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§ 50 SGB I: Überleitung bei Unterbringung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

02.05.2023

Änderung

Die Abschnitte 1, 2.1 und 2.4 wurden überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand24.04.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Adoptionsanpassungsgesetzes vom 24.06.1985 in Kraft getreten am 28.06.1985
Rechtsgrundlage

§ 50 SGB I

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift des § 50 Absatz 1 SGB I sieht vor, dass die Stelle, die für eine Unterbringung des Leistungsberechtigten die Kosten trägt, zum Ersatz dieser Kosten dessen Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhalt bestimmt sind, durch schriftliche Anzeige auf sich überleiten kann.

Die Überleitung ist jedoch nach § 50 Absatz 2 SGB I insoweit ausgeschlossen, als aus der laufenden Geldleistung Ansprüche nach § 49 Abs. 1 und 2 SGB I zu erfüllen sind. Ist der Untergebrachte nach den gesetzlichen Vorschriften nicht verpflichtet, die mit seiner Unterbringung verbundenen Kosten selbst zu tragen, kommt die Überleitung ebenfalls nicht in Betracht.

Nach § 50 Absatz 3 SGB I kann auch der Anspruch auf eine laufende Geldleistung für ein untergebrachtes Kind übergeleitet werden, obwohl der Leistungsberechtigte selbst nicht untergebracht ist.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Regelung des § 50 SGB I ist eine Ergänzung zu § 49 SGB I. Beide Vorschriften betreffen - abgesehen von der Regelung des § 50 Abs. 3 SGB I - Leistungsberechtigte, die aufgrund richterlicher Anordnung untergebracht sind. Der Anspruch auf Überleitung bei Unterbringung nach § 50 SGB I ist aber gegenüber dem Auszahlungsanspruch nach § 49 SGB I nachrangig (vergleiche insoweit auch die Ausführungen in der GRA zu § 49 SGB I, Abschnitt 1.2).

Allgemeines

Für die Zeit, für die der Leistungsberechtigte untergebracht ist, kann die Stelle, welche die mit der Unterbringung verbundenen Kosten trägt, zum Ersatz dieser Kosten dessen laufende Geldleistung auf sich überleiten. Die Überleitung ist jedoch insoweit ausgeschlossen, als aus der laufenden Geldleistung Ansprüche nach § 49 Abs. 1 und 2 SGB I zu erfüllen sind. Darüber hinaus findet die Überleitung dort ihre Grenze, wo die gesetzlich normierte Verpflichtung des Leistungsberechtigten endet, die mit seiner Unterbringung verbundenen Kosten selbst zu tragen. Hat der untergebrachte Leistungsberechtigte keine Unterbringungskosten zu tragen, kommt eine Überleitung seines Anspruchs auf laufende Geldleistungen auf den Kostenträger nicht in Betracht. In diesem Fall ist der nach Berücksichtigung eines eventuellen Auszahlungsanspruchs nach § 49 Abs. 1 oder 2 SGB I verbleibende Teil der laufenden Geldleistung an den Leistungsberechtigten selbst zu zahlen.

Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts

Der Kostenträger kann nur die Ansprüche auf laufende Geldleistungen eines Untergebrachten auf sich überleiten, die der Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt sind. In der gesetzlichen Rentenversicherung zählen zu den laufenden Geldleistungen:

  • Renten,
  • Übergangsgelder gemäß §§ 20 ff. SGB VI,
  • Leistungen für Kindererziehung gemäß §§ 294 ff. SGB VI.

Nachzahlungen, die sich bei diesen Geldleistungen ergeben, sind gleichfalls laufende Geldleistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB I beziehungsweise § 3 SGB I.

Nicht zu den laufenden Geldleistungen im vorstehenden Sinne zählt wegen seiner Zweckgebundenheit dagegen der Anspruch auf Zuschuss zur Krankenversicherung nach den §§ 106, 315 SGB VI für Versicherte, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, privat krankenversichert sind.

Unterbringung aufgrund richterlicher Anordnung

Die Art und der zeitliche Umfang der Unterbringung, für deren Dauer die Überleitung der Ansprüche des Leistungsberechtigten auf laufende Geldleistungen auf den Kostenträger in Betracht kommt, richten sich wegen des in § 50 SGB I enthaltenen Klammerverweises zwingend nach § 49 Abs. 1 SGB I. Wie bei der Auszahlung der laufenden Geldleistung des Leistungsberechtigten an die ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten beziehungsweise an seine nicht unterhaltsberechtigten Kinder im Sinne des § 49 Abs. 2 SGB I muss es sich für die Überleitung auf den Kostenträger um eine Unterbringung handeln, die aufgrund richterlicher Anordnung in einer Anstalt oder Einrichtung erfolgt und die länger als einen Kalendermonat andauert. Die Ausführungen zur Unterbringung in einer Anstalt oder Einrichtung in der GRA zu § 49 SGB I, Abschnitt 2.3, sind daher auch in Fällen der Überleitung nach § 50 SGB I zu beachten.

Personenidentität

Die Überleitung der laufenden Geldleistung durch den Kostenträger der Unterbringung kommt nach § 50 Abs. 1 SGB I nur in Betracht, wenn es sich bei dem auf richterliche Anordnung Untergebrachten um den Leistungsberechtigten handelt. Der Untergebrachte muss also diejenige Person sein, die den Anspruch auf die laufende Geldleistung hat. Ist beispielsweise der Ehegatte eines Leistungsberechtigten untergebracht, so findet deswegen eine Überleitung der Ansprüche des Leistungsberechtigten auf den Kostenträger wegen fehlender Personenidentität nicht statt.

Untergebrachte Kinder

Dem untergebrachten Leistungsberechtigten gleichgestellt wurde in der Rentenversicherung nach § 50 Abs. 3 SGB I das untergebrachte Kind, für das ein Kinderzuschuss nach § 270 SGB VI in der Fassung bis 16.11.2016 gezahlt wurde. Diese Gleichstellung hatte zur Folge, dass der Kostenträger der Unterbringung den für das untergebrachte Kind zu zahlenden Kinderzuschuss auf sich überleiten konnte, obwohl der Kinderzuschuss dem regelmäßig selbst nicht untergebrachten Rentenbezieher zustand.

In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt der Regelung des § 50 Abs. 3 SGB I allerdings keine praktische Bedeutung mehr zu, weil ein erstmaliger Anspruch auf Kinderzuschuss nach § 270 SGB VI in der Fassung bis 16.11.2016 nicht mehr entstehen kann.

Öffentliche Stelle als Kostenträger

Das Instrument der Überleitungsanzeige, mit dem einem Untergebrachten sein Anspruch auf laufende Sozialleistungen teilweise entzogen wird, kann nur einer „öffentlichen“ Stelle und nicht einer privatrechtlich betriebenen Einrichtung zustehen. Dies folgt daraus, dass die Überleitungsanzeige nach § 50 SGB I ein Verwaltungsakt ist, der nur von einer „öffentlichen Stelle“ (Behörde) erlassen werden kann.

Eine Überleitung kommt daher nur in Betracht, wenn es sich um eine Behörde handelt, welche die Kosten der Unterbringung trägt. Der Anspruch auf Überleitung der laufenden Geldleistung setzt voraus, dass der öffentlichen Stelle die Kosten der Unterbringung allein zur Last fallen. Weitere Voraussetzung ist, dass die mit den Kosten der Unterbringung zunächst belastete öffentliche Stelle ihrerseits einen Erstattungsanspruch gegen den untergebrachten Leistungsberechtigten beziehungsweise gegen das untergebrachte Kind hat (vergleiche hierzu Abschnitt 5).

Träger der mit einer Unterbringung verbundenen Kosten ist bei einer Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt diese Stelle und bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Allgemeinen der zuständige überörtliche Sozialhilfeträger.

Überleitungsanzeige

Die Überleitung von Rentenbeträgen gemäß § 50 SGB I setzt die schriftliche Anzeige des Kostenträgers an den Rentenversicherungsträger voraus. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift muss es sich um den zuständigen Leistungsträger handeln; soweit die gesetzliche Rentenversicherung betroffen ist, vergleiche § 23 SGB I. Der Kostenträger muss dem Rentenversicherungsträger durch eine schriftliche Mitteilung anzeigen, dass er die Unterbringungskosten trägt und dass er zum Ausgleich dieser Aufwendungen die laufende Geldleistung des Leistungsberechtigten beziehungsweise einen Teil davon beansprucht. Erst durch die schriftliche Anzeige des Kostenträgers an den Rentenversicherungsträger wird die Überleitung des Anspruchs auf die laufende Geldleistung bewirkt. Dabei kommt der Überleitungsanzeige konstitutive Wirkung zu. Mit ihrer Bekanntmachung an die Betroffenen geht der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Rentenversicherungsträger auf die Behörde über, der der Kostenerstattungsanspruch zusteht.

Die Überleitungsanzeige ist gegenüber dem Leistungsberechtigten ein belastender Verwaltungsakt, da er dessen Auszahlungsanspruch zumindest einschränkt. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde; sie hat den Leistungsberechtigten vor einer Überleitung des Anspruchs auf laufende Geldleistungen nach § 24 SGB X anzuhören und zu beachten, dass der Verwaltungsakt ausreichend bestimmt ist.

Ob die Überleitungsanzeige auch gegenüber dem Rentenversicherungsträger einen Verwaltungsakt oder eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung darstellt, ist rechtlich umstritten.

Bis zum Eingang der Überleitungsanzeige wird die laufende Geldleistung (zum Beispiel die Rente) gegenüber dem Kostenträger an den bisherigen Zahlungsempfänger mit schuldbefreiender Wirkung (§ 407 BGB) gezahlt. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Rentenversicherungsträgers ohne Vorlage einer Überleitungsanzeige, sozusagen von Amts wegen, allein aufgrund von Kenntnissen aus dem Akteninhalt bei der Stelle, die den Leistungsberechtigten untergebracht hat, nachzufragen, ob eine Überleitung erfolgen soll. Von der Überleitung werden nur solche laufenden Geldleistungen erfasst, die dem Rentenversicherungsträger im Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Anzeige noch zur Verfügung stehen.

Zeitliche Kongruenz

Eine Überleitung auf den Kostenträger kommt nur für die Zeit in Betracht, für die einerseits eine Unterbringung des Leistungsberechtigten erfolgt und Unterbringungskosten anfallen und für die andererseits ein Anspruch auf eine laufende Geldleistung gegeben und dieser noch verfügbar ist. Kurzfristige Unterbrechungen (beispielsweise durch Beurlaubung oder Krankenbehandlung) stellen regelmäßig keine Beendigung der Unterbringung dar.

Nachrang der Überleitung gegenüber Ansprüchen aus § 49 Abs. 1 und 2 SGB I

Die Überleitung des Anspruchs auf die laufende Geldleistung auf den Kostenträger nach § 50 Abs. 1 SGB I oder § 3 SGB I ist gegenüber den Ansprüchen aus § 49 Abs. 1 und 2 SGB I nachrangig. Aus dem Anspruch auf die laufende Geldleistung sind deshalb immer erst diese Ansprüche zu erfüllen (vergleiche hierzu auch GRA zu § 49 SGB I - Auszahlung der Rente bei Unterbringung).

Stehen danach noch Teile der laufenden Geldleistung zur Verfügung, ist durch den Rentenversicherungsträger der eventuelle Umfang der Überleitung auf den Kostenträger zu prüfen.

Höhe der Überleitung

Die Frage, ob und in welchem Umfang wegen der Unterbringung des Leistungsberechtigten in einer Anstalt oder sonstigen Einrichtung Kosten anfallen, beurteilt sich nach den für die jeweilige Unterbringung geltenden Bundes- oder Landesgesetzen (zum Beispiel §§ 50, 138 StVollzG, § 32 PsychKG des Landes NRW).

Für den Strafvollzug regelt § 50 StVollzG die Voraussetzungen und den Umfang eines sogenannten Haftkostenbeitrages. Liegen die Voraussetzungen für die Erhebung eines Haftkostenbeitrages vor (§ 50 Abs. 1 StVollzG), bestimmt sich dessen Höhe nach § 50 Abs. 2 StVollzG. Die Höhe des Haftkostenbeitrages wird alljährlich vom Bundesminister der Justiz festgestellt und im Bundesanzeiger bekanntgemacht (§ 50 Abs. 2 StVollzG).

Im Hinblick darauf, dass der Haftkostenbeitrag nach § 50 Abs. 2 S. 5 StVollzG zwar prinzipiell auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, nicht aber zu Lasten des Hausgeldes und der Ansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger angesetzt werden darf, ist er seiner Höhe nach begrenzt auf den Betrag, der dem Gefangenen zu seiner persönlichen Verfügung verbleibt. Soweit es den Vorrang von Auszahlungsansprüchen nach § 49 SGB I betrifft, sind die Ausführungen im Abschnitt 4.2 zu beachten.

Über die Voraussetzungen und den Umfang einer Überleitung nach § 50 SGB I entscheidet der jeweilige Kostenträger, denn er allein hat die hierfür notwendige Sachkenntnis, sodass er insbesondere auch in der Lage ist, einem dem Untergebrachten von der laufenden Geldleistung (zum Beispiel die Rente) zu belassenden Betrag der Höhe nach zu bestimmen. Den sich hiernach ergebenden Überleitungsbetrag hat der Kostenträger zu benennen.

Verfahren

Der Rentenversicherungsträger kann die laufende Geldleistung (zum Beispiel Rente) nach dem Zugang und damit der Wirksamkeit der Überleitungsanzeige des Kostenträgers nach § 50 SGB I nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung (§ 407 BGB) an den Leistungsberechtigten zahlen. Bei einer laufenden Rentenzahlung ist daher die Auszahlung an den Rentenberechtigten zum nächstmöglichen Zeitpunkt nicht mehr vorzunehmen. Soweit der Kostenträger die Rente nicht vollständig nach § 50 SGB I auf sich überleitet, kann der Rentenversicherungsträger den von der Überleitung nicht betroffenen Rentenbetrag an den Rentenberechtigten jedoch weiter auszahlen.

Die erforderliche Benachrichtigung des Leistungsberechtigten über die Überleitung von laufenden Geldleistungen nach § 50 SGB I erfolgt durch den Rentenversicherungsträger lediglich im Rahmen einer Mitteilung. Dem Kostenträger ist eine Mehrausfertigung zu übersenden. Dem Rentenbezieher ist vom Rentenversicherungsträger darin mitzuteilen, dass seine Rente künftig in bestimmter (bereits von der unterbringenden Stelle mittels eines Verwaltungsaktes verbindlich festgestellten) Höhe an die unterbringende Stelle gezahlt wird. Hierbei handelt es sich nicht um eine Regelung im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB X, also um eine Maßnahme, die ein Recht begründet, aufhebt, ändert oder verbindlich feststellt. Denn der Eingriff in die Rechte des Rentenbeziehers hinsichtlich der Auszahlung eines bestimmten Rentenbetrages an die unterbringende Stelle ist bereits durch die Bekanntgabe der Überleitungsanzeige an den Rentenbezieher erfolgt. Der Rentenversicherungsträger hat eine verbindliche Entscheidung in Form eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB X nicht mehr zu treffen.

Wendet sich der Leistungsberechtigte gegen die mit der Überleitungsanzeige durch den Kostenträger mitgeteilten Feststellungen, ist er vom Rentenversicherungsträger auf die Zuständigkeit des Kostenträgers hinzuweisen.

Gesetz zur Anpassung rechtlicher Vorschriften an das Adoptionsgesetz (Adoptionsanpassungsgesetz - AdAnpG) vom 24.06.1985 (BGBl. I S. 1144)

Inkrafttreten: 28.06.1985

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksachen 139/84 und 139/1/84

Mit dem Adoptionsanpassungsgesetz wurde der Absatz 3 redaktionell geändert, indem die Angabe „§ 56 Abs. 2“ durch die Angabe „§ 56 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2“ ersetzt wurde.

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

Die Regelung des § 50 SGB I ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I) und gilt für Zeiten des Bezuges laufender Geldleistungen nach dem 31.12.1975.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 50 SGB I