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§ 26 SGB IX: Gemeinsame Empfehlungen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

05.08.2023

Dokumentdaten
Stand17.05.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vom 23.12.2016 in Kraft getreten am 01.01.2018
Rechtsgrundlage

§ 26 SGB IX

Version004.00

Inhalt der Regelung

Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe werden im gegliederten System von unterschiedlichen Trägern nach spezifischen Leistungsgesetzen erbracht. Praktisch bedeutet dies, dass jeder Rehabilitationsträger seine Leistungen eigenständig erbringt und für den Erfolg seiner Leistungen selbst verantwortlich ist. Für eine reibungslose und adressatengerechte Einbringung dieser Leistungen kommt der Zusammenarbeit der Träger dennoch eine hohe Bedeutung zu. Die Vorschrift verpflichtet die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX genannten Rehabilitationsträger Gemeinsame Empfehlungen zu den für eine enge und koordinierte Zusammenarbeit relevanten Themenbereichen zu erarbeiten. Insgesamt erforderliche Leistungen sollen aus Sicht des Leistungsempfängers "wie aus einer Hand" erbracht werden.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 26 SGB IX konkretisiert die in § 25 SGB IX enthaltene Verpflichtung der Rehabilitationsträger zur Zusammenarbeit. Weitere Regelungen zur Vereinbarungen Gemeinsamer Empfehlungen finden sich in § 37 Abs. 1 SGB IX, wo weitere zu vereinbarende Gemeinsame Empfehlungen genannt sind.

Inhalt der Vorschrift im Einzelnen

Es wird auf die nachfolgenden Abschnitte verwiesen.

Beteiligte im Sinne von § 26 SGB IX

Eine Verpflichtung zum Abschluss Gemeinsamer Empfehlungen trifft nur die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX genannten Rehabilitationsträger. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe hat der Gesetzgeber, obwohl sie nach § 6 Abs. 1 SGB IX zum Kreis der Rehabilitationsträger zählen, von der Verpflichtung ausgenommen. Dennoch werden diese an der Vorbereitung Gemeinsamer Empfehlungen beteiligt (§ 26 Abs. 5 SGB IX). Soweit Gemeinsame Empfehlungen vereinbart worden sind, steht es ihnen frei, den Empfehlungen beizutreten. Erfolgt eine solche Beteiligung nicht, haben sie sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben an diesen zu orientieren.

Obwohl § 26 SGB IX damit einen Vorrang eigenständiger Regelungen der Rehabilitationsträger beziehungsweise ihrer Verbände enthält, sind diese im Hinblick auf die Verordnungsermächtigung des § 27 SGB IX angehalten, zeitnah Gemeinsame Empfehlungen zu vereinbaren. Danach hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Möglichkeit, die gemäß der Anordnung in § 27 SGB IX durch Gemeinsame Empfehlungen zu behandelnden Themen durch Rechtsverordnung zu regeln. Im Hinblick auf den Vorrang eigenständiger Regelungen sollte aber davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber von der ihm eingeräumten Ermächtigung nur zögernd Gebrauch macht. Die Einzelheiten zu dem insoweit geltenden Verfahren regelt § 26 Abs. 7 SGB IX.

Regelungsbereiche Gemeinsamer Empfehlungen

Im Einzelnen haben die Rehabilitationsträger Gemeinsame Empfehlungen zu folgenden Regelungsbereichen zu vereinbaren:

Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger - Absatz 1

Abs. 1 verpflichtet die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX genannten Rehabilitationsträger zum Abschluss Gemeinsamer Empfehlungen zur Sicherung der in § 25 Abs. 1 SGB IX geforderten engen Zusammenarbeit.

Verschiedene Themenbereiche - Absatz 2

In Absatz 2 werden Themenbereiche aufgeführt, zu denen weitere Gemeinsame Empfehlungen vereinbart werden müssen. Erfasst wird dabei ein breites Spektrum von Regelungsgegenständen, das Fragen der Prävention, der Einleitung von Maßnahmen, des Inhalts von Leistungen, der Koordination von Leistungen, der Einbindung von Institutionen oder Personen und Fragen zum Verfahren zum Gegenstand hat. Die Vorschrift zählt dabei folgende Regelungsgegenstände auf:

  • welche Maßnahmen nach § 3 SGB IX geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
  • in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
  • über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
  • in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 SGB IX zu beteiligen ist,
  • wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 SGB IX koordiniert werden,
  • in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
  • für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13 SGB IX,
  • in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
  • zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 SGB IX genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
  • über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

Bislang sind im Rahmen von § 26 SGB IX folgende Gemeinsame Empfehlungen vereinbart worden:

Des Weiteren sind folgende Gemeinsame Empfehlungen zu Regelungsgegenständen vereinbart worden, die nicht in § 26 Abs. 2 SGB IX genannt sind:

Diese Empfehlungen gelten mangels einer entgegenstehenden Regelung auch unter der ab 01.01.2018 geltenden neuen Rechtslage weiter.

Diese Gemeinsamen Empfehlungen wurden an die neue Rechtslage angepasst.

Konkurrenz mit Rahmenempfehlungen - Absatz 3

In Absatz 3 wird das Verfahren geregelt, wenn für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften bestehen und von diesen in den Gemeinsamen Empfehlungen abgewichen werden sollen. Die Vorschrift regelt hierzu, dass der betroffene Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlung herzustellen hat. Das Erfordernis der Herstellung des Einvernehmens gilt aber auch dann, wenn es um Gegenstände geht, die nach gesetzlichen Vorschriften in solchen Rahmenempfehlungen geregelt werden sollen.

Vertretungsbefugnis - Absatz 4

Um eine Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation möglich zu machen, sieht Absatz 4 vor, dass sich die Träger der Rentenversicherung, Krankenversicherung und der Unfallversicherung sowie der Alterssicherung der Landwirte bei der Vereinbarung der Gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen können. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch für die Pflegekassen ab, soweit deren Aufgaben berührt sind.

Beteiligung der Träger der Eingliederungshilfe und öffentlichen Jugendhilfe sowie der Integrationsämter - Absatz 5

Die Beteiligung der Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe sowie der Integrationsämter bei der Vorbereitung der Gemeinsamen Empfehlungen regelt Absatz 5. Diese werden ausschließlich über die Arbeitsgemeinschaften, zu denen sie sich zusammengeschlossen haben, beteiligt.

Soweit Gemeinsame Empfehlungen vereinbart worden sind, steht es ihnen frei, diesen beizutreten. Erfolgt eine solche Beteiligung nicht, haben sie sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben an diesen zu orientieren.

Beteiligung der Verbände behinderter Menschen - Absatz 6

Um der Zielstellung einer selbstbestimmten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Nachdruck zu verschaffen, hat der Gesetzgeber eine Beteiligung der in Absatz 6 genannten Verbände behinderter Menschen einschließlich der Verbände der freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessengruppen behinderter Menschen bei der Vorbereitung Gemeinsamer Empfehlungen vorgesehen. Für die an der Vereinbarung gemeinsamer Empfehlungen beteiligten Rehabilitationsträger ergibt sich aus den Sätzen 2 und 3 die Verpflichtung, bei deren Gestaltung den Anliegen dieser Verbände nach Möglichkeit Rechnung zu tragen und hierbei insbesondere auch die besonderen Bedürfnisse behinderter oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder zu berücksichtigen.

Zu beteiligen sind des Weiteren die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände. Hierdurch soll erreicht werden, dass auch die Belange der Leistungserbringer bei der Gestaltung gemeinsamer Empfehlungen berücksichtigt werden.

Organisatorischer Rahmen - Absatz 7

Absatz 7 regelt schließlich das Verfahren, nach welchem die Vereinbarung gemeinsamer Empfehlungen erfolgt. Danach stellt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die Plattform und den organisatorischen Rahmen dar, innerhalb dessen von den Rehabilitationsträgern Vorschläge für Gemeinsame Empfehlungen erarbeitet und verabschiedet werden. Auch wenn im Gesetz nicht eindeutig geregelt ist, dass ein Abschluss Gemeinsamer Empfehlungen erst dann erfolgen kann, wenn die Rehabilitationsträger den Gemeinsamen Empfehlungen zugestimmt haben, ist deren Zustimmung auch ohne ausdrückliche Nennung im Gesetz erforderlich für die Verabschiedung Gemeinsamer Empfehlungen. Somit kann eine Verabschiedung gemeinsamer Empfehlungen auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation erst und nur dann erfolgen, wenn die von der Gemeinsamen Empfehlung betroffenen Rehabilitationsträger den Regelungen zugestimmt haben oder diese die Befugnis zum Abschluss auf ihre Vertreter auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation delegiert haben. Auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist hierfür der Ausschuss "Gemeinsame Empfehlungen" eingerichtet und in § 11der Satzung der BAR institutionell verankert worden. Die für den Ausschuss „Gemeinsame Empfehlungen" verabschiedete Geschäftsordnung regelt die Einzelheiten des Verfahrens und der Verabschiedung von Gemeinsamen Empfehlungen.

Im Übrigen sieht die Regelung zum Zustandekommen Gemeinsamer Empfehlungen vor, dass das Benehmen mit dem BMAS und den Ländern hergestellt und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz beteiligt worden ist (Abs. 7 Satz 2). „Benehmen“ bedeutet dabei lediglich, dass die eigenen Vorstellungen zu einer in Aussicht gestellten Maßnahme vorgetragen werden müssen, ohne dass eine Zustimmung des BMAS beziehungsweise der Länder erforderlich ist. Benehmen bedeutet damit nicht Einvernehmen. Es muss also keine Übereinstimmung hergestellt werden. Deshalb dürfte auch ausgeschlossen sein, dass das BMAS im Wege einer Rechtsverordnung tätig wird, obwohl sich die auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation vertretenen Rehabilitationsträger auf einen Entwurf verständigt haben.

Zudem räumt Abs. 7 Satz 3 dem BMAS das Recht ein, die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation zur Erarbeitung eines Vorschlags für eine Gemeinsame Empfehlung aufzufordern. Macht das BMAS von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vorlegen. Um den Vorrang von Regelungen der Selbstverwaltungen zu berücksichtigen, können die Rehabilitationsträger Einwände bezüglich des Vorschlags geltend machen, die dann im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation auszuräumen sind. Anderenfalls tritt die Gemeinsame Empfehlung in Kraft, ohne dass es eines besonderen Zustimmungsaktes bedarf.

Berichtspflicht - Absatz 8

Adressat der Berichtspflicht sind die Rehabilitationsträger. Diese haben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation turnusgemäß ihre Erfahrungen mit den Gemeinsamen Empfehlungen mitzuteilen. Für die Träger der Rentenversicherung, Krankenversicherung und Unfallversicherung sowie der Alterssicherung der Landwirte ist vorgesehen, dass diese ihrer Berichtspflicht über die Spitzenverbände nachkommen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation hat dem BMAS und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung zu stellen.

Konkretisierung auf regionaler Ebene - Absatz 9

Absatz 9 gibt den Rehabilitationsträgern die Möglichkeit, Gemeinsame Empfehlungen im Hinblick auf regionale Besonderheiten zu konkretisieren.

Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234)

Inkrafttreten: 01.01.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/9522

Der bisherige § 13 SGB IX „Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger“ wurde gemäß Artikel 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu § 26 SGB IX.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 26 SGB IX