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L 9 R 153/09

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2008 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 1. April 2008 große Witwerrente ohne Anrechnung der Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Witwerrente.

Der 1933 geborene Kläger war mit der 1928 geborenen und 2007 verstorbenen Versicherten M. N. (M.) bis zu deren Tod verheiratet.

Der Kläger, der in der Zeit ab 1.7.2007 von der Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg eine eigene Altersrente in Höhe von 1.118,32 € (Zahlbetrag 1.008,17 laut Rentenanpassungs-Mitteilung zum 1.7.2007) und von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. in Höhe von monatlich 675,71 € (Mitteilung vom 23.6.2007) bezog und diese Renten weiter bezieht, beantragte am 22.12.2007 bei der Beklagten die Gewährung einer Witwerrente.

Mit Bescheid vom 8.4.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1.1.2008 eine große Witwerrente und verfügte, dass die Rente ab 1.4.2008 nicht zu zahlen sei. Zur Begründung führte sie aus, die Rente sei wegen des Zusammentreffens mit anderen Leistungen nicht zu zahlen. Dabei errechnete sie eine monatliche Witwerrente von 549,98 € (Zahlbetrag 495,81 €) für die Zeit ab 1.1.2008 (Rentenartfaktor 1,0) und von 329,99 € ab 1.4.2008 (Rentenartfaktor 0,6).

Als anzurechnendes Einkommen berücksichtigte sie die Altersrente des Klägers (monatlicher Zahlbetrag von 1.008,17 € abzüglich 3 % bzw. 30,25 €) in Höhe von 977,92 € sowie die Verletztenrente (675,71 € abzüglich 2/3 der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz [BVG] bei einer MdE um 20 vH, d.h. abzüglich 79,33 €) in Höhe von 596,38 €, insgesamt 1.574,30 €. Ferner führte sie aus, das Einkommen übersteige den Freibetrag von 693,53 € (das 26,4-fache des aktuellen Rentenwertes von 26,27 €) um 880,77 €. Davon seien 40 %, d.h. 352,31 €, ab 1.1.2008 anzurechnen.

Hiergegen legte der Kläger am 21.4.2008 Widerspruch ein und begehrte die Auszahlung der Rente in Höhe von 329,99 € ab 1.4.2008 (nebst 4 % Zinsen ab 1.9.2008). Zur Begründung trug er vor, bei der Verletztenrente handle es sich um eine steuerfreie Einnahme nach § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die gem. § 18a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht zu berücksichtigen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.9.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf die Rente wegen Todes sei nach § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV i.V.m. § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung anzurechnen. Die Steuerfreiheit dieser Leistung bedeute nicht, dass diese nicht auf die Rente wegen Todes anzurechnen sei. Die Anrechnung sei damit rechtmäßig.

Hiergegen hat der Kläger am 2.10.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, mit der er die Auszahlung der großen Witwerrente ab 1.4.2008 in Höhe von 329,99 € (nebst 4 % Zinsen seit 1.9.2008) weiterverfolgt hat. Er hat vorgetragen, bei der Verletztenrente handle es sich weder um Einkommen noch um Erwerbsersatzeinkommen, sondern um Schadensersatz. Die Anrechnung der Verletztenrente auf die Witwerrente sei deswegen nicht rechtmäßig.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 18a Abs. 3 Nr. 4 SGB IV stelle die Verletztenrente der Unfallversicherung, soweit sie den Betrag übersteige, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach § 31 i.V.m. § 84a Satz 1 und 2 des BVG gezahlt würde, Erwerbsersatzeinkommen dar. Entgegen der Auffassung des Klägers falle darunter auch eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wie er sie beziehe. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 15.12.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7.1.2009 Berufung eingelegt, sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt, die Beklagte und das SG hielten sich nicht an die Vorgaben des Gesetzgebers. Aus § 18a SGB IV ergebe sich eindeutig, dass steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG, wozu Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gehörten, nicht zu berücksichtigen seien. In der mündlichen Verhandlung vom 25.1.2011 hat der Kläger erklärt, er wende sich lediglich gegen die Anrechnung seiner Verletztenrente auf die Witwerrente und nicht gegen die Anrechnung seiner Altersrente.

Der Kläger beantragt,

  • den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2008 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. April 2008 große Witwerrente ohne Anrechnung der Verletztenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die Regelungen in den verschiedenen Sätzen des § 18a SGB IV könnten nicht isoliert betrachtet werden. Der Begriff des Erwerbseinkommens werde in Abs. 3 der Vorschrift im Einzelnen inhaltlich bestimmt unter konkreter Nennung der hierunter zu verstehenden Sozialleistungen. § 18a Abs. 3 Nr. 4 SGB IV nenne sodann die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ausdrücklich. Nach den allgemeinen Regelungen der Gesetzesauslegung gehe die speziellere Norm der allgemeineren vor. Es sei auch überhaupt nicht ersichtlich, welchen Sinn es gesetzessystematisch haben sollte, wenn § 18a Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Anrechenbarkeit diverser - in Abs. 3 konkret aufgezählter - Sozialleistungen auf Hinterbliebenenrente festlegen sollte und diese Anrechenbarkeit durch eine Generalklausel in Abs. 1 Satz 2 derselben Vorschrift wieder ausgeschlossen werden würde.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet, da er Anspruch auf Gewährung der großen Witwerrente ohne Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung wird Einkommen (§§ 18a bis 18e SGB IV) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt nicht bei Witwenrenten oder Witwerrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt (Satz 2). Gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist bei Witwerrenten das Einkommen anrechenbar, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Von dem anrechenbaren Einkommen werden 40 vom Hundert angerechnet (Satz 3).

Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 geltenden und hier anwendbaren Fassung sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen

1.Erwerbseinkommen,
2.Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen),
3.Vermögenseinkommen und
4.Elterngeld.

Nicht zu berücksichtigen sind nach Satz 2 dieses Absatzes

1.steuerfreie Einnahmen nach § 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Ausnahme der Aufstockungsbeträge und Zuschläge nach dessen Nummer 28 und der Einnahmen nach dessen Nummer 40 sowie Erwerbsersatzeinkommen nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 8 und
2.Einnahmen aus Altersvorsorgeverträgen, soweit sie nach § 10a oder Abschnitt XI des EStG gefördert worden sind.

Das Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 ist in Abs. 3 Satz 1 unter den Nrn. 1 bis 10 aufgeführt. Dazu gehört unter anderem

das Krankengeld, das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld, das Mutterschaftsgeld, das Übergangsgeld, das Kurzarbeitergeld, das Arbeitslosengeld, das Insolvenzgeld, das Krankentagegeld und vergleichbare Leistungen (Nr. 1),

die Verletztenrente der Unfallversicherung, soweit sie einen der Grundrente nach § 31 i.V.m. § 84 Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes entsprechenden Betrag übersteigt; eine Kürzung oder einen Wegfall der Verletztenrente wegen Anstaltspflege oder Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim bleibt unberücksichtigt; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von zwei Dritteln, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von einem Drittel der Mindestgrundrente anzusetzen (Nr. 4),

der Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 bis 11 des Bundesversorgungsgesetzes und anderen Gesetzen, die die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen (Nr. 8).

Nach § 3 Nr. 1a EStG, auf den § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV verweist, gehören zu den nicht zu berücksichtigenden steuerfreien Einnahmen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und danach auch die (gesamte) Verletztenrente des Klägers, und nicht nur der Teil der Verletztenrente, der nach § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV Erwerbsersatzeinkommen darstellt.

Die Nichtberücksichtigung der Verletztenrente ergibt sich - wie der Kläger zu Recht ausführt - zunächst aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Danach sind die nach § 3 EStG steuerfreien Einnahmen seit 1.1.2002 von der Einkommensanrechnung ausgenommen. Dies gilt - entsprechend dem Wortlaut des § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV - jedoch nicht für Aufstockungsbeträge und Zuschläge nach § 3 Nr. 28 EStG und der Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG sowie für alle kurzfristigen Erwerbsersatzeinkommen nach § 18 a Abs. 3 Nr. 1 und den Berufsschadensausgleich nach § 18 a Abs. 3 Nr. 8. Zu diesen Ausnahmen, die trotz Steuerfreiheit gemäß § 3 EStG zu berücksichtigen sind, gehört die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht.

Die Nichtberücksichtigung von Verletztenrente wird auch durch die Entstehungs- bzw. Änderungsgeschichte des § 18a SGB IV belegt.

In § 18a SGB IV in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung gab es die Regelung des § 18a Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der ab Januar 2002 geltenden Fassung nicht, wonach steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG nicht zu berücksichtigen sind. Nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung war Erwerbsersatzeinkommen zu berücksichtigen, wobei als Erwerbsersatzeinkommen i.S. des Abs. 1 Nr. 2 die Verletztenrente der Unfallversicherung zu berücksichtigen war, soweit sie den Betrag überstieg, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz gezahlt würde.

Zwar ist auch nach der Neufassung des § 18a SGB IV ab 1. Januar 2002 und nach der Einfügung des Satzes 2 in § 18a Abs. 1 SGB IV die Definition des Erwerbsersatzeinkommen - die Verletztenrente betreffend - im Gesetzestext erhalten geblieben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber auch die bisherige Berücksichtigung der Verletztenrente bzw. eines Teils hiervon beibehalten wollte. In der BT-Drucks. 14/4595 (Seite 143) zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) heißt es zu § 18a SGB IV:

„Nach Absatz 1 werden über die bisherige Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen hinaus aus Gründen der Gleichbehandlung zukünftig auf Hinterbliebenenrenten grundsätzliche alle Einkommensarten mit Ausnahme der meisten steuerfreien Einnahmen nach § 3 des Einkommensteuergesetzes und der Einnahmen aus Altersvorsorgeverträgen, soweit sie nach § 10a des Einkommensteuergesetzes gefördert worden sind, angerechnet. Die bisherige Beschränkung auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit sowie Erwerbsersatzeinkommen (vor allem Versichertenrenten der Rentenversicherung und Versorgungsbezüge) ist ungerecht und sozialpolitisch unbefriedigend. Zukünftig wird dabei auch Vermögenseinkommen in die Einkommensanrechnung einbezogen. Die Regelung lehnt sich im Wesentlichen an die Regelungen des Einkommensteuergesetzes an.

Daraus ist zwar zu entnehmen, dass die Anrechnung von Einkommen auf weitere Einkommensarten ausgeweitet werden sollte, insbesondere auf Vermögenseinkommen. Andererseits wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass sich die Regelung im Wesentlichen an die Regelungen im EStG anlehnen soll und grundsätzlich alle Einkommensarten mit Ausnahme der meisten steuerfreien Einnahmen nach § 3 EStG und der Einnahmen aus Altersvorsorgeverträgen, soweit sie nach § 10a EStG gefördert wurden, erfassen soll. Aus der Gesetzesbegründung kann somit nicht abgeleitet werden, dass die Verletztenrente weiterhin teilweise als Einkommen anzurechnen ist. Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass es sich bei der Nichtberücksichtigung der Verletztenrente bzw. eines Teils der Verletztenrente um ein gesetzgeberisches Versehen handelt, zumal der Gesetzgeber ausdrücklich Ausnahmen vorgesehen hat, die trotz Steuerfreiheit zu berücksichtigen sind, nämlich die Aufstockungsbeträge und Zuschläge nach § 3 Nr. 28 EStG und der Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG sowie das Erwerbsersatzeinkommen nach § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 8 SGB IV.

Die Kommentarmeinungen, die eine Anrechnung der Verletztenrente bejahen, sind nicht überzeugend. Soweit Paulus in jurisPK-SGB IV § 18a SGB IV Rn. 68 ausführt, nach § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV sei die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente wegen Todes anzurechnen, ist dies schon nicht zutreffend, weil § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV nur eine Definition enthält und nicht regelt, welche Einkünfte anzurechnen sind. Auf § 18a Abs. 1 Satz 2 SGB IV geht er an dieser Stelle nicht ein und erwähnt in Rn. 91 lediglich, dass die in § 3 EStG genannten steuerfreien Einnahmen nicht zu berücksichtigen sind, und beschäftigt sich nicht damit, dass darunter auch die Verletztenrente fällt, die er unter Rn. 68 als anrechenbar angesehen hat. Aus der Kommentierung von Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Oktober 2010, § 18a SGB IV, lässt sich nicht ableiten, dass die Verletztenrente, die nach § 18a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu den nicht zu berücksichtigenden steuerfreien Einnahmen nach § 3 (Nr. 1a) EStG gehört, dennoch als Einkommen zu berücksichtigen ist. Als zu berücksichtigendes Einkommen nennt er in Rn. 2a zu § 18a SGB IV nämlich nur § 3 Nr. 28 und 40 EStG, was sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, sowie die ebenfalls genannten Erwerbsersatzeinkommen des § 3 EStG, auf die gem. § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 8 SGB IV ausdrücklich Bezug genommen wird, nämlich kurzfristige Erwerbsersatzeinkommen (§ 18a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV) und Berufsschadensausgleich (§ 18a Abs. 3 Nr. 8 SGB IV). Soweit er unter Rn. 26 ausführt, Verletztenrente sei nur anzurechnen, soweit sie den Betrag übersteigt, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz gezahlt würde, finden sich diese Ausführungen unter dem Begriff "Definition" dauernder Erwerbsersatzeinkommen (Rn. 8 und 21ff). Fattler nennt in Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB IV, Stand Oktober 2010, § 18a SGB IV, Rn. 2 als zu berücksichtigendes Einkommen ausdrücklich Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abzüglich eines Anteils für immateriellen Schaden. Er führt dazu unter Rn. 10 aus, "ungeachtet des insoweit lückenhaften Gesetzeswortlauts sind nach Sinn und Zweck Leistungen trotz ihrer Zugehörigkeit zu den steuerfreien Einnahmen nach § 3 EStG anzurechnen, die § 18a SGB IV ausdrücklich nennt. So sind z.B. Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus sowie Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung trotz der Steuerfreiheit dieser Bezüge (vgl. § 3 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 60 EStG) weiterhin zu berücksichtigen". Eine Begründung für diese Auffassung liefert er nicht und beschäftigt sich auch nicht mit der Entstehungsgeschichte bzw. der Änderung des § 18a SGB IV durch das AVmEG und mit der in der BT-Drucks. 14/4595 abgegebenen Begründung. Soweit er auf das Elterngeld abstellt, das - obwohl steuerfrei - bei der Einkommensanrechnung zu berücksichtigen sei und dazu auf die BT-Drucks. 16/1889 verweist, lässt sich daraus nichts für oder gegen die Anrechnung der Verletztenrente herleiten. Zutreffend ist allerdings, dass die Änderung des § 18a Abs. 1 Satz 1 SGB IV durch Art. 3 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) dafür spricht, dass das Elterngeld bei Renten wegen Todes angerechnet werden soll, zumal es in § 18a Abs. 1 Nr. 4 SGB IV ausdrücklich genannt wird. Wie sich der Widerspruch zu § 18 a Abs. 1 Satz 2 SGB IV lösen lässt, hat der Senat vorliegend nicht zu entscheiden, da es hier nicht um die Anrechnung von Elterngeld geht.

Auch wenn die Verletztenrente nicht anzurechnen ist, hat der Kläger jedoch keinen Anspruch auf eine Witwerrente in Höhe von 329,99 € - wie von ihm zunächst beantragt -, sondern nur in Höhe von 216,23 €, da seine Versichertenrente in Höhe von 977,92 € zu berücksichtigen ist. Nach Abzug des Freibetrages von 693,53 € ergibt sich ein Betrag von 284,39 €, von dem 40 %, d.h. 113,76 € anzurechnen sind. Dem Kläger steht danach eine große Witwerrente ab 1. April 2008 von 216,23 € (vor Abzug des Krankenversicherungs- und des Pflegeversicherungsbeitrags) zu. Für die Zeit ab 1. Juli 2008 ergibt sich eine Witwerrente von 219,71 €, ab 1. Januar 2009 von 219,93 €, ab 1. Juli 2009 von 223,89 € und ab 1. Januar 2011 von 225,23 € (jeweils vor Abzug des Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrags).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger zunächst die Auszahlung der gesamten Witwerrente (nebst 4 % Zinsen seit September 2008) begehrt hatte.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

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