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L 7 R 550/05

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Pflichtbeiträge der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Die am … geborene Klägerin war vom 1. März 1999 bis 23. Februar 2003 als freiberufliche Musikiehrerin tätig.

Am 25. Februar 1999 stellte die Klägerin einen „Antrag auf Beitragszahlung zur Angestelltenversicherung für eine Pflichtversicherung von selbstständig Tätigen“. In dem Antrag gab sie an, dass die Pflichtbeiträge einkommensgerecht nach einem Arbeitseinkommen von 12.000 DM jährlich gezahlt werden sollten, jedoch höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze. In der als Anlage beigefügten Ertragsvorschau ihres Steuerberaters vom 22. Februar 1999 wurde für 1999 ein Umsatz in Höhe von 12.000,00 DM eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 8. April 1999 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig. Auf der Grundlage des von der Klägerin zuletzt für das Veranlagungsjahr 1999 nachgewiesenen Arbeitseinkommens in Höhe von 12.000,00 DM setzte die Beklagte Monatsbeiträge in Höhe von 195,00 DM fest. Dieser Betrag entspreche einem einkommensgerechten Beitrag. Änderungen des Arbeitseinkommens würden vom Ersten des auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheides beziehungsweise der Bescheinigung des Finanzamtes folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt.

Am 20. Juni 2000 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr Verdienst den bisherigen Angaben auch weiterhin entspreche.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2000 setzte die Beklagte die Monatsbeiträge auf 198,21 DM fest. Dabei legte sie weiterhin das zuletzt für das Veranlagungsjahr 1999 nachgewiesene Arbeitseinkommen in Höhe von 12.000,00 DM zu Grunde. Das letzte nachgewiesene Arbeitseinkommen sei zu dynamisieren. Die Dynamisierung erfolge mit dem Vomhundert-satz, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen sei, zu dem Durchschnittsentgelt für das Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergebe. Der Dynamisierungsfaktor für die laufende Beitragszahlung betrage 1,0270. Er entspreche dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts des Kalenderjahres 2000 zum Durchschnittsentgelt des Kalenderjahres 1999. Der Beitrag von monatlich 198,21 DM ergebe sich aus einem jährlichen Arbeitseinkommen von (12.000,00 DM x 1,0270 =) 12.324,00 DM. Änderungen des Arbeitseinkommens würden vom Ersten des auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheides beziehungsweise der Bescheinigung des Finanzamtes folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt.

Mit am 1. März 2001 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 26. Februar 2001 legte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vor, welcher am 2. Februar 2001 vom Finanzamt Grimma erlassen worden war. Die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit beliefen sich im Jahre 1999 danach auf 4.333,00 DM. Sie bat die Beklagte deshalb um Neuberechnung ihrer einkommensgerechten Beiträge. Außerdem stelle sich für sie in diesem Zusammenhang die Frage, inwiefern bisher zu viel gezahlte Beiträge verrechnet beziehungsweise zurückgezahlt würden.

Durch Bescheid vom 16. März 2001 setzte die Beklagte die Monatsbeiträge ab April 2001 auf 120,33 DM fest. Da das nachgewiesene Arbeitseinkommen in Höhe von 4.333,00 DM im Jahre 1999 nach Dynamisierung die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage des Jahres 2001 in Höhe von 7.560 DM unterschreite, sei es auf diesen Betrag anzuheben. Änderungen des Arbeitseinkommens würden vom Ersten des auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheides beziehungsweise der Bescheinigung des Finanzamtes folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt.

Den hiergegen am 10. April 2001 eingelegten Widerspruch, mit welchem die Klägerin eine rückwirkende Beitragssenkung unter Berücksichtigung ihres für das Jahr 1999 nachgewiesenen geringeren Einkommens verlangte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2001 zurück. Ab 1. Januar 1999 sei für versicherungspflichtige Selbstständige, die einkommensgerechte Beiträge zahlten, wieder eine Mindestbeitragsbemessungsgrundlage eingeführt worden.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Zurückweisung des Widerspruchs anzuerkennen.

Durch Bescheid vom 4. Januar 2002 setzte die Beklagte rückständige Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge fest, ebenso durch Bescheid vom 4. Februar 2002. Die gegen diese beiden Bescheide erhobenen Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit undatiertem Widerspruchsbescheid zurück. Dem Begehren, ab 1. März 1999 niedrigere Pflichtbeiträge zu zahlen, könne nicht entsprochen werden. Beantrage der Selbstständige die Zahlung von einkommensgerechten Beiträgen, müsse er das niedrigere oder höhere Einkommen nachweisen. Der Nachweis sei in Form des letzten Einkommensteuerbescheides zu erbringen, welcher solange der Beitragsberechnung zu Grunde gelegt werde, bis ein neuer Steuerbescheid vorgelegt werde. Der am 2. Februar 2001 vom Finanzamt ausgefertigte Steuerbescheid des Jahres 1999 sei am 1. März 2001 bei der Beklagten eingegangen und wirke sich auf die Höhe der Pflichtbeiträge somit erst ab 1. April 2001 aus (§ 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI). Aus dem Umkehrschluss dieser Bestimmung ergebe sich, dass die rückwirkende Korrektur der Beitragshöhe nicht zulässig sei.

Mit am 25. Juli 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 23. Juli 2002 übersandte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000. Der am 18. Juni 2002 ausgestellte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 verzeichnete Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus freiberuflicher Tätigkeit der Klägerin in Höhe von 13.557,00 DM (= 6.931,58 EUR).

Mit Bescheid vom 3. September 2002 setzte die Beklagte daraufhin den Beitrag ab September 2002 auf 113,42 EUR monatlich fest. Unter Zugrundelegung der Einkünfte für das Jahr 2000 errechnete die Beklagte ein dynamisiertes Arbeitseinkommen in Höhe von (6.931,58 EUR x 1,02080 =) 7.125,66 EUR.

Hiergegen legte die Klägerin am 2. Oktober 2002 Widerspruch ein, mit dem sie sich zum einen gegen die Dynamisierung des Arbeitseinkommens wandte und zum anderen eine rückwirkende Beitragsfestsetzung auf der Grundlage der durch Einkommensteuerbescheid nachgewiesenen Einkommen begehrte.

Auch gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2002, in welchem die Beklagte Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge festsetzte, legte die Klägerin am 26. November 2002 Widerspruch ein.

Gegen den Bescheid vom 27. November 2002, in dem die Beklagte weitere Pflichtbeiträge und Säumniszuschläge festsetzte, legte die Klägerin ebenfalls am 27. Dezember 2002 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die Bescheide vom 4. Januar 2002 und vom 3. September 2002 zurück. Da der Einkommensteuerbescheid erst mit einer zeitlichen Verzögerung vorgelegt werden könne, würden die Einkünfte mit dem vierstelligen Faktor dynamisiert, der sich ergebe, wenn das vorläufige Durchschnittsentgelt für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen sei, zu dem Durchschnittsentgelt für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ins Verhältnis gesetzt werde.

Dagegen hat die Klägerin am 15. Januar 2003 Klage beim Sozialgericht Leipzig erhoben.

Sie hat vorgetragen, es könne ihr nicht zur Last gelegt werden, dass der Steuerbescheid des Jahres 1999 erst am 2. Februar 2001 vom Finanzamt ausgefertigt worden sei. Hierauf habe sie keinen Einfluss. Selbst bei kürzest möglicher Bearbeitungszeit hätte sie allenfalls im Laufe des Jahres 2000 ihre Einnahmen durch Steuerbescheid frühestens nachweisen können. § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI sei rechtswidrig, wenn nicht gar verfassungswidrig. Bei Veränderung der Einkünfte müsse eine rückwirkende Anpassung der Beiträge für die Vergangenheit möglich sein. Insoweit sei § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI verfassungskonform auszulegen. Nach allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen könne ein bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt wieder aufgehoben und geändert werden. Danach könne die Auffassung der Beklagten zu § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI nicht richtig sein.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2003 hat die Beklagte ab 1. August 2003 einen geänderten Monatsbeitrag in Höhe von 161,40 EUR auf der Grundlage des zuletzt für das Veranlagungsjahr 2001 nachgewiesenen Arbeitseinkommens festgestellt. Zugleich hat sie die Beitragshöhe ab 1. November 2001, diejenige ab 1. Januar 2002, diejenige ab 1. September 2002, diejenige ab 1. Januar 2003, diejenige ab 1. März 2003 und diejenige ab 1. April 2003 bestätigt.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2004 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, ihre Pflichtversicherung als Selbstständiger nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI ende mit Ablauf des 23. Februar 2003. Durch die Aufgabe ihrer selbstständigen Tätigkeit lägen die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nicht mehr vor. Es werde ein Betrag in Höhe von 150,71 EUR geschuldet, der sich für jeden weiteren angefangenen Monat der Säumnis um einen Säumniszuschlag in Höhe von eins vom Hundert des rückständigen Betrages erhöhe.

Mit Urteil vom 27. April 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klageantrag sei so auszulegen gewesen, dass sich die Klage nur gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 richte. Denn mit der Klage begehre die Klägerin eine rückwirkende Beitragsneufestsetzung für das Jahr 1999, die jedoch nicht Gegenstand des Ausgangsbescheides vom 3. September 2002 gewesen sei. Mit Bescheid vom 3. September 2002 sei lediglich eine geänderte Beitragshöhe ab 1. September 2002 festgesetzt worden. In dem Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2002 habe die Beklagte jedoch über das Widerspruchsbegehren der Klägerin, einen niedrigeren Pflichtbeitrag ab 1. März 1999 zu berechnen, eine Sachentscheidung getroffen. Insoweit enthalte der Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2002 erstmalig eine Beschwer. Die Durchführung eines weiteren Vorverfahrens sei nicht erforderlich gewesen. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die von März 1999 bis Dezember 1999 zu entrichtenden Beiträge auf der Grundlage des am 1. März 2001 vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 rückwirkend neu festsetze. Denn gemäß § 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI seien für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach Satz 1 Nr. 1 und 6 die sich aus dem letzten Einkommensteuerbe-scheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt werde. Die Einkünfte seien mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen sei, zu dem Durchschnittsentgelt für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergebe (§ 165 Abs. 1 Satz 4 SGB VI). Dabei würden Änderungen des Arbeitseinkommens vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides oder der Bescheinigung folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt (§ 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI). Aus dem Umkehrschluss zu dieser Vorschrift folge, dass eine rückwirkende Änderung der Beitragshöhe ausgeschlossen sei. Denn wenn der Gesetzgeber eine rückwirkende Beitragskorrektur gewollt hätte, wäre die in § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI getroffene Regelung entbehrlich. Nach Maßgabe dieser Vorschrift habe die Beklagte auf die am 1. März 2001 erfolgte Vorlage des Einkommensteuerbescheides 1999 ab April 2001, das heiße ab dem Ersten des auf die Vorlage folgenden Monats, die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge auf der Grundlage des für 1999 nachgewiesenen und dynamisierten Einkommens neu festgesetzt. Die Kammer habe keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI getroffene Regelung (Hinweis auf Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. April 2001 - L 4 RA 32/01).

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. Mai 2005 zugestellte Urteil hat dieser am 30. Juni 2005 Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, die von der Beklagten angewandte Rechtsvorschrift betreffe die Einkünfte von Angestellten mit einem regelmäßigen Einkommen, von welchem der Arbeitgeber monatlich den Rentenversicherungsbeitrag abführe. Die Regelung auf Selbstständige wie die Klägerin anzuwenden, sei jedoch völlig sinnwidrig. Das Einkommen von Selbstständigen unterliege sehr häufig extremen Schwankungen. Es geböten sowohl das Rechtsstaatsprinzip als auch das Gleichheitsgebot, dass Beiträge nur auf der Bemessungsgrundlage tatsächlich erzielten Einkommens erhoben werden dürften. Es sei rechtlich völlig unhaltbar und auch vom Gesetzgeber nicht gewollt, dass der Termin, zu dem ein Selbstständiger seine Beiträge seinem tatsächlichen Einkommen anpassen könne, willkürlich von der Effizienz der Bearbeitung des für ihn zuständigen Finanzamtes abhänge.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt:

  • Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. April 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Januar 2002 und 4. Februar 2002 in der Gestalt des undatierten Widerspruchsbescheides, die Bescheide vom 3. September 2002, 28. Oktober 2002, 27. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2002 in der Fassung der Bescheide vom 23. Mai 2003 und 20. Februar 2004 werden abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 1. März 1999 bis 23. Februar 2003 mit anhand ihrer tatsächlichen Einkünfte errechneten Pflichtbeiträgen zu veranlagen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 18. Januar 2007 und vom 12. Februar 2007 mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden, da die hierfür gemäß § 155 Abs. 4, 3 SGG erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Leipzig und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis rechtmäßig.

Allerdings vermag die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung des Klageantrags nicht zu überzeugen. Denn die Klägerin ist nicht nur durch den Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2002 erstmalig beschwert, sondern bereits durch die vorangegangenen Bescheide, in welchen die Pflichtbeiträge nicht rückwirkend nach den tatsächlich geringeren Einkünften der Klägerin berechnet wurden. Da die Berechnung der Pflichtbeiträge von den Folgebescheiden perpetuiert wird, sind aus Sicht der Klägerin sämtliche Bescheide über die Festsetzung von Pflichtbeiträgen der Höhe nach abzuändern, soweit sie noch nicht bestandskräftig geworden sind. Diese Bescheide sind im Sozialverwaltungsverfahren auch gemäß § 86 SGG zu dessen Gegenstand geworden. Soweit sie erst während des Klageverfahrens erlassen wurden, sind sie gemäß § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

Die Anwendung von § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI durch die Beklagte ist rechtmäßig. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf rückwirkende Veranlagung entsprechend ihrer tatsächlichen Einkünfte nicht zu. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

Ergänzend ist auszuführen:

Die Ausführungen der Klägerseite, § 165 SGB VI betreffe die Einkünfte von Angestellten mit einem regelmäßigen Einkommen, sind unzutreffend. Dies ergibt sich bereits aus der Überschrift der Vorschrift. Danach werden dort ausdrücklich „beitragspflichtige Einnahmen selbstständig Tätiger“ geregelt. Wenngleich es durch das Finanzamt tatsächlich zu Verzögerungen beim Erlass des Einkommensteuerbescheides kommen kann, ändert dies nichts an dem Umstand, dass in der Verwaltung praktikable Lösungen unerlässlich sind. Selbstständigkeit tritt nicht nur vereinzelt, sondern häufig auf. Dann bedarf es aber klarer und endgültiger Regelungen, die nicht permanent zur Überarbeitung einmal getroffener Entscheidungen zwingen.

Das Argument, insbesondere § 48 SGB X lasse zu, dass der Änderung tatsächlicher Verhältnisse Rechnung getragen werde, so dass vorliegend nichts anderes gelten könne, verfängt insoweit nicht. Vielmehr ist § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI eine Spezialregelung, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung § 48 SGB X vorgeht.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 und 3 Grundgesetz liegt vor diesem Hintergrund nicht vor. Vielmehr ist dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialrechts ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Vom Gesetzgeber getroffene sozialpolitische Entscheidungen sind hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlerhaft noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1962, Az.: 1 BvL 22/57, E 14, 288 [301]). Dabei kann er Massenerscheinungen auch ordnen, indem er Typisierungen vornimmt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juni 1989, Az.: 2 BvR 239/88 und 2 BvR 1205, 1533, 1095/87, E 80, 109 [118]). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern darauf, ob sachlich einleuchtende Gründe für seine Regelung vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 17. März 1959, Az.: 1 BvL 39, 44/56, E 9,201 [206], BVerfG, Beschluss vom 14. April 1964, Az.: 2 BvR 69/62, E 17, 319 [330]). Einen solchen sachlich einleuchtenden Grund stellt die vom Gesetzgeber in § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI bezweckte Verwaltungsvereinfachung dar. Andernfalls entstünde für die Rentenversicherungsträger ein erheblicher Mehraufwand, weil bei einkommensgerechter Veranlagung dann regelmäßig eine rückwirkend neue und aufwändige Berechnung der Pflichtbeiträge erforderlich wäre. Im Übrigen hat der Gesetzgeber etwaige Härten durch die Billigkeitsregelungen in § 76 SGB IV abgefedert. Danach können Forderungen gestundet, niedergeschlagen oder erlassen werden (s. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. April 2001, Az.: L 4 RA 32/01, JURIS, Rdnr. 20).

Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz vor. Zwar können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche der Eigentumsgarantie von Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz unterfallen, deren Inhalt und Schranken werden jedoch durch die Gesetze bestimmt (so genannte Eigentumsbindung). Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Gerade im Sozialversicherungsrecht hat der Gesetzgeber aber hinsichtlich der Geeignetheit und der Erforderlichkeit einer Eigentumsbindung einen erheblichen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Dieser ist durch die Regelung von § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI noch nicht überschritten. Die vom Gesetzgeber bezweckte Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt die Beschränkung des Eigentums.

Bei dieser nachvollziehbaren Sachlage ist auch kein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Rechtsstaatsprinzip ersichtlich.

Da die Regelung des § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI somit verfassungsgemäß ist, bedarf es auch keiner verfassungskonformen Auslegung (vgl. hierzu auch Sächsisches Landessozial-gericht, Beschluss vom 9. April 2001, Az.: L 4 RA 32/01, JURIS, Rdnr. 23, und Scholz, in: Kasseler Kommentar, SGB VI, Stand: 1. November 2006, § 165, Rdnr. 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

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