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11 UF 150/10

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin und die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart -Bad Cannstatt vom 20.05.2010 (1 F 1073/09) werden

zurückgewiesen.

2. Bei der Kostenentscheidung für die erste Instanz bleibt es. Von den im Beschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten tragen die Parteien jeweils die Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 1.000,00 €.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Die am 08.01.1971 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart Bad Cannstatt vom 15.08.2002 unter Abtrennung des Versorgungsausgleichs geschieden (1 F 577/98). Während der Ehezeit vom 01. 01.1971 bis zum 30. 06.1998 hatte der Antragsgegner Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 763,09 € erworben und die Antragstellerin solche in Höhe von 835,28 €. Zum Ausgleich einer Versorgungszusage, die dem Antragsgegner am 04.05.1987 als Geschäftsführer und Gesellschafter der t. GmbH erteilt worden war, hat das Oberlandesgericht Stuttgart auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen einen vorausgegangenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart Bad Cannstatt vom 03.06.2004 (1 F 577/98) im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG die gesetzliche Rentenversicherung des Antragsgegners in Höhe des nach Satz 2 zulässigen Betrages von 44,38 € herangezogen (Beschluss vom 10.10.2005, AZ: 11 UF 156/04), wobei die private Altersversorgung des Antragsgegners auf der Grundlage von 55 % seines zuletzt - mit Wirkung zum 01.09.2002 herabgesetzten - Bruttofestgehalts von 12.700,00 € monatlich unter Anrechnung einer Direktversicherung in Höhe von 10 % der Versicherungssumme von 80.000,00 DM auf eine jährliche Rentenzahlung von 79.729,00 € aufsummiert und mit Hilfe der Barwertverordnung in eine dynamische Rente von 1.063,86 € monatlich umgerechnet worden ist. Die danach verbliebene Differenz von 451,46 € [(1.826,95 € - 835,28 €) / 2 - 44,38 €] war dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten worden.

Dessen Durchführung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11.08.2009 beantragt, der dem Antragsgegner am 10.09.2009 zugestellt worden ist. Nachdem die t. GmbH mit Schreiben vom 16.11.2009 ihre bereits im abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren 1 F 577/98 (AG Stuttgart Bad Cannstatt) erteilte Auskunft bestätigt und den Wert der - dem Antragsgegner zum Ehezeitende zugesagten - Jahresrente unverändert auf 79.729,00 € beziffert hat, hat das Familiengericht den Antragsgegner mit Beschluss vom 20.05.2010 verpflichtet, an die Antragstellerin ab 10.09.2009 eine monatliche Ausgleichsrente von 1.608,07 € zu zahlen. Hiergegen haben beide Seiten Rechtsmittel eingelegt.

II.

Die zulässigen Beschwerden der Parteien haben in der Sache keinen Erfolg. Eine Korrektur des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Antragstellerin ist nicht geboten, weil das Familiengericht den Ehezeitanteil der privaten Altersversorgung des Antragsgegners zu Recht nicht nach dessen Betriebszugehörigkeit ab 01.01.1978, sondern mit Blick auf den Zeitpunkt der Versorgungszusage am 04.05.1987 bemessen hat. Im Gegenzug ist der Einwand des Antragsgegners unbegründet, dass nach § 1587 h BGB a.F. unter Heranziehung der gesetzgeberischen Wertung in § 20 VersAusglG bei der Berechnung der geschuldeten Ausgleichsrente private Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 711,99 € monatlich zu berücksichtigen seien.

1.

Auf das Verfahren ist das bis zum 31. August 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden, weil es vor dem 1. September 2009 eingeleitet und seither durchgehend betrieben worden ist (§ 48 VersAusglG, Art. 111 FGG-RG).

Nach § 1587 g Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. kann die Antragstellerin vom Antragsgegner dem Grunde nach eine Ausgleichsrente in Höhe der Hälfte seiner ehezeitlichen Anwartschaften verlangen, soweit diese nicht bereits öffentlich-rechtlich herangezogen worden sind (§ 1587 g Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Anspruch ist bereits fällig, weil die Antragstellerin seit März 2005 eine gesetzliche Altersrente bezieht und der Antragsgegner aufgrund betrieblicher Vereinbarung seit März 2009 laufende Leistungen erhält. Damit haben beide Parteien eine „Versorgung“ im Sinn von § 1587g Abs. 1 Satz 2 BGB erlangt.

Für die Ermittlung der Höhe der auszugleichenden Versorgung gilt nach § 1587 g Abs. 2 Satz 1 BGB im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs die Vorschrift des § 1587 a BGB entsprechend. Durch diese Verweisung wird klargestellt, dass für die Bemessung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente - ebenso wie für den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich - grundsätzlich die Wertverhältnisse bei Ehezeitende maßgebend sind. Vorliegend hatte der Antragsgegner nach Auskunft der t. GmbH vom 16.11.2009 zum Ende der Ehezeit am 30.06.1998 (§ 1587 Abs. 2 BGB) eine Jahresrente von 79.729,00 € zu erwarten (Bl. 39 - 46). Dieser - mit den Beschwerden nicht angegriffene - Betrag bildet daher die Grundlage für die Berechnung des schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs (BGH, FamRZ 1987, 145).

2.

Der Ehezeitanteil der privaten Rentenanwartschaft des Antragsgegners ist nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b BGB a.F. zeitratierlich zu ermitteln, weil sie nach der Zusage der types GmbH vom 04.05.1987 (Bl. 42- 44) weder ausschließlich zeitabhängig (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 a BGB) noch in Bruchteilen der Beiträge (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 c BGB) noch entsprechend der Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 d BGB) zu bemessen ist, sondern sich nach einem Prozentsatz des zuletzt bezogenen Festgehalts richtet (vgl. BGH, FamRZ 2007, 891; BGH, FamRZ 1993, 684).

Weiter gilt zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner nach seinem Vortrag im vorausgegangenen Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Stuttgart - Bad Cannstatt (1 F 577/98) bereits bei Erteilung der Versorgungszusage als Gesellschafter an der t. GmbH beteiligt gewesen ist. Damit ist er aus dem Kreis der Versorgungsberechtigten, die unter das Betriebsrentengesetz fallen, ausgeschlossen. Zwar ist die betriebliche Altersversorgung nicht auf Arbeitnehmer beschränkt, für die das Betriebsrentengesetz in erster Linie gilt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Vielmehr finden nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG die §§ 1 bis 16 BetrAVG entsprechend auch für andere Personen Anwendung, wenn ihnen Versorgungsleistungen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Hingegen ist die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nach dem Grundcharakter des Betriebsrentengesetzes als eines hauptsächlich dem Schutz von Arbeitnehmern dienendes Regelwerks einschränkend dahin auszulegen, dass die Geltung der genannten Vorschriften auf Personen begrenzt bleibt, deren Lage im Falle einer Pensionsvereinbarung mit der eines Arbeitnehmers annähernd vergleichbar ist. Vom Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes ausgenommen sind daher Versorgungsberechtigte insoweit, als ihre Ansprüche auf Dienstleistungen für ein Unternehmen beruhen, das mit Rücksicht auf ihre vermögens- und einflussmäßige Verbindung mit ihm nach natürlicher Anschauung als ihr eigenes zu betrachten ist.

Diese im Betriebsrentenrecht vorgesehene Beschränkung auf Versorgungsanrechte, die durch Arbeit für ein fremdes Unternehmen verdient worden sind und nicht auf einer letztlich selbst erteilten Versorgungszusage des Versorgungsempfängers beruhen, gilt auch für die betriebliche Altersversorgung im Rahmen des Versorgungsausgleichs. Da der Antragsgegner nicht nur als Geschäftsführer der t. GmbH tätig gewesen, sondern an diesem Unternehmen darüber hinaus auch als Gesellschafter beteiligt gewesen ist, ist sein auf dieser Grundlage, also mit Hilfe seines Vermögens und gegebenenfalls auch durch Arbeit (vgl. § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) erworbenes Anrecht nach der Auffangregelung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b BGB a.F. zu bewerten (BGH, FamRZ 2007, 891; BGH, FamRZ 1993, 684).

3.

Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b BGB ist der Ehezeitanteil der Versorgung nach der gleichen - gesamtzeitbezogenen - Berechnungsmethode zu ermitteln wie bei der betrieblichen Altersversorgung. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Versorgungsberechtigter, der die zugesagte Rente noch nicht bezieht, bis zur vereinbarten Altersgrenze (hier: Vollendung des 65. Lebensjahres) dem Betrieb angehören wird. Demgemäß ist von einer Versorgung auszugehen, wie sie sich auf der Grundlage der getroffenen Abrede nach den individuellen Verhältnissen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für diesen Rentenbeginn darstellt. Anschließend ist der anteilige Wert der vollen Versorgung zu ermitteln, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden zu der gesamten nach der Versorgungsordnung bis zur Altersgrenze zu berücksichtigenden Zeit entspricht (BGH, FamRZ 2007, 891; BGH, FamRZ 1996, 1538).

Dabei ist, anders als die Antragstellerin meint, vorliegend nicht auf den Beginn der Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners abzustellen, sondern allein auf den Zeitpunkt der Versorgungszusage, hier also auf den 04.05.1987. Denn anders als in den Fällen des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F., insbesondere der Nr. 3 a, die der Berechnungsvorschrift des § 2 Abs. 1 BetrAVG a.F. nachgebildet worden ist (BGH NJW-RR 1997, 195), kann im Rahmen von § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b BGB a.F. gerade nicht unterstellt werden, dass die Versorgung im Hinblick auf die Beschäftigung insgesamt gewährt worden und damit die Rente nach Grund und Höhe während der gesamten Dauer der Betriebszugehörigkeit gleichmäßig erdient worden ist (vgl. BT-Drucks 7/650, 157).

Entsprechend hat das Familiengericht den Ehezeitanteil der Anwartschaft des Antragsgegners zutreffend aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden berücksichtigungsfähigen Zeit (Mai 1987 bis Juni 1998) zu der Gesamtdauer bis zur Erreichung der für die Rente maßgeblichen Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres (Mai 1987 bis Februar 2009) ermittelt. Auf diese Weise ist es - ausgehend vom Nominalbetrag der zugesagten Versorgung von 79.729,00 € (6.644,08 € monatlich) - zu ehezeitlichen Anwartschaften in Höhe von 3.396,64 € gelangt und hat nach Berücksichtigung des im abgetrennten Versorgungsausgleichsverfahren 1 F 577/98 (AG Stuttgart - Bad Cannstatt) durchgeführten Teilausgleichs eine monatliche Rente von 1.608,07 € errechnet. Dies ist nicht zu beanstanden.

4.

Schließlich vermag sich der Senat der Ansicht des Antragsgegners ebenfalls nicht anzuschließen, wonach seine - auf den Ausgleichswert der Betriebsrente - entfallenden Sozialversicherungsbeiträge deshalb zu berücksichtigen seien, weil die in § 20 VersAusglG zum Ausdruck gebrachte Wertung auch in Altverfahren Beachtung finden müsse, selbst wenn die Hürde des § 1587 h BGB a.F. nicht erreicht sei (so aber OLG Zweibrücken Senat für Familiensachen, Beschluss vom 27.04.2010, AZ: 2 UF 112/09, - juris-). Eine solche Handhabung würde nämlich in geschützte Grundrechtspositionen der Antragstellerin eingreifen (Art. 14 GG) und damit eine gesetzliche Grundlage voraussetzen, die hier fehlt. Denn nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 48 VersAusglG und von Art. 111 FGG-RG soll das streitige Rechtsverhältnis von der Neuregelung des Versorgungsausgleichs gerade nicht erfasst werden. Demgegenüber sind die Interessen des Antragsgegners im Hinblick darauf, dass er von der Möglichkeit einer Abänderung nach § 227 FamFG Gebrauch machen kann, hinreichend gewahrt.

Letztendlich ist eine Anwendung von § 20 VersAusglG auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie geboten. Denn der Senat müsste wegen der damit verbundenen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. etwa BGH FamRZ 2005, 1982; BGH, FamRZ 2006, 323) die Rechtsbeschwerde zulassen. Das Rechtsmittelverfahren brächte aber gegenüber einem sich anschließenden Abänderungsverfahren nach § 227 FamFG weder Kostenvorteile mit sich, noch wäre damit Zeit gewonnen.

5.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt aufgeklärt, den Beteiligten rechtliches Gehör gewährt worden und eine Vereinbarung der Parteien nicht zu erwarten ist (BGH, FamRZ 1983,267).

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 99 Abs. 1, 131 Abs. 1 KostO a.F., 13 a Abs. 1 FGG a.F..Der Gegenstandswert wurde nach §§ 131 a Abs. 1 Nr. 1, 99 Abs. 3 Nr. 2 KostO a.F. bemessen. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§§ 621 e Abs. 2 ZPO a.F., 543 Abs. 2 ZPO).

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