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§ 101 SGB X: Auskunftspflicht der Leistungsträger

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2022

Änderung

vollständige Überarbeitung

Dokumentdaten
Stand21.07.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.07.2017 in Kraft getreten am 25.05.2018
Rechtsgrundlage

§ 101 SGB X

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 101 SGB X normiert eine Rechtspflicht der Leistungsträger zur Mitteilung medizinischer Untersuchungsbefunde an eine behandelnde Ärztin/ einen behandelnden Arzt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Bei der Vorschrift des § 101 SGB X handelt es sich um eine Parallelvorschrift zu § 100 SGB X zugunsten der behandelnden Ärztinnen/Ärzte. Der Auskunftspflicht der Ärztinnen/Ärzte nach § 100 SGB X wird die in § 101 SGB X geregelte Auskunftspflicht der Leistungsträger gegenüber gestellt. Leistungsträger im Sinne des § 12 S. 1 SGB I sind die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden.

Art. 7 DSGVO in Verbindung mit § 67b SGB X konkretisiert die Anforderungen an eine Einwilligung.

§ 67 Abs. 2 SGB X enthält Definitionen zum Begriff Sozialdaten, ergänzend zu den Begriffsbestimmungen in Art. 4 DSGVO.

Voraussetzungen der Auskunftspflicht

Für die Rentenversicherungsträger beziehungsweise alle Leistungsträger nach § 12 S. 1 SGB I besteht nach § 101 SGB X die Pflicht, ärztliche Untersuchungsbefunde auf Verlangen der behandelnden Ärztinnen/Ärzte mitzuteilen, wenn sie für die Behandlung von Bedeutung sein können und die betroffenen Personen im Einzelfall in die Übermittlung eingewilligt haben.

Verlangen

Untersuchungsbefunde dürfen den behandelnden Ärztinnen/Ärzte (hierzu mehr in Abschnitt 2.2) nur auf deren ausdrückliches Verlangen mitgeteilt werden.

Für das Auskunftsverlangen ist keine bestimmte Form vorgeschrieben.

§ 101 SGB X bietet keine Rechtsgrundlage für eine so genannte Spontanamtshilfe, also eine Übermittlung ohne vorheriges Verlangen/Ersuchen der behandelnden Ärztinnen/Ärzte. § 101 SGB X lässt es also nicht zu Daten/Untersuchungsbefunde an behandelnde Ärztinnen/Ärzte zu übermitteln, weil diese Daten möglicherweise für diese von Interesse sein könnten.

Ausnahmen hiervon sind nur im Rahmen von § 76 Abs. 2 SGB X oder aufgrund eines rechtfertigenden Notstandes nach § 34 StGB möglich (GRA zu § 76 SGB X).

Behandelnde Ärztinnen/Ärzte

Ärztinnen/Ärzte können mit den bei den Leistungsträgern vorhandenen Befunden ihre Behandlung optimieren und Doppeluntersuchungen vermeiden. Das Auskunftsverlangen kann daher nur durch behandelnde Ärztinnen/Ärzte vorgebracht werden. Angehörige anderer Heilberufe (zum Beispiel Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen) und auch Zahnärzte/Zahnärztinnen sind nicht auskunftsberechtigt.

Das Behandlungsverhältnis zwischen Ärztinnen/Ärzte und betroffener Personen muss zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens aktuell fortbestehen; frühere Behandlungen reichen zur Legitimation nicht aus. Da den Anfragen (Verlangen) der behandelnden Ärztinnen/Ärzte stets eine aktuelle Einwilligung der betroffenen Person (Abschnitt 2.4) beizufügen ist, kann das Vorliegen eines bestehenden Behandlungsverhältnisses als gegeben angesehen werden. Die Ärztinnen/Ärzte müssen in ihren Anfragen nicht ausdrücklich darauf hinweisen.

Hinweis:

§ 101 SGB X gilt nicht im Verhältnis zwischen Leistungsträger und den Ärztinnen/Ärzten, die im Dienst dieses Leistungsträgers tätig sind. Diese Ärztinnen/Ärzte (zum Beispiel die angestellten Ärztinnen/Ärzte im beratungsärztlichen Dienst der Rentenversicherung) sind nicht Dritte, denen Daten/Befunde übermittelt werden. Diese Ärztinnen/Ärzte können - wie andere Mitarbeitende - die Daten/Befunde im Rahmen ihrer Zuständigkeit einsehen und auswerten (Art. 4 Nr. 2 DSGVO).

Untersuchungsbefunde

Der Auskunftsanspruch nach § 101 SGB X umfasst die bei den Leistungsträgern vorhandenen Untersuchungsbefunde, unabhängig davon, ob diese selbst erstellt oder finanziert oder ihnen von Dritten übermittelt wurden.

Es sind nur solche Untersuchungsbefunde mitzuteilen, die für die Erst- oder Weiterbehandlung der betroffenen Person von Bedeutung sein können. Im Unterschied zu § 100 SGB X reicht die Möglichkeit aus, dass die erfragten Daten für die behandelnden Ärztinnen/Ärzte „von Bedeutung sein können“, sie müssen nicht dafür erforderlich sein.

Die behandelnden Ärztinnen/Ärzte haben vorrangig in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, ob die Untersuchungsbefunde des Leistungsträgers für die Behandlung von Bedeutung sein können. Regelmäßig können die Leistungsträger bei einer Anfrage von behandelnden Ärztinnen/Ärzte von einer derartigen Bedeutsamkeit ausgehen.

Den Leistungsträgern steht ein Widerspruchsrecht zu, wenn die verlangten Untersuchungsbefunde nicht offensichtlich in einem sachlichen Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung stehen. In Einzelfällen kann es daher erforderlich sein, dass die behandelnden Ärztinnen/Ärzte die Bedeutsamkeit schlüssig darlegen oder verdeutlichen.

Untersuchungsbefunde, die nach Auffassung der Leistungsträger für die weitere ärztliche Behandlung nicht relevant sind, müssen gegebenenfalls ausgesondert werden. Gleiches gilt für Daten/Unterlagen die über die Untersuchungsbefunde hinausgehen, zum Beispiel enthalten regelmäßig Fachgutachten wesentlich mehr Daten als nur Befunde. Hier kann die Einwilligung der betroffenen Person, die stets erforderlich ist, hilfreich sein. Sofern hier konkrete Gutachten oder andere medizinische Unterlagen benannt werden, dürfen nach § 67 Abs. 1 S. 1 SGB X auch mehr Daten als nur die Untersuchungsbefunde den behandelnden Ärztinnen/Ärzte übersandt werden (Abschnitt 2.4).

Die verlangten Untersuchungsbefunde müssen beim Leistungsträger tatsächlich vorhanden sein. Die Regelung des § 101 SGB X bietet keine Grundlage zur Veranlassung medizinischer Untersuchungen nur für den Zweck der Auskunftserteilung.

Einwilligung

Die betroffenen Personen müssen im Einzelfall in die Datenübermittlung eingewilligt haben. Nach § 101 S. 2 SGB X in Verbindung mit § 100 Abs. 1 S. 2 SGB X muss die Einwilligung grundsätzlich in schriftlicher oder elektronischer Form erfolgen. Im Fall besonderer Umstände sind auch andere Formen zulässig, zum Beispiel in protokollierter Form, ausreichend. Die behandelnden Ärztinnen/Ärzte müssen die Einwilligung selbst veranlassen und ihrer Anfrage beifügen. Eine nur allgemeine Erklärung bei Abschluss des Behandlungsvertrages ist nicht ausreichend, da sich die Einwilligung auf die für den konkreten Einzelfall jeweils verlangten Untersuchungsbefunde beziehen muss.

Sofern diese Einwilligung vollständige Gutachten oder andere Unterlagen konkret benennt und damit über den Umfang des § 101 SGB X hinausgeht, der nur von Untersuchungsbefunden spricht, ist hier der Wille der betroffenen Personen maßgebend. Das heißt, es dürfen dann auch mehr Daten als nur Untersuchungsbefunde den behandelnden Ärztinnen/Ärzte mitgeteilt werden. Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 67b Abs. 2 SGB X. Nicht ausreichend ist nur der Hinweis, dass den behandelnden Ärztinnen/Ärzte eine Einwilligung oder auch Schweigepflichtentbindung vorliegt; diese muss den Leistungsträgern vorgelegt werden. Näheres zu den konkreten Anforderungen an eine wirksame Einwilligung kann der GRA zu Art. 7 DSGVO und der GRA zu § 67b SGB X entnommen werden.

Rechtsweg

Bei der Mitteilung des Untersuchungsbefundes durch den Leistungsträger handelt es sich um einfaches Verwaltungshandeln und nicht um einen Verwaltungsakt. Demnach ist auch die abschlägige Mitteilung an die behandelnden Ärztinnen/Ärzte ein Realakt.

Im Fall der unberechtigten Verweigerung der Auskunft durch den Leistungsträger steht den behandelnden Ärztinnen/Ärzte zur Durchsetzung des Anspruchs die allgemeine Leistungsklage zur Verfügung.

Die Vorschrift wurde seit ihrem Inkrafttreten nicht verändert.

Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.07.2017 (BGBl. I S. 2541)

Inkrafttreten: 25.05.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/12611

Durch Artikel 24 des Gesetzes wurden die bisherigen Regelungen beibehalten und lediglich redaktionell angepasst, insbesondere an die Begriffsbestimmungen aus Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO). Die Anpassung erfolgte aufgrund der zum 24.05.2016 in Kraft getretenen DSGVO, die ab dem 25.05.2018 in jedem EU-Mitgliedstaat unmittelbar gilt.

SGB X - Art. II - Übergangs- und Schlussvorschriften sowie Änderung von weiteren Gesetzen vom 04.11.1982 (BGBl. I S. 1450)

Inkrafttreten: 01.01.1983/01.07.1983

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 9/95 und 9/1753

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 101 SGB X