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L 13 R 5065/09

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die (rentenversicherungsrechtliche) Vormerkung in der ehemaligen UdSSR zurückgelegter Zeiten (26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983).

Der 1950 in T./Altaigebiet (damalige UdSSR) geborene Kläger zog am 10. Dezember 1989 in die Bundesrepublik Deutschland zu; er ist als Vertriebener anerkannt und im Besitz eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge „A“ (Ausweis vom 9. Oktober 1990; Ausweis-Nr. .../...). Im Herkunftsland war er gemäß den Eintragungen in seinem Arbeitsbuch zuletzt als „Hauptagronom in der Inspektur“ beschäftigt gewesen; zuvor hatte er in der Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 eine wissenschaftliche Aspirantur an der kirgisischen Landwirtschaftshochschule absolviert und zu diesem Zweck seine berufliche Tätigkeit als Agronom unterbrochen. Während der Aspirantur erhielt der Kläger monatliche Zahlungen in Höhe von 100,00 Rubel; hiervon wurden 8,00 Rubel monatlich an sozialen Abgaben abgeführt.

Am 19. April 1990 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Nach Durchführung des Verfahrens, das zwischen Mai 1990 und Oktober 1999 nicht (weiter) bearbeitet worden war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2000 die in einem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis 31. Dezember 1993, als für die Beteiligten verbindlich fest. Die Anerkennung der Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit lehnte die Beklagte ab, weil diese Zeit weder nachgewiesen noch ausreichend glaubhaft gemacht worden sei. Unter dem 25. Mai 2000 erließ die Beklagte einen weiteren Vormerkungsbescheid, mit dem u.a. die zuvor nicht anerkannte Zeit vom 29. August 1991 bis 7. Februar 1992 als Anrechnungszeit wegen Fachschulausbildung vorgemerkt wurde.

Gegen den Bescheid vom 19. Mai 2000 erhob der Kläger am 2. Juni 2000 Widerspruch. Er trug sinngemäß vor, die Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 sei zu Unrecht nicht anerkannt worden. Es habe sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit an einem landwirtschaftlichen Institut zum Zweck der Promotion gehandelt. Die Zeit sei durch das Arbeitsbuch nachgewiesen. Er habe nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen für diese Tätigkeit auch ein regelmäßiges Monatsgehalt erhalten, von dem Pflichtbeiträge abgeführt worden seien. Die Arbeitszeit habe ca. 40 Stunden wöchentlich betragen, während der er Experimente auf den Versuchsfeldern oder im Labor durchzuführen gehabt habe. In den ersten zwei Jahren seien wöchentlich vier Pflichtstunden theoretischen Unterrichts hinzugekommen; Hausaufgaben hätten abends erledigt werden können. Während der drei Jahre habe er drei Staatsexamen abgelegt und im Anschluss seine Doktorarbeit geschrieben. Ausweislich eines in der Verwaltungsakte der Beklagte enthaltenen Vermerks vom 13. Juli 2000 (Rückseite Bl. 123) wurde der Kläger telefonisch über die Rechtslage hinsichtlich der Beurteilung von Zeiten planmäßiger Aspirantur in der ehemaligen UdSSR aufgeklärt. Der Kläger habe daraufhin erklärt, der Widerspruch könne als erledigt angesehen werden. Eine Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch erging nicht mehr.

Unter dem 19. Dezember 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Rentenauskunft, wobei sie die Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 wiederum nicht als Beitrags- oder Beschäftigungszeit berücksichtigte. Gegen diese Rentenauskunft erhob der Kläger am 27. Dezember 2006 „Widerspruch“ und begehrte erneut die Anerkennung der Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983. Er habe in der fraglichen Zeit weiterhin gewöhnliche Tätigkeiten als Agrarwissenschaftler ausgeführt und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt. Die Beklagte wertete die Eingabe des Klägers als Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), lehnte eine Rücknahme des Bescheids vom 25. Mai 2000 aber mit Bescheid vom 12. Januar 2007 ab. Zeiten der Aspirantur seien sowohl nach früherem als auch nach aktuellem russischen Recht lediglich gleichgestellte Zeiten, für die keine Beiträge an die Sozialversicherung zu zahlen gewesen wären. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Am 8. Oktober 2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen (weiteren) Überprüfungsantrag. Bei der vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 zurückgelegten Zeit der Aspirantur habe es sich um ein reguläres Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Er habe dafür ein Gehalt in Höhe von netto 92,00 Rubel erhalten; es seien zudem Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 8,00 Rubel monatlich abgeführt worden. Dem Antrag fügte der Kläger u.a. eine Bescheinigung der Kirgisischen Agraruniversität „K. I. S.“ mit Auszügen aus den Lohn- und Gehaltslisten bei. Mit Bescheid vom 18. April 2008 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheids vom 25. Mai 2000 ab. Die Rechtslage in der ehemaligen UdSSR spreche gegen die behauptete Beitragsentrichtung. Aspiranten hätten dort lediglich ein Stipendium, nicht aber ein Gehalt erhalten. Den gegen diesen Bescheid seitens des Klägers am 2. Mai 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2008 zurück.

Mit der am 21. Juli 2008 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er könne nicht akzeptieren, dass die Zeit der Aspirantur nicht im Versicherungsverlauf berücksichtigt werde. Wie bei anderen Gehaltszahlungen auch sei im Rahmen der Aspirantur das Nettogehalt durch eine prozentualen (Vorab-) Abzug vom Bruttogehalt ermittelt und ausgezahlt worden. Die Aspiranten hätten dementsprechend denselben sozialversicherungsrechtlichen Schutz genossen wie andere Arbeitnehmer. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Gerichtsbescheid vom 2. Oktober 2009 hat das SG der Klage stattgegeben, den Bescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2008 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. Mai 2000 verpflichtet, die Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 als Beitragszeit vorzumerken. Die Kammer sei davon überzeugt, dass für die streitgegenständliche Zeit der Aspirantur Rentenversicherungsbeiträge tatsächlich entrichtet worden seien. Dies ergebe sich aus der Bescheinigung der Kirgisischen Agraruniversität, in der die Abführung sozialer Abgaben bestätigt werde. Zudem habe sich die Tätigkeit des Klägers während der Aspirantur nicht wesentlich von der zuvor ausgeübten unterschieden.

Gegen den ihr am 9. Oktober 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 2. November 2009 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Bei der fraglichen Aspirantur habe es sich entgegen der Annahme des SG nicht um eine normale Arbeitnehmertätigkeit gehandelt. Der Kläger habe vielmehr seine bisherige Beschäftigung beenden müssen, um die wissenschaftliche Aspirantur antreten zu können. Die getätigten Zahlungen seien zudem nicht als Gehalt, sondern als Stipendium zu werten. Die mitgeteilte Höhe (100,00 Rubel) entspreche dem für ein Stipendium zulässigen Höchstbetrag. Aus der undatierten Bescheinigung der Kirgisischen Agraruniversität ergebe sich nichts anderes, da dort nur die Höhe des Geldbetrags, nicht aber dessen Charakter ausgewiesen worden sei. Letztlich gebe es auch keinen ausreichenden Beleg für eine erfolgte Beitragszahlung. Alle bisherigen Erkenntnisse und Gutachten zum russischen Recht belegten, dass für Aspiranten keine Beiträge gezahlt worden seien. Zur weiteren Begründung legt die Beklagte das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2004 - L 5 RA 2/02 (veröffentlicht in Juris), zwei von Dr. C. Schm. erstattete Gutachten des Instituts für Ostrecht der Universität zu K. vom 29. Juni 1999 und vom 5. Januar 2004 sowie ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 19. September 2005 - L 8 RA 40/03 (nicht veröffentlicht) vor. Wegen des Inhalts dieser Unterlagen wird auf Bl. 5 bis 21 der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

  • den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (...), die Klageakte des SG (S 8 R 3608/08) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 5065/09) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet, das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG SozR 3-1825 § 2 Nr. 2; BSGE 88, 75, 77) ist der Bescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juni 2008, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, den eine Vormerkung der Zeit der wissenschaftlichen Aspirantur (26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983) ablehnenden Bescheid vom 19. Mai 2000, der durch denjenigen vom 25. Mai 2000 ergänzt worden ist, teilweise zurückzunehmen und die Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 als Beitragszeit vorzumerken. Dieser Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit.

Ausgangspunkt der Prüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ob bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist, beurteilt sich nach dem zu jenem Zeitpunkt maßgebenden Recht (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 44 SGB X Rdnr. 29 m.w.N.). § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X findet hier Anwendung, obwohl der Vormerkungsbescheid vom 19. Mai 2000 - der nachfolgende Bescheid vom 25. Mai 2000 ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden - nicht bestandskräftig geworden ist. Über den vom Kläger gegen diesen Bescheid am 2. Juni 2000 erhobenen Widerspruch hat die Beklagte bis zum heutigen Tag nicht entschieden, mithin ist das Widerspruchsverfahren nach wie vor anhängig. Der Kläger hat zwar ausweislich eines aktenkundigen Vermerks vom 13. Juli 2000 telefonisch erklärt, das Widerspruchsverfahren könne als erledigt betrachtet werden; diese (fernmündliche) Erklärung konnte jedoch mangels der hierfür erforderlichen Schriftform (vgl. dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 83 Rdnr. 4) nicht zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens führen. Nachdem § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine Überprüfung von Verwaltungsakten nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm unabhängig vom Eintritt der Bestandskraft eröffnet, steht dieser Umstand einer Bescheidung des vom Kläger am 8. Oktober 2007 gestellten Antrags nicht entgegen.

Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen jedoch nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der Bescheide vom 19. und 25. Mai 2000 die hier allein streitgegenständliche Zeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 betreffend weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie bei ihrer Entscheidung von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich aus heutiger Sicht als unrichtig erweist.

Maßgebend für die Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten sind die Bestimmungen des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in Kraft getreten durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2262) mit Wirkung ab 1. Januar 1992; Grundlage für den im Wege des Zugunstenverfahrens geltend gemachten Vormerkungsanspruch ist § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest, wenn das Versicherungskonto geklärt ist oder der Versicherte dem Inhalt des Versicherungsverlaufs innerhalb von sechs Monaten nach seiner Versendung nicht widersprochen hat. Der Vormerkungsanspruch nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist gerichtet auf die Feststellung von Tatsachen, die in einem künftigen Leistungsfall möglicherweise rechtserheblich und nach Maßgabe des deutschen Rentenversicherungsrechts im Versicherungskonto zu vermerken sind. Zu den rentenrechtlichen Zeiten, die gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI vorzumerken sind, zählen vorrangig die Beitragszeiten (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Dies sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Beiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Der Kläger hat die hier streitige Zeit nicht unter der Geltung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Beitragspflicht zurückgelegt. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Fremdrentengesetzes (FRG) stellt jedoch die in einem Vertreibungsgebiet (ehemalige UdSSR) zurückgelegten von der Beklagten bindend festgestellten Beitragszeiten den im Inland zurückgelegten Zeiten gleich. Diese Norm ist auf den Kläger, der dem Personenkreis des § 1 FRG unterfällt anwendbar. Beitragszeiten in diesem Sinne sind Zeiten, die von dem Anspruchsberechtigten aufgrund einer Beitragsleistung bei einem Rentenversicherungsträger in einer rentenanwartschaftsbegründenden Tätigkeit zurückgelegt worden sind.

Ein solcher Vormerkungsanspruch steht dem Kläger im Hinblick auf die in der ehemaligen UdSSR zurückgelegte Zeit der wissenschaftlichen Aspirantur nicht zu. Der Kläger hat zwar rentenrechtliche Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt und ist „Versicherter“ im Sinne des § 149 Abs. 5 SGB VI; es ist jedoch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass es sich bei der Aspiranturzeit vom 26. Dezember 1980 bis 26. Dezember 1983 um eine rentenanwartschaftsbegründende Zeit gehandelt hat, für die Beiträge zur Rentenversicherung auch tatsächlich entrichtet worden sind.

Das LSG Berlin-Brandenburg hat in seinem Urteil vom 11. Juni 2004 - L 5 RA 2/02 (veröffentlicht in Juris) in einem gleich gelagerten Fall entschieden, dass eine dreijährige wissenschaftliche Aspirantur, die - wie im Fall des hiesigen Klägers - an einer landwirtschaftlichen Hochschule in der ehemaligen UdSSR (im dort entschiedenen Fall in Kasachstan) absolviert worden ist, nicht als Beitragszeit im Sinne des § 15 FRG berücksichtigt werden kann. Auch in dem vom LSG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall hatte der Kläger 100,00 Rubel monatlich erhalten, hiervon waren allerdings 12,00 Rubel monatlich abgeführt worden. Unter Würdigung eines von Dr. C. Schm. eingeholten Sachverständigengutachtens des Instituts für Ostrecht der Universität zu K. vom 5. Januar 2004 sowie eines weiteren von derselben Sachverständigen in einem früheren Verfahren erstatteten Gutachtens vom 29. Juni 1999 ist das LSG Berlin-Brandenburg zu dem Ergebnis gelangt, dass die während der Aspirantur geleisteten Zahlungen nicht als Arbeitsentgelt, sondern als Stipendium zu qualifizieren sind, für das Rentenversicherungsbeiträge nach den gesetzlichen Bestimmungen im Herkunftsland nicht zu entrichten waren. Zur Begründung hat der dortige Senat Folgendes ausgeführt:

„Der Kläger war in dem fraglichen Dreijahreszeitraum im Rahmen einer sogenannten Betriebsaspirantur an der Landwirtschaftshochschule T tätig. Hierfür erhielt er ein Stipendium in Höhe von 100,- Rubeln monatlich, wovon 12,- Rubel monatlich abgeführt wurden. Es ist nicht erwiesen, dass es sich dabei um Sozialversicherungsbeiträge handelte. Wenn die Bescheinigung der Universität T vom 25. November 2001 noch in diese Richtung deutet, indem sie davon spricht, dass darin auch die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge enthalten seien, ist sie doch durch das Ergebnis der weiteren Ermittlungen so fraglich geworden, dass ihr ein Nachweis der Beitragsentrichtung keinesfalls entnommen werden kann.

Ebenso wenig ist die Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung glaubhaft gemacht. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG. Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit; es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird; gewisse noch verbleibende Zweifel sind unbeachtlich. Gleichzeitig muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Ist weder das Vorliegen noch das Nichtvorliegen einer Tatsache überwiegend wahrscheinlich, ist nicht etwa zugunsten des Anspruchstellers zu entscheiden; ein solcher Grundsatz wäre dem Sozialversicherungsrecht auch fremd (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1980, 12 RK 42/80, SozR 5070 § 3 Nr. 1; Beschluss vom 4. Juni 1975, 11 BA 4/75, BSGE 40, 40 (42)).

Im Falle der Aspirantur des Klägers spricht die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass von seinem monatlichen Stipendium keine Sozialversicherungsbeiträge abgezogen wurden. Die Sachverständige Dr. S arbeitet in ihrem Gutachten vom 5. Januar 2004 nachvollziehbar heraus, auf welchen rechtlichen Grundlagen die Aspirantur des Klägers beruhte, welchen Zweck sie hatte und in welchem sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhang sie stand. Weil der Kläger während der Aspirantur, die der Ausbildung wissenschaftlicher Kader dienen sollte, ein Stipendium und keinen Arbeitslohn erhielt, waren für ihn grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen in dem Gutachten vom 5. Januar 2004 für schlüssig und überzeugend. Sie werden belegt mit Zitaten aus einschlägiger russischer arbeitsrechtlicher Literatur und stehen nicht in Widerspruch zu dem Gutachten derselben Sachverständigen, das in einem etwas anderen Zusammenhang am 29. Juni 1999 erstellt wurde. Bestätigt wird die Grundaussage des Gutachtens durch die Ausführungen des Stellvertretenden Vorsitzenden des Rentenfonds der Russischen Föderation in seinem Schreiben vom 17. Februar 2004, wonach für Stipendien an Aspiranten wie den Kläger Versicherungsbeiträge nicht berechnet worden seien. Bestätigt wird das Gutachten auch durch die vom Senat erbetene jüngste Bescheinigung der Universität T vom 17. Februar 2004, wonach von den 100 Rubeln monatlich jedenfalls keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden … Nach der Beweislage und der oben dargestellten maßgeblichen Rechtslage spricht jedenfalls alles dafür, dass von dem dem Kläger gezahlten Stipendium keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Dem widerspricht nicht, dass der Kläger während seiner Aspirantur in gewissem Umfang den Schutz der Sozialversicherung genoss, worauf er selbst hinweist, denn hierbei handelt es sich um eine Folge seiner vorangegangenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

Die Anerkennung der gesamten Aspiranturzeit … als Beitragszeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz FRG kommt daher nicht in Betracht.

Auch § 15 Abs. 3 Satz 1 FRG hilft nicht weiter. Danach stehen Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären. Der Kläger kommt schon deshalb nicht in den Genuss dieser Regelung, weil eine - auch und gerade im Verlauf einer Aspirantur durchlaufene - Hochschulausbildung keinen Erwerbstatbestand für Beitragszeiten darstellt (vgl. Urteil des BSG vom 24. Oktober 1996, 4 RA 121/95, SozR 3-2600 § 248 Nr. 1, zum Fall einer beitragslosen planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur an einer Hochschule der DDR, die im Rentenversicherungssystem der DDR als Beitragszeit galt, und zum Hintergrund der in § 15 Abs. 3 FRG getroffenen Regelung; vergleiche auch BSG, Urteil vom 30. August 2000, B 5/4 RA 87/97 R, zitiert nach juris).“

Diesen Ausführung schließt sich der erkennende Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung an und nimmt auf diese zur weiteren Begründung vollinhaltlich Bezug. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Sachverständige Dr. Schm. in ihrem Gutachten vom 5. Januar 2004, das der erkennende Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann, - im Kontext ihrer übrigen Bekundungen schlüssig - darauf hingewiesen hat, dass bereits die Höhe der angegebenen Abzüge dafür spreche, dass es sich dabei allein um die zu entrichteten Steuern und nicht um Sozialversicherungsbeiträge gehandelt habe. Ist diese Annahme bereits bei von einer Gesamtzahlung von 100,00 Rubeln getätigten Abzügen in Höhe von 12,00 Rubeln gerechtfertigt, muss dies erst Recht im Fall des Klägers gelten, bei dem von 100,00 Rubel lediglich 8,00 Rubel abgezogen worden sind. Da die Zeit der Aspirantur nach alledem auch nicht als Beschäftigungszeit im Sinne des § 16 FRG zu qualifizieren ist, kommt eine Vormerkung dieser Zeit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben, im Berufungsverfahren obsiegt hat und die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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