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§ 57 SGG: Örtlich zuständiges Sozialgericht

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand18.03.2019
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) vom 15.04.2015 in Kraft getreten am 22.04.2015
Rechtsgrundlage

§ 57 SGG

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 57 SGG regelt die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts im Falle einer Klageerhebung. Von dieser Norm sind die Absätze 1 bis 3 sowie Absatz 7 für den Rentenversicherungsträger von Bedeutung.

Grundsätze der örtlichen Zuständigkeit

Allein maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Sozialgerichts ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 57 Abs. 1 S. 1 SGG der Zeitpunkt der Klageerhebung. Ein Umzug des Klägers/des Beklagten nach Klageerhebung ist deshalb unbeachtlich.

Bei der Bestimmung des zuständigen Sozialgerichts kann es ankommen auf

  • den Kläger (siehe Abschnitt 2.1) oder
  • den Beklagten (siehe Abschnitt 2.2) oder
  • einen Insolvenzverwalter oder Ähnlichen (siehe Abschnitt 2.3),
  • den Auftraggeber bzw. Arbeitgeber, sofern es um ein Statusfeststellungverfahren gemäß § 7a SGB IV geht (siehe Abschnitt 2.4).

Die eigene Zuständigkeit wird von den Sozialgerichten stets von Amts wegen geprüft.

Kläger bestimmt das zuständige Sozialgericht

Nach § 57 Abs. 1 S. 1 1. Halbs. SGG gilt grundsätzlich die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts, in dessen Gerichtsbezirk der Kläger seinen (inländischen) Sitz oder Wohnsitz hat. Dem Kläger steht damit ein ortsnahes Gericht zur Verfügung, was die Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche deutlich erleichtert (Beschluss des BVerfG vom 15.01.1980, AZ: 2 BvL 1/79, BverfGE 53, 100, 106).

Nur juristische Personen, seien es solche des Privatrechts (zum Beispiel eine Firma) oder des öffentlichen Rechts (zum Beispiel eine Krankenkasse), können einen Sitz haben.

Natürliche Personen haben einen Wohnsitz. In Ermangelung eines (inländischen) Wohnsitzes kann bei natürlichen Personen auch auf den Aufenthaltsort abgestellt werden.

Siehe Beispiele 1 und 3

Wahlweise kann ein Beschäftigter auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen § 57 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. SGG. Die Wahl des Sozialgerichts ist eine Prozesshandlung, die nicht widerrufen werden kann.

Siehe Beispiel 2

Beklagter bestimmt das zuständige Sozialgericht

Nach § 57 Abs. 1 S. 2 SGG gilt ausnahmsweise die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts, in dessen Gerichtsbezirk der Beklagte seinen (inländischen) Sitz oder Wohnsitz hat, wenn

  • der Kläger eine Anstalt oder Körperschaft öffentlichen Rechts und
  • der Beklagte entweder eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

Siehe Beispiel 4

Nur juristische Personen, seien es solche des Privatrechts (zum Beispiel eine Firma) oder des öffentlichen Rechts (zum Beispiel eine Krankenkasse), können einen Sitz haben.

Natürliche Personen haben einen Wohnsitz. In Ermangelung eines (inländischen) Wohnsitzes kann bei natürlichen Personen auch auf den Aufenthaltsort abgestellt werden.

Insolvenzverwalter oder Ähnlicher bestimmt das zuständige Sozialgericht

Insolvenzverwalter können selbst als Kläger auftreten (Aktivprozess), sodass ihr Wohnsitz das örtlich zuständige Sozialgericht bestimmt (Beschluss des BSG vom 08.08.2001, AZ: B 7 SF 8/01 S). Denn in einem Aktivprozess des Insolvenzverwalters ist dieser - als "Partei kraft Amtes" gemäß § 80 InsO - der Kläger; auf den Schuldner des Insolvenzverfahrens ist insoweit nicht abzustellen.

Das gilt auch für Testamentsvollstrecker, Zwangsverwalter und Nachlassverwalter, sodass ihr Wohnsitz das örtlich zuständige Sozialgericht bestimmt (Beschluss des BSG vom 27.06.1988, AZ: 1 S 7/88, SozR 1500 § 57 Nr. 4).

Auftraggeber bestimmt im Verfahren nach § 7a SGB IV das zuständige Sozialgericht

Mit der Regelung des § 57 Abs. 7 SGG wird erreicht, dass sich die örtliche Zuständigkeit in Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV nach dem Sitz des Auftraggebers beziehungsweise Arbeitgebers richtet. In den Fällen der gemeinschaftlichen Klageerhebung entfällt damit die Anrufung des nächsthöheren Gerichts zur Entscheidung über die Zuständigkeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG; Fallkonstellationen, in denen sich verschiedene örtlich zuständige Gerichte für zuständig erklären (siehe Abschnitt 5), kann es in derartigen Fällen nicht mehr geben.

Hinterbliebenenregelung - § 57 Abs. 2 SGG

Bei Hinterbliebenenrenten ist zur Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichtes § 57 Abs. 2 SGG zu beachten. Das Gesetz verlangt dabei die Einhaltung einer bestimmten Prüffolge:

1. Prüfschritt:

§ 57 Abs. 2 S. 1 SGG

In Fällen der erstmaligen Bewilligung einer Hinterbliebenenrente ist das Sozialgericht zuständig, in dessen Bereich die Witwe (der Witwer) zur Zeit der Klageerhebung den Wohnsitz oder - in Ermangelung dessen - den Aufenthaltsort hat. Gemeint ist nicht nur die erste nach dem Tode des Versicherten bewilligte oder abgelehnte Hinterbliebenenrente, sondern auch jede weitere erstmalige Bewilligung oder Ablehnung der Rente für eine(n) andere(n) Hinterbliebene(n).

2. Prüfschritt:

§ 57 Abs. 2 S. 2 1. Halbs. SGG

Ist kein(e) Witwe(r) vorhanden, so ist das Sozialgericht zuständig, in dessen Bereich die jüngste im Inland lebende Waise ihren Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat.

3. Prüfschritt

§ 57 Abs. 2 S. 2 2. Halbs. SGG

Endet auch diese Prüfung negativ, kommt es darauf an, ob Eltern oder Großeltern vorhanden sind. Bejaht man dies, ist deren Wohnsitz oder - in Ermangelung dessen - deren Aufenthaltsort ausschlaggebend.

4. Prüfschritt

§ 57 Abs. 2 S. 3 SGG

Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemannes oder geschiedenen Mannes.

Auslandsregelung - § 57 Abs. 3 SGG

Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist nach § 57 Abs. 3 SGG das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz hat. Bei Klagen zum Beispiel gegen die Deutsche Rentenversicherung Nord ist in derartigen Fällen also das Sozialgericht Lübeck zuständig.

Absatz 3 greift für die Witwe/den Witwer ein, wenn diese/dieser mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Ausland klagt; wenn ein anderer Hinterbliebener seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland hat, gilt für diesen Absatz 2 Satz 1, das heißt, dass das gemäß Absatz 3 für den Wohnort der Witwe/des Witwers zuständige Gericht auch für ihn zuständig ist.

Siehe Beispiel 5

Klagehäufung

Sind mehrere Einzelklagen bei unterschiedlichen für sie nach § 57 SGG zuständigen örtlichen Sozialgerichten anhängig, die gemeinsam entschieden werden müssen, so ist von dem gemeinsamen nächsthöheren Gericht nach § 58 SGG durch Beschluss das für alle Klagen zuständige Sozialgericht zu bestimmen. Nächsthöheres Gericht ist das Landessozialgericht, wenn verschiedene Sozialgerichte seines Bezirks betroffen sind, oder das Bundessozialgericht, wenn Sozialgerichte verschiedener LSG-Bezirke betroffen sind. Die Bestimmung des zuständigen Sozialgerichts können die mit den Einzelklagen befassten Gerichte sowie Kläger, Beklagte und Beigeladene beantragen.

Klagen mehrere Erben, um einen gemeinsamen Anspruch durchzusetzen, kann es sich um eine sogenannte notwendige Streitgenossenschaft handeln. Auch in diesem Fall bestimmt das nächsthöhere Gericht (unter Umständen das BSG, sofern die Kläger in unterschiedlichen Bundesländern wohnen) das zuständige Gericht (Beschluss des BSG vom 30.03.2004, AZ: B 7 SF 36/03 S).

Beispiel 1: Aufenthaltsort

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

A. wohnt in Paris, hält sich jedoch für die Dauer ihres Studiums in München auf.

Lösung:

Gegen den zurückgewiesenen Widerspruch über die Ablehnung ihrer Waisenrente kann sie vor dem Sozialgericht München klagen (§ 57 Abs. 1 S. 1 1. Halbs. SGG).

Beispiel 2: Beschäftigungsort

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

L. wohnt in Berlin, arbeitet als Angestellter in München, er will seinen Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Bund) wegen Untätigkeit (§ 88 SGG) verklagen.

Lösung:

L. kann sich gem. § 57 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. SGG entweder an das Sozialgericht Berlin oder an das Sozialgericht München wenden.

Beispiel 3: Körperschaft des öffentlichen Rechts

(Beispiel zu Abschnitt 2.1)

Die Deutsche Rentenversicherung Hessen verklagt die AOK in München wegen einer Beitragsstreitigkeit.

Lösung:

Zuständig ist das Sozialgericht Frankfurt, denn zum einen sind Kläger und Beklagte juristische Personen öffentlichen Rechts (es bleibt bei der Zuständigkeit nach § 57 Abs. 1 S. 1 SGG) und zum anderen ist Sitz der Deutsche Rentenversicherung Hessen (gemäß ihrer Satzung) Frankfurt.

Beispiel 4: Juristische Person des Privatrechts

(Beispiel zu Abschnitt 2.2)

Die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover verklagt die Bayer AG in Leverkusen wegen einer ausstehenden Erstattung nach § 225 SGB VI.

Lösung:

Da die Klägerin eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Beklagte eine juristische Person des Privatrechts, ist das Sozialgericht Düsseldorf zuständig (§ 57 Abs. 1 S. 2 SGG).

Beispiel 5: Witwe wohnt im Ausland, klagende Waise im Inland

(Beispiel zu Abschnitt 4)
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Sitz: Berlin) wird durch eine Waise mit Wohnsitz in Hamburg verklagt. Die Witwe wohnt in Sydney (Australien).
Lösung:
Das für die Witwe gem. § 57 Abs. 3 SGG zuständige Sozialgericht Berlin ist über § 57 Abs. 2 Satz 1 SGG auch für die Waise zuständig.

§ 57 SGG wurde seit seinem Inkrafttreten am 01.01.1954 häufig geändert. Die Änderungen waren, soweit sie die Träger der Rentenversicherung betrafen, in der Regel redaktioneller Art. Die Norm wurde zuletzt geändert durch:

Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15.04.2015 (5. SGB IV-ÄndG), (BGBl. I Seite 583)

Inkrafttreten: 22.04.2015

Einfügung von Absatz 7. Damit wird erreicht, dass sich die örtliche Zuständigkeit in Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nach dem Sitz des Auftraggebers richtet.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 57 SGG