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Gruppe 0: Allgemeiner Arbeitsmarkt - Tätigkeiten im gewerblichen und industriellen Bereich

Änderungsdienst
veröffentlicht am

29.08.2020

Änderung

Abschnitt 2 wurde durch aktuellere Ergebnisse berufskundlicher Ermittlung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie ergänzt.

Dokumentdaten
Stand28.11.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des EM-ReformG vom 20.12.2000 in Kraft getreten am 01.01.2001
Rechtsgrundlage

§ 240 SGB VI

Version004.00

Allgemeines

Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst auch alle ungelernten Tätigkeiten mit einer bis zu dreimonatigen Einarbeitungszeit. Bei einer Verweisung auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes bedarf es in aller Regel nicht der konkreten Beschreibung einer bestimmten Verweisungstätigkeit. Das Erfordernis der konkreten Beschreibung ist nur gegeben, falls aufgrund des gesundheitlichen Leistungsvermögens Zweifel bestehen, dass selbst leichte Arbeiten nicht mehr verrichtet werden können (siehe GRA zu § 43 SGB VI, Abschnitt 3).

Die aufgeführten Verweisungstätigkeiten können bei Versicherten mit überwiegend gewerblich geprägter Berufsbiographie herangezogen werden, deren Hauptberuf qualitativ unterhalb der Ebene der Facharbeiter im Mehrstufenschema einzuordnen ist.

Typische Bezeichnung für Tätigkeiten der unteren und oberen Anlernebene im gewerblich-industriellen Bereich sind: Maschinenbedienerin/Maschinenbediener, Montiererin/Montierer, Produktionshilfskraft, Auffüllerin/Auffüller und so weiter. In der vielfältigen Arbeitswelt werden solche Begriffe auch synonym verwandt oder haben in verschiedenen Unternehmen eine völlig andere Bedeutung.

Je nach Betrachtungsweise sind die folgenden Tätigkeiten sowohl dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch der Anlernebene (unterer Bereich) zuzuordnen. Die geringe Einarbeitungsdauer rechtfertigt die Zuordnung zum allgemeinen Arbeitsmarkt. Die tarifliche Eingruppierung der Tätigkeiten erlaubt hingegen ihre Nennung als Anlerntätigkeiten.

Verweisungsmöglichkeiten

Restleistungsvermögen:

Körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im (selbst bestimmten) Haltungswechsel zwischen Sitzen und Stehen (gelegentlich Gehen), Gewichtsbelastung von maximal 5 kg möglich.

Einschränkungen für Tätigkeiten im Schichtdienst dürfen nicht vorliegen.

Verweisung:

Verweisbar auf einfache Anlerntätigkeiten von gewerblichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Metall- und Elektroindustrie, in der Kunststoff verarbeitenden Industrie und bei der Spielzeugherstellung.

Aufgaben und Tätigkeiten sind das Montieren von Baugruppen und Gehäusen aus Edelstahl, Aluminium oder Kunststoff; Steckdosen und Schaltern für die Elektroinstallation, das Vornehmen von Sichtkontrolle von Scherfolien für elektrische Rasierapparate im Rahmen der Qualitätssicherung; das Zusammenstellen von Spielzeug-Sets, das Montieren von Modelleisenbahnen, Staubsaugern und motorbetriebenen Kehrmaschinen.

Die tarifliche Eingruppierung solcher Tätigkeiten erfolgt stets in einer höheren als der niedrigsten Lohn- beziehungsweise Gehaltsgruppe. Es handelt sich also nicht um die aller einfachsten Tätigkeiten, da die entsprechenden Tarifverträge noch niedrigere Lohn- beziehungsweise Gehaltsgruppen aufführen. Die Einarbeitungsdauer von 3 Monaten wird nicht überschritten. Spezielle Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. An den meisten Arbeitsplätzen wird die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift erwartet.

Fertigungsbereich Metallindustrie

Bei der Herstellung von Baugruppen und Gehäusen aus Edelstahl und Aluminium werden in der Endmontage Einzelteile von 32 angelernten Beschäftigten zusammengefügt. Dabei verrichten sie einzelne Arbeitsschritte wie Bohren, Nieten, Schrauben und Montieren. An Druckfügemaschinen werden beispielsweise durch Druckluft Gewinde in die dafür vorgesehenen Löcher eingebracht. Die Arbeiten können überwiegend im Sitzen oder Gehen ausgeführt werden. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe 3 (Betriebsbesuch am 02.02.2005 bei der Geyer Umformtechnik in Berlin).

Fertigungsbereich Elektroindustrie und Kunststoffverarbeitung

Bei der Fertigung von Produkten für die Elektroinstallation (Steckdosen, Schalter) arbeiten insgesamt 70 Montiererinnen/Montierer an U-förmig angeordneten Montagetischen. Die Montagearbeiten werden per Hand oder mit Hilfe von Werkzeugen ausgeführt. Dabei setzten sie beispielsweise Metallteile ein, verbinden einen Sockel aus Kunststoff mit Kabeln oder befestigen Einführungsstutzen. Die benötigten Materialien befinden sich in unmittelbarer Griffnähe. Nach einer abschließenden Prüfung wird das Endprodukt verpackt. Die Beschäftigten können entsprechend ihren Bedürfnissen zwischen einer sitzenden oder stehenden Arbeitshaltung frei wählen. Die Einarbeitungsdauer beträgt in Abhängigkeit zum Fertigungsbereich bis zu 4 Wochen. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe AWG 4 (Betriebsbesuch am 13.04.2005 bei der ABB Busch-Jäger Elektro GmbH in Lüdenscheid).

Bei der Qualitätskontrolle von Scherfolien, die für die Herstellung von elektrischen Rasierapparaten benötigt werden, nehmen 12 Mitarbeiterinnen Sichtprüfungen vor. Von einem Stapel entnehmen die Mitarbeiterinnen Paletten mit circa 20 Folieneinsätzen und schwenken diese beidhändig gegen das Licht, um eventuelle Produktionsfehler zu entdecken. Diese Arbeit kann im selbst bestimmten Wechsel zwischen Sitzen und Stehen verrichtet werden. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe 4 oder 5. Die Anlernzeit beträgt 2 bis 6 Wochen (Betriebsbesuch am 12.05.2005 bei der Braun GmbH in Kronberg/Taunus).

Mit der Montage von Staubsaugern und motorbetriebenen Kehrmaschinen sind im Gerätewerk insgesamt 130 Personen beschäftigt. Sie entnehmen den seitlich von ihnen stehenden Materialkisten die benötigten Einzelteile und beginnen am Arbeitstisch mit der Montage. Es werden überwiegend Steck- und Schraubverbindungen hergestellt. Die erforderlichen Werkzeuge befinden sich in unmittelbarer Griffnähe. Nach der Erledigung eines Arbeitsganges wird das fertige oder halbfertige Teil in ein Transportgestell eingehängt oder auf den Transportschlitten eines Förderbandes abgelegt. Von dort kann es an der nächsten Montagestation abgenommen werden. Den Beschäftigten stehen höhenverstellbare Arbeitsstühle zur Verfügung. Die Arbeitshaltung kann den persönlichen Bedürfnissen angepasst werden. Die Gewichtsbelastung überschreitet nicht die Grenze von 5 kg. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in den Lohngruppen 2 bis 4. Die Dauer der Einarbeitung beträgt maximal 3 Monate (Betriebsbesuch am 07.12.2006 bei der Vorwerk Elektrowerke GmbH in Wuppertal).

Bei der Montage von Getrieben für Geschirrspülautomaten arbeiten 30 Mitarbeiter an Montagetischen und haben dabei die Möglichkeit in wechselnden Haltungsarten tätig zu sein. Ihnen stehen unter anderem Höhen verstellbare Arbeitstische zur Verfügung. Das erforderliche Material und die Werkzeuge befinden sich in unmittelbarer Griffnähe. Bei der Montage einer elektronischen Parkbremse für die Automobilherstellung sind 150 Mitarbeiter tätig, die überwiegend im Sitzen an einem Fließband arbeiten. Dabei werden kleine Motoren in Kunststoffgehäuse eingelegt, Getriebeteile hinzugefügt, die Kunststoffgehäuse mit einem Deckel versehen und abschließende Entgratungsarbeiten am Gehäuse vorgenommen. Das Endprodukt hat etwa das Ausmaß einer großen Kaffeetasse. Die Einarbeitung an diesen insgesamt 180 Arbeitsplätzen nimmt maximal eine Woche in Anspruch. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe V des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern (Betriebsbesuch am 02.07.2015 bei der OECHSLER AG in Ansbach).

Fertigungsbereich Spielzeugherstellung

Bei der Zusammenstellung von Spielsets bestücken 80 bis 100 Beschäftigte die Produktverpackungen an einem Fließband. Am Beginn des Montagebandes befindet sich eine Faltmaschine für die benötigten Kartonagen. Nach der Faltung fahren die Produktverpackungen an den Beschäftigten vorbei. Diese entnehmen Einzelteile und zusammengestellte Tüten aus einem Materialbehälter in unmittelbarer Griffnähe und legen sie in die vorbeifahrende Produktverpackung. Da überwiegend im Sitzen gearbeitet wird, stehen ihnen höherverstellbare ergonomische Arbeitsstühle zur Verfügung. Die Beschäftigten haben jedoch auch die Möglichkeit im Stehen zu arbeiten beziehungsweise selbst bestimmt zwischen Sitzen und Stehen zu wechseln. Die Einarbeitungsdauer kann bis zu 3 Wochen betragen. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe 2 (Betriebsbesuch am 24.05.2005 bei der geobra Brandstätter GmbH & Co.KG Playmobil® in Dietenhofen).

Bei der Herstellung von Spielzeugeisenbahnen arbeiten 80 Beschäftigte an Montagetischen mit einer Höhe von circa 1,20 m. Sie fügen die Einzelteile aus Kunststoff und Metall zu einem Modellbahnwaggon per Hand zusammen. Alle benötigten Einzelteile befinden sich in unmittelbarer Griffnähe. Als Werkzeuge werden Schraubendreher und Pinzetten verwendet. Nach der Montage führen die Beschäftigten eine Qualitäts- und Funktionsprüfung durch und legen das Produkt auf einem Nebentisch ab. Sind die Produkte in ausreichender Anzahl montiert, werden sie in kleine Kartons verpackt. Für eine sitzende Arbeitshaltung stehen den Beschäftigten höherverstellbare ergonomische Arbeitsstühle zur Verfügung. Die Höhe der Montagetische gewährleistet problemlos ein Arbeiten im Stehen. Die Dauer der Einarbeitung überschreitet nicht den Zeitraum von 8 Wochen. Die tarifliche Eingruppierung erfolgt in der Lohngruppe 3 (Betriebsbesuch am 18.05.2005 bei der Gebr. Märklin Sonneberg GmbH & Co. in Sonneberg/Thüringen).

Beachte:

Bei eingeschränkter Feinmotorik der Finger beziehungsweise Hände und bei Beeinträchtigungen des Seh- oder Hörvermögens, die über das korrigierbare Maß hinausgehen, ist die Ausführbarkeit der Verweisungstätigkeiten durch das Leistungsdezernat eingehend zu prüfen.

Rechtsprechung:

Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.08.2014, AZ: L 13 R 3020/13

Ergebnisse berufskundlicher Ermittlungen

Arbeitsplatzerkundungen im Zeitraum von 2003 bis 2015 bei Industrieunternehmen haben zu dem Ergebnis geführt, dass in der Bundesrepublik Deutschland eine nennenswerte Anzahl (mehr als 300) von körperlich leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beziehungsweise der unteren Anlernebene existiert. Diese Arbeitsplätze sind in der Metall- und Elektroindustrie, in der Kunststoff verarbeitenden Industrie sowie bei der Spielzeugherstellung vorhanden.

Beachte:

Haben Versicherte, die sozial zumutbar auf die untere Anlernebene verwiesen werden können, im Laufe ihrer beruflichen Entwicklung überwiegend im kaufmännischen Bereich gearbeitet, sollte für eine Verweisung der gewerblich-industrielle Bereich nicht in Betracht gezogen werden. Entsprechendes wäre auch bei Versicherten zu berücksichtigen, die zwar unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt, aber in den letzten 2 Jahren ihrer Berufstätigkeit im kaufmännischen Bereich gearbeitet haben. In diesen Fällen bietet sich eine Verweisung auf einfache Bürohilfstätigkeiten an (siehe zum Beispiel GRA zu Gruppe VI: Verkauf und Kundenberatung, Abschnitt 2.11.4 Verweisungstätigkeit für Verkäuferinnen/Verkäufer).

  • Fertigungsbereich Metallindustie
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der Geyer Umformtechnik in Berlin am 02.02.2005
  • Fertigungsbereich Elektroindustrie und Kunststoffverarbeitung
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der Vorwerk Elektrowerke GmbH & Co. KG in Wuppertal am 07.12.2006
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der ABB Busch-Jäger Elektro GmbH in Lüdenscheid am 13.04.2005
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der Braun GmbH in Kronberg/Taunus am 12.05.2005
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der OECHSLER AG in Ansbach am 02.07.2015
  • Fertigungsbereich Spielzeugherstellung
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der Gebr. Märklin Sonneberg GmbH & Co. in Sonneberg/Thüringen am 18.05.2005
    • Arbeitsplatzerkundung des Ref. 3060/2 bei der geobra Brandstätter GmbH & Co. KG Playmobil® in Dietenhofen am 24.05.2005

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 240 SGB VI