Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

Organisation der Sozialversicherung Finnland

Änderungsdienst
veröffentlicht am

06.02.2023

Änderung

Abschnitt 4 wurde redaktionell aktualisiert

Dokumentdaten
Stand20.01.2023
Version002.00

Organisation der gesetzlichen Sozialversicherung

Bei dem finnischen System der Sozialen Sicherheit handelt es sich - historisch bedingt - um ein duales System, das auf zwei Pfeilern beruht:

  • dem Volksversicherungssystem (vergleiche Abschnitt 1.1) und
  • dem Beschäftigtenversicherungssystem (vergleiche Abschnitt 1.2).

Beide Systeme unterliegen eigenen Gesetzen und gewähren - für den gegebenenfalls gleichen Leistungsfall - unterschiedliche Leistungen mit unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen.

Volksversicherungssystem

Über das Volksversicherungssystem wird allen in Finnland ansässigen Personen eine das Existenzminimum garantierende erwerbsunabhängige Grundsicherung zur Verfügung gestellt. Grundlage für einen Leistungsanspruch ist der Tatbestand des Wohnens in Finnland. Die Grundsicherung umfasst

  • die Krankenversicherung,
  • Rehabilitationsleistungen,
  • Arbeitslosenleistungen,
  • die Rentenversicherung (vergleiche Abschnitt 2.1),
  • Familienleistungen/Leistungen bei Schwanger- und Mutterschaft und
  • sonstige Sozialleistungen (zum Beispiel Sterbegeld, Studiengeld).

Träger des Volksversicherungssystems ist die Sozialversicherungsanstalt (Kansaneläkelaitos - KELA), eine der Kontrolle des finnischen Parlaments unterstehende unabhängige Versicherungsanstalt.

Beschäftigtenversicherungssystem

Parallel zum obligatorischen Volksversicherungssystem werden Lohn- und Gehaltsempfänger, Selbständige und Unternehmer vom Beschäftigtenversicherungssystem erfasst. Grundlage für einen Leistungsanspruch aus diesem System sind Art, Umfang und Höhe des Einkommens aus einem Beschäftigungs-, Arbeits- und Dienstverhältnis beziehungsweise aus einer selbständigen Tätigkeit.

Das Beschäftigtenversicherungssystem umfasst

  • die Arbeitslosenversicherung,
  • Rehabilitationsleistungen,
  • die Rentenversicherung (vergleiche Abschnitt 2.2) und
  • die Unfallversicherung.

Durchführung und Verwaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Beschäftigtenversicherung ist - eine Besonderheit des finnischen Systems - zu einem erheblichen Teil privaten Trägern übertragen worden (unter anderem gewerkschaftlichen Arbeitslosenkassen und privaten Versicherungsgesellschaften).

Organisation der gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung Finnlands stellt keinen eigenen Versicherungszweig deutscher Prägung dar; sie ist in das gesamte System der sozialen Sicherung - jeweils innerhalb des Volks- und des Beschäftigtenversicherungssystems - als ein Teil eingebunden.

Aus dem

  • Volksrentensystem (vergleiche Abschnitt 2.1) und dem
  • Beschäftigtenrentensystem (vergleiche Abschnitt 2.2)

werden Renten für die Leistungsfälle der Invalidität, des Alters und des Todes gewährt (vergleiche GRA zu Leistungen der Rentenversicherung Finnland).

Volksrentensystem

Durch das am 01.01.1939 in Kraft getretene und 1956 revidierte Volksrentengesetz (Kansaneläkelaki) soll für jeden Einwohner bei Invalidität, im Alter oder bei Tod eines Angehörigen ein angemessenes Auskommen sichergestellt werden. Vom Volksrentengesetz wird jede Person erfasst, die sich in Finnland gewöhnlich aufhält oder die für den finnischen Staat oder ein finnisches Unternehmen im Ausland tätig ist, wobei hier die finnische Staatsangehörigkeit verlangt wird.

Finanziert wird das Volksrentensystem nach dem Umlageverfahren hauptsächlich durch die Einwohner und Arbeitgeber, aber auch durch Zuschüsse von Staat und Kommunen. Für das Verwaltungsverfahren und die meisten Entscheidungen über geltend gemachte Ansprüche sind die mehr als 250 Ortsstellen der Sozialversicherungsanstalt (KELA) zuständig.

Beschäftigtenrentensystem

Dem Beschäftigtenrentensystem unterliegt heute nahezu die gesamte erwerbstätige Bevölkerung im privaten und im öffentlichen Sektor (alle Lohn- und Gehaltsempfänger, seit 1970 auch die selbständig und ab 1986 die freiberuflich Tätigen); so zum Beispiel auch die bei Gemeinden oder im Staatsdienst beschäftigten Personen. Sondersysteme für Beamte bestehen nicht.

Als Beginn der Beschäftigtenrentenversicherung gilt das Jahr 1962, in dem das wichtigste Arbeitnehmerrentengesetz (TEL) in Kraft trat. Das TEL ist eines von verschiedenen Gesetzen für einzelne Beschäftigtengruppen, die die Grundlage des Beschäftigtenrentensystems bilden. Es stellt eine Art Rahmengesetz dar, dem die anderen Beschäftigtenrentengesetze folgten.

Arbeitgeber sind durch die Beschäftigtenrentengesetze verpflichtet für ihre Arbeitnehmer, Selbständige sind verpflichtet für sich selbst eine Rentenversicherung bereitzustellen, können jedoch - zumindest im privaten Sektor - in der Regel zwischen den bereits zugelassenen privaten Rentenversicherungsgesellschaften frei wählen oder aber eine neue Rentenkasse beziehungsweise Rentenstiftung gründen.

Die Finanzierung des Beschäftigtenrentensystems erfolgt nach dem Umlageverfahren durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber beziehungsweise der selbständig Tätigen, wobei nach einigen Beschäftigtenrentengesetzen der überschüssige Teil der Einnahmen kapitaldeckend angelegt wird.

Bei Eintritt des Versicherungsfalles ist die Versicherungseinrichtung, die den Versicherten zuletzt betreut hat für die Rentenberechnung und -zahlung zuständig. Eine gesonderte Beantragung der einzelnen, bei den verschiedenen Versicherungseinrichtungen gesammelten Ansprüche ist nicht erforderlich.

Als Zentral- und Kontrollorgan fungiert die Zentralanstalt für Rentenschutz - Eläketurvakeskus (ETK). Sie übernimmt koordinierende Aufgaben der Beschäftigtenrentenversicherung (Überwachung, Auslegung von Gesetzen, Informations- und Forschungsarbeit, Führen des nationalen Zentralregisters über die dem Beschäftigtenrentensystem unterstehenden Arbeitnehmer und Selbständigen {Angaben über Umfang der Beschäftigungsverhältnisse und unternehmerischen Tätigkeiten}, Ermittlung der Kostenanteile der einzelnen Versicherungseinrichtungen an den gezahlten Renten für einen Finanzausgleich) und ist zur Verbindungsstelle des Beschäftigtenrentensystems im zwischenstaatlichen Verfahren (vergleiche Abschnitt 4) bestimmt worden.

Privater Sektor

Die Umsetzung und Durchführung der Beschäftigtenrentengesetze im privaten Sektor erfolgt dezentral durch zurzeit 6 private Rentenversicherungsgesellschaften, 11 Rentenkassen und 42 betriebliche Rentenstiftungen.

Arbeitnehmer können dabei folgenden Gesetzen unterliegen:

  • Työntekijäin eläkelaki (TEL)
    Gesetz für Arbeitnehmer
    Von dem am 01.07.1962 in Kraft getretenen TEL werden Arbeitsverhältnisse bei privaten Arbeitgebern, die nicht vor dem 08.07.1961 bereits abgelaufen sind, ohne Unterbrechung mindestens einen Monat andauern und eine Mindestverdienstgrenze überschreiten, erfasst. Diesem Gesetz unterliegt fast die Hälfte aller Beschäftigtenrentenversicherten.
    Die Verwaltung des TEL obliegt privaten Rentenversicherungsgesellschaften, betrieblichen Rentenkassen und Rentenstiftungen.
  • Lyhytaikaisissa työsuhteessa olevien työntekijäin eläkelaki (LEL)
    Gesetz für vorübergehend abhängig Beschäftigte
    Diesem am 01.07.1962 in Kraft getretenen Gesetz unterstehen Arbeitnehmer (mit Ausnahme der im Büro beschäftigten) der Baubranche, der Forst- und Landwirtschaft und der Hafenbranche unabhängig von der Dauer der Beschäftigung und der Höhe des Verdienstes. Das LEL gilt sowohl im privaten, als auch im öffentlichen Sektor.
    Für die Umsetzung des LEL ist seit 01.07.2003 die Etera-Versicherungsgesellschaft zuständig.
  • Eräiden työsuhteessa olevien taiteilijoiden ja toimittajien eläkelaki (TaEL)
    Gesetz für Künstler und bestimmte Sonderberufe
    Von diesem am 01.01.1986 in Kraft getretenen Gesetz werden Arbeitnehmer auf dem Gebiet der Bühnenkunst, Musik, Fotografie und des Films (unter Umständen auch Redakteure, Übersetzer, Reiseführer und Dolmetscher) mit höchstens einjährigen Beschäftigungsverhältnissen erfasst. Es gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber öffentlich oder privat ist.
    Das TaEL erfasst auch Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis grundsätzlich unter das TEL fallen würde, aber nicht mindestens einen Monat andauert oder deren Verdienst unter der TEL-Mindestverdienstgrenze liegt.
    Die Verwaltung des TaEL wird seit 01.07.2004 durch die Etera-Versicherungsgesellschaft wahrgenommen.

Die Beschäftigtenrentengesetze TEL, LEL und TaEL wurden mit Wirkung ab 01.01.2007 in einem Beschäftigtenrentengesetz, dem TyEL (työntekijän eläkelaki), zusammengefasst.

Selbständig Tätige unterliegen je nach Art der Tätigkeit folgenden Gesetzen:

  • Maatalousyrittäjien eläkelaki (MYEL)
    Gesetz für landwirtschaftliche Unternehmer
    Die diesem am 01.01.1970 in Kraft getretenen Gesetz unterliegenden Landwirte, Rentierzüchter und Berufsfischer sind bei der Rentenanstalt der landwirtschaftlichen Unternehmer (MELA) versichert.
  • Yrittäjien eläkelaki (YEL)
    Gesetz für Privatunternehmer
    Dem am 01.01.1970 in Kraft getretenen YEL unterstehen Selbständige, deren Unternehmertätigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres mindestens vier Monate angedauert hat und deren Einkommen eine Mindestverdienstgrenze übersteigt.
    Diese können ihren Rentenschutz bei einer der zugelassenen privaten Rentenversicherungsgesellschaften oder einer Rentenkasse organisieren.

Seeleute unterliegen dem:

  • Merimieseläkelaki (MEL)
    Gesetz für Seeleute
    Die vom am 01.06.1956 in Kraft getretenen MEL erfassten - auf Handelsschiffen im Auslandsverkehr beschäftigten - Seeleute sind bei der Rentenkasse der Seeleute (MELA) versichert.

Öffentlicher Sektor

Die Verwaltung der Rentensysteme für den öffentlichen Sektor erfolgt durch vom privaten Sektor getrennte Rentenanstalten.

Für Gemeindeangestellte findet folgendes Gesetz Anwendung:

  • Kunnallisen eläkelaki (KuEL, früher KVTEL)
    Gesetz für Angestellte und Beamte der lokalen Gebietskörperschaften
    Die Umsetzung dieses Gesetzes obliegt der kommunalen Rentenanstalt (KEVA).

Staatsbedienstete unterliegen folgendem Gesetz:

  • Valtion eläkelaki (VEL)
    Gesetz für Angestellte im Staatsdienst
    Für den Rentenschutz der Staatsbediensteten ist das Staatskontor verantwortlich.

Für Beschäftigte der Kirche findet folgendes Gesetz Anwendung:

  • Evankelis-luterilaisen kirkon eläkelaki (KiEL)
    Gesetz für Beschäftigte der evangelisch-lutherischen Kirche
    Die Verwaltung des KiEL erfolgt durch den Zentralfond der Kirche.

Darüber hinaus gibt es weitere kleine Rentensysteme mit eigener Verwaltungsorganisation, zum Beispiel für die Beschäftigten der Bank von Finnland und der Sozialversicherungsanstalt.

Vom Europarecht erfasste Rechtsvorschriften

Die Mitgliedstaaten geben in Erklärungen die Rechtsvorschriften bekannt, die unter den sachlichen Geltungsbereich des Europarechts fallen.

In Bezug auf Finnland werden aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung alle unter den Abschnitten 2.1, 2.2, 2.2.1 und 2.2.2 genannten Gesetze erfasst. Nicht vom Europarecht erfasste Gesetze sind bisher nicht bekannt.

Zwischenstaatliches Rentenverfahren

Im zwischenstaatlichen Rentenverfahren gilt Folgendes:

  • Wohnsitz der Antragsteller außerhalb Finnlands
    Ist die Deutsche Rentenversicherung Kontakt-Träger, wird für alle Geschäftsprozesse, die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrentenansprüche betreffen (P_BUC_01, P_BUC_02 und P_BUC_03) neben Kansaneläkelaitos (KELA) immer auch Eläketurvakeskus (ETK) als Geschäftsprozessteilnehmer beteiligt.
  • Wohnsitz der Antragsteller in Finnland
    Zuständiger Kontakt-Träger ist Eläketurvakeskus (ETK). ETK leitet die erforderlichen Geschäftsprozesse für die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrentenansprüche (P_BUC_01, P_BUC_02 und P_BUC_03) ein. Im Rahmen der weiteren Bearbeitung werden seitens ETK immer auch KELA sowie Träger der Beschäftigtenrentenversicherung als weitere Geschäftsprozessteilnehmer beteiligt und sämtliche SEDs werden durch die Deutsche Rentenversicherung auch an KELA und weitere Beteiligte übersandt.

Zuständigkeit im Kontenklärungsverfahren

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens wird das SED P5000 immer in einem gemeinsamen Geschäftsprozess (P_BUC_05) bei Kansaneläkelaitos (KELA) und bei Eläketurvakeskus (ETK) angefordert.

Hinweis:

Wenn finnische Rentenanwartschaften im Rahmen eines deutschen Versorgungsausgleichs benötigt werden, müssen sich die anfragenden Familiengerichte immer an ETK wenden.

Zusatzinformationen