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L 10 R 300/09

Gründe

I.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Entscheidung über die Berufung konnte deshalb nach erfolgter Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss ergehen.

II.

Die Beteiligten streiten um die Vormerkung von Beitragszeiten i.S. von § 15 FRG.

Der 1952 geborene Kläger kam 1993 als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland.

Im Rahmen eines früheren Kontenklärungsverfahrens merkte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Mai 2001 die Zeit von August 1972 bis Juli 1977 als Hochschulausbildungszeit vor. In dieser Zeit studierte der Kläger an der Landwirtschaftshochschule E. in der Fachrichtung „Mechanisierung der Landwirtschaft“ und schloss das Studium mit der Qualifikation eines Maschineningenieurs für Landtechnik ab.

Im Dezember 2005 beantragte der Kläger u.a., die Zeit von August 1972 bis Juli 1977 als Beitragszeit vorzumerken. Er sei von seiner Arbeitgeberin, der F. G., zum Studium an der Hochschule entsandt worden. Während des gesamten Studiums habe ihm seine Arbeitgeberin den monatlichen Lohn weiter gezahlt. Hierzu legte der Kläger schriftliche Unterlagen und Zeugenaussagen vor. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 ab, weil eine Entsendung zum Studium unter Weiterzahlung der Bezüge nicht glaubhaft gemacht sei und außerdem Studenten und Fachschüler lediglich beitragsfrei in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen seien und damit keine Beitragszeiten i.S. von § 15 Abs. 1 FRG zurücklegten.

Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bremen hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und Ablichtungen von Lohnbescheinigungen für die Jahre 1971 bis 1977 zu den Gerichtsakten gereicht. Das Sozialgericht hat ein in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Dortmund zum Az.: S 4 (6) An 88/74 erstattetes Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 29. April 1976 beigezogen. Mit Urteil vom 14. April 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass es angesichts der widersprüchlichen Angaben des Klägers und des zweifelhaften Beweiswertes der von ihm vorgelegten Bescheinigungen weder bewiesen noch glaubhaft gemacht sei, dass in der streitigen Zeit eine Entsendung unter Weiterzahlung von Bezügen vorgelegen und es sich damit um eine Beitragszeit gehandelt habe.

Der Kläger hat gegen das ihm am 14. Mai 2009 zugestellte Urteil am 11. Juni 2009 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und bekräftigt, während des Studiums weiter von seiner vorherigen Arbeitgeberin regelmäßig monatlich seinen Lohn bezahlt bekommen zu haben. Hierzu hat er die Ablichtung einer Lohnbescheinigung für das Jahr 1972 vorgelegt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

  • 1. das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 14. April 2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2006 abzuändern,
  • 2. die Beklagte zu verurteilen, die Zeit von August 1972 bis Juli 1977 als Beitragszeit vorzumerken.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

  • die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 14. April 2009 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre mit ihm überprüften Bescheide für zutreffend.

Dem Senat haben außer den Prozessakten die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

III.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Zeit des Hochschulstudiums des Klägers von August 1972 bis Juli 1977 ist auch nach Auffassung des erkennenden Senats keine Beitragszeit i.S. von § 15 FRG.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Der erkennende Senat kann in diesem Zusammenhang offenlassen, ob der Kläger in der Zeit seines Hochschulstudiums am H. Landwirtschaftsinstitut von August 1972 bis Juli 1977 tatsächlich monatlichen Lohn von der F. G. erhalten hat, woran angesichts der diesbezüglich unterschiedlichen Angaben des Klägers in der Vergangenheit und der besonderen Art der im Klageverfahren vorgelegten schriftlichen Belege nicht unerhebliche Zweifel bestehen, die durch die im Widerspruchsverfahren beigebrachten schriftlichen Zeugenaussagen und die in der Berufungsinstanz vorgelegte Lohnbescheinigung für das Jahr 1972 nicht ausgeräumt sein dürften, und ob aus der Lohnstumme der G. auch ihn betreffend Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt wurden. Selbst wenn man beides zugunsten des Klägers als richtig unterstellt, kann eine Beitragszeit gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht angenommen werden. Nach der jüngsten Rechtsprechung beider für Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung zuständigen Senate des Bundessozialgerichts kommt eine Gleichstellung von Beitragszeiten bei nichtdeutschen Rentenversicherungen mit bundesrechtlichen Beitragszeiten nach § 15 FRG dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene keinerlei Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt und auch keinen sonstigen vergleichbaren Versicherungstatbestand i.S. des SGB VI erfüllt hat. (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Februar 2009, Az.: B 5 R 39/06 R, abgedruckt in SozR 4-5050 §15 Nr. 6 sowie Urteil vom 19. November 2009, A z .: B 1 3 R 145/08 R, zitiert nach JURIS). Das Bundessozialgericht stützt diese Auffassung auf die Regelungen in § 26 Satz 4 i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst, c) FRG, wonach für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt werden und als Beitragszeiten Zeiten nicht gelten, für die Entgeltpunkte nicht ermittelt werden. Nichts anderes könne gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der erkennende Senat erachtet diese auf dem das Fremdrentenrecht prägende Eingliederungsprinzip beruhende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus eigener Überzeugung für zutreffend und schließt sich ihr an. Danach kommt im vorliegenden Fall für die Zeit von August 1972 bis Juli 1977 eine Beitragszeit i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht in Betracht. Denn der Kläger hat in dieser Zeit ausschließlich sein Hochschulstudium absolviert und eine irgendwie geartete Beschäftigung nicht ausgeübt. Insbesondere ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger während seines Hochschulstudiums in der F. G. gearbeitet hat. Dass ihn die G. nach eigenen Angaben zum Hochschulstudium abgeordnet hatte, ändert nichts daran, dass der Kläger als Student keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Das Hochschulstudium als solches stellt auch keinen sonstigen Versicherungstatbestand i.S. des SGB VI dar, denn nach deutschem Recht besteht für Hochschulstudenten keine Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Der Besuch einer Hochschule begründet vielmehr nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB VI lediglich eine Anrechnungszeit (bis Ende 1991: Ausfallzeit gemäß § 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst, b) RVO).

Vor diesem Hintergrund brauchte sich der Senat nicht mehr mit der zunächst im Berufungsverfahren thematisierten Frage zu beschäftigen, ob Vollzeitstudenten in der damaligen Sowjetunion überhaupt in die Sozialversicherung einbezogen waren, und welche Schlüsse hieraus auf das Vorliegen einer Beitragszeit i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG gegebenenfalls zu ziehen sind.

Da der Kläger während seines Hochschulstudiums nicht einer nach deutschem Recht rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, kommt auch eine Vormerkung von Beschäftigungszeiten i.S. von § 16 FRG für die Zeit von August 1972 bis Juli 1977 nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.

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