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L 11 R 1938/05

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 8. April 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Im Streit ist, ob der Kläger, der als Kinästhetik-Trainier selbstständig tätig ist, deshalb als Lehrer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.

Der 1963 geborene Kläger ist hauptberuflich als Krankenpfleger in der Geriatrischen Rehabilitationsklinik H. tätig. Nach einer berufsbegleitenden Ausbildung zum Kinästhetik-Trainer bietet er seit 01.11.1999 nebenberuflich Grund- und Aufbaukurse auf dem Gebiet der Kinästhetik an. Auftraggeber sind Pflegedienstleitungen oder Einrichtungsleitungen, aber auch Privatpersonen, mit denen der Kläger Honorarverträge abschließt. Er beschäftigt keine Arbeitnehmer.

Im Oktober 1999 kam die Barmer Ersatzkasse zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine Tätigkeit als Kinästhetik-Trainer nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausübe und leitete den vom Kläger ausgefüllten Fragebogen an die Beklagte weiter zur Prüfung der Versicherungspflicht als Selbstständiger. Darin hatte der Kläger seine Tätigkeit als Lehrtätigkeit bezeichnet; es handle sich um Dienstleistung in Form von Fortbildung, für die er ein Honorar erhalte und der Arbeitgeber die Räumlichkeiten zur Verfügung stelle. Die Lehrtätigkeit als Kinästhetik-Trainer beinhalte das Geben von Tagesseminaren, das Leiten von Arbeitsgruppen und Praxisanleitungen, wobei die Angebote völlig frei in Absprache mit dem jeweiligen Auftraggeber gestaltet würden.

Nach Prüfung unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers in dem Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10.01.2000 mit, dass er eine selbstständige Tätigkeit ausübe, die nach § 2 Satz 1 Nr. 1 des 6. Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) dem Grunde nach versicherungspflichtig sei. Er gehe jedoch seiner Tätigkeit nur in geringfügigem Umfang nach und sei daher ab dem 01.11.1999 in seiner Tätigkeit versicherungsfrei (§ 5 Abs. 2 SGB VI). Der Kläger sei ver­pflichtet, Veränderungen in den Verhältnissen umgehend bekannt zu geben, dies gelte insbesondere, wenn sich der zeitliche Umfang der Tätigkeit oder das erzielte Arbeitseinkommen (Gewinn) erhöhten.

Mit Schreiben vom 30.10.2003 beantragte der Kläger, rückwirkend von der Versicherungspflicht seiner Tätigkeit als Kinästhetik-Trainer befreit zu werden. Er gehe davon aus, dass er aufgrund seiner Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliege. Kinästhetik verfolge das Ziel, Menschen beim Aufbauen und Fördern von Bewegungskompetenz zu unterstützen. Es gehe um die Kompetenz, sich im Alltag so bewegen zu können, dass damit Gesundheit, Lernfähigkeit und Lebensqualität gezielt gefördert würden. Kinästhetik sei keine Technik, die erlernt werden könne, sondern vielmehr ein Bewegungs- und Handlungskonzept für alle an der Interaktion beteiligten Personen. Mit Kinästhetik lernten Menschen, ihre eigenen Bewegungen bewusst wahrzunehmen, schädliche Bewegungsmuster zu erkennen und diese aktiv zu verändern. Sie basierten nicht auf Lernprozessen, wie sie in der Schule stattfänden, sondern auf Lernen durch Erfahrung und Ausprobieren. Der Kinästhetik-Trainer sei keine Pflegeperson, er arbeite beratend mit Mitarbeitern in Einrichtungen, pflegenden Angehörigen und Patienten, um in der jeweiligen Situation gemeinsam Konzepte/Möglichkeiten zu suchen bzw. zu entwickeln, um den Alltag zu erleichtern, zu verändern und damit die Gesundheitsentwicklung der Beteiligten zu fördern.

Der Kläger legte Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001 vor, denen zufolge sich die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit auf minus 521,- DM im Jahr 1999, auf 2595,- DM (monatlich 216,25 DM) im Jahr 2000 und auf 9318,- DM (monatlich 776,50 DM) im Jahr 2001 beliefen.

Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 19.01.2004 fest, dass der Kläger ab 01.11.1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig sei. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und ende mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht wegfielen. In der Anlage wurde eine Beitragsberechnung für die Zeit ab 01.01.2001 beigefügt mit einer Nachforderung von 2.880,78 € für die Zeit vom 01.01.2001 bis 31.01.2004 und laufenden Beiträgen ab 01.02.2004 in Höhe von 80,70 €.

Mit weiterem Bescheid vom 19.01.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI seien selbstständige Lehrer, Erzieher, Pflegepersonen, Hebammen und Entbindungspfleger versicherungspflichtig, wenn und solange sie eine selbstständige Tätigkeit ausübten. In der Zeit vom 01.11.1999 bis 31.12.2000 habe Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI bestanden, weil nur eine geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Ab 01.01.2001 bestehe wieder Versicherungspflicht. Den gegen die Festsetzung des Bestehens einer Versicherungspflicht und gegen den Beitragsbescheid ohne nähere Begründung erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2004 zurück.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) mit der Begründung, mangels Lehrereigenschaft unterliege er seit Beginn seiner Selbstständigkeit keiner Rentenversicherungspflicht. Kinästhetik sei die Lehre der Bewegung und ein Handlungskonzept. Es sei weder eine Technik, noch sei das Kinästhetik-Know how schnell erlernbar. Kinästhetik werde nicht unterrichtet, denn Unterricht bedeute die planmäßige, regelmäßige Unterweisung Lernender durch einen Lehrenden. Das Erwerben und Vermitteln der kinästhetischen Fähigkeiten sei im Gegensatz hierzu als individueller Lern- und Entwicklungsprozess zu verstehen. Nötig seien hierbei Verhaltens Veränderungen der einzelnen Teilnehmer. Es handle sich um ein kreatives Handlungskonzept. Die Kinästhetik-Kurse dienten der Analyse der eigenen Bewegungssituation und dem Verständnis dafür. Ziel eines Kurses sei die Erlangung von Bewegungskompetenz der einzelnen Teilnehmer. Die Vermittlung von Kinästhetik folge keinem Lehrplan, vielmehr erarbeiteten sich die Teilnehmer der Grund- und Aufbaukurse Grundsätze, um die eigene Bewegung und den eigenen Körper zur gezielten Unterstützung und Führung anderer in unzähligen Anwendungsfeldern zu nutzen. Die Tätigkeit eines Trainers für Kinästhetik sei daher nicht durch eine Lehrtätigkeit, gerichtet auf Vermittlung und Übermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten gekennzeichnet. Eigenerfahrungen der Teilnehmer seien Tätigkeitsgrundlage, es gebe weder einen Frontalunterricht noch irgendwelche Prüfungen. Er sei daher nicht gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI als selbstständig tätiger Lehrer einzustufen. Selbst wenn der Lehrbegriff „weit auszulegen“ sei und „jegliches Übermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten“ beinhalte, falle seine Tätigkeit nicht hierunter, denn die Lehre der Kinästhetik werde nicht durch Lehren und Lernen im herkömmlichen Sinne vermittelt. Kinästhetik lerne jeder für sich in individuellen Lern- und Entwicklungsprozessen. Aus diesem Grunde gebe es keinen Lern- bzw. Lehrstoff und somit auch keine Prüfungen. Das kinästhetische Wissen der einzelnen Personen sei nicht nachprüfbar. Kinästhetik sei die Lehre der Bewegungswahrnehmung, sie führe Menschen dazu, die eigene Bewegung wahrzunehmen und kennen zu lernen. Dies jedoch nicht durch Übermittlung von Wissen, Können oder Fertigkeiten, sondern ausschließlich durch „trial and error“ durch den Einzelnen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Unter den gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtigen selbstständig tätigen Lehrern seien Personen zu verstehen, die einen der geistigen Entwicklung auf dem Gebiet der Wissenschaften (z. B. Geistes-, Naturwissenschaften, Sprachen) dienenden Unterricht erteilten. Aber auch die Unterweisung in körperlichen Übungen und mechanischen Tätigkeiten zähle dazu. Der Lehrbegriff sei weit auszulegen und beinhalte jegliches Übermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten, wobei Art und Umfang der Unterweisung nur von untergeordneter Bedeutung seien. Der Unterricht bzw. die Unterweisung könne sowohl in Kursform (Gruppen) als auch durch Einzelunterricht/-Unterweisung erfolgen. Selbst eine bestimmte pädagogische Qualifikation werde nicht vorausgesetzt. Zu den selbstständig tätigen Lehrern gehörten u. a. Lehrbeauftragte (Dozenten) an Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen, Fachschulen, Volkshochschulen und an sonstigen - auch privaten - Bildungseinrichtungen (z. B. Sprachenschulen), sofern sie nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stünden. Die angewandten Methoden zur Wissensvermittlung würden insbesondere von Personen, die an privaten Bildungseinrichtungen tätig seien, häufig mit den Begriffen Training, Coaching, Moderation oder Supervision umschrieben. Dass die Lehrtätigkeit einem Erziehungszweck diene, sei nicht erforderlich, auch werde eine bestimmte pädagogische Qualifikation des Lehrenden nicht vorausgesetzt. Dass die Lehre der Kinästhetik nicht durch Lehren und Lernen im herkömmlichen Sinne vermittelt, sondern in individuellen Lern- und Entwicklungsprozessen erworben werde, widerspreche somit nicht der Begriffsdefinition eines selbstständig tätigen Lehrers im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Auch eine Abschlussprüfung zur Kontrolle des Erlernten werde hier nicht gefordert. Damit Kinästhetik die Kursteilnehmer befähigt würden, ihre eigenen Bewegungen bewusst wahrzunehmen, schädliche Bewegungsmuster zu erkennen und diese dann aktiv zu verändern, liege eine Lehrtätigkeit vor.

Der Kläger wies sodann darauf hin, es sei zwar zutreffend, dass die Teilnehmer an Kinästhetik- Kursen „etwas“ lernten. Dies geschehe jedoch nicht durch übermitteln von „Wissen, Können und Fertigkeiten“, sondern in individuellen Lern- und Entwicklungsprozessen, insbesondere Eigenerfahrungen.

Mit Urteil vom 08.04.2005, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 14.04.2005, wies das SG nach persönlicher Anhörung des Klägers die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei davon auszugehen, dass § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit dem Begriff des Lehrers nicht an ein gesetzlich, etwa durch Ausbildungsordnungen geregeltes Berufsbild des Lehrers anknüpfe, vielmehr solle die Vorschrift alle Selbstständigen erfassen, soweit ihre Tätigkeit der Art nach darin bestehe, anderen „Unterricht“ zu erteilen. Sie stelle somit nicht darauf ab, auf welchem Gebiet Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt würden, auf welche Weise der Lehrer diese Kenntnisse und die Lehrfähigkeit erworben habe oder wie er den jeweiligen Lerninhalt anderen vermittle. Maßgeblich sei alleine, dass anderen Kenntnisse und Fähigkeiten - gleich auf welchem Gebiet - vermittelt würden. Neben der Vermittlung von Wissen sei vom Lehrbegriff daher auch die Unterweisung in körperlichen Übungen und mechanischen Tätigkeiten erfasst, soweit sie den Erwerb von Fähigkeiten oder Fertigkeiten bezweckten. Besondere Anforderungen seien dabei weder an die Vorkenntnisse des Lehrers, seine pädagogischen Fähigkeiten oder die Art der Vermittlung noch an die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten zu stellen, solange Vermittlung nicht nur ein rein untergeordneter Teil der selbstständigen Tätigkeit sei. Ausgehend hiervon übe der Kläger eine lehrende Tätigkeit aus, denn er vermittle den Teilnehmern seiner Kurse Kenntnisse und Fertigkeiten, um ihren Umgang in der Pflege oder in anderen Bereichen, in denen Bewegungsabläufe im Arbeitsalltag eine Rolle spielten, zu verändern oder individuell zu optimieren. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger für die einzelnen Kurse keine Lehrpläne entwickle. Die Tätigkeit des Klägers sei keine nur beratende Tätigkeit, denn ausgehend von einer konkreten Situation vermittle er den Teilnehmern Wissen, wie sie ihre Bewegungsabläufe optimieren könnten. Unerheblich sei, dass der Kläger nicht abstrakt Wissen und Kenntnisse in frontalem Vortrag vermittle, sondern die Teilnehmer denselben Bewegungsablauf in unterschiedlichen Formen ausüben lasse und dann erfrage, welche Unterschiede wahrgenommen würden und was diese für das Wohlbefinden der Teilnehmer bedeuteten. Der Kläger vermittle den Teilnehmern das ihm zur Verfügung stehende kinästhetische Wissen, damit gehe seine Tätigkeit weit über eine rein einweisende Tätigkeit oder auch über eine nur beratende Tätigkeit hinaus.

Hiergegen richtet sich die am 12.05.2005 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt er im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und weist nochmals darauf hin, dass Kinästhetik-Trainer nicht unterrichteten, sondern die Umgebung für Lernende gestalteten. Unter Kinästhetik verstehe man ein Denk- und Betrachtungssystem, das Menschen nutzen könnten, um ihre motorischen Aktivitäten zu verbessern. Kinästhetik bzw. die Tätigkeit des Kinästhetik-Trainers vermittle kein kinästhetisches Wissen oder gar kinästhetische Fähigkeiten. Ziel sei es, den Menschen zu helfen, ihre Aufmerksamkeit auf die eigenen Bewegungsabläufe zu lenken. Das Erwerben von kinästhetischen Fähigkeiten sei daher als individueller Lern- und Entwicklungsprozess zu verstehen. Eine Unterweisung in körperliche Übungen und mechanische Tätigkeiten erfolge nicht. Als Beratungsprofession habe die Kinästhetik bzw. die Tätigkeit als Kinästhetik-Trainer keine lehrende Funktion, da es nicht um eine Vermittlung von Sachwissen, sondern um anlassbezogene kritische Reflektion beruflichen Handelns, der professionellen Berufsrolle und Arbeitsstrukturen gehe. Seine Tätigkeit sei geprägt durch die Beratung und Unterstützung von Institutionen wie z. B. Krankenhäusern, Altenheimen oder ambulanten Pflegediensten. Ziel sei die Verbesserung von Bewegungsabläufen beim Transport oder der Lagerung der Pflegebedürftigen. Entsprechende Beratungen und Betreuungen seien darüber hinaus auch für pflegende Angehörige sowie für die Pflege im häuslichen Bereich vorgesehen. Der lehrende Aspekt trete bei der Tätigkeit als Kinästhetik-Trainer ebenso wie der therapeutische Ansatz in den Hintergrund und habe im Gegensatz zu der Beratungstätigkeit eine rein untergeordnete Bedeutung. Die Tätigkeit eines Kinästhetik-Trainers habe immer einen konkreten Anlass und diene der Lösung von exakt definierten Problemen, insbesondere dem Verbessern der Interaktions- und Bewegungsfähigkeiten zur Unterstützung der eigenen Gesundheitsentwicklung. Nach kinästhetischen Gesichtspunkten bringe die eigene Bewegung und die damit verbundene Eigenwahrnehmung Aufmerksamkeit auf das eigene Tun und helfe somit, eigene Fähigkeiten zu erfahren. Der Trainer für Kinästhetik nutze sein „kinästhetisches Wissen“, um eine Lernumgebung zu schaffen, in der andere (ebenso wie der Trainer) das eigene Tun und die Wirksamkeit des Tuns erfahren könnten. Die Tätigkeit des Kinästhetik-Trainers stelle somit keine lehrende Tätigkeit dar, da es nicht um Vermittlung von Sachwissen, sondern um anlassbezogene kritische Reflektion gehe.

Der Kläger beantragt,

  • das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 8. April 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das Urteil des SG für zutreffend. Aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich, dass zwischen Kinästhetik-Trainer und Kursteilnehmern zu Beginn des Kurses ein Wissensgefälle bestehe, das durch Mithilfe des Trainers ausgeglichen werde, auch wenn dies nicht in Form eines Frontalunterrichts geschehe. Es liege mithin ein Wissenstransfer vor, der durch den Kursleiter gefördert werde.

Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Auf die Nieder­schrift vom 09.03.2006 wird verwiesen.

Der Kläger hat Organisations- und Honorarvereinbarungen, Honorarrahmenverträge sowie bei­spielhaft Kostenrechnungen vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig Jedoch nicht begründet.

Für die Feststellung der Versicherungspflicht Selbstständiger und die Befreiung von derselben ist die Beklagte und nicht die Einzugsstelle zuständig. Letztere ist bei der Beitragsentrichtung der versicherungspflichtigen Selbstständigen nicht beteiligt (§§ 190a, 173 Satz 1 SGB VI).

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide der Beklagten vom 19.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger ab 01.11.1999 als selbstständiger Lehrer grundsätzlich der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt, in der Zeit vom 01.11.1999 bis 31.12.2000 aber Versicherungsfreiheit wegen nur geringfügiger selbstständiger Tätigkeit bestanden hat und ab 01.01.2001 wieder Versicherungspflicht besteht. Gegen die Höhe der Beitragsforderung hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben.

Das SG hat ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Kläger im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit als Kinästhetik-Trainer seit 01.01.2001 die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet und gemäß § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt. Der Senat verweist sowohl zur Darstellung der maßgeblichen Vorschrift als auch bezüglich der Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. In dem maßgeblichen Zeitraum seit 01.01.2001 beschäftigt der Kläger keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, auch ist er Lehrer im hier allein maßgeblichen rechtlichen Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, wobei die Geringfügigkeitsgrenze nach seinen Angaben weiterhin überschritten wird.

Wie das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Entscheidungen vom 22.06.2005 - B 12 RA 6/04 R und B 12 RA 14/04 R -, denen der Senat folgt, dargelegt hat, sind die Voraussetzungen einer Tätigkeit als Lehrer im hier allein maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Sinn des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bereits dann erfüllt, wenn im konkreten Fall - und nicht nur ausweislich abstrakter Tätigkeitsbeschreibungen oder Berufsbilder - eine (wenn auch flüchtige) spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt wird. Der Verfolgung weitergehender Lernziele bedarf es dagegen ebenso wenig wie der verpflichtenden Teilnahme am Unterricht, der Abnahme von Prüfungen und des Ausstellens von Zeugnissen oder Bescheinigungen. Unabhängig insbesondere von der Vorbildung des Lehrenden und der Qualität seiner Lehre geht das Gesetz auch bei diesem Personenkreis typisierend davon aus, dass gerade in seiner Berufsausübung eine dem versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit zum Ausdruck kommt.

Das SG hat in seiner Entscheidung zutreffend diesen weiten Begriff des Lehrers im rentenversi­cherungsrechtlichen Sinne zugrunde gelegt. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren und die vorgelegten Unterlagen (Organisations- und Honorarvereinbarungen, Honorarrahmen­verträge, Rechnungen) rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Danach führt der Kläger für verschiedene soziale Einrichtungen und Krankenhäuser Kurse zur Durchführung einer Kinästhetik in der Pflege Grundkurslernphase mit Praxisbegleittagen bzw. Praxisanleitung nach Vereinbarung durch. Den Vereinbarungen ist zu entnehmen, dass die Kurse in Zusammenarbeit mit den Kinästhetik Instituten durchgeführt werden und diese für die Aktualität des Knowhow, für die Lieferung der Lern- und Arbeitsunterlagen, die Sicherung der Unter­richtsqualität, die Registrierung der Kurse und der Teilnehmerinnen und die Zertifizierung der Teilnehmerinnen verantwortlich sind. Die Arbeitsunterlagen sind vor Kursbeginn zur Verfügung zu stellen. Der Kläger übernimmt als Kinästhetik-Trainer im Rahmen der Honorartätigkeit die Durchführung klassischer Kinästhetik-Aufgaben (Schulung, Workshops, Praxisbegleitung). Der Kläger ist im Rahmen des vereinbarten Konzepts für die Methodik und die Didaktik der Schu­lungen allein verantwortlich. Als Entschädigung erhält der Kläger einen bestimmten Geldbetrag pro Unterrichtseinheit bzw. pro Stunde. Gegebenenfalls zusätzlich notwendige Stunden für weitere Arbeitsgruppen, zusätzliche Praxisanleitungen, Gespräche zur Koordinierung des Prozesses etc. werden gesondert verhandelt. Ausweislich der vorliegenden Rechnungen ergeben sich Ab­rechnungen u. a. für Lerngruppen, Gesprächskurse „Lagerung“, Kinästhetik in der Pflege, Lern­gruppen 1, 2 oder 3, Kinästhetik in der Pflege Auffrischungstag und Planungsgespräch. Nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin besteht seine Funktion in der Unterstützung von Mitarbeitern vor allem im pflegerischen Bereich. Er vermittelt den Teilnehmern seiner Kurse Kenntnisse und Fertigkeiten, um ihren Umgang in der Pflege oder in anderen Bereichen, in denen Bewegungsabläufe im Arbeitsalltag eine Rolle spielen, zu verändern oder individuell zu op­timieren. Er hilft den Teilnehmern durch Anweisung, andere Varianten von Bewegungsabläufen zu finden. Er gibt - auch praktisch - Hilfestellung durch Aufzeigen bestimmter Aspekte, z. B. den Fokus auf die Schnelligkeit der Bewegung oder die Kraft zu richten. Mit seinem Knowhow, aus welchen Aspekten Bewegung besteht, gibt er Hilfestellung, worauf der Teilnehmer in seiner Bewegung selbst achten kann. Es werden dabei konkret Problemstellungen nachgestellt, wobei er den Teilnehmern hilft, bestimmte Aktivitäten zu hinterfragen und gegebenenfalls anders zu gestalten. Er gibt Ratschläge, auf was zu achten ist, gibt Ideen, wie es z. B. ist, die Anne zu benutzen oder nicht.

In Übereinstimmung mit der Beklagten und dem SG ist auch der Senat davon überzeugt, dass die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse und Praxisanleitungen ausreichend ist, die Voraussetzungen einer Tätigkeit als Lehrer zu erfüllen. Auch wenn der Kläger keinen klassischen Unterricht in dem Sinne gibt, in dem der „Lehrer“ sein Wissen vor den Teilnehmern des Kurses doziert, so schafft der Kläger, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, in seinen Kursen eine „Lernumgebung“, in der „Lernprozesse“ ablaufen können, damit die Teilnehmer ihre gesetzten „Lernziele“ erreichen können. Er nutzt sein kinästhetisches Wissen, um eine Lernumgebung zu schaffen, in der andere das eigene Tun und die Wirksamkeit ihres Tuns erfahren können.

Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, dass es sich nur um eine beratende Tätigkeit handelt. Vielmehr vermittelt er seinen Kursteilnehmern Kenntnisse und Fertigkeiten für deren berufliche Tätigkeit durch praktische Anleitung, insbesondere spezielle Fähigkeiten, Bewegungsabläufe zu optimieren und konkrete Problemsituationen besser verstehen zu können, wobei dies ausweislich der Honorarvereinbarungen auch durch schriftliche Arbeitsunterlagen unterstützt wird. Es findet durchaus ein Wissenstransfer statt, für den der Kläger auch honoriert wird. Den Honorarvereinbarungen lässt sich keineswegs nur eine beratende Tätigkeit entnehmen. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit stellt mithin im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eine Lehrtätigkeit dar. Auf die Abgrenzbarkeit des Rechtsbegriffs des Lehrers im Sinne des Sozialversicherungsrechts von einem in sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Kontexten gebrauchten Begriff des Lehrers kommt es insofern nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 RA 6/04 R -).

Die vom Kläger angeregte Vernehmung des Geschäftsführers eines Kinästhetik-Instituts ist nicht geboten, da es nicht auf abstrakte Tätigkeitsbeschreibungen oder Berufsbilder, sondern auf die tatsächliche Tätigkeit im konkreten Fall ankommt und der Kläger hinreichend Gelegenheit hatte, diese zu erläutern.

Die Berufung des Klägers konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

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