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L 1 KR 24/00

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Der 1951 in Teheran geborene Kläger lebt seit 1974 in Deutschland. Er war zunächst Asylbewerber. Vom 2. Oktober 1979 bis 29. Juni 1988 studierte er an der Fachhochschule Kiel (Fachbereich: Textil und Gestaltung). Seit 1993 besitzt er die deutsche Staatsangehörigkeit. Bei der Barmer Ersatzkasse war der Kläger vom November 1974 bis September 1989 Mitglied, in der Zeit vom 7. Februar 1980 bis 31. Januar 1989 als Student, danach als freiwilliges Mitglied.

m Juli 1994 beantragte er bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein Rente wegen verminderten Leistungsvermögens. Da dort keine versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Versicherungskonto gespeichert waren, führte die LVA eine Kontenklärung und in diesem Rahmen Ermittlungen durch. In diesem Zusammenhang gab der Kläger an, er habe von Oktober 1979 bis Juli 1991 für die Firma T. F., Kiel, und vom 1. Januar 1984 bis März 1988 bei der Firma O. C. N. gearbeitet. Laut einer Bescheinigung der Firma F. vom Februar 1988 hatte er dort als Student stundenweise Restaurationsarbeiten an Teppichen durchgeführt. Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mangels Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung ab. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 3. Juli 1997 - S 1 J 257/95 -).

Am 1. Januar 1995 meldete sich der Kläger bei der Bundesanstalt für Arbeit arbeitslos und beantragte die Gewährung von Leistungen. Die Bundesanstalt lehnte den Antrag auf Arbeitslosengeld mit der Begründung ab, dass die Anwartschaftszeiten nicht erfüllt seien. Widerspruch und Klage blieben ebenfalls erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. September 1997 - S 2 Ar 300/95 -).

Im September 1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG. In dem entsprechenden Antragsformular gab er an, ausschließlich als abhängig Beschäftigter tätig zu sein. In einer Anlage zu dem Antrag gab er weiter an, jahrelang als Teppichrestaurator bei der Firma O. F. in Kiel gearbeitet zu haben. Jetzt sei er am rechten Arm verletzt, arbeitsunfähig und sogar schwerbehindert. Dazu legte er den Bescheid des Versorgungsamtes Kiel vom 6. September 1995 mit der Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 vor. Weiter legte er einen Bescheid der Stadt Kiel über die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem Wohngeldgesetz vor. Danach bezog er Hilfe zum Lebensunterhalt und pauschaliertes Wohngeld ab August 1996 bis auf weiteres.

Mit Bescheid vom 8. November 1996 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, er unterliege nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG, da er keine selbstständige Tätigkeit ausübe, sondern abhängig beschäftigt sei. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er übe seine Tätigkeit nicht als selbstständiger Künstler, sondern als Teppichrestaurator in abhängiger Beschäftigung aus. Er bitte trotzdem um Prüfung. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 1997 zurück. Ergänzend führte sie zur Begründung aus, es handele sich auch nicht um eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des KSVG, da der Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich Teppichrestauration liege. Restauratoren unterlägen grundsätzlich nur dann der Versicherungspflicht, wenn der zu restaurierende Gegenstand selbst ein Kunstwerk darstelle. Teppiche seien keine Kunstwerke.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Februar 1997 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen, die von ihm restaurierten Teppiche seien als Kunstwerke anerkannt. Es sei richtig, dass er als Kunsthandwerker und nicht als Künstler tätig gewesen sei, und zwar als Teppichrestaurator mit 10 Stunden in der Woche. Die Beschäftigung sei bei einem jährlichen Einkommen von 17.000,00 DM auch nicht geringfügig gewesen. Die Tätigkeit des Teppichrestaurators sei eine künstlerische und eine selbstständige Tätigkeit, also Arbeitserfolg = Einkommen. Die jährlichen 17.000,00 DM habe er in jedem Fall durch versicherungspflichtige Beschäftigung verdient. Soweit das Sozialgericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid ankündige, sei er nicht damit einverstanden, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werde.

Der Kläger hat schriftlich beantragt,

  • den Bescheid der Beklagten vom 8. November 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1997 aufzuheben und festzustellen, dass er der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt.
  • Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, eine Versicherungspflicht sei deswegen abzulehnen, weil der Kläger nicht selbstständig tätig gewesen, nach ausländerrechtlichen Vorschriften nur eine abhängige Beschäftigung in geringfügigem Maße erlaubt gewesen und darüber hinaus die Tätigkeit als Teppichrestaurator keine künstlerische Tätigkeit sei.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 29. Juni 2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen und ergänzend ausgeführt, nach den vorliegenden Unterlagen habe der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung im September 1996 und danach seine Tätigkeit als Teppichrestaurator nicht mehr ausgeübt. Eine rückwirkende Feststellung der Versicherungspflicht für die Zeit vor September 1996 könne nicht erfolgen, da eine Meldung bei der Beklagten erst im September 1996 erfolgt sei.

Gegen den ihm am 4. Juli 2000 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seinem als Widerspruch bezeichneten Schreiben, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 2. August 2000. Ergänzend trägt er vor, nochmals verweise er darauf, dass er als Teppichrestaurator in Heimkunst tätig geworden sei. Teppiche seien auch Kunstwerke. Hierzu gebe es genug Veröffentlichungen, die deutlich machten, dass Orientteppiche Kunst seien. Dazu legt der Kläger Unterlagen vor.

Der Kläger beantragt,

  • den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 29. Juni 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. November 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 1997 aufzuheben und festzustellen, dass er der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtenen Bescheide und die Entscheidung des Sozialgerichts Kiel. Der Kläger habe bisher keinen einzigen aktuellen Nachweis einer selbstständigen künstlerischen Tätigkeit vorgelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Urteile des Sozialgerichts Kiel S. 2 Ar 300/95 und S. 1 J 257/95, die Akten des Arbeitsgerichts Kiel und des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (2d Ca 158/95 und 3 Sa 442/95) sowie den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zutreffend hat die Beklagte und sie bestätigend das Sozialgericht Kiel - zulässig in Form des in § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Gerichtsbescheides ohne mündliche Verhandlung und mit vorheriger Anhörung der Beteiligten - das Vorliegen einer Versicherungspflicht des Klägers nach dem KSVG verneint. Es fehlt ihm nämlich bereits an der dafür erforderlichen Künstlereigenschaft.

Voraussetzung einer Versicherungspflicht nach dem KSVG ist, dass der Kläger künstlerisch tätig ist. Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach und zuletzt in seiner Entscheidung vom 25. September 2001 (B 3 KR 18/00 R) ausgeführt hat, setzt der Kunstbegriff der KSVG in jedem Fall eine eigenschöpferische Leistung voraus, für die allerdings ein relativ geringes Niveau ausreicht. Der Senat kann es dahinstehen lassen, ob die Herstellung von Teppichen diesem Kunstbegriff entsprechen, Teppiche also Kunstwerke sind. Denn der Kläger stellte keine Teppiche her, sondern restaurierte diese. Ein Restaurator aber ist nicht schöpferisch tätig, sondern strebt vordringlich die originaltreue Wiederherstellung des Teppichs an, nicht aber die erstmalige Realisierung eigener Ideen. Aus diesem Grund hat das BSG in der oben zitierten Entscheidung den Restaurator historischer Textilien auch nicht als Künstler im Sinne des KSVG angesehen. Die Entscheidungsgründe des BSG überzeugen. Auf sie nimmt der Senat vollinhaltlich Bezug. Dass die Tätigkeit des Restaurators zum Teil ein hohes Maß an Qualifikation und Einfühlungsvermögen sowie kunsthistorisches und künstlerisches Verständnis voraussetzt, ändert letztlich nichts daran, dass der Restaurator das zu restaurierende Objekt als Werk respektiert, sich allein auf dessen Wiederherstellung beschränkt und nicht eigenschöpferisch tätig ist.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger anderen Tätigkeiten nachgegangen ist, insbesondere selbst Teppiche hergestellt hat. Er spricht von sich stets als Teppichrestaurator und diesen Inhalt hatte seine Tätigkeit auch bei den Firmen, bei denen er die Tätigkeit als Restaurator ausgeübt hatte. Entsprechend war seine Aufenthaltserlaubnis beschränkt auf die Beschäftigung als Teppichrestaurator.

Fehlt es mithin bereits an der Künstlereigenschaft des Klägers, so braucht der Senat nicht zu prüfen, ob der Versicherungspflicht nach dem KSVG eine fehlende selbstständige Tätigkeit und, worauf das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid hingewiesen hat, die Feststellung der Versicherungspflicht allein für die Vergangenheit entgegensteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 Satz 1 SGG.

ründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

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