Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

L 16 R 494/06

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Beitragserstattung beziehungsweise die Gewährung einer Altersrente an den Kläger aus der deutschen Versicherung für Beitragszeiten zwischen 1966 und 1971.

Der 1937 geborene marokkanische Staatsangehörige beantragte erstmals im November 1996 bei der Beklagten die Erstattung der von ihm zwischen 1966 bis 1971 in der Bundesrepublik zurückgelegten Beiträge. Er gab an, in dieser Zeit in H. beziehungsweise bei einer Firma „B.“ in W. gearbeitet zu haben. Vor seiner Rückkehr nach Marokko sei er im Krankenhaus in L. behandelt worden. Die Anfragen der Beklagten bei der AOK H. , der AOK R. , der IKK W. beziehungsweise Nordrhein blieben auch nach mehrfacher Wiederholung in den folgenden Jahren ohne Ergebnis. Keine der befragten Krankenkassen konnte ein Beschäftigungsverhältnis des Klägers in der Bundesrepublik feststellen. Auch die LVA Rheinprovinz, die Berufsgenossenschaft und die Städte H. und W. konnten keine Angaben zur Beschäftigung beziehungsweise zum Aufenthalt des Klägers machen. Die Berufsgenossenschaft konnte zum vom Kläger behaupteten Arbeitsunfall weder unter dem Namen des Versicherten noch unter dem Namen des Arbeitgebers etwas feststellen. Den ersten Antrag auf Beitragserstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.1997 ab. Die Folgeanträge des Klägers in den Jahren 1997 bis 2003, gerichtet entweder auf Beitragserstattung oder Gewährung einer Altersrente, wurden, da die weiteren Nachforschungen ergebnislos geblieben waren, ebenfalls abgelehnt. Mit dem jetzt streitigen Antrag vom Januar 2003 beantragte der Kläger erneut die Beitragserstattung. Im Hinblick auf die weiterhin ergebnislosen Ermittlungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.01.2004 den Antrag auf Beitragserstattung ab mit der Begründung, dass Versicherungs- und/ oder Beschäftigungsunterlagen nicht feststellbar seien und somit die Beitragszahlung nicht nachgewiesen sei. Laut Rückschein wurde dem Kläger dieser Bescheid am 16.02.2004 zugestellt. Dagegen richtet sich der mit Schreiben vom 21.02.2004 eingelegte Widerspruch. Nach erneuten Ermittlungen der Beklagten teilte die AOK Rheinland ein Beschäftigungsverhältnis vom 19.05.1972 bis 15.07.1973 mit. Die Beklagte erstattete daraufhin mit Bescheid vom 06.07.2005 die in dieser Zeit entrichteten Beiträge mit einem Gesamterstattungsbetrag von 810,26 Euro. Der Kläger teilte daraufhin im Schreiben vom 25.08.2005 mit, er habe von 1966 bis 1971 in H. und W. gearbeitet. Nach einem Arbeitsunfall sei er 10 Monate im Krankenhaus gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.01.2004 in der Fassung des Bescheides vom 06.07.2005 zurück und führte zur Begründung aus, dass weitere Beitragszeiten nicht nachgewiesen seien, da sämtliche Ermittlungen negativ verlaufen seien. Der Widerspruchsbescheid wurde ein zweites Mal am 07.12.2005 zur Post gegeben.

Mit Schreiben vom 27.12.2005 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht und erhob Einspruch gegen die Entscheidung, da er Altersrente oder eine finanzielle Unterstützung fordere. Er fügte den Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 bei. Auch die Ermittlungen des Sozialgerichts ergaben keine Meldung des Klägers oder den Nachweis eines Beschäftigungsverhältnisses in der streitigen Zeit. Nach Aufklärung über den Sachverhalt und den beabsichtigten Gerichtsbescheid wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.06.2006 ab. Nach Auffassung des Sozialgerichts ist die Klage über die Gewährung einer Altersrente unzulässig, da diesbezüglich eine Entscheidung der Beklagten ebenso wenig vorliege wie das erforderliche Widerspruchsverfahren. Im Übrigen wäre diese Klage auch unbegründet, da nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger während eines Aufenthalts von 1966 bis 1971 in der Bundesrepublik versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet habe. Sowohl für die Altersrente als auch für die Beitragserstattung sei aber der Nachweis der Beitragszahlung Voraussetzung.

Dagegen richtet sich die Berufung vom 09.05.2006, worin der Kläger mitteilt, er verlange eine Rente oder eine finanzielle Unterstützung, da er in Deutschland angestellt gewesen sei und diese Unterstützung benötige, um seine Familie ernähren zu können. Der Senat richtete nochmals Anfragen an die Krankenkassen, auch unter Angabe des abweichend geschriebenen Namens des Klägers, aber weder die Krankenkassen noch die Stadt W. konnten Unterlagen über den Kläger feststellen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 09.06.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Altersrente zu bezahlen, hilfsweise die zwischen 1966 und 1971 entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg für zutreffend, da kein Nachweis eines Beschäftigungsverhältnisses oder einer Beitragszahlung in der noch streitigen Zeit geführt werden konnte.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Augsburg und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Streitgegenstand ist der Antrag des Klägers auf Beitragserstattung, aber auch, wie das Sozialgericht zu Recht festgestellt hat, der geltend gemachte Anspruch auf Altersrente. Da über den Anspruch auf Altersrente keine Entscheidung der Beklagten vorliegt, somit kein mit dem Klageverfahren angreifbarer Verwaltungsakt der Beklagten ergangen ist, hat das Sozialgericht insoweit zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist somit unbegründet.

Sowohl für die Gewährung der Altersrente als auch für die Beitragserstattung - die nicht nebeneinander geltend gemacht werden können - ist Voraussetzung, dass der Kläger aufgrund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet hat. Für die Gewährung von Altersrente wäre dazu noch erforderlich, dass es sich um mindestens 60 Beitragsmonate handelt. Die Beitragserstattung erfolgt nach § 210 SGB VI dagegen auf Antrag an Versicherte, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben, oder an Versicherte, die das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit (von 60 Kalendermonaten) nicht erfüllt haben, oder an Witwen oder Waisen, für die wegen nichterfüllter allgemeiner Wartezeit ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht besteht. Ebenso wie für die Rentengewährung ist aber auch für die Beitragserstattung der Nachweis der Beitragszeiten mindestens aber die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 203 SGB VI) erforderlich.

Die Rentengewährung und die Beitragserstattung können beim Kläger nicht erfolgen, da Beitragszeiten im Sinne von § 55 SGB VI nicht nachgewiesen sind, denn es konnte nicht festgestellt werden, dass er Beiträge zur deutschen Rentenversicherung gezahlt hat. Auch eine Mitgliedschaft für eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei einer deutschen Krankenkasse, - außer für die Zeit von 1972 bis 1973, für die die Beiträge bereits erstattet wurden, - ist nicht glaubhaft gemacht.

Die von der Beklagten und den Sozialgerichten seit 1996 durchgeführten Ermittlungen haben zu keiner Zeit weder eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der Bundesrepublik mit Beitragszahlung nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Der Kläger, der weder eine Versicherungsnummer noch Versicherungsunterlagen vorlegen konnte, hat nur ungenaue Angaben zum Namen seines Arbeitgebers und zu den Beschäftigungsverhältnissen machen können. Sowohl die Ermittlungen bei den in Betracht kommenden Krankenkassen als auch bei den Städten W. und H. waren ohne Erfolg, so dass weder der Aufenthalt des Klägers in der streitigen Zeit von 1966 bis 1971 in der Bundesrepublik noch die versicherungspflichtige Beschäftigung noch die Beitragszahlung nachgewiesen sind. Für das Vorliegen der erforderlichen Beschäftigungs- und Beitragszeiten ist der Kläger beweispflichtig. Nach dem Grundsatz der auch im Sozialversicherungsrecht geltenden objektiven (materiellen) Beweislast gilt, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Das gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale (vgl. dazu Leitherer in Mayer-Ladewig, SGG, § 103 Anm. 19 a). Das heißt, das Tatbestandsmerkmal „Beitragszahlung“ muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Sofern das Gericht trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten diese Tatsache nicht feststellen kann, gilt der genannte Grundsatz der Beweislast. Der Kläger muss also nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist. (so auch Meyer-Ladewig § 118 Anm. 6). Weder der Nachweis noch die Glaubhaftmachung der versicherungspflichtigen Beschäftigung beziehungsweise der Entrichtung von Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung konnte vom Kläger geführt werden.

Sowohl der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 09.06.2006 als auch der Bescheid der Beklagten vom 02.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005 erweisen sich somit als rechtmäßig und sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Beitragserstattung über die im Bescheid vom 06.07.2005 hinaus bereits erstatteten Beiträge. Der Bescheid vom 06.07.2005 ist entgegen der Rechtsmittelbelehrung der Beklagten nach § 86 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden, vom Kläger allerdings zu Recht nicht angefochten, da er ausschließlich Regelungen zu Gunsten des Klägers enthält. Eine Überprüfung dieses Bescheides konnte daher unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Berufung keinen Erfolg hat (§§ 183, 193 SGG).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Zusatzinformationen