzulassen (Senatsbeschluß vom 28. Mai 1986 - IVb ZB 63/82 - FamRZ 1986, 890, 892; MünchKomm /Kanzleiter, 4. Aufl. § 1408 Rdn. 26 m.N.; Göppinger /Wenz, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, 7. Aufl. § 3 Rdn. 117). Bei der Vereinbarung der Parteien handelt es sich jedoch nicht um einen Ehevertrag nach § 1408 Abs. 2 BGB, sondern um eine Scheidungsfolgenvereinbarung nach § 1587o BGB. Davon ist auch das Oberlandesgericht ausgegangen, das die Genehmigungsbedürftigkeit durch das Gericht und die Versorgungsträger geprüft hat. Diese Auslegung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar wird der Abschnitt II. als Ehevertrag bezeichnet. Jedoch ist im Eingang der Vertragsurkunde ausdrücklich als Vertragszweck die Auseinandersetzung der Vermögenswerte angegeben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war das Scheidungsverfahren bereits rechtshängig, es war bereits über die Folgesachen verhandelt worden, und die Parteien hatten im Verfahren die gütliche Erledigung der Vermögensangelegenheiten angekündigt. § 1408 Abs. 2 BGB ist daher nicht einschlägig.

c) Der Verzicht des Ausgleichsverpflichteten auf die Geltendmachung von Härtegründen unterfällt nicht dem Genehmigungsvorbehalt des § 1587o Abs. 2 Satz 3 BGB.

aa) Bereits die Gesetzesgeschichte spricht dafür, daß vorrangig dem Schutzbedürfnis des sozial schwächeren ausgleichsberechtigten Ehegatten Rechnung getragen werden sollte, sowie dem Interesse der Allgemeinheit vor Manipulationen des öffentlich-rechtlichen Rentenrechts. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, daß der sozial schwächere Berechtigte bei einer Vereinbarung unter dem Druck der Scheidungssituation nicht übervorteilt werden und die mit dem Versorgungsausgleich angestrebte soziale Existenzsicherung gewährleistet werden sollte (BT-Drucks. 7/4361 S. 49; BVerfGE 60, 329, 341 = FamRZ 1982, 769, 772; zur Entstehungsgeschichte ausführlich: Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1984 - IVb ZB 153/82 - NJW 1985, 315, 316). Damit wird gleichzeitig den Gemeinwohlbelangen Rechnung getragen, indem ein sozial schwacher Ehegatte nicht ohne entsprechende Gegenleistung des anderen zu Lasten der Allgemeinheit auf ihm zustehende Versorgungsanrechte verzichten kann (BVerfGE aaO S. 341). Daneben wird die Privatautonomie auch dadurch eingeschränkt, daß das öffentlich-rechtliche Rentenrecht der Dispositionsfreiheit entzogen ist. Dies wird insbesondere durch die Regelung des § 1587o Abs. 1 Satz 2 BGB deutlich, der die Begründung oder Übertragung von Anwartschaftsrechten in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587 b Abs. 1 oder 2 BGB durch Vereinbarung nicht zuläßt. Zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung können dadurch für den Berechtigten nicht mehr Rentenanwartschaften begründet werden, als ihm nach der gesetzlichen Regelung zustehen (Senatsbeschluß vom 3. Juni 1981 - IVb ZB 529/80 - FamRZ 1981, 1051, 1060; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. VI Rdn. 291). Maßgeblich sind die Obergrenzen des hälftigen Wertunterschieds und der rentenrechtlichen Höchstbeträge. Dies gilt auch für Vereinbarungen, in denen beispielsweise Anrechte des Berechtigten bei der Saldierung unberücksichtigt bleiben sollen und sich dadurch seine Ausgleichsquote mittelbar erhöht (Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1987 - IVb ZB 4/87 - FamRZ 1988, 153, 154; OLG Koblenz FamRZ 1986, 273, 274).

bb) Im Hinblick auf den Schutz der Versorgungsträger vor Manipulationen wird eine Genehmigungsbedürftigkeit aller Vereinbarungen gefordert, auch wenn diese sich ausschließlich zugunsten des Berechtigten auswirken, weil eine umfassende Inhaltskontrolle gewährleistet werden solle (RGRK/Wick, 12. Aufl., § 1587o Rdn. 25; Soergel/Lipp, 13. Aufl., § 1587o Rdn. 26; AG Mosbach FamRZ 1977, 810, 813). Eine renten- oder versorgungsrechtlich nicht zulässige Vereinbarung wäre allerdings bereits nach § 134 oder § 306 BGB unwirksam (vgl. dazu Schwab/Hahne aaO VI Rdn. 292). Diese Frage kann aber letztlich dahinstehen, denn ein Eingriff in die Rechte der Versorgungsträger liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Ehegatten sich nur darauf einigen, daß der Verpflichtete Billigkeitserwägungen nach §§ 1587c, 1587h BGB nicht geltend macht. Die Interessen der Versorgungsträger werden gewahrt, denn durch die Vereinbarung der Parteien werden der Antragstellerin nicht mehr Anwartschaften zugesprochen, als ihr auch nach der gesetzlichen Regelung zustünden. Auf die Geltendmachung von Härtegründen durch den Verpflichteten haben die Versorgungsträger - unabhängig davon, ob der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich oder der schuldrechtliche Versorgungsausgleich betroffen ist - keinen Anspruch. Insoweit stünde ihnen auch gegen eine Entscheidung des Gerichts, daß solche Härtegründe nicht vorliegen, keine Beschwerde zu, da allein die Privatinteressen der Ehegatten tangiert werden (Senatsbeschluß vom 12. November 1980 - IVb ZB 712/80 - FamRZ 1981, 132, 134; Johannsen /Henrich /Hahne, Eherecht, 3. Aufl., § 1587c Rdn. 6 m.N.). In diesem Falle verwirklicht der Genehmigungsvorbehalt allein den Schutzzweck des § 1587o BGB zugunsten des sozial schwächeren Ausgleichsberechtigten.

So wie es dem Verpflichteten überlassen bleibt, ob er sich auf Härtegründe berufen und die entsprechenden Tatsachen in das Verfahren einführen will, so kann er auch auf die Geltendmachung dieser Gründe gegenüber dem Berechtigten verzichten (Johannsen /Henrich/ Hahne aaO § 1587o Rdn. 15; in diese Richtung bereits Senatsbeschluß vom 29. September 1982 - IVb ZB 637/81 - nicht veröffentlicht). Zwar besteht im Versorgungsausgleichsverfahren die Aufklärungspflicht nach § 12 FGG. Das Gericht muß dabei aber nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgehen. Ermittlungen sind vielmehr nur insoweit angezeigt, als das Vorbringen der Beteiligten oder der Sachverhalt bei sorgfältiger Überlegung dazu Anlaß geben. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um die Aufklärung von Umständen handelt, die einem Beteiligten günstig sind. Hier kann erwartet werden, daß das Gericht bei der Aufklärung solcher Umstände von Seiten des betroffenen Beteiligten durch entsprechenden Sachvortrag unterstützt wird (Senatsbeschluß vom 23. März 1988 - IVb ZB 51/87 - FamRZ 1988, 709, 710; OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, 652). Ebenso bleibt es dem Berechtigten unbenommen, vom Ausgleichsverpflichteten vorgebrachte Gründe zur Anwendung der Billigkeitsklausel nicht zu bestreiten, wenn die Eheleute eine entsprechende Bewertung übereinstimmend für richtig halten (Senatsbeschluß vom 24. Februar 1982 - IVb ZB 746/80 - FamRZ 1982, 471, 472 f.).

Dies gilt gerade auch im Rahmen des § 1587h BGB, weil es dem Ausgleichsberechtigten freisteht, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich überhaupt zu beantragen, so daß ihm auch die volle Dispositionsmöglichkeit für eine vertragliche Modifizierung einschließlich eines Verzichts zusteht (vgl. Johannsen /Henrich /Hahne aaO § 1587o BGB Rdn. 12 m.N.; Schwab /Hahne aaO VI Rdn. 291).

Auch wenn es den Ehegatten im Hinblick auf den Schutz des Berechtigten nicht gestattet ist, einen Härtefall zu fingieren (Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587o Rdn. 15), so ist umgekehrt ein formgerechter Verzicht des Verpflichteten auf die Stellung eines Antrags nach den §§ 1587c, 1587h BGB für das Gericht als gemeinsame Billigkeitswertung der Ehegatten bindend (Johannsen /Henrich /Hahne aaO § 1587o Rdn. 15 a.E.; MünchKomm /Dörr 4. Aufl., § 1587c Rdn. 53; Palandt /Brudermüller 60. Aufl. § 1587c Rdn. 17; a.A. für § 1587h Nr. 1: MünchKomm /Strobel aaO § 1587o Rdn. 14).

Danach erfordern Sinn und Zweck der Regelung keine Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Ehegatten. Vielmehr unterliegt die Vereinbarung nur den üblichen Wirksamkeitserfordernissen, deren Fehlen vorliegend nicht geltend gemacht wird und auch nicht ersichtlich ist. Auch die vom Antragsgegner geltend gemachte unterschiedliche Besteuerung von Pensionen und Renten stellt die Wirksamkeit der Vereinbarung und den hier allein noch anhängigen, der Vereinbarung entsprechend durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht in Frage, zumal der Versorgungsausgleich nicht dazu dient, beiden Ehegatten eine gleich hohe Altersversorgung zu sichern und sie wirtschaftlich gleichzustellen (OLG Karlsruhe NJW-RR 1992, aaO S. 653).

3. Die Vereinbarung ist auch nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage anzupassen oder aufzuheben. Soweit der Antragsgegner geltend macht, er habe das Vermögen und die daraus resultierenden Einkünfte der Antragstellerin bei Abschluß des Vergleichs falsch eingeschätzt, führt dies nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Es kann dahinstehen, ob es sich dabei nicht von vorn herein um einen in seiner Risikosphäre liegenden unbeachtlichen Motivirrtum handelte. Jedenfalls hatte der Antragsgegner bereits vor Abschluß des Vergleichs den aufgrund einer Sachverständigenbewertung angegebenen Wert des Mehrfamilienhauses von etwa 393.000 DM nach Einholung einer fachlichen Stellungnahme angezweifelt und einen solchen von etwa 1 Million DM bis 1,3 Millionen DM angenommen. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß er einen Wert als sicher zugrunde legte, der sich dann in unvorhergesehener Weise als falsch herausstellte. Vielmehr ist er in Kenntnis der unterschiedlichen Bewertung bewußt auf den Vergleich eingegangen, ohne eine endgültige Klärung herbeizuführen.

Erst recht sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die etwaige (falsche) Einschätzung des Immobilienwertes durch den Antragsgegner nicht nur der Antragstellerin zur Kenntnis gelangt, sondern - wie es für die Aufnahme in die Geschäftsgrundlage erforderlich gewesen wäre - von ihr auch akzeptiert und in ihren Geschäftswillen aufgenommen wäre (vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 1993 - XII ZR 232/91 - FamRZ 1993, 1047, 1048). Damit geht das Risiko, den Wert des Grundstücks unzutreffend beurteilt zu haben, zu Lasten des Antragsgegners, zumal die getroffene Regelung der Scheidungsfolgen Vergleichscharakter hat und er den Vergleich auch nicht angefochten hat.

4. Da es auf die Vermögenslage der Antragstellerin für die Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach den obigen Ausführungen (unter 2.) nicht ankommt, steht dem Antragsgegner auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Zusatzinformationen