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§ 113 SGG: Klagenverbindung und -trennung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

27.03.2021

Änderung

Dokumentdaten
Stand17.03.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des SGG vom 23.09.1975 in Kraft getreten am 01.01.1975
Rechtsgrundlage

§ 113 SGG

Version002.00

Inhalt der Vorschrift

Absatz 1 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Gericht der Sozialgerichtsbarkeit per Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren verbinden kann. Dies geschieht in der Regel aus Gründen der Prozessökonomie.

Absatz 2 bestimmt, dass die Klagenverbindung auf Antrag beziehungsweise von Amts wegen auch wieder aufgehoben werden kann.

Ergänzende/korrespondierende Vorschriften

Bedeutung der Klagenverbindung und -trennung

Die Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, über mehrere anhängige Rechtsstreitigkeiten gemeinsam zu verhandeln und zu entscheiden. Dadurch kann ein zweckmäßiges Gerichtsverfahren im Interesse einer rationellen richterlichen Tätigkeit und einer möglichst umfassenden Erledigung des Streitverhältnisses zwischen den Beteiligten realisiert werden.

Die Klagenverbindung ist in sämtlichen Instanzen zulässig (§§ 153, 165 SGG). Sie kann nach Absatz 2 auf Antrag beziehungsweise von Amts wegen durch Beschluss wieder aufgehoben werden. (Auch) die Trennung der Verfahren ist eine prozessleitende Maßnahme des Gerichtes (§ 172 Abs. 2 SGG). Sie soll im Interesse einer größeren Übersichtlichkeit und Beschleunigung vorgenommen werden, wenn eine Entscheidung über Teile des Streitgegenstandes noch nicht möglich ist.

Voraussetzungen für die Klagenverbindung (Absatz 1)

Für eine Klagenverbindung müssen folgende Tatbestände zusammen vorliegen:

  • mehrere Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten (siehe Abschnitt 3.1),
  • gleiches örtlich und sachlich zuständiges Gericht der Sozialgerichtsbarkeit (siehe Abschnitt 3.2),
  • Zusammenhang der Klagebegehren beziehungsweise Möglichkeit einheitlicher Klagebegehren (siehe Abschnitt 3.3).

Mehrere Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten

Voraussetzung der Klagenverbindung ist, dass mehrere Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten oder verschiedener Beteiligten bei demselben örtlich und sachlich zuständigem Gericht anhängig sind.

Die Klagenverbindung kann in der Verbindung der Ansprüche oder der Beteiligten liegen. Es ist daher zwischen der objektiven Klagenhäufung (Anspruchshäufung) und der subjektiven Klagenhäufung (Streitgenossenschaft) zu unterscheiden.

Objektive Klagenhäufung

Eine objektive Klagenhäufung (§ 56 SGG) liegt vor, wenn ein Kläger mehrere prozessuale Ansprüche gegen denselben Beklagten verfolgt und hierzu mehrere Klagen gegen verschiedene Verwaltungsakte eingelegt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die verschiedenen prozessualen Ansprüche aus demselben Sachverhalt abgeleitet werden oder nicht.

Siehe Beispiele 1 und 2

Subjektive Klagenhäufung

Eine subjektive Klagenhäufung (§ 74 SGG in Verbindung mit §§ 59, 60 ZPO) liegt vor, wenn es sich um mehrere Rechtsstreitigkeiten verschiedener Beteiligter handelt. Die subjektive Klagenhäufung kann in der Sozialgerichtsbarkeit eine Rolle spielen, wenn aus demselben Leistungsfall (zum Beispiel Tod) mehrere Ansprüche geltend gemacht werden.

Siehe Beispiel 3

Gleiches Gericht der Sozialgerichtsbarkeit

Zwingende Voraussetzung für eine Klagenverbindung gemäß § 113 SGG ist auch, dass die Klagen beim gleichen Gericht anhängig sind. Dieses Gericht muss für jeden einzelnen Anspruch sachlich (§ 8 SGG) und örtlich (siehe auch GRA zu § 57 SGG) zuständig sein. Der Verbindung mehrerer bei demselben Gericht anhängiger Rechtsstreitigkeiten steht nicht entgegen, dass sie - entsprechend der Geschäftsverteilung des Gerichts - vor verschiedenen Kammern (Senaten) gleicher funktioneller Zuständigkeit schweben. Eine sogenannte „spruchkörperübergreifende Verbindung“ ist deshalb möglich (Wehrhahn in Breitkreuz/Fichte, § 113, Rdnr. 2).

Siehe Beispiel 4

Zusammenhang der Ansprüche (Klagebegehren)

Bei den Ansprüchen, die von vornherein in einer Klage hätten geltend gemacht werden können, kann der Zusammenhang rechtlicher oder tatsächlicher Art sein. Ein Zusammenhang ist auch in den Fällen zu bejahen, in denen der Streitgegenstand zwar identisch ist, die Klagen aber rechtlich selbständig nebeneinander und in keiner Wechselwirkung zueinander stehen. Diese Voraussetzung ist also weit zu fassen.

Siehe Beispiel 5

Ein Zusammenhang liegt stets dann vor, wenn die Klagebegehren in Rechtsbeziehung zueinander stehen und das strittige Rechtsverhältnis allen Beteiligten gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann.

Siehe Beispiel 6

Verbindung durch Beschluss

Die Entscheidung über die Klagenverbindung nach § 113 Abs. 1 SGG ergeht durch Beschluss. Es liegt im Ermessen des Gerichtes, ob es die Verbindung für zweckmäßig hält oder nicht. Die Verbindung ist nur zulässig zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung, das heißt, sie ist beispielweise nicht zulässig zur Beweisaufnahme. Die Verbindung wirkt mit dem Erlass des Beschlusses für die Zukunft bis zur Beendigung des Verfahrens.

Der Beschluss ist nach § 172 Abs. 2 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Die Verbindung kann nach § 113 Abs. 2 SGG auf Antrag oder von Amts wegen jederzeit durch Beschluss wieder aufgehoben werden.

Klagentrennung (Absatz 2)

Nach § 113 Abs. 2 SGG kann das Gericht der Sozialgerichtsbarkeit die Verbindung von Amts wegen oder auf Antrag wieder aufheben, wenn es dies für zweckmäßig hält. Die Aufhebung erfolgt ebenfalls durch Beschluss. Die Trennung bewirkt, dass nunmehr auch formell wieder mehrere selbstständige Verfahren anhängig sind, über die getrennt zu verhandeln und zu entscheiden ist.

Beispiel 1: Objektive Klagenhäufung

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.1)

Dem Versicherten wurden zeitgleich zwei Neufeststellungsbescheide erteilt (Erwerbsminderungsrente und Altersrente). Er erhebt gegen beide Bescheide nach Durchführung des Vorverfahrens beim zuständigen Sozialgericht getrennt Klage. (Es werden verschiedene Aktenzeichen vergeben.)

Da sich beide Klagen gegen die Rentenberechnung (Geltendmachung anderer Entgelte) richten, ist eine Klagenverbindung möglich.

Beispiel 2: Objektive Klagenhäufung

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.1)

Der Versicherte hat gegen die Bewilligung einer Altersrente nach Durchführung des Vorverfahrens geklagt. Er erhebt Einwände gegen die Rentenberechnung. Während des Klageverfahrens stirbt der Versicherte. Ein Anspruch auf Witwenrente wird durch Bescheid anerkannt (§ 96 SGG findet keine Anwendung). Die Witwe, die das unterbrochene Streitverfahren als Rechtsnachfolgerin aufgenommen hat, erhebt nach Durchführung des Vorverfahrens gegen den Witwenrentenbescheid ebenfalls hinsichtlich der Rentenhöhe Klage.

Eine Klagenverbindung ist möglich.

Beispiel 3: Subjektive Klagenhäufung

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.2)

Ansprüche auf Witwen- und Waisenrenten wurden anerkannt. Witwe und Waisen (mit gleichem Wohnort) erheben nach Durchführung des Vorverfahrens getrennt Klage und beanstanden die Rentenberechnung.

Beispiel 4: Gleiches Gericht der Sozialgerichtsbarkeit

(Beispiel zu Abschnitt 3.2)

Eine Klage ist bei der 1. Kammer des Sozialgerichts Detmold anhängig (Witwe wohnt in Detmold). Eine weitere Klage ist bei der 7. Kammer des Sozialgerichts München anhängig (Waise wohnt in München). Die Hinterbliebenen machen mit gleicher Argumentation fehlende Zeiten für ihren jeweiligen Anspruch aus dem Versicherungskonto des Verstorbenen geltend.

Eine Klageverbindung kommt wegen der unterschiedlichen örtlichen Zuständigkeit nicht in Betracht.

Beispiel 5: Zusammenhang der Ansprüche (Klagebegehren)

(Beispiel zu Abschnitt 3.3)

Die Witwe hat nach Durchführung des Vorverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid Klage erhoben. Die Waise hat den ihr erteilten Rentenbescheid gleichfalls angefochten. Eine Verurteilung in der Witwenrentensache hat keine rechtliche Auswirkung auf die Waisenrente. Die Ansprüche beruhen auf demselben Lebenstatbestand (Versicherungsverhältnis des Verstorbenen) und die Klagen könnten verbunden werden.

Beispiel 6: Zusammenhang der Ansprüche (Klagebegehren)

(Beispiel zu Abschnitt 3.3)

Die von der Witwe und der geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Rentenansprüche wurden anerkannt. Beide Rentenberechtigten erheben gegen die Aufteilung der Hinterbliebenenrente Klage.

SGG vom 23.09.1975 (BGBl. I S. 2535)
Inkrafttreten: 01.01.1975
SGG vom 03.09.1953 (BGBl. I S. 1239)

Inkrafttreten: 01.01.1954

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache IV/1476

§ 113 SGG wurde durch das SGG vom 03.09.1953 eingeführt und existiert seit dem 01.01.1975 in der heutigen Fassung nahezu unverändert.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 113 SGG