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§ 46 SGB IX: Früherkennung und Frühförderung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Neu aufgenommen (BTHG)

Dokumentdaten
Stand22.01.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vom 23.12.2016 in Kraft getreten am 01.01.2018
Rechtsgrundlage

§ 46 SGB IX

Version001.01
Schlüsselwörter
  • 7-51

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift entspricht der bisherigen Regelung zur Früherkennung und Frühförderung von Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Kinder.

Nach Absatz 1 sind fachübergreifend arbeitende Dienste und Einrichtungen mit ihren speziellen Leistungsangeboten von besonderer Bedeutung bei der Identifizierung drohender oder bereits eingetretener Behinderung bei Kindern und der Planung ihrer Behandlung.

Absatz 2 zählt die möglichen Leistungen, Leistungserbringer und Zielsetzungen auf.

Nach Absatz 3 werden die Leistungen der fachübergreifenden Dienste zur Früherkennung und Frühförderung zusammen mit heilpädagogischen Leistungen (zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) als Komplexleistung erbracht.

Absatz 4 trifft Festlegungen zu den Anforderungen an die zwischen den Rehabilitationsträgern und den Leistungserbringern zu treffenden Landesrahmenvereinbarungen.

Absatz 5 legt fest, dass zur Kostenaufteilung bei Komplexleistungen Vereinbarungen zu schließen sind.

Kommen Landesrahmenvereinbarungen nach Absatz 4 nicht zustande, erlassen nach Absatz 6 die Landesregierungen entsprechende Rechtsverordnungen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB VI erbringen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 42 bis 47 SGB IX - ausgenommen Leistungen der Früherkennung und Frühförderung von Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Kinder.

Derartige Leistungen werden zudem auch von der gesetzlichen Unfallversicherung und den Trägern der Kriegsopferversorgung nicht erbracht.

Zur Leistungsabgrenzung zwischen den zuständigen Trägerbereichen enthält § 48 Nr. 1 SGB IX eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit.

Beachte:

Zu den Leistungen der gesetzlichen RV zur medizinischen Rehabilitation für Kinder und Jugendliche siehe GRA zu § 15a SGB VI.

Anzuwendendes Recht

Nach § 301 Abs. 1 S. 1 SGB VI sind für Leistungen zur Teilhabe jeweils bis zu deren Ende die Vorschriften weiter anzuwenden, die im Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten.

Es gilt somit grundsätzlich das am Tag der rechtswirksamen Antragstellung maßgebende Recht, und zwar sowohl hinsichtlich der Antragsprüfung (Zuständigkeitsklärung, konkrete Bedarfsfeststellung, Fristen und Anspruchsvoraussetzungen), als auch hinsichtlich der Leistungserbringung.

Früherkennung

Viele Behinderungen sind bei der Geburt eines Kindes nicht sofort zu erkennen. Leistungen der Früherkennung dienen deshalb der frühzeitigen Diagnose von Schädigungen und Behinderungen, um zeitnah möglichst wirkungsvolle und umfassende Therapien einleiten und durchführen zu können.

Kinderfrüherkennungsuntersuchungen sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Krankenversorgung (§ 26 SGB V). In einer Vielzahl ärztlicher Routine-Untersuchungen von der Geburt bis nach dem zehnten Lebensjahr sollen Fehlentwicklungen und gesundheitliche Störungen bei Säuglingen und Kleinkindern frühzeitig erkannt werden. Die Untersuchungen zielen im Wesentlichen darauf ab, Stoffwechselstörungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen sowie Krankheiten des Nervensystems, der Sinnesorgane, des Skelettsystems und der Zähne festzustellen.

Frühförderung

Die Frühförderung basiert auf dem frühestmöglichen Bereitstellen eines therapeutischen und pädagogischen Förderangebotes bei Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Kindern.

Dieses richtet sich an entsprechend entwicklungsauffällige Kinder, aber auch an deren Familien sowie das nähere Umfeld. Es umfasst Leistungen in den Bereichen Frühdiagnostik, Frühtherapie und Frühberatung.

Die Frühförderung besteht als Komplexleistung aus einem interdisziplinär abgestimmten System ärztlicher und nichtärztlicher medizinisch-therapeutischer, psychologischer, psychosozialer, sozialpädiatrischer, heilpädagogischer und sozialpädagogischer Leistungen und schließt ambulante und mobile Beratung mit ein. Die Komplexleistung "Frühförderung" beruht in ihrem Kern auf einem intensiven Zusammenwirken von Fachkräften verschiedener Fachrichtungen. Alle Leistungen werden auf der Grundlage eines individuellen Förderkonzeptes gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten erbracht, interdisziplinär entwickelt und laufend den Erfordernissen angepasst.

Sie beginnen mit der Feststellung des Entwicklungsrisikos und enden in der Regel mit dem Schuleintritt.

Zuständigkeit und Leistungserbringung

Die Leistungen zur Frühförderung von Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Kinder sind Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) sowie der öffentlichen Jugendhilfe (SGB VIII) beziehungsweise Sozialhilfe (SGB XII). Abhängig von Region und Wohnort sind die Leistungszuständigkeiten unterschiedlich zwischen diesen Trägerbereichen abgestimmt. Insofern sollen nach § 46 Abs. 4 und 5 SGB IX Landesrahmenvereinbarungen zwischen den betroffenen Rehabilitationsträgern die Leistungsanforderungen, Leistungserbringung, Finanzierung und Qualitätssicherung näher regeln.

Falls die Vereinbarungen nicht innerhalb einer Frist getroffen werden, regeln nach § 46 Abs. 6 SGB IX die Landesregierungen entsprechend durch Rechtsverordnung. Zur Leistungsabgrenzung enthält zudem § 48 Nr. 1 SGB IX eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Die Leistungen werden von fachübergreifend arbeitenden Diensten und Einrichtungen erbracht. Dies sind beispielsweise

  • Sozialpädiatrische Zentren

Bei den sozialpädiatrischen Zentren handelt es sich um meist kinderärztlich geleitete, interdisziplinär im Team arbeitende Einrichtungen, denen mindestens ein Kinderarzt, ein Diplompsychologe, ein Physio-, Sprach- und Ergotherapeut, ein Heilpädagoge sowie ein Sozialarbeiter angehören.

  • Frühförderstellen

Frühförderstellen bieten schwerpunktmäßig pädagogische und beratende Hilfen an, die familiennah in den gemeinsamen Lebensfeldern für behinderte und nicht behinderte Menschen erbracht werden. Diese Stellen behandeln überwiegend Kinder nach den von Vertragsärzten oder sozialpädiatrischen Zentren erstellten pädagogischen Behandlungskonzepten.

Integrierte Tagesstätten werden dagegen nicht mit einbezogen.

Beachte:

Eine Leistungserbringung in sachlicher Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung ist ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1 S. 1 SGB VI). Gleichwohl kann die Rentenversicherung im Rahmen einer aufgedrängten formellen Zuständigkeit (als Leistender im Sinne von § 14 SGB IX, also zum Beispiel als Zweitangegangener oder unzuständiger Erstangegangener, der nicht weitergeleitet hat) mit derartigen Leistungsbedarfen konfrontiert sein.

Zu den Leistungen der gesetzlichen RV zur medizinischen Rehabilitation für Kinder und Jugendliche siehe zudem GRA zu § 15a SGB VI.

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234)

Inkrafttreten: 01.01.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522

Das Bundesteilhabegesetz stellt im Wesentlichen eine weitreichende Überarbeitung des SGB IX dar. Die bisherigen Regelungen wurden neu geordnet und ergänzt. Neue Regelungen zur umfassenden Bedarfsfeststellung und Teilhabeplanung wurden aufgenommen.

Der Regelungsgehalt des § 46 SGB IX neuer Fassung entspricht dabei weitgehend dem des § 30 SGB IX alter Fassung.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 46 SGB IX