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L 6 R 71/15

Tenor

I.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Oktober 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der Zeit vom 02.10.2012 bis 31.12.2012 versicherungspflichtig ist.

Der am … 1975 geborene Kläger betrieb von Oktober 2009 bis August 2014 ein Lehrinstitut mit dem Namen „Die P., Inhaber D. Grundlage war ein am 05.08.2009 geschlossener Franchise-Vertrag mit dem Franchise-Geber „Die P. Bildungsgesellschaft mbH“. Gegenstand des Franchise war ein Leistungspaket zum Betreiben eines Lehrinstituts „Die P.“. Der Kläger beschäftigte im streitgegenständlichen Zeitraum keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Er war kaufmännisch tätig und arbeitete mit Honorarkräften als Lehrer, die als freie Mitarbeiter geführt wurden.

Der Franchise-Vertrag vom 05.08.2009 regelt umfassend die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Dabei stellt der Franchise-Geber sein gesamtes Know-How zum Betreiben einer Firma „Die P.“ zur Verfügung. Geregelt ist u. a. die fortlaufende Unterstützung des Franchise-Nehmers durch Beratung und Information mit praktischer Einführung in die Organisation und den eigenen Geschäftsbetrieb, in Ausstattung, Lehrpersonal- und Arbeitskräftebedarf, Werbung etc. Die Unterstützung bezieht sich auf die günstigste Nutzung der übertragenen Rechte, auf Beratung bei der Erstellung von Finanzierungs- und Werbeplänen sowie bei der Personaleinstellung. Der Franchise-Nehmer ist zum Betrieb des Franchise entsprechend des durch den Vertrag vorgegebenen rechtlichen Rahmens und den Richtlinien des Franchise-Handbuches verpflichtet. Ausgeführt ist im Vertrag außerdem, dass entsprechend der allgemein gültigen Franchise-Begriffsbestimmung im Rahmen der EU-Gruppenfreistellungsverordnung für Franchise-Systeme sich das „Die P.-Franchise-System“ als ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem zweier rechtlich selbständiger Unternehmer auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses darstelle. Das „Die P.-Franchise-System“ tritt danach am Markt einheitlich auf und wird geprägt durch das arbeitsteilige Leistungsprogramm der Systempartner sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem zur Sicherstellung eines systemkonformen Verhaltens. Der Franchise-Nehmer ist danach im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Er hat das Recht und die Pflicht, das Franchise-Paket gegen Entgelt zu nutzen. Als Leistungsbeitrag liefert er Arbeit, Kapital und Information. Der Kläger verpflichtete sich u. a., eine einmalige Eintrittsgebühr in Höhe von 5.000,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer sowie in den ersten sechs Monaten monatlich 500,00 EUR und ab dem siebten Monat monatlich 750,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer zu zahlen.

Unter dem 23.09.2009 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sich ab 01.10.2009 selbständig mache und einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung stellen wolle. Er übersandte den ausgefüllten Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbständige, den Franchise-Vertrag vom 05.08.2009 sowie den Einkommensteuerbescheid vom 01.10.2012 für das Jahr 2011.

Am 23.11.2009 beantragte der Kläger eine befristete Befreiung für Existenzgründer nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Mit Bescheid vom 10.12.2009 lehnte die Beklagte eine Befreiung von der Versicherungspflicht für Selbständige mit einem Auftraggeber ab. Die selbständige Tätigkeit ab 01.10.2009 erfülle die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Die Versicherungspflicht trete jedoch nicht ein, weil der Kläger eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausübe. Es bestehe daher Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2011 als unbegründet zurück. Es bestehe derzeit keine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, so das eine Befreiung nicht erfolgen könne. Im dagegen erhobenen Klageverfahren (S 30 R 350/11) erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt. Die Beklagte sagte zu, unter Vorlage aktueller Einkommensnachweise für 2011 und 2012 erneut über eine befristete Befreiung für Existenzgründer bis 30.09.2012 und über die Versicherungspflicht als Franchise-Nehmer rechtsbehelfsfähig zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 18.10.2012 stellte die Beklagte für die Zeit vom 01.10.2009 bis 31.12.2010 Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 2 SGB VI fest. In diesem Zeitraum sei eine selbständige Tätigkeit in geringfügigem Umfang ausgeübt worden. Vom 01.01.2011 bis 01.10.2012 sei der Kläger von der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger mit einem Auftraggeber nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI befreit. Die Befreiung erfolge, weil es sich bei der Aufnahme der Tätigkeit um die erste bzw. zweite Existenzgründung im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 SGB VI handele. Die Befreiung ende spätestens mit dem Ablauf des dritten Jahres nach dem Tag der Aufnahme der Tätigkeit. Ab 02.10.2012 bestehe Versicherungspflicht. Der Kläger habe den halben Regelbeitrag zu zahlen. Die Berechtigung zur Zahlung des halben Regelbeitrages bestehe längstens bis zum 31.12.2012. Rentenversicherungspflichtige selbständig Tätige hätten grundsätzlich bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit den halben Regelbeitrag zu zahlen.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Ab 01.01.2013 habe er eine Angestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Bis Dezember 2012 schulde er keine Rentenversicherungsbeiträge, da keine Versicherungspflicht als Selbständiger bestehe. Er sei nicht nur für einen einzigen Auftraggeber tätig geworden.

Mit Bescheid vom 04.03.2013 stellte die Beklagte fest, dass ab 01.01.2013 keine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Der Kläger sei vom 02.10.2012 bis 31.12.2012 versicherungspflichtig und schulde inklusive der angefallenen Säumniszuschläge 791,25 EUR.

Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2013 als unbegründet zurück. Es bestehe Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Der Kläger habe mit der Firma „Die P. Bildungsgesellschaft mbH“ einen Franchise-Vertrag geschlossen. Der Franchise-Geber sei Auftraggeber im Sinne dieser Vorschrift. Er sei selbständig tätig und für seinen Franchise-Geber als Auftraggeber tätig.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 04.03.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2013 aufzuheben und festzustellen, dass vom 02.10.2012 bis 31.12.2012 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand.

Mit Urteil vom 14.10.2014 hat das SG den Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Bescheides vom 04.03.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2013 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger vom 02.10.2012 bis 31.12.2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig gewesen. Ein der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.11.2009, B 12 R 3/08 R, vergleichbarer Fall liege nicht vor. Der Kläger vertreibe keine vom Franchise-Geber hergestellten Produkte, sondern erbringe Dienstleistungen. Seine unternehmerische und vom Franchise-Geber nicht vorgegebene Betätigung habe darin bestanden, ihm als geeignet erscheinende Personen als Lehrer auszuwählen, diese zu beschäftigen und deren lehrende Tätigkeit zu überwachen. Der wirtschaftliche Erfolg des klägerischen Unternehmens sei nicht abhängig von den Vorgaben des Franchise-Gebers bzw. der Qualität des von diesem zur Verfügung gestellten Produktes, sondern von der fachlichen und menschlichen Qualität des im Unternehmen als Dienstleistung erbrachten Unterrichtes. Der wirtschaftliche Erfolg des Klägers sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vollständig von den Vorgaben des Franchise-Gebers abhängig gewesen.

Dagegen hat die Beklagte am 29.01.2015 Berufung eingelegt. Der vorliegende Fall sei mit dem vom BSG entschiedenen Fall vergleichbar. Nach der Rechtsprechung des BSG sei in vertikalen Vertriebssystemen der Einmann-Franchise-Nehmer typischerweise in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis vom Franchise-Geber, der als Auftraggeber im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI anzusehen sei. Zwar würden keine Produkte im engeren Sinne, wie z. B. Backwaren, vertrieben, sondern eine Dienstleistung. Auch möge es sich bei der Leitung eines Nachhilfeinstitutes um eine im Vergleich zur Verkaufstätigkeit höher qualifizierte Tätigkeit handeln. Doch sei die Art der vertriebenen Produkte bzw. Dienstleistungen wie auch das Qualifikationsniveau der jeweiligen Tätigkeit für die vom Gesetzgeber vorgenommene Einschätzung der sozialen Schutzbedürftigkeit des Selbständigen ohne Bedeutung. Es komme allein auf die vertragliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber an. Die selbständige Tätigkeit des Klägers sei nach seinen eigenen Angaben so ausgestaltet, dass er als Leiter seines Nachhilfeinstitutes kaufmännisch und organisatorisch tätig werde, selbst aber keine Nachhilfe erteile. Seine Betriebsmittel, das Know-How, die Rechte zum Auftreten am Markt etc. würden vom Franchise-Geber, der „Die P. Bildungsgesellschaft mbH“, zur Verfügung gestellt. Der Kläger sei nach dem Franchise-Vertrag dazu verpflichtet, das Know-How des Franchise-Gebers anzuwenden und sich hierbei an die im Franchise-Handbuch aufgeführten detaillierten Richtlinien und Anweisungen zu halten. Das vom Franchise-Geber entwickelte Geschäftsordnungssystem regele die Tätigkeit des Klägers umfassend. Hierzu gehörten auch weitgehende Kontrollrechte des Franchise-Gebers (Ziffer 20 des Vertrages). Der Kläger sei somit im Sinne der BSG-Rechtsprechung „vollständig“ vom Franchise-Geber abhängig. Seine selbständige Tätigkeit als Inhaber eines Nachhilfeinstitutes könne er nur im Rahmen des vorliegenden Franchise-Vertrages ausüben. Allein dieser berechtige ihn zur Nutzung des vom Franchise-Geber entwickelten pädagogischen und unternehmerischen Know-Hows. Dem stehe es nicht entgegen, dass er durch sein eigenes unternehmerisches Geschick den Erfolg oder Misserfolg seines Institutes maßgeblich beeinflussen könne. Dies unterscheide den Vertrieb von Dienstleistungen nicht vom Vertrieb von Produkten. Auch der Vertrieb von Produkten, etwa in einem Backshop, stehe und falle nicht zuletzt mit dem Geschick und dem Einsatz des jeweiligen Inhabers. Es werde zudem auf ein vergleichbares Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 05.12.2011, L 1 R 59/11, verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, er sei nicht versicherungspflichtig als Selbstständiger. Dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Er habe als Franchise-Nehmer im System „Die P.“ keine umsatzbezogene, sondern eine fixe Monatsgebühr zu zahlen gehabt. Im System „Die P.“ sei keine Vertragsstrafe für den Fall vorgesehen, dass der Franchise-Nehmer nicht gemeldeten Schülern Nachhilfe erteile. Es sei ihm möglich gewesen, neben der Tätigkeit für „Die P.“ weitere selbständige oder unselbständige Tätigkeiten auszuüben. Es sei daher kein vertikales Vertriebssystem gegeben, sondern eine lediglich Lieferanten-Kundenbeziehung zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer. Den Franchise-Vertrag habe er im Februar 2013 gekündigt, weil die P. GmbH ein schlechter Lieferant gewesen sei. Der Franchisegeber sei bereits im Jahr 2012 seinen Pflichten aus dem Franchisevertrag nicht nachgekommen, insbesondere im Bereich Logistikunterstützung. Der Franchisegeber sei auch regelmäßig nicht erreichbar gewesen. Die Kündigung sei zum August 2014 wirksam geworden.

Außerdem hat der Kläger geltend gemacht, er sei in dem streitigen Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 im Wesentlichen für die Firma „R. K.“ als selbstständiger Handelsvertreter tätig gewesen und habe seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit erzielt.

Der Senat hat den Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2012 beigezogen. Der Kläger hat danach Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 33.620,00 Euro und aus Gewerbebetrieb 788,00 Euro erzielt.

Die Beklagte beantragt,

  • das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.10.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

  • die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.10.2014 ist aufzuheben. Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2012, abgeändert durch den Bescheid vom 04.03.2013, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2013 ist rechtmäßig. Der Kläger ist in der Zeit vom 02.10.2012 bis 31.12.2012 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI. Da der Kläger kaufmännische Tätigkeiten ausgeübt hat und nicht selbst als Lehrer tätig war, war er daneben nicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig.

Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung sind versicherungspflichtig selbstständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen (ab 01.05.2007 vollständige Streichung des zweiten Halbsatzes „dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400,00 Euro im Monat übersteigt“ durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007, BGBl. I S. 554) und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Die Voraussetzung, dass der Selbstständige auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers dann erfüllt sein, wenn der Betreffende rechtlich (vertraglich) oder tatsächlich (wirtschaftlich) an einen Auftraggeber gebunden bzw. von diesem abhängig ist (BTDrs. 14/45 S. 20). Erfasst werden von vornherein nur „echte“ Selbstständige, also Personen, die weisungsfrei (d. h. ohne in eine fremde Arbeitsorganisation integriert zu sein) auf eigene Rechnung und mit Gewinnerzielungsabsicht arbeiten (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, § 2 Rdn. 79). Von einer Tätigkeit auf Dauer nur für einen Auftraggeber ist auszugehen, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt. Bei einer im Voraus begrenzten lediglich vorübergehenden Tätigkeit für einen Auftraggeber ist grundsätzlich keine Dauerhaftigkeit dieser Tätigkeit anzunehmen; dies gilt insbesondere bei projektbezogenen Tätigkeiten (vgl. Fichte in Hauck/Noftz, § 2 SGB VI Rdn. 83; Segebrecht in Kreikebohm, SGB VI, § 2 Rdn. 39).

Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Inhaber des Lehrinstituts „Die P., Inhaber D.“ als sog. „arbeitnehmerähnlicher Selbständiger“ versicherungspflichtig war.

Die Tätigkeit des Klägers war eine selbständige Tätigkeit. Er stand nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Franchise-Geber. Eine selbständige Tätigkeit ist durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betreibstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale nach dem Gesamtbild überwiegen (vgl. BSGE 45, 199, 200). Zur Frage der Selbständigkeit eines Franchise-Nehmers hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 16.10.2002 (NJW-RR 2003, S. 277) entschieden, dass sich die Selbständigkeit eines Franchise-Nehmers nach den Selbständigkeitskriterien des § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch bestimmt. Danach ist die Selbständigkeit eines Franchise-Nehmers immer dann gegeben, wenn dieser zum einen das wirtschaftliche Risiko trägt und ihm zum anderen die Preis-, Personal- und Organisationshoheit seines Franchise-Outlets verbleibt. Entscheidend ist daher, ob die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt wird und/oder ob der Franchise-Nehmer auf dem Markt selbständig und im Wesentlichen weisungsunabhängig agiert (Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.12.2011, L 1 R 59/11). Der Kläger hatte die Preis-, Personal- und Organisationshoheit über sein Nachhilfeinstitut. Er unterlag weder hinsichtlich der Zeit, Dauer, Ort noch der Art der Ausführung einem umfassenden Weisungsrecht des Franchise-Gebers. Er war daher selbständig und nicht abhängig beschäftigt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Kläger war auch unstreitig im maßgeblichen Zeitraum nicht versicherungsfrei nach § 5 Abs. 2 SGB VI.

Der Kläger hat im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit im maßgebenden Zeitraum regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Die Rentenversicherungspflicht entfällt insbesondere nicht deshalb, weil der Kläger ab 01.01.2013 eine Arbeitnehmerin versicherungspflichtig beschäftigt hat.

Auch die Beschäftigung freier Mitarbeiter ist nicht geeignet, die Rentenversicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zu beseitigen (vgl. auch Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 05.12.2011). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind versicherungspflichtige Arbeitnehmer erforderlich.

Einziger Auftraggeber des (ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer) selbständig tätigen Klägers war „Die P. Bildungsgesellschaft mbH“. Dies ergibt eine Auslegung des Begriffs „Auftraggeber“ in § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b SGB VI nach den vom BSG aufgestellten Grundsätzen (BSG, Urteil vom 04.11.2009, B 12 R 3/08 R juris Rdnr. 16 ff). Das BSG hat dargelegt, dass der Begriff „Auftraggeber“ in § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b SGB VI weitauszulegen ist. Im Hinblick darauf, dass ein eindeutiger Wortsinn des Begriffs nicht zu ermitteln ist, folgt dieses Verständnis im Wesentlichen aus dem mit dieser Norm verfolgten Schutzzweck. Bei einem Franchise-Verhältnis, in dem der Franchise-Nehmer als Einmann-Franchise-Nehmer (ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer) tätig wird, ist nach der Rechtsprechung des BSG die Beurteilung des Franchise-Gebers als Auftraggeber geboten, weil im Rahmen eines solchen Verhältnisses genau die Situation besteht, die die Einbeziehung von selbständig Tätigen mit nur einem Auftraggeber in die Rentenversicherungspflicht veranlasst und begründet hat.

Franchising ist ein Vertriebssystem mit dem Ziel der Verkaufsförderung, das sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit selbständiger und unabhängiger Unternehmen oder Unternehmer, den Franchise-Geber und seine(n) Franchise-Nehmer gründet. Begriffswesentlich ist, dass der Franchise-Geber seinem Franchise-Nehmer das Recht gewährt und ihm gleichzeitig die Verpflichtung auferlegt, ein Geschäft entsprechend seinem Organisations-, Geschäfts- und Werbekonzept (unter Wahrung der Grundsätze des Corporate Identity) zu betreiben. In diesem Zusammenhang ist der Franchise-Nehmer berechtigt und verpflichtet, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im eigenen Namen und für eigene Rechnung im Rahmen und für die Dauer einer schriftlichen, zu diesem Zweck als Dauerschuldverhältnis geschlossenen Franchise-Vertrages mit lizenz-, kauf- und dienstvertraglichen Elementen bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise-Geber, den Systemnamen, das Warenzeichen und/oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftssystem des Franchise-Gebers zu nutzen (vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009, B 12 R 3/08 R). Die finanzielle Gegenleistung des Franchise-Nehmers besteht regelmäßig in der Zahlung von Eintritts- und/oder monatlichen Franchise-Gebühren („Systemgebühren“).

Nach der Rechtsprechung des BSG spricht gegen die Anwendung des § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b SGB VI auf Franchise-Verhältnisse auch nicht, dass der Franchise-Nehmer nicht von seinem Franchise-Geber „bezahlt“ wird. Eines unmittelbaren Honoraranspruchs gegen den Auftraggeber bedarf es nicht.

Nach Würdigung der Gesamtumstände ist der Kläger ein typisches Franchise-Verhältnis eingegangen. Es liegt ein vertikales Vertriebssystem vor, wie sich aus dem zu Grunde liegenden Franchise-Vertrag vom 05.08.2009 ergibt. Zwar wurden vorliegend keine Produkte im engeren Sinne, wie zum Beispiel Backwaren, vertrieben, sondern eine Dienstleistung. Entscheidend ist jedoch, dass der Kläger im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit vollständig von dem Franchise-Geber abhängig war. Dabei ist maßgebend, dass er seine Tätigkeit als Inhabereines Nachhilfeinstituts nicht außerhalb des Franchise-Vertrages ausüben konnte.

Das Know-how, die Rechte zum Auftreten am Markt und seine Betriebsmittel wurden vom Franchise-Geber zur Verfügung gestellt. Der Kläger war nach dem Franchise-Vertrag auch dazu verpflichtet, das Know-how des Franchise-Gebers und die im Franchise-Handbuch normierten Richtlinien und Anweisungen zu befolgen. Der Franchise-Geber hatte dementsprechend weitgehende Kontrollrechte. Der Kläger konnte sein Nachhilfeinstitut nur im Rahmen der Vorgaben des Franchise-Vertrages ausüben. Die vorgetragene mangelhafte Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den Franchise-Geber ist für die rechtliche Einordnung unerheblich. Bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung lag rechtlich und faktisch eine vollständige Abhängigkeit des Klägers als Franchise-Nehmer vom Franchise-Geber vor. Er hätte nicht außerhalb des Franchise-Vertrages als Nachhilfeinstitut tätig werden können (vgl. dazu Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 05.12.2011, L 1 R 59/11 m.w.N.). Der Kläger gehörte zu einer vertikal-kooperativ organisierten Vertriebskette, in der er als selbständig Tätiger für den Franchise-Geber Dienstleistungen vermarktete. Der Kläger war verpflichtet, das Franchise-Paket gegen Entgelt zu nutzen (Vertragspräambel Nr. 3). Es bestand eine gegenseitige Treupflicht. Der Franchise-Nehmer war nach Punkt 7.4 des Vertrages verpflichtet, seinen Geschäftsbetrieb ausschließlich unter der Geschäftsbezeichnung „Die P.“ zu führen. Es war ihm daher nicht möglich, außerhalb des Franchise-Verhältnisses eine entsprechende unternehmerische Tätigkeit auszuüben. Nach § 17 Punkt 1 ist der Franchise-Nehmer während der Vertragsdauer auch nicht berechtigt, ohne ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Franchise-Gebers für ein Konkurrenzunternehmen unmittelbar oder mittelbar, selbständig oder unselbständig, auf eigene oder auf fremde Rechnung tätig zu werden oder sich an einem Konkurrenzunternehmen direkt oder indirekt zu beteiligen.

Soweit der Kläger vorträgt, entgegen dem vom Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 05.12.2011, L 1 R 59/11, entschiedenen Fall sei es ihm möglich gewesen, neben der Tätigkeit für „Die P.“ weitere selbständige oder unselbständige Tätigkeiten auszuüben, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Tatsache, dass der Kläger nach seinem Franchise-Vertrag andere selbständige Tätigkeiten ausüben konnte, ist für das Vorliegen der Versicherungspflicht unerheblich. Die konkrete selbständige Tätigkeit als Leiter eines Nachhilfeinstitutes war nur im Rahmen des Franchise-Vertrages möglich und konnte während der Vertragsdauer nicht anderweitig ausgeübt werden. Der Kläger war für seine selbständige Tätigkeit als Leiter eines Nachhilfeinstitutes vollständig von dem Franchise-Geber abhängig im Sinne der vom BSG vorgenommenen Auslegung des Begriffs „Auftraggeber“.

Dass der Kläger nach seinem Vorbringen entgegen dem Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 05.12.2011, L 1 R 59/11 nicht eine umsatzbezogene, sondern eine fixe Monatsgebühr zu zahlen gehabt hat, ist unerheblich. Dies stellt eine für das Vorliegen einer Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht maßgebende Variante in der Ausgestaltung des Franchise-Vertrages dar. Das Gleiche gilt für seine Einwendung, er sei im System „Die P.“ keine Vertragsstrafe für den Fall vorgesehen gewesen, dass der Franchise-Nehmer nicht gemeldeten Schülern Nachhilfe erteilt habe. Die im Fall des Klägers vorliegenden Bedingungen begründen eine möglicherweise größere unternehmerische Freiheit. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände befand er sich jedoch als Selbstständiger in einem Abhängigkeitsverhältnis von seinem Franchise-Geber in seiner Tätigkeit als Inhaber eines Nachhilfeinstitutes.

Ob die Schüler oder, wie in dem vom BSG entschiedenen Fall, die Kunden des Backshops Auftraggeber sein könnten, braucht nicht geprüft zu werden. In einem vertikal-kooperativ organisierten Absatzmittlungsverhältnis erweist sich als einziger Auftraggeber derjenige als „Absatzherr", der die Produkte, zu denen nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen gehören, für die Vermarktung zur Verfügung stellt und damit mehr ist als ein bloßer Warenlieferant (BSG, a.a.O. Rdnr. 28).

Die Tätigkeit des Klägers als Handelsvertreter für die Firma R. K. schließt Versicherungspflicht im streitgegenständlichen Zeitraum nicht aus. Ob es zutreffend ist, dass der Kläger entsprechend seinen Angaben nur im Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 die insoweit für das Jahr 2012 erzielten Einnahmen in Höhe von 788,00 Euro erwirtschaftet hat, kann dahinstehen. Maßgebend ist bei der Einkommensbetrachtung selbstständig Tätiger das Jahreseinkommen nach § 15 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Die insoweit erzielten Einkünfte sind nach dem zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 im Vergleich zu den Einnahmen aus seiner selbstständigen Tätigkeit als Inhaber des Nachhilfeinstituts in Höhe von 33.620,00 Euro nicht von Bedeutung. Im Wesentlichen und auf Dauer war der Kläger im Jahr 2012 in seiner Tätigkeit als Franchisenehmer als Inhaber des Lehrinstituts „Die P.“ selbstständig tätig und ist insoweit als sog. arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger versicherungspflichtig.

Die Berufung der Beklagten war daher begründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

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