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§ 9 SGB X: Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Dokumentdaten
Stand28.09.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des 4. Euro - Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 in Kraft getreten am 01.07.2001
Rechtsgrundlage

§ 9 SGB X

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Bestimmung billigt der zuständigen Verwaltungsbehörde eine „größtmögliche Bewegungsfreiheit für die bestmögliche Erfüllung ihrer Aufgaben zu“. Sie stellt einen Kompromiss zwischen den im Verfassungsrecht vorgegebenen Erfordernissen des Rechts- und Sozialstaates an ein umfassendes, mit förmlichen Garantien ausgestattetes Verwaltungsverfahren einerseits und den ebenfalls im Verfassungsrecht vorgegebenen Erfordernissen einfacher, schneller, zweckmäßiger und Kosten sparender Erfüllung der Verwaltungsaufgaben andererseits dar.

Ergänzende Regelungen

§ 10 VwVfG entspricht der Vorschrift des § 9 SGB X

§ 19 SGB X betrifft die Amtssprache

§ 42 SGB X regelt die Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

Nichtförmlichkeit

Der Grundsatz der Nichtförmlichkeit beinhaltet nicht die Ermächtigung zu einer willkürlichen Verfahrensgestaltung (Regellosigkeit), sondern begründet lediglich eine Vermutung der Formfreiheit. Er soll der Verwaltung ermöglichen, im Rahmen einer freien Ermessensentscheidung die Art und Weise des Verwaltungsverfahrens nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen.

Innerhalb der freien Ermessensentscheidungen dürfen die Bindungen an das allgemeine Recht nicht aufgegeben werden. Es sind immer einzuhalten

  • die Zulässigkeitsvoraussetzungen,
  • die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des SGB I und die speziellen Verfahrensgrundsätze des SGB X sowie
  • der Rahmen des materiellen Rechts.

Besondere Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens

Der Grundsatz der Nichtförmlichkeit findet dort seine Grenzen, wo das Gesetz bestimmte Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens enthält. Es sind dies zum Beispiel in

Werden zwingend vorgeschriebene Formen im Verfahren nicht eingehalten, ist der Verwaltungsakt fehlerhaft. Die Behörde hat zum Beispiel bei der Frage der Amtssprache keinen Ermessensspielraum, die Amtssprache ist deutsch (§ 19 SGB X).

Einfache, zweckmäßige und zügige Durchführung

Was einfach, zweckmäßig und zügig ist, muss jeweils anhand des Einzelfalles beurteilt werden, wobei die Grundsätze der Effektivität, der Beschleunigung und der Verfahrensökonomie zu beachten sind.

Keinesfalls dürfen - auf Grund des verfassungsmäßigen Grundsatzes der Bindung der Verwaltung an das Gesetz - Erwägungen vermeintlicher Zweckmäßigkeit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit haben.

Folgen der Verletzung der Bestimmung des § 9 SGB X

Ein Anspruch auf Aufhebung eines Verwaltungsaktes kann im Fall einer Verletzung der Bestimmung des § 9 SGB X nur hergeleitet werden, wenn die Beachtung zu einer anderen Sachentscheidung geführt hätte. Insoweit wird auf die Bestimmung des § 42 SGB X verwiesen.

4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983)

Inkrafttreten: 01.01.2001

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4375

Durch Art. 10 Nr. 4 des 4. Euro-Einführungsgesetzes wurde Satz 2 dem Wortlaut des § 10 Satz 2 VwVfG wörtlich angepasst.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Verwaltungsverfahren - (Zehntes Buch) vom 18.08.1980 (BGBl. I S. 1469)

Inkrafttreten: 01.01.1981

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/2034

Nach der Gesetzesbegründung entsprechen die §§ 8 und 9 SGB X den §§ 9 und 10 VwVfG. Zur Klarstellung wurde darauf hingewiesen, dass unter das Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X und der nachfolgenden Vorschriften auch das aufsichtsrechtliche Verfahren, nicht aber das schlichte Verwaltungshandeln falle, weil dieses nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sei.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 9 SGB X