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L 4 R 3372/05

Tatbestand

Der Kläger erhebt Anspruch auf Witwerrente aus der Versicherung seiner am 14. August 1952 geborenen und am 26. Januar 2003 gestorbenen Ehefrau … geborene … (im Folgenden: Versicherte).

Der am 23. Mai 1946 geborene Kläger war bereits vom 22. August 1975 bis 26. August 1994 (Rechtskraft des Scheidungsurteils) mit der Versicherten verheiratet gewesen. Dieser Ehe entstammt die Tochter … (geboren 02. März 1976). Den Angaben des Klägers zufolge versöhnten sie sich alsbald wieder, die Versicherte half ab 1995 in Saisonarbeit im vom Kläger geführten Gasthaus aus und ab Ende 1999 wohnten die (früheren) Eheleute wieder in einem gemeinsamen Haushalt. Zum 01. Oktober 2000 trat die Versicherte eine vollschichtige Beschäftigung als Verwaltungsangestellte bei der Universitätsklinik Freiburg an. In dieser Beschäftigung blieb sie ab 09. August 2001 arbeitsunfähig, weshalb die zuständige Krankenkasse ab 20. September 2001 Krankengeld zahlte. Am 28. August 2001 wurde in der Klinik für Tumorbiologie Freiburg ein linksseitiges Mammakarzinom II operiert. Weiter wurde im September 2001 ein nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom diagnostiziert. Es folgten stationäre Behandlungen in dieser Klinik und auch im Kantonsspital Basel. In der Folge traten Metastasen in Knochenmark, Lunge und Nebenniere auf. Die Versicherte unterzog sich einer Chemotherapie. Ab Juni 2002 wurde zunehmender Befall der Lunge festgestellt. Zahlreiche Weichteilmetastasen führten zur Einweisung in die Klinik für Tumorbiologie am 16. Januar 2003, wo die Versicherte am 26. Januar 2003 verstarb.

Am 16. April 2002 hatte die Versicherte einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation gestellt, der nach einer erfolglosen Heilmaßnahme vom 14. Mai bis 11. Juni 2002 in einen Rentenantrag umgedeutet wurde. Am 15. Oktober 2002 heirateten der Kläger und die Versicherte wieder. Der Rentenantrag wurde durch Bescheid vom 15. November 2002 mangels Mitwirkung abgelehnt. Auf einen neuen Antrag vom 09. Dezember 2002 zahlte die Beklagte (Bescheiddatum nicht bekannt) für die Zeit vom April 2002 bis Januar 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung abzüglich des der Krankenkasse zu erstattenden Krankengeldes an den Kläger aus.

Der Kläger beantragte im Februar 2003 Witwerrente. Er gab an, es sei keine Versorgungsehe gewesen wegen des gemeinsamen Kindes. Durch Bescheid vom 17. März 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert; das gemeinsame Kind stamme aus der ersten Ehe und habe das 18. Lebensjahr bereits vollendet. Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor, die Heirat habe der Sicherstellung der Betreuung und Pflege der Ehefrau dienen sollen. Schon dies entkräfte die Vermutung einer Versorgungsehe. Im Übrigen sei er, der Kläger, nicht wesentlich auf die Rente angewiesen gewesen. Auf Grund eigener Einnahmesituation bestünde seine Versorgung nicht ausschließlich aus den Rentenleistungen aus der Versicherung seiner Ehefrau. Es erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 06. August 2003. Das Motiv der Betreuung und Pflege spreche nicht gegen die gesetzliche Vermutung, wenn mit dem baldigen Ableben des Ehepartners zu rechnen sei. Dies sei auf Grund der Art und des Verlaufes der Krankheit der Fall gewesen. Unerheblich sei, dass der Kläger in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt allein zu bestreiten.

Mit der am 25. August 2003 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage trug der Kläger nochmals vor, das gemeinsame Kind, das anerkennenswerte Motiv der Sicherstellung der Betreuung und Pflege der Versicherten und dass er auf eine Hinterbliebenenrente nicht wesentlich angewiesen sei, widerlegten die Vermutung einer Versorgungsehe. Auch sei der Zustand zum Zeitpunkt der Heirat noch keineswegs als bedrohlich bekannt gewesen. Auch ein Teil der behandelnden Ärzte habe zu diesem Zeitpunkt keineswegs eine ungünstige Prognose gestellt. Dr. ... habe keine Angaben im Hinblick auf etwaige Überlebenschancen oder Überlebenszeiten gemacht. Vielmehr habe die Heirat den Gesundungsprozess fördern sollen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Eheleute vor der Heirat die beiden der Ehefrau gehörenden Grundstücke in B. K. (Gasthaus und Ferienwohnungen) verkauft und zum 01. November 2002 die Wohnung in H. gemietet hätten. Mit der Heirat sei die gegenseitige Zuneigung bewiesen und der Ehefrau die Angst genommen worden, dass sich der Partner nochmals abwenden würde. Schließlich legte der Kläger dar (handschriftliche Stellungnahme vom 02. Februar 2005), sie hätten mit dem Verkauf der Grundstücke in Bad Krozingen, der Miete einer neuen Wohnung und der Planung für deren Neueinrichtung einen neuen Lebensabschnitt beginnen wollen, aus dessen Sicht die Unterbrechung seit der Scheidung von 1994 als nicht so wichtig betrachtet worden sei.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und wandte ein, nach den medizinischen Befunden habe sich das Tumorleiden seit Mitte 2002 deutlich verschlimmert. Dies sei den Ärzten bekannt gewesen und könne den Eheleuten nicht verborgen geblieben sein. Auf eine genaue zeitliche Prognose komme es nicht an. Zum Beweggrund der Zuwendung und Betreuung sei zu fragen, warum nicht bereits 2001 bei der Erstdiagnose des Tumorleidens eine Wiederheirat geplant worden sei.

Das SG befragte behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Internist/Onkologe Dr. ... legte in der Aussage vom 30. Januar 2004 den Verlauf dar und gab unter anderem an, vor dem Hintergrund von Daten bei dem im Oktober 2002 vorliegenden rezidivierenden Bronchialkarzinom sei zu erwarten gewesen, dass 63 bis 89% aller Patienten innerhalb eines Jahres verstorben seien. Dr. … fügte seine Arztbriefe an den behandelnden Arzt für Allgemeinmedizin Dr. ... sowie die Berichte der Klinik für Tumorbiologie Freiburg und des Kantonsspitals Basel über die stationären Behandlungen bei. Allgemeinarzt Dr. … hielt es in seiner Aussage vom 30. März 2004 für nicht absehbar, dass die Erkrankung im Oktober 2002 zum baldigen Tod geführt hätte. Die objektiven Befunde hätten teilweise Hinweise auf Remission, teilweise auf Progredienz einzelner Tumorherde ergeben. In ergänzenden Schreiben vom 08. Januar 2004 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers und vom 25. Oktober 2004 an das SG bestätigte Dr. … seine prognostischen Angaben; sicherlich habe die Versicherte durch die Wiederheirat Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Probleme erreichen wollen, sie dürfte freilich über die Befunde informiert gewesen sein.

Durch Urteil vom 03. Mai 2005 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es im Wesentlichen dar, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Nach den Angaben des Dr. ... sei es trotz Besserung des Allgemeinbefindens bereits im Juni 2002 zu einer erneuten Größenzunahme der Lungemetastasen gekommen und im August 2002 habe sich dann bildgebend eine weitere Größenzunahme der Metastasen und der Verdacht auf eine neue Lungemetastase ergeben. Die Angaben des Dr. … seien deshalb nicht nachvollziehbar. Bei dem Vortrag des Klägers sei es nicht verständlich, warum die Eheschließung erst im Oktober 2002 und nicht schon beim Auftritt der Erkrankung im August 2001 erfolgt sei, zumal auch die psychische Erkrankung der Tochter bereits seit der Trennung und dem Ehescheidungsverfahren im Jahre 1994 bestanden habe. Dies könne nicht durch die schwierigen Verhandlungen über den Verkauf der Immobilien ausreichend erklärt werden.

Gegen das am 20. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. August 2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er macht geltend, nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Heirat habe man durchaus mit einer Überlebensfrist von zwei bis drei Jahren rechnen dürfen. Dies habe Allgemeinarzt Dr. … sinngemäß angedeutet. Auf die vom behandelnden Facharzt genannten Prognosen, die dieser so nicht mitgeteilt habe, könne es deshalb nicht ankommen. Demgegenüber seien hier besondere Umstände zu beachten, nämlich die frühere Ehe, die günstige Wirkung der Heirat auf die - im Übrigen psychisch belastete - Tochter, das längere Zusammenleben vor der Eheschließung sowie das ehrenwerte Motiv der Pflege und Betreuung.

Der Kläger beantragt,

  • das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. August 2003 zu verurteilen, ihm ab 01. Februar 2003 Witwerrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Rentenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden den Antrag des Klägers auf Witwerrente zu Recht abgelehnt hat.

Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) haben Witwen und Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwerrente, wenn sie (1.) ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, (2.) das 45. Lebensjahr vollendet haben oder (3.) erwerbsgemindert sind. Absatz 2a der Vorschrift, eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 2002 durch Gesetz vom 21. März 2001, BGBl. I, Seite 403 bestimmt: Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Nach der Übergangsvorschrift des § 242a Abs. 3 SGB VI gilt dies nicht für Ehen, die vor dem 01. Januar 2002 geschlossen wurden. Der in der gesetzlichen Rentenversicherung zuvor nicht bestehende Anspruchsausschluss entspricht den Regelungen, wie sie bis dahin nur im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB VII]) und der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz) bestanden hatten.

Der Kläger erfüllt die positiven Voraussetzungen für einen Anspruch auf Witwerrente. Die Ehefrau hatte die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 50 Abs. 1 SGB VI) erfüllt. Der Kläger hatte das 45. Lebensjahr vollendet und hat nicht wieder geheiratet. Hingegen unterliegt die Ehe, die von der Heirat am 15. Oktober 2002 bis zum Tod der Versicherten am 26. Januar 2003 weniger als ein Jahr gedauert hat, der Prüfung nach § 46 Abs. 2a SGB VI. Dies führt aus den im Folgenden darzulegenden Gründen zu dem Ergebnis, dass der Ausschlusstatbestand der Vorschrift als erfüllt anzusehen ist.

Die Anknüpfung an eine Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel einer Eheschließung war (so Bundestags-Drucksache 14/4595 S. 44). Diese gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. Bundessozialgericht [BSG] BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr. 5). Ergeben sich anhand des konkreten Einzelfalles nicht genügend beweiskräftige Anhaltspunkte gegen die Annahme, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente zu begründen, verbleibt es bei der Annahme einer Versorgungsehe. Auch wenn die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln und zu bewerten sind, trifft die materielle Beweislast, also die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises, wer den Anspruch auf Versorgung geltend macht (BSGE 30, 278 = SozR Nr. 84 zu § 128 SGG). Die gesetzliche Vermutung folgt einer Typisierung und verfolgt auch den Zweck, Leistungsträger und Gericht der Ausforschung im Bereich der Intimsphäre zu entheben. Zu würdigen ist freilich, dass das Motiv, Betreuung und Pflege eines Erkrankten sicherzustellen, nicht mit einer Versorgungsehe gleichgesetzt werden darf, jedenfalls dann nicht, wenn das Ableben nach den gesundheitlichen Verhältnissen zur Zeit der Eheschließung nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war (vgl. nochmals BSGE 60, 204). Andererseits ist zu fordern, dass keine deutlichen Anhaltspunkte für die Besorgnis eines vorzeitigen Ablebens bestanden haben, die Ehe also ihrem Wesen entsprechend auf Dauer eingegangen war (vgl. zu alledem Gürtner in Kasseler Kommentar, § 46 SGB VI, Rdnr. 46a ff.).

Der Senat ist aufgrund des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen im Klageverfahren davon überzeugt, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung am 15. Oktober 2002 eine Überlebenswahrscheinlichkeit von einem Jahr höchst ungewiss war und dies den Eheleuten - worauf es als subjektive Voraussetzung letztlich nicht ankommt - ausreichend bekannt war. Bereits in den Wochen nach der Erstoperation vom 28. August 2001 waren Metastasen im Knochenmark, Lunge und Nebenniere aufgetreten. Diese konnten zwar zunächst durch Chemotherapie beherrscht werden, jedoch traten nach einer vorübergehenden Besserung des Allgemeinbefindens im Juni 2002 ab dem Folgemonat atemabhängig verstärkte, gürtelförmig ausstrahlende Schmerzen von der Brustwirbelsäule in die linke Achsel aus (vgl. Zeugenaussage Dr. … von 30. Januar 2004). Diagnostiziert wurden (Arztbrief Dr. … an Dr. … vom 04. Juli 2002) eine „progrediente Raumforderung rechter Unterlappen" und (Arztbrief vom 23. August 2002) ein „weiterer Tumorprogress". Die Chemotherapie wurde wieder aufgenommen und intensiviert. Es ist ausgeschlossen, dass die Eheleute über den Ernst der Lage nicht annähernd unterrichtet gewesen wären. Onkologe Dr. … hat dies in seiner ergänzenden Äußerung für das SG vom 25. Oktober 2004 dahingehend formuliert, da die Verschlimmerung der Erkrankung im August 2002 zu einer Änderung der Therapie geführt habe, dürfe davon ausgegangen werden, dass die Versicherte über die Befunde informiert worden sei, da sie die neue Therapie sonst wohl kaum gewünscht hätte. Es liegt fern, dass der Befund - Kombination von Brustkrebs und Lungenkrebs - seitens der Ärzte verheimlicht wurde. Ebenso entspricht es der Allgemeinkenntnis, dass zunehmende Lungenmetastasen nicht mehr zu beherrschen sind. Auch Allgemeinarzt Dr. … hat (Zeugenaussage vom 30. März 2004) nur abschwächend formuliert, es habe nicht mit dem „baldigen" Tod gerechnet werden müssen. Dem steht die klare Aussage des Onkologen Dr. … entgegen, der Befund vom Oktober 2002 habe eine Ein-Jahres-Überlebensrate von höchstens einem Viertel eröffnet. Dafür, dass der Kläger und die Versicherte über die Schwere der Erkrankung nicht völlig im Unklaren waren, spricht, dass ihnen bekannt war, dass die Versicherte wegen der Erkrankung besonderer Betreuung und Pflege bedurfte.

Auch ist der Hinweis auf eine günstige Wirkung der Eheschließung auf die psychisch belastete Tochter von sehr untergeordneter Bedeutung, nachdem diese auswärts lebt und zum maßgebenden Zeitpunkt bereits 26 Jahre alt war.

Unter diesen Umständen vermag das vom Kläger vorgetragene Motivbündel für die Eheschließung im Oktober 2002 die gesetzliche Vermutung für eine Versorgungsehe nicht zu widerlegen. Die Eheleute hatten seit 1995 wieder gemeinsam gearbeitet, wohnten seit Ende 1999 wieder zusammen und nahmen die im August 2001 auftretende Krebserkrankung zunächst nicht zum Anlass, den Gedanken an eine Heirat zu konkretisieren. Wenn die Eheleute bereits länger wieder zusammengelebt hatten, lässt sich schwerlich behaupten, allein die förmliche Begründung der Institution Ehe habe vorrangig einen beruhigenden und heilungsfördernden Einfluss auf die Erkrankte haben sollen. Aus den oben dargelegten Erwägungen war erkennbar, dass die Ehe mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auf längere Dauer angelegt sein konnte. Dass der Kläger wegen ausreichender eigener Einkünfte nicht auf eine Hinterbliebenenrente wesentlich angewiesen war, muss unerheblich bleiben, anderenfalls wären gut situierte Hinterbliebene bei der Prüfung der gesetzlichen Vermutung und deren Widerlegung bevorzugt. Die Pflege und Betreuung sowie die allgemeine menschliche Zuwendung hätte der Kläger auch ohne Eheschließung leisten können. Würden diese Gesichtspunkte für eine Widerlegung ausreichen, wäre gerade beim typischen Verlauf schwerer Krebserkrankungen durch die Betonung solcher ehrenwerter Motive eine erleichterte Widerlegung der gesetzlichen Vermutung eröffnet; der glaubhafte Beweggrund einer „Pflegeehe" kann nur dann durchgreifen, wenn - was hier nochmals zu verneinen ist - deutliche Anhaltspunkte für eine überwiegende Ein-Jahres-Überlebensrate bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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