Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009: Vorläufige Zahlung, Vorschuss
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung |
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Stand | 14.08.2015 |
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Version | 001.01 |
- Inhalt der Regelung
- Vorläufige Zahlung
- Vorschuss auf die anteilige (zwischenstaatliche) Rente
- Rechtscharakter der vorläufigen Zahlung
- Rechtsbehelfsverfahren
- Überzahlungen durch fehlerhafte vorläufige Zahlungen
Inhalt der Regelung
Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt die Gewährung von vorläufigen Zahlungen und von Vorschüssen auf (anteilige bzw. zwischenstaatliche) Leistungen.
Nach Absatz 1 ist jeder Träger, nach dessen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine autonome Leistung (innerstaatliche Rente) besteht, zur Gewährung einer vorläufigen Zahlung verpflichtet (vergleiche Abschnitt 2).
Geht aus den verfügbaren Unterlagen hervor, dass der Antragsteller Anspruch auf eine anteilige Leistung (zwischenstaatliche Rente) hat, so ist nach Absatz 2 der leistungspflichtige Träger zur Zahlung eines Vorschusses aus der anteiligen (zwischenstaatlichen) Rente verpflichtet (vergleiche Abschnitt 3).
Absatz 3 stellt klar, dass es sich bei der vorläufigen Zahlung beziehungsweise dem Vorschuss um eine Maßnahme mit „vorläufigem (Rechts-)Charakter“ handelt (vergleiche Abschnitt 4). Darüber hinaus wird der leistungspflichtige Träger verpflichtet, den Antragsteller unverzüglich über die Feststellung der vorläufigen Zahlung beziehungsweise des Vorschusses, den vorläufigen Charakter dieser Maßnahme sowie über alle verfügbaren (nationalen) Rechtsbehelfe zu unterrichten.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Art. 7 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt die vorläufige Berechnung von Leistungen und Beiträgen nach dem Europarecht. Diese Rechtsnorm hat für Titel III, Kapitel IV (Leistungen bei Invalidität, Alters- und Hinterbliebenenrenten - Art. 43 bis 53 VO (EG) Nr. 987/2009) keine Bedeutung, da Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009 die speziellere Rechtsvorschrift darstellt (lex specialis).
Vorläufige Zahlung
Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 verpflichtet jeden Träger, nach dessen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine autonome Leistung (innerstaatliche Rente) im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 besteht, zur Gewährung einer sogenannten vorläufigen Zahlung. Durch die Gewährung dieser Leistung soll sichergestellt sein, dass Antragsteller umgehend Zahlungen erhalten und ein gegebenenfalls langes zwischenstaatliches Feststellungsverfahren, das aus den in der VO (EG) Nr. 987/2009 festgelegten Formalitäten resultiert, nicht zu ihren Lasten geht.
Bei der vorläufigen Zahlung handelt es sich um die Feststellung der autonomen (innerstaatlichen) Leistung (vergleiche Abschnitt 4), so dass eine Zahlungsverpflichtung der einzelnen Träger erst erwächst, wenn die jeweiligen Voraussetzungen für eine autonome (innerstaatliche) Leistung erfüllt sind.
Liegen die Voraussetzungen zur Gewährung einer vorläufigen Zahlung nicht vor, kommt die Zahlung eines Vorschusses im Sinne von Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 in Betracht (vergleiche Abschnitt 3).
Vorschuss auf die anteilige (zwischenstaatliche) Rente
Stellt der leistungspflichtige Träger fest, dass die Anspruchsvoraussetzungen unter Berücksichtigung der Versicherungs- und Wohnzeiten anderer Mitgliedstaaten zwischenstaatlich erfüllt werden, so zahlt dieser Träger nach Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 einen Vorschuss, dessen Höhe weitestgehend der Höhe der anteiligen Leistung (zwischenstaatliche Rente) im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht.
Jeder Träger, nach dessen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine anteilige Leistung (zwischenstaatliche Rente) besteht, ist zur Zahlung eines Vorschusses verpflichtet.
Zwar stellt Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 nicht ausdrücklich darauf ab, dass die Zahlung eines Vorschusses nur dann möglich ist, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen für eine autonome (innerstaatliche Rente) nicht erfüllt. Dennoch wird im Regelfall die Zahlung eines Vorschusses im Sinne von Art. 50 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 erst dann in Betracht kommen, wenn die Gewährung einer vorläufigen Zahlung im Sinne von Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 nicht möglich ist, weil kein innerstaatlicher Rentenanspruch, aber ein anteiliger (zwischenstaatlicher) Rentenanspruch besteht.
Rechtscharakter der vorläufigen Zahlung
Bei einer vorläufigen Zahlung nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 handelt es sich um die verbindliche Feststellung der autonomen Leistung (innerstaatliche Rente) im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004. Alle für die innerstaatliche Leistungsfeststellung rechtserheblichen Tatsachen ergeben sich aus den nationalen Vorschriften und werden daher im Rahmen der vorläufigen Zahlung als verbindlich angesehen. Die Leistung ist daher nur insoweit vorläufig festgestellt, als dass die anteilige (zwischenstaatliche) Rente im Hinblick auf die Anwendung des Europarechts zurzeit noch nicht feststeht. Zwar spricht Art. 50 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 bei der Feststellung der vorläufigen Zahlung vom „vorläufigen Charakter dieser Maßnahme“, die allerdings durch alle verfügbaren (nationalen) Rechtsbehelfe angefochten werden kann. Dies bedeutet, dass sich der vorläufige Charakter nur auf die noch ausstehende anteilige (zwischenstaatliche) Feststellung der Leistung beziehen kann. Alle anderen Leistungsbestandteile sind bereits verbindlich festgestellt und können bei einem Fehler nur über §§ 44 ff. SGB X korrigiert beziehungsweise in einem Rechtsbehelfsverfahren (vergleiche Abschnitt 5) überprüft werden.
Rechtsbehelfsverfahren
Der Widerspruch gegen eine vorläufige Zahlung nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ist nur dann unzulässig, wenn er sich dagegen richtet, dass die Rente nicht anteilig (zwischenstaatlich) berechnet worden ist (die Rente wurde ohne Zeiten anderer Mitgliedstaaten festgestellt).
Bei der Feststellung der vorläufigen Zahlung handelt es sich um einen Verwaltungsakt (Bescheid), der mit dem Widerspruch angefochten werden kann. Der Widerspruch kann sich gegen
- den Rentenanspruch,
- die Rentenart,
- den Rentenbeginn,
- die Dauer oder
- die Ermittlung des Betrages der vorläufigen Zahlung
richten. Der Betrag der vorläufigen Zahlung wird zunächst innerstaatlich bestimmt, so dass der Berechtigte beschwert ist, wenn zum Beispiel nicht alle rentenrechtlichen deutschen Zeiten berücksichtigt wurden.
Legt ein Versicherter Widerspruch gegen die im Bescheid über die vorläufige Zahlung festgestellten - in der Zwischenzeit bestandskräftig gewordenen - Tatsachen erst im Rahmen des abschließenden Bescheides ein, so wird der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen und als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gewertet. Ein Rechtsbehelfsverfahren kann sich zu diesem Zeitpunkt zulässig nur auf die Anwendung des Europarechts beziehen.
Überzahlungen durch fehlerhafte vorläufige Zahlungen
Die vorläufige Zahlung nach Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 ist kein Sonderfall des Vorschusses nach § 42 SGB I. Überzahlungen, die ihren Grund in der fehlerhaften Anwendung nationaler Vorschriften bei der Feststellung der vorläufigen Zahlung haben, können nicht unter den erleichterten Bedingungen im Sinne des § 42 Abs. 2 SGB I zurückgefordert werden. Insoweit finden die Vorschriften §§ 44 ff. SGB X Anwendung.
Überzahlungen, die bei den Trägern der Rentenversicherung infolge der Anwendung des nationalen Rechts entstanden sind, können jedoch gegebenenfalls gegen Nachzahlungen beziehungsweise mit laufenden Zahlungen (vergleiche GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009) aus gleichartigen Rentenansprüchen bei den anderen mitgliedstaatlichen Trägern verrechnet werden.
VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 |
Inkrafttreten: 01.05.2010 Quelle: ABl. (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009 |
Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt ab seinem Anwendungszeitpunkt Art. 45 VO (EWG) Nr. 574/72.
In Art. 50 VO (EG) Nr. 987/2009 wurde der Begriff „vorläufige Leistung“ in „vorläufige Zahlung“ geändert.
Darüber hinaus ist durch Art. 50 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 vorgesehen, dass jeder Träger, nach dessen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine autonome Leistung (innerstaatliche Rente) besteht, zur Gewährung einer vorläufigen Zahlung verpflichtet ist.