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§ 243a SGB VI: Renten wegen Todes - an vor dem 01.07.77 geschiedene Ehegatten im Beitrittsgebiet

Änderungsdienst
veröffentlicht am

29.06.2020

Änderung

Die GRA wurde in den Abschnitten 1.2 und 1.3 redaktionell überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand29.05.2020
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992
Rechtsgrundlage

§ 243a SGB VI

Version004.00
Schlüsselwörter
  • 9801000

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift enthält folgende Regelungen:

  • Satz 1 schließt einen Anspruch auf Witwenrente beziehungsweise Witwerrente an geschiedene Ehegatten nach § 243 SGB VI aus, wenn sich der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach dem Recht richtet, das im Beitrittsgebiet gegolten hat (vergleiche Art. 234 § 5 EGBGB).
  • Satz 2 regelt für Fälle, in denen der Anspruchsausschluss nach Satz 1 wirksam wird, dass ein Anspruch auf Erziehungsrente - unter den üblichen Voraussetzungen des § 47 SGB VI - auch dann entstehen kann, wenn die Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden worden ist.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 243a SGB VI ist Sonderregelung zu folgenden Vorschriften:

  • § 243 SGB VI
    Richtet sich der Unterhaltsanspruch nach dem Recht des Beitrittsgebiets, kommt eine Witwen- oder Witwerrente an vor dem 01.07.1977 geschiedenen Ehegatten nach § 243 SGB VI nicht in Betracht.
  • § 47 SGB VI
    Über § 243a S. 2 SGB VI ist die Zahlung einer Erziehungsrente nach § 47 SGB VI auch dann möglich, wenn die Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden worden ist.
  • Art. 2 § 14 RÜG
    Die Zahlung einer Unterhaltsrente, die nach dem Recht im Beitrittsgebiet bei einer gerichtlich festgelegten Unterhaltszahlung möglich war, ist im SGB VI nicht vorgesehen. Die Leistung einer Unterhaltsrente ist nur noch im Rahmen der Besitzstandsregelungen des Art. 2 RÜG für Leistungsfälle vom 01.01.1992 bis 31.12.1996 möglich (vergleiche Art. 2 § 14 RÜG).

Rechtsprechung

Mit der Frage, ob § 243a SGB VI verfassungsgemäß ist, hat sich die Rechtsprechung bereits mehrfach beschäftigt.

Das BSG konnte dabei keine Verfassungswidrigkeit, insbesondere keine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen allgemeinen Gleichheits(grund)satzes feststellen (vergleiche unter anderem Urteil des BSG vom 21.06.1995, AZ: 5 RJ 60/94, SozR 3-2600 § 243a Nr. 1, Beschluss des BSG vom 05.03.1996, AZ: 4 BA 119/95, Urteil des BSG vom 29.08.1996, AZ: 4 RA 73/95, Urteil des BSG vom 11.06.2003, AZ: B 5 RJ 22/02 R) Die unterschiedliche Behandlung der Hinterbliebenen in § 243 und § 243a SGB VI ist nach Auffassung des BSG wegen der unterschiedlichen Entwicklung im Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht der DDR und der Bundesrepublik gerechtfertigt.

Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bereits zu dieser Problematik entschieden. So hat es die aus dem Beschluss des BSG vom 05.03.1996, AZ: 4 BA 119/95 sowie aus einem weiteren Urteil des BSG vom 29.01.1997, AZ: 5 RJ 32/95 resultierenden Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen aufgeworfen wurden und kein Verstoß gegen Verfassungsrechte der Beschwerdeführer ersichtlich war. Insbesondere konnte auch das BVerfG in beiden Fällen keine Verletzung des allgemeinen Gleichheits(grund)satzes des Art. 3 Abs. 1 GG erkennen (Beschluss des BVerfG vom 02.06.2003, AZ: 1 BvR 789/96, Beschluss des BVerfG vom 15.01.2004, AZ: 1 BvR 936/97).

Änderungsbestrebungen

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Altersvermögensgesetz (AVmG) regte der Bundesrat im Jahr 2001 eine Änderung des § 243a SGB VI an. Diese sah - entsprechend § 243 SGB VI - einen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente an geschiedene Ehegatten im Beitrittsgebiet vor, wenn im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten Unterhalt gezahlt wurde oder ein Unterhaltsanspruch bestanden hat. Der Vorschlag wich insoweit von § 243 SGB VI ab, als eine Scheidung bis 31.12.1991 einbezogen, der Anspruch aber insgesamt ausgeschlossen werden sollte, sofern ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente für eine Witwe oder einen Witwer bestand. Die Bundesregierung teilte zwar die Auffassung des Bundesrats, dass die Regelungen über die Versorgung für vor 1992 im Beitrittsgebiet geschiedene Ehegatten überprüft werden müssten. Dem Vorschlag, die Versorgung entsprechend § 243 SGB VI zu regeln, folgte sie jedoch nicht (vergleiche BT-Drucksache 14/5068, Seiten 12,  15, 16).

Die Änderung des § 243a SGB VI war seitdem mehrfach Gegenstand von Petitionen, Entschließungsanträgen und zahlreichen parlamentarischen Überprüfungen. Die Bundesregierung ist diesen Anträgen jedoch nicht gefolgt.

Kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente

Das vom Ehegesetz 1946 abweichende Unterhaltsrecht im Beitrittsgebiet besteht seit 1955. Es galten

  • vom 29.11.1955 - in Berlin (Ost) vom 08.12.1955 - bis zum 31.03.1966 die Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung (Ehe-VO) vom 24.11.1955 und
  • ab 01.04.1966 das Familiengesetzbuch (FGB).

Ist dieses Unterhaltsrecht maßgebend gewesen, kann ein Anspruch auf Witwen- beziehungsweise Witwerrente aufgrund der Regelung in § 243a S. 1 SGB VI nicht entstehen. Das gilt selbst dann, wenn der geschiedene Ehegatte im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten tatsächlich von diesem Unterhalt erhalten hat (BSG vom 21.06.1995, AZ: 5 RJ 60/94, SozR 3-2600 § 243a Nr. 1).

Ob das Unterhaltsrecht im Beitrittsgebiet anzuwenden war, hängt vom letzten gemeinsamen Personalstatut ab. Abweichend vom letzten gemeinsamen Personalstatut gilt für den nachehelichen Unterhalt bei deutschen Staatsangehörigen das EheG und damit nicht das Recht, das im Beitrittsgebiet gegolten hat, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte vor dem 03.10.1990 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik übergesiedelt ist und der letzte wirtschaftliche Dauerzustand nach dem 31.08.1986 liegt.

Näheres zu der Frage, welches Unterhaltsrecht bei Scheidung in der DDR galt, ist der GRA zu § 243 SGB VI, Abschnitt 6.3.3, zu entnehmen.

Anspruch auf Erziehungsrente

Wird festgestellt, dass das Unterhaltsrecht der früheren DDR für den Unterhaltsanspruch maßgebend ist (vergleiche Abschnitt 2), kann unter den Voraussetzungen des § 47 SGB VI ein Anspruch auf Erziehungsrente auch dann entstehen, wenn die Scheidung der Ehe vor dem 01.07.1977 erfolgt ist (für Scheidungen ab 01.07.1977 findet § 47 SGB VI bereits direkt - ohne die Ausnahmeregelung des § 243a SGB VI - Anwendung).

Die in § 243a S. 2 SGB VI geregelte Ausnahme betrifft ausschließlich den Zeitpunkt der Eheauflösung. Alle übrigen Voraussetzungen des § 47 SGB VI müssen dagegen vorliegen.

Von § 243a S. 2 SGB VI werden auch die nach § 47 Abs. 2 SGB VI den geschiedenen Ehegatten gleichgestellten Ehegatten erfasst.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

§ 243a SGB VI wurde durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) zum 01.01.1992 in das SGB VI eingefügt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 243a SGB VI