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§ 192 SGG: Verschuldenskosten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand17.08.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 in Kraft getreten am 01.01.2013
Rechtsgrundlage

§ 192 SGG

Version001.01

Inhalt der Regelung

Die in § 192 SGG geregelte sogenannte Missbrauchsgebühr ist kein Ordnungsmittel, sondern ein Anspruch auf Schadensersatz zugunsten der Staatskasse, die durch besonders missbräuchliche Formen der Prozessführung über Gebühr belastet wird (Breikreuz in Breitkreuz/Fichte, § 192 SGG, Rdnr 1). Sie ist ab dem 02.01.2002 an die Stelle der bisherigen Mutwillenskosten getreten. Vielfach wird dieser (veraltete) Begriff immer noch verwendet.

Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung

Auch ein Träger der Rentenversicherung kann mit Verschuldenskosten konfrontiert werden. Zur Anwendung kommt in der Regel § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG; der Rechtsstreit wird fortgeführt, obwohl vom Vorsitzenden auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung hingewiesen wurde (sogenannte „Warnfunktion“). Missbräuchlichkeit liegt unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 2 BVerfGG vor, wenn die Rechtsverfolgung- oder Verteidigung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, § 192 SGG, Rdnr 8). Konfrontiert werden damit meistens Terminvertreter, die im Gerichtstermin zu einer prozessbeendenden Erklärung gedrängt werden.

Missbräuchlichkeit kann vorliegen, wenn das Verfahren (zum Beispiel Berufung gegen eine Entscheidung zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) trotz offensichtlicher (!) Aussichtslosigkeit weiterverfolgt wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG; § 192, Rdnr 9). Dies ist zum Beispiel denkbar, wenn nach übereinstimmenden Einschätzungen aller medizinischen Sachverständigen die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden ist und durchgreifende Argumente nicht vorgebracht wurden (Urteil des LSG Hamburg vom 16.10.2012, AZ: L 3 R 130/07).

Missbräuchlichkeit liegt auch dann vor, wenn der Terminvertreter in der mündlichen Verhandlung auf einem Urteil besteht, obwohl er weiß (und dies auch zu erkennen gibt), dass er das Verfahren verlieren wird (Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 28.01.2013, AZ: L 6 KR 1128/09):

„… Ein solcher Missbrauch wird u.a. dann angenommen, wenn ein Beteiligter zu erkennen gibt, dass er weiß, eine positive Entscheidung nicht erhalten zu können und trotzdem auf einem Urteil besteht und dabei ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zeigt … Dass die offensichtliche Aussichtslosigkeit für den Tatbestand des Missbrauchs genügt, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers, wie er bei der Novellierung des Sozialgerichtsgesetzes im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist: Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 14/5943, S. 60 zu Nr. 65) rechtfertigen die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits und ein entsprechender Hinweis des Vorsitzenden auf eine mögliche Kostentragungspflicht die Auferlegung von Kosten …“

Vom Rentenversicherungsträger unterlassene Ermittlungen

Einem Rentenversicherungsträger können nach § 192 Abs. 4 Satz 1 SGG von den Sozialgerichten und den Landessozialgerichten die Kosten auferlegt werden, die der Sozialgerichtsbarkeit dadurch entstanden sind, dass Ermittlungen im Verwaltungsverfahren sachwidrig unterlassen oder unzureichend betrieben wurden.

Hierzu können auch die Kosten externer Gutachter im Rahmen der medizinischen oder berufskundlichen Ermittlungen gehören. Die Rechtsprechung legt § 192 Abs. 4 SGG jedoch eng aus und beschränkt den Anwendungsbereich auf Ermittlungen, die sich der Behörde gewissermaßen aufdrängen mussten (Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, § 192 SGG, Rdnr 16). In der Praxis der Rentenversicherungsträger spielt diese Norm deshalb kaum eine Rolle, zumal die Gerichte auch auf § 131 Abs. 5 SGG zurückgreifen können (siehe GRA zu § 131 SGG)

Die Kostentragungspflicht ist unabhängig vom Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens möglich.

Beschlüsse zur Kostenerstattung nach § 192 SGG

Die sozialgerichtliche Entscheidung über die teilweise oder volle Kostentragung ergeht durch gesonderten Beschluss (§ 192 Abs. 4 Satz 2 SGG). Beschlüsse der Sozialgerichte sind mit der Beschwerde anfechtbar. Beschlüsse der Landessozialgerichte sind nach § 177 SGG unanfechtbar.

Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (AssPflStatRG) vom 20.12.2012, BGBl. I. S. 2789
Inkrafttreten: 01.01.2013

§ 192 Abs. 2 SGG wird aufgehoben, § 192 Abs. 3 Satz 1 SGG wird redaktionell geändert.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 192 SGG