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L 3 R 1607/06

Tatbestand

Streitig sind die Versicherungspflicht des Klägers und die Erhebung von Beiträgen.

Der Kläger ist seit dem 11. Oktober 1996 als selbständiger Fahrlehrer (Fahrschule im Autohaus …) in … tätig.

Mit Schreiben vom 10. Januar 1997 wandte er sich an die Beklagte, um Informationen über die notwendige Altersversorgung zu erlangen. Diese teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Juni 1997 mit, als selbständiger Fahrlehrer unterliege er gemäß § 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) kraft Gesetzes der Versicherungspflicht, wenn er keine Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige.

Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 1997, 25. August 1997 und 25. Oktober 1997, denn er sei weder Lehrer noch Erzieher im Sinne des § 2 Nr. 1 SGB VI sondern Fahrlehrer. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer sei er nicht ver- sicherungspflichtig. Er beschäftige zwei Fahrlehrer und eine Bürokraft. Im Übrigen beziehe er sich auf § 6 SGB VI. Er möchte sich auch um eine private Rentenversicherung kümmern. Mit Schreiben vom 21. November 1997 teilte er darüber hinaus mit, ihm sei sowohl von Frau… als auch von Frau… von der Beratungsstelle der Beklagten die Auskunft erteilt worden, er gelte wegen der fehlenden pädagogischen Ausbildung nicht als Lehrer oder Erzieher i.S. von § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Er sei deshalb auf die freiwillige Mitgliedschaft hingewiesen worden. Er übersandte mit Schreiben vom 11. Dezember 1997 dann u.a. die von der Beklagten angeforderte Gewerbeanmeldung vom 20. September 1996 sowie Kopien der Arbeitsverträge für die beiden bei ihm ab dem 04. November 1996 und 15. September 1997 nebenberuflich tätigen Fahrlehrer … und …. In den Arbeitsverträgen war im Wesentlichen ein Stundenlohn von 12,- DM je Fahrstunde geregelt, jedoch weder die Arbeitszeit („operative Arbeitszeit") noch eine Kündigungsfrist oder ein Urlaubsanspruch.

Mit weiteren Schreiben vom 02. Oktober 1997, 06. November 1997 (jeweils unterschrieben von Frau…) und vom 02. Dezember 1997 (von der Geschäftsführung) wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass selbständige Lehrer und Erzieher der Versicherungspflicht unterlägen, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keine Arbeitnehmer beschäftigten. Eine Lehrertätigkeit liege auch vor, wenn keine pädagogische Ausbildung absolviert worden sei. Als Lehrertätigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinn sei das Übermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten anzusehen. Dazu reiche das Erteilen von Nachhilfestunden oder das Unterweisen in praktischen Tätigkeiten wie Golf- und Tennisspielen ebenso aus wie in Autofahren. Zur Prüfung der Frage, ob die Versicherungspflicht ab dem 04. November 1996 wegen der Beschäftigung eines Arbeitnehmers beendet sei, forderte die Beklagte eine Aufstellung pro Arbeitnehmer über die geleisteten Stunden und das monatliche Gehalt an. Entscheidend für die Versicherungspflicht als Fahrlehrer sei, ob er Versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftige (Schreiben vom 20. Januar und 18. Februar 1998). Die erbetenen Auskünfte zu den angeblich - sozialversicherungspflichtig - beschäftigten Arbeitnehmern erteilte der Kläger jedoch nicht.

Am 06. September 2001 stellte er vielmehr vorsorglich einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2002 stellte die Beklagte fest, der Kläger sei ab dem 11. Oktober 1996, dem Tag der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig. Die Beklagte forderte von ihm Regelbeiträge für die Zeit vom 11. Oktober 1996 bis zum 31. Januar 2002 in Höhe von insgesamt 23.593,43 Euro.

Mit weiterem Bescheid vom 06. März 2002 forderte sie von dem Kläger auch die Zahlung von Säumniszuschlägen, die zu einer Erhöhung der Gesamtforderung auf 31.241,14 Euro führte.

Gegen beide Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein.

Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin erneut auf, zu der erforderlichen Feststellung der Versicherungspflicht der bisher benannten Fahrlehrer Auskünfte zu erteilen.

Schließlich teilte der Kläger mit, ab dem 02. April 2002 einen Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer als Fahrlehrer in Vollzeit zu beschäftigten und fügte den bis zum 02. Oktober 2002 befristeten Arbeitsvertrag mit … sowie Kopien der Ausgabebelege in dem Zeitraum von Mai 1997 bis Februar 1999 an die beiden übrigen Fahrlehrer und seine Ehefrau für Bürotätigkeiten über insgesamt 3.016,- DM bei. Die Beklagte hatte zwischenzeitlich festgestellt, dass für die Fahrlehrer … und … keine Pflichtbeitragszeiten durch den Kläger als Arbeitgeber gemeldet waren.

Nach Auswertung der nachgereichten Unterlagen stellte die Beklagte die Beendigung der Pflichtversicherung als Selbständiger mit Ablauf des 01. April 2002 fest, da durch die Beschäftigung eines Arbeitnehmers die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nicht mehr vorlägen. Die Summe der nunmehr zu zahlenden Beiträge nebst Säumniszuschlägen wurde mit 32.002,34 Euro beziffert.

Zur Begründung seines Widerspruchs machte der Kläger im Weiteren geltend, die Fahrlehrer … und … entsprechend der Auftragslage beschäftigt zu haben. Er habe im Oktober 1996 von der Sachbearbeiterin Frau… von der Beklagten die Auskunft erhalten, er sei nicht versicherungspflichtig. Diese Auskunft sei im ersten Halbjahr 1997 in der Rechtsberatungsstelle der Beklagten von Frau… bestätigt worden. Bedingt durch diese Auskunft habe er sich privat versichert. Durch die nunmehr bestehende Doppelversicherung erleide er erhebliche finanzielle Nachteile. Außerdem habe er mit Schriftsatz vom 04. September 2001 einen Antrag auf Befreiung von der Pflichtversicherung gemäß § 231 Abs. 6 SGB VI gestellt. Durch die verschiedenen Auskünfte habe er keine Kenntnis von der Versicherungspflicht gehabt. Letztlich bestritt der Kläger die Rechtmäßigkeit der Beitragshöhe und bezog sich auf Kopien der im Widerspruchsverfahren erstmals vorgelegten Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 2001.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 änderte die Beklagte daraufhin für die Zeit ab dem 01. Januar 1997 die Beitragshöhe ab. Ab diesem Zeitpunkt bis zum 01. April 2002 betrug die Forderung nur noch 10.723,29 Euro.

Mit zweitem Bescheid vom 31. Oktober 2002 stellte sie außerdem fest, dass der Kläger in der Zeit vom 11. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1996 zwar versicherungspflichtig sei, aber keine Beiträge zu erbringen zu habe, da er kein positives Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit nachgewiesen habe.

Mit Bescheid vom 01. November 2002 lehnte sie schließlich den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige ab, denn der Kläger habe bereits vor dem 01. Januar 1999 aufgrund der Schreiben vom 30. Juni und 02. Oktober 1997 Kenntnis von der Versicherungspflicht gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2003 wies die Beklagte dann den Widerspruch gegen sämtliche ergangene Bescheide zurück.

Zur Begründung seiner dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, sich aufgrund der für ihn verbindlichen Auskunft der Beklagten, er sei nicht versicherungspflichtig, wie folgt versichert zu haben:

  • Rentenversicherung, Vertrag vom 01. Dezember 1999
  • Risikolebensversicherung vom 27. Mai 1999
  • Lebensversicherung vom 01. November 1994
  • Grundstückskauf über 80.000,- DM mit der Ehefrau zusammen am 27. März 1998
  • Bauvertrag zur Errichtung eines Eigenheims über 300.000,- DM, finanziert durch ein Darlehen vom 09. Februar 1999

Er hat betont, von der angeblich bestehenden Versicherungspflicht nicht positiv gewusst zu haben, wie seine zahlreichen Schreiben an die Beklagte belegten. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht hätten also vorgelegen.

Der Kläger behauptet, die Beratung durch Frau… im Oktober 1996 und Frau M…, die entgegen seinem bisherigen Vorbringen bereits im Oktober/November 1996 stattgefunden haben sollen, sei telefonisch erfolgt. Dies müsse dokumentiert sein.

Mit Bescheid vom 17. Oktober 2005 hat die Beklagte für das Jahr 1998 der Beitragsforderung nur noch einen halben Regelbeitrag und für das Jahr 1999 einen geringeren Beitrag zugrunde gelegt. Dadurch hat sich die Beitragsforderung für die Zeit ab dem 01. Januar 1997 auf 6.894,39 Euro vermindert.

Durch Urteil vom 08. September 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Fahrlehrer vom 11. Oktober 1996 bis zum 31. März 2002 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sei. Als selbständiger Fahrlehrer erfülle er die Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Er habe in dem Zeitraum auch keine Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Kläger sei außerdem nicht gemäß § 231 Abs. 6 SGB VI von der Versicherungspflicht zu befreien, denn ihm sei die Glaubhaftmachung mangelnder Kenntnis von der Versicherungspflicht nicht gelungen. Spätestens mit dem Schreiben der Beklagten vom 02. Dezember 1997, mit dem diese auch in Reaktion auf seinen Hinweis auf anderweitige Auskünfte der Beratungsstelle ihre Auffassung wiederholt habe, es bestehe Versicherungspflicht, habe der Kläger nicht mehr annehmen dürfen, mangels pädagogischer Ausbildung nicht der Versicherungspflicht zu unterliegen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht weiterhin geltend, keine positive Kenntnis von der bestehenden Versicherungspflicht gehabt zu haben. Er habe mehrfach und unwidersprochen vorgetragen, dass ihm mehrfach von zuständigen Mitgliedern der Beklagten mitgeteilt worden sei, er sei von der Versicherungspflicht befreit. Das Anschreiben der Beklagten vom 02. Dezember 1997 nehme dazu keine Stellung. Es sei ihm dort vielmehr mitgeteilt worden, dass die Einreichung weiterer Unterlagen über die Arbeitsverhältnisse der von ihm beschäftigten Mitarbeiter erforderlich sei, um beurteilen zu können, ob für ihn Versicherungspflicht bestehe oder nicht. Es sei ihm auch nicht erklärt worden, aus welchem Grund diese Unterlagen entscheidungserheblich gewesen seien. Im Übrigen fordere § 231 Abs. 6 SGB VI die vollständige positive Kenntnis von der bestehenden Versicherungspflicht, die bloße Möglichkeit reiche nicht aus.

Der Kläger beantragt,

  • das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. September 2006 aufzuheben und die Bescheide vom 10. Januar 2002, 06. März 2002, 18. Juni 2002 und 31. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2003 sowie den Bescheid vom 17. Oktober 2005 aufzuheben,

hilfsweise,

  • den Bescheid vom 01. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige während seiner Tätigkeit als selbständiger Fahrlehrer seit dem 11.Oktober 1996 zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig aber unbegründet.

Streitgegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 10. Januar 2002, 06. März 2002, 18. Juni 2002, 31. Oktober 2002 und 01. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2003 sowie der Bescheid vom 17. Oktober 2005, der gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, denn er ändert die zuvor ergangenen Beitragsbescheide ab. Diese Bescheide sind, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, rechtmäßig. Der Kläger ist versicherungspflichtig und damit zur Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung für Selbständige verpflichtet, außerdem ist er nicht von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Versicherungspflicht des Klägers, der unstreitig als selbständiger Fahrlehrer seit dem 11. Oktober 1996 tätig ist, beruht auf der Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Danach sind versicherungspflichtig selbständige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Die Versicherungspflicht selbständiger Lehrer setzt entgegen der Auffassung des Klägers nicht voraus, dass der Lehrer über eine besondere pädagogische Ausbildung verfügt. Die Anordnung der Versicherungspflicht für selbständige Lehrer in der Rentenversicherung verletzt außerdem weder das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit noch verstößt sie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz oder das europarechtliche Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen (so Bundessozialgericht <BSG> in SozR 3-2600 § 2 Nr. 5). Dementsprechend hat das BSG in seiner Entscheidung vom 23. November 2005 - B 12 RA 5/04 R - (zitiert nach Juris) keine Zweifel daran gelassen, dass selbständige Fahrlehrer dem Grunde nach versicherungspflichtig sind. Die Versicherungspflicht ist nur ausgeschlossen, wenn keine Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt werden. Einen solchen Versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt der Kläger erst seit dem 02. April 2002 durch die befristete Einstellung des Fahrlehrers Peter Leczkowski. Die Beklagte hat deshalb die Beendigung der Versicherungspflicht zum 01. April 2002 festgestellt (Bescheid vom 18. Juni 2002).

Der Kläger hat in dem Zeitraum vom 11. Oktober 1996 bis zum 01. April 2002 aber auch nicht regelmäßig Arbeitnehmer in einem Umfang beschäftigt, dass bei Zusammenrechnung ihrer Entgelte die Grenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschritten wird. Dies hat das BSG in seiner Entscheidung vom 23. November 2005, a. a. O., unter erweiternder Auslegung der Vorschrift des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nach Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte ausreichen lassen, um die Versicherungspflicht des selbständigen Lehrers zu verneinen.

Der Kläger hat zwei Arbeitsverträge für die Fahrlehrer und sowie diverse - nicht durchnummerierte - Ausgabebelege für die Zeit von Mai 1997 bis Februar 1999 (= 22 Monate) an die Fahrlehrer und seine Ehefrau… für Bürotätigkeiten über eine Gesamtsumme von 3016,- DM vorgelegt.

Nach den vorliegenden Unterlagen übersteigen die Arbeitsentgelte insgesamt nicht die jeweils geltende Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), die 1997 610,- DM und in den Jahren 1998 und 1999 620,- DM monatlich betrug.

Zusammenfassend hat die Beklagte zu Recht die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Lehrer ohne regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer bejaht. Nach mehrfachen Neuberechnungen, die u.a. auch damit zusammenhingen, dass der Kläger auf die Anfragen der Beklagten nicht reagiert und seine Einkommensverhältnisse nicht offenbart hatte, ist die Höhe der Beiträge nicht zu beanstanden, was auch der Kläger nicht tut. Damit muss er für die Zeit vom 01. Januar 1997 bis zum 01. April 2002 Beiträge in Höhe von 6.894,39 Euro zahlen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht.

Anspruchsgrundlage ist § 231 Abs. 6 SGB VI. Nach dieser mit Wirkung vom 07. April 2001 in das SGB VI eingefügten Vorschrift werden Personen, die am 31. Dezember 1998 eine nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder § 229 a Abs. 1 SGB VI versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wenn sie

1.glaubhaft machen, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt von der Versicherungspflicht keine Kenntnis hatten, und
2.vor dem 02. Januar 1949 geboren sind oder
3.vor dem 10. Dezember 1998 eine anderweitige Vorsorge im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 oder Satz 2 für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall für Hinterbliebene getroffen haben; Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 und 3 und Satz 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Datums 30. Juni 2000 jeweils das Datum 30. September 2001 tritt.

Die Befreiung ist bis zum 30. September 2001 zu beantragen; sie wirkt vom Eintritt der Versicherungspflicht an.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht vollständig.

Der Kläger hat zwar am 31. Dezember 1998 als selbständiger Fahrlehrer eine nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit ausgeübt (s. o.) und er hat den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht auch am 06. September 2001 und damit rechtzeitig vor dem 30. September 2001 gestellt. Der am 03. September 1963 geborene Kläger ist aber nicht vor dem 02. Januar 1949 geboren und er hat vor dem 10. Dezember 1998 auch keine anderweitige Versorgung für den Fall der Invalidität, des Alters und des Todesfalls getroffen.

In Betracht kommt hier nur die …-Lebensversicherung vom 01. November 1994, die im Jahr 2029 auszuzahlen ist, wenn der Kläger also 66 Jahre alt wird. Der monatliche Beitrag von 151,80 DM (= 77,61 Euro) entspricht in etwa den Beiträgen, die der Kläger laut dem Bescheid vom 17. Oktober 2005 zu erbringen hat. Allerdings ist die Versicherungssumme mit 29.249,- DM äußerst gering. Im Übrigen handelt es sich bei der abgeschlossenen Versicherung nicht um eine Versicherung, die sowohl den Fall der Invalidität, also der Erwerbsminderung, des Alters und des Todes abdeckt. Es wurde nämlich keine Hinterbliebenenleistung für die Ehefrau des Klägers vereinbart, sie ist lediglich als Bezugsberechtigte im Fall des Todes des Klägers genannt worden. Dies reicht jedoch nicht aus (vgl. Klattenhoff in Hauck/Noftz, § 231 RdNr. 39). Die weiteren von dem Kläger genannten Versicherungen sind erst nach dem Stichtag abgeschlossen worden.

Als vergleichbare Form der Vorsorge i.S. des § 231 Abs. 5 Nr. 3 SGB VI kommt auch nicht das Grundstück in Betracht, das am 27. März 1998 für 80.000,- DM von der Ehefrau des Klägers allein, erworben wurde. Zudem besteht kein zeitlicher Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers, dem die Hälfte des Grundstücks außerdem erst am 11. Februar 1999 durch einen notariellen Vertrag zum Zweck des vorzeitigen Zugewinnausgleichs zugewendet wurde.

Damit scheidet bereits mangels privater Eigenvorsorge zum Stichtag die Befreiung von der Versicherungspflicht aus.

Nur ergänzend wird ausgeführt, dass der Kläger letztlich auch nicht glaubhaft gemacht hat, bis zum 31. Dezember 1998 von der Versicherungspflicht keine Kenntnis gehabt zu haben (Abs. 6 Satz 1 Nr. 1). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kenntnis eine innere Tatsache ist, die nicht objektiv feststellbar ist. Deshalb hat der Gesetzgeber, der nicht einmal ein „Kennen müssen" verlangt, nur die Glaubhaftmachung der Kenntnis vom Versicherungstatbestand geregelt (vgl. Klattenhoff in Hauck/ Noftz, § 231 RdNr. 60).

Wie sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 14/5095 S 11) ergibt, richten sich die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nach dem allgemeinen Verfahrensrecht. Damit ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, das sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstreckt, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB >X). Die fehlende Kenntnis von der Versicherungspflicht kann z.B. dadurch glaubhaft gemacht werden, dass die Betreffenden nach Inkrafttreten der Versicherungspflicht für arbeitnehmerähnliche Selbständige zum 01. Januar 1999 (§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) fristgerecht einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt haben, denn ein solches Verhalten legt die Vermutung nahe, dass die Betreffenden bis dahin der Annahme waren, nicht versicherungspflichtig gewesen, sondern erst durch die Neuregelung versicherungspflichtig geworden zu sein. Die fehlende Kenntnis von der Versicherungspflicht wird ferner dadurch glaubhaft gemacht werden können, dass sich die Betreffenden im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit für eine andere Form der Altersvorsorge entschieden und diese seitdem mit Einkommen aus dieser Tätigkeit auf- oder ausgebaut haben (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Oktober 2006 - L 6 RA 20/04 -, zitiert nach Juris).

Die vorliegenden Umstände sprechen nicht dafür, dass der Kläger bis zum 31. Dezember 1998 darauf vertraut hatte, nicht versicherungspflichtig zu sein.

Zwar hat er bereits 1994 eine Lebensversicherung abgeschlossen, allerdings erfolgte der Abschluss ebenso wenig in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Oktober 1996 wie die später 1999 abgeschlossenen Versicherungen und der Grundstückskauf 1998. Der von dem Kläger vorsorglich am 06. September 2001 gestellte Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ist nicht als Reaktion auf die zum 01. Januar 1999 eingeführte Versicherungspflicht von Selbständigen nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI anzusehen, denn dann hätte er den Antrag bis zum 30. Juni 2000 stellen müssen. Vielmehr erfolgte der Antrag in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Einführung der Befreiungsmöglichkeit für Versicherte nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI.

Die zwischen den Beteiligten geführte Korrespondenz lässt auch nicht erkennen, dass der Kläger bis zum 31. Dezember 1998 keine Kenntnis von der Versicherungspflicht hatte. Bereits das Schreiben vom 10. Januar 1997, mit dem sich der Kläger, für den bis zum 31. August 1996 Pflichtbeiträge entrichtet worden sind, bei der Beklagten als zuständigem Rentenversicherungsträger über die notwendige Altersversorgung informieren wollte, lässt auf eine entsprechende Kenntnis schließen. Der Kläger ist mit den Schreiben der Beklagten vom 30. Juni, 02. Oktober und 02. Dezember 1997 unmissverständlich darüber belehrt worden, dass er versicherungspflichtig ist, wenn er keine Arbeitnehmer beschäftigt. Dieser Umstand war noch zu ermitteln, der Kläger hat aber erst zu einem viel späteren Zeitpunkt an der Aufklärung der Frage mitgewirkt, so dass der Beklagten zunächst eine abschließende Entscheidung nicht möglich gewesen ist. Darauf kann sich der Kläger aber nicht zu seinen Gunsten berufen. Insbesondere hat die Beklagte in ihren Schreiben darauf hingewiesen, dass die Feststellung der Versicherungspflicht von der Frage der Beschäftigung von Versicherungspflichtigen Arbeitnehmern abhängig ist.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, von den Mitarbeiterinnen … und … im Oktober 1996 bzw. im ersten Halbjahr 1997 telefonisch gegenteilige Auskünfte zu seinem Versichertenstatus erhalten zu haben. Selbst unterstellt, dies wäre der Fall, ist nicht eindeutig belegt, welche Angaben er gegenüber den Sachbearbeiterinnen gemacht hat. Hat er nämlich, wie mit Schreiben vom 25. Oktober 1997, erklärt, er habe zwei Fahrlehrer und eine Bürokraft angestellt, dann wäre die Auskunft, dass keine Versicherungspflicht besteht, nicht von vorne herein falsch gewesen. Hier ist weiter zu berücksichtigen, dass die Sachbearbeiterin …, die zuvor die Versicherungspflicht verneint haben soll, dem Kläger später schriftlich mitgeteilt hat, er sei als Fahrlehrer versicherungspflichtig, wenn er keine Arbeitnehmer beschäftige (Schreiben vom 02. Oktober und 06. November 1997). Mit Schreiben vom 02. Dezember 1997 hat die Geschäftsführung dieselbe Auskunft erteilt und ausdrücklich die vermeintlichen mündlichen Auskünfte revidiert. Der Kläger hat sich auch nicht auf die behaupteten mündlichen Auskünfte der Mitarbeiterinnen … und …verlassen. Dies zeigt wiederum seine schriftliche Anfrage mit Schreiben vom 10. Januar 1997. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bei dem Senat auch zugestanden, dass ihm an einer schriftlichen Auskunft gelegen war. Dass der Kläger eine gegenteilige Rechtsauffassung zur bestehenden Versicherungspflicht in der Rentenversicherung vertreten hat, hindert nicht die Annahme der Kenntnis von dem Versicherungstatbestand.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

richt ausgewählt.

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