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L 8 RA 148/98

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Beginn einer Regelaltersrente streitig.

Der ... 1927 geborene Kläger hat von 1959 bis Januar 1967 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Im Juli 1971 beantragte er die Erstattung der entrichteten Beitrage. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Am 17. Dezember 1975 beantragte der Kläger den Eintritt in die freiwillige Rentenversicherung und mit Formantrag vom 19. Januar 1976 die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit von 1968 bis 1975 nach Artikel 2 § 49 a AnVNG. Der Kläger wurde mit Bescheid vom 1. Februar 1977 zur beantragten Nachentrichtung zugelassen, er hat in der Folge die Nachentrichtungsmöglichkeit nicht wahrgenommen. Im Oktober 1983 versandte die Beklagte an die ihr bekannte inländische Anschrift Mweg, N, einen Versicherungsverlauf. Dieser wurde als unzustellbar zurückgesandt. Auf der Rückseite des Umschlages ist ohne weiteren Kommentar eine Adresse in Großbritannien (die nicht mit der heutigen Adresse übereinstimmt) angegeben. Von der Beklagten wurde weiter nichts veranlasst.

Am 3. Juli 1991 ging bei der Beklagten ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts H-H vom 20. Juni 1991 ein. Darin werden die Forderungen des Klägers an die Beklagte aus den Ansprüchen auf Zahlung von Rente gepfändet. Der Kläger habe seinen letzten Wohnsitz in H gehabt und sei zur Zeit unbekannten Aufenthalts. Die Anhörung des Klägers sei unterblieben, da er sich seinen Meldepflichten entzogen habe und ein Aufenthaltsort vom Gläubiger (der geschiedenen Ehefrau des Klägers) nicht habe ermittelt werden können. Mit Datum vom 10. Juli 1991 gab die Beklagte gegenüber der Gläubigerin eine Drittschuldnererklärung ab.

Am 6. Dezember 1994 ersuchte das Finanzamt für Verkehrssteuern und Grundbesitz in H bei der Beklagten um Auskunft, ob Leistungen an den Kläger gezahlt würden. Auch hier wurde angegeben, der Wohnort des Klägers sei unbekannt.

Am 23. Januar 1995 fragte der Kläger bei der Beklagten unter Beifügung einer Fotokopie des Ausweises über die Versicherungsnummer an, ob von dort noch irgendwelche Leistungen an ihn zur Verfügung stünden. Die Beklagte gewährte daraufhin mit Bescheid vom 24. Mai 1995 vom 1. Januar 1995 an Regelaltersrente. Gegen diesen Bescheid, den der Kläger nach seinen Angaben am 1. Juni 1995 erhalten hat, legte er am 8. Juni 1995 Widerspruch wegen verschiedener nicht berücksichtigter rentenrechtlicher Zeiten ein. Mit Schreiben vom 19. Juni, bei der Beklagten eingegangen am 22. Juni 1995, bat er, in seinen Widerspruch den Beginn der Rente miteinzubeziehen. Es bestehe Anspruch auf Rente seit Vollendung des 65. Lebensjahres am 5. August 1992. § 99 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) stehe dem nicht entgegen, da ein Anspruch nicht an einen Antrag gekoppelt werden könne, weil die Voraussetzungen seit dem 3. August 1992 erfüllt seien. Im Übrigen sei er, der Kläger, nicht in der Lage gewesen, seinen Anspruch vor dem 1. Januar 1995 geltend zu machen, da seine geschiedene Frau alle seine erforderlichen Unterlagen in ihrem Besitz halte. Lediglich der Umstand, dass seine Tochter ihm Weihnachten 1994 die Rentennummer mitgeteilt habe, habe ihn überhaupt auf die Idee gebracht, sich nach der Regelaltersrente zu erkundigen, zumal die letzte Zahlung vor 28 Jahren erfolgt sei. Im Übrigen hätte die Beklagte ihm eine Abschrift der Drittschuldnererklärung vom 15. Februar 1992 zuleiten müssen. Seine Anschrift habe die Beklagte durch das Einwohnermeldeamt ermitteln können. Im laufenden Widerspruchsverfahren berechnete die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 18. April 1997 wegen weiterer zu berücksichtigender Zeiten neu. Es verblieb bei einem Rentenbeginn zum 1. Januar 1995.

Am 3. Januar 1998 erhob der Kläger Klage gegen den Rentenbescheid vom 18. April 1997 vor dem Verwaltungsgericht B Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 21. Januar 1998, berichtigt mit Beschluss vom 25. Februar 1998 an das zuständige Sozialgericht Berlin verwiesen.

Mit als Bescheid bezeichnetem Bescheid vom 19. Juni 1998 lehnte die Beklagte den "Antrag vom 19.06.1995" ab, den Bescheid vom 24. Mai 1995 hinsichtlich des darin festgelegten Rentenbeginns gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen. Der Rentenantrag sei am 23. Januar 1995 bei der Beklagten eingegangen und somit später als drei Kalendermonate nach Ablauf des Monats, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt gewesen seien. Gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI sei die Rente daher von Januar 1995 an zu leisten gewesen. Die vom Kläger dargestellten Sachverhalte seien nicht geeignet, eine für ihn günstigere Entscheidung zu treffen. Mit Schreiben vom 23. Juli 1998 teilte die Beklagte dem Sozialgericht mit, dass nach ihrer Auffassung dieser Bescheid -- entgegen seiner Rechtsmittelbelehrung -- kraft Gesetzes zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei.

Mit Urteil vom 12. Oktober 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1998, der alleiniger Streitgegenstand sei, habe die Beklagte zu Recht die Abänderung der zwei Rentenbescheide im Hinblick auf einen früheren Rentenbeginn als dem 1. Januar 1995 abgelehnt. Zwar seien sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Regelaltersrente mit Beginn des Monats September 1992 erfüllt gewesen, der Kläger habe aber seinen Rentenantrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien, bei der Beklagten gestellt. Damit sei die Rente erst vom 1. Januar 1995 an zu leisten gewesen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift seien nicht ersichtlich. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, nach Abgabe der Drittschuldnererklärung im Juli 1991 ... -- also ein Jahr vor Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen -- fristwahrend ohne Antrag des Klägers ein entsprechendes Verwaltungsverfahren einzuleiten. Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung würden nach § 19 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nur auf Antrag erbracht. Der Kläger hätte diesen Antrag mündlich oder schriftlich ohne eine bestimmte Form bei der Beklagten auch dann stellen können, wenn er über seine Rentenversicherungsunterlagen nicht verfügt hätte. Die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland von 65 Jahren sei im Übrigen allgemein bekannt. Aus der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch für künftig fällig werdende Ansprüche auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung folge im Übrigen keine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ein Verfahren von Amts wegen einzuleiten. Das Antragserfordernis des Berechtigten bleibe vielmehr von der Pfändung unberührt. Da ein objektiv pflichtwidriges Verhalten der Beklagten nach alledem nicht vorliege, scheide auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aus.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Auf Hinweis des Senats hat die Beklagte ein Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 19. Juni 1998 durchgeführt und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2000 zurückgewiesen. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag hat sie darin ausgeführt, ein früherer Rentenbeginn ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 115 Abs. 6 SGB VI. Die Verpflichtung zum Hinweis auf einen möglichen Leistungsbezug sei bei Anwendung des § 115 Abs. 6 SGB VI davon abhängig, dass für den Rentenversicherungsträger ohne weitere Ermittlungen, Vergleichsberechnungen oder Kontenklärung ein bestehender Anspruch auf Rente unmittelbar aus dem Versicherungskonto ersichtlich sei, das heißt die Rentenzahlung praktisch nur noch von der Stellung des Rentenantrages abhänge. Am 13. Oktober 1983 sei für den Kläger ein Versicherungsverlauf erstellt worden, der als unzustellbar an die Beklagte zurückgegangen sei. Aus dem am 3. Juli 1999 (gemeint ist 1991) der Beklagten zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gehe hervor, dass zum damaligen Zeitpunkt der klägerische Aufenthaltsort unbekannt gewesen sei. Selbst wenn schriftlich über die Möglichkeit der Rentengewährung informiert worden wäre, hätte dies nur an die letzte bekannte Anschrift geschehen können. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre eine entsprechende Postsendung ebenfalls unzustellbar gewesen. Die Regelung des § 115 Abs. 6 SGB VI verpflichte die Beklagte aber nicht, die Wohnanschrift des Versicherten zu überprüfen und gegebenenfalls selbständig zu ermitteln. Zudem habe der Kläger seinen Wohnsitz im März 1994 ins Ausland verlegt.

Der Kläger hat ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen vorgetragen, unter der auf der Rückseite des Umschlages vom 19. Oktober 1983 vermerkten Anschrift hätte eine Zusendung des Versicherungsverlaufs ohne Weiteres Erfolg gehabt. Erst Anfang Februar 1986 sei er nach H verzogen. Im Übrigen sei im März 1994 eine Abmeldung aus der Stadt K ordnungsgemäß erfolgt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  • das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Oktober 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom i. September 1992 an Regelaltersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

  • die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat ergänzend vorgetragen, ob der Kläger 1983 bis 1985 in England erreichbar gewesen sei, sei für den Rechtsstreit unerheblich. Entscheidend sei allein, dass der Beklagten in den Jahren 1991 und 1992 eine Adresse des Klägers nicht bekannt gewesen sei. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass der Kläger nicht mehr in England gelebt habe, zumal auf dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aus dem Jahre 1991 vermerkt gewesen sei, dass der Aufenthalt des Klägers unbekannt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (..., 2 Bände) sowie die Akten des Sozialgerichts Berlin (S 8 An 1709/98) verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1998, der auf das Überprüfungsbegehren des Klägers hin ergangen ist, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat die Klage, die mit Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 20. März 2000 zulässig geworden ist, daher zutreffend abgewiesen.

Die Beklagte hat auf der Grundlage des § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI den Beginn der am 23. Januar 1995 beantragten Regelaltersrente zutreffend auf den Beginn des Antragsmonats, den 1. Januar 1995, gelegt. Der Kläger hatte zwar bereits im August 1992 das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt. Ein Beginn der Rente ab dem 1. September 1992 kommt aber nicht in Betracht, weil der Kläger einen Rentenantrag vor dem 27. Januar 1995 nicht gestellt hat und ein solcher auch nicht als gestellt gilt.

Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung werden nach § 19 SGB IV nur auf Antrag erbracht. Zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass von dem Erfordernis einer persönlichen Antragstellung auch nicht in solchen Fällen abgewichen werden kann, in denen die Gewährung der Leistung gegebenenfalls im Interesse Dritter (etwa Unterhaltsberechtigter) liegt. Das Verfahren auf Gewährung einer Rente darf von Amts wegen nicht eingeleitet werden.

Auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs besteht keine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger so zu stellen, als hätte er einen Rentenantrag bereits innerhalb der Dreimonatsfrist des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (oder zumindest früher als Januar 1995) gestellt. Die Beklagte hat weder eine dem Kläger gegenüber bestehende Beratungspflicht nach §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) noch eine nach § 115 Abs. 6 SGB VI bestehende Hinweispflicht verletzt, die einen Herstellungsanspruch nach sich ziehen würden.

Eine Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten durch die Beklagte beschränkt sich nicht allein auf die Fallgestaltung, dass der Versicherte selbst die Initiative ergreift und hinreichend deutlich zu erkennen gibt, dass er Beratung oder Auskunft wünscht. Der Versicherungsträger ist vielmehr, auch wenn ein Beratungsbegehren -- wie hier -- nicht vorliegt, gehalten, die Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan" auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass sie ein verständiger Versicherter mutmaßlich nützen würde (vgl etwa BSGE 60, 79, 86 = SozR 4100 § 110 Nr 11; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 22 und SozR 3-3200 § 86a Nr 2, jeweils mwN). Die Annahme eines konkreten Anlasses für die Beratung setzt im allgemeinen voraus, dass tatsächlich eine Sachbearbeitung durch einen Mitarbeiter der Beklagten stattgefunden hat (vgl BSGE 81, 251 = SozR 3 -- 2600 § 115 Nr 2).

Vorliegend hat eine Sachbearbeitung zumindest auf das Ersuchen des Finanzamtes für Verkehrssteuern und Grundbesitz in H am 6. Dezember 1994 zu einem Zeitpunkt stattgefunden, zu dem offensichtlich war, dass vom Kläger eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit -- nämlich die Beantragung einer Regelaltersrente -- nicht wahrgenommen worden war. Eine Beratung der Beklagten war aber gleichwohl nicht möglich, so dass ein Herstellungsanspruch nicht besteht. Denn der Beklagten war die Anschrift des Klägers nicht bekannt und Ermittlungsmöglichkeiten nach der Anschrift mussten nach Lage der Akte von vornherein aussichtslos erscheinen. Zwar hatte die Beklagte 1983 die erkennbar falsche Adresse des Klägers aus ihrem Datenbestand nicht gelöscht und weitere Ermittlungen zum Aufenthalt des Klägers nicht angestellt, obwohl sich aus dem Hinweis auf dem Briefumschlag ein Aufenthalt in England ergab. Dies Versäumnis war aber für die Nichterfüllung der Beratungspflicht im Jahre 1994 nicht kausal, denn unter der damaligen Adresse in England war der Kläger 1994 nicht mehr zu erreichen.

Es kann weiter dahingestellt bleiben, inwieweit die Beklagte generell Ermittlungspflichten zur Feststellung von Adressen ihrer Versicherten hat, wie der Kläger meint. Denn jedenfalls im Falle des Klägers durfte sie davon ausgehen, dass Ermittlungen nach der Adresse, unter der er im Jahre 1994 zu erreichen gewesen wäre, von vornherein aussichtslos erscheinen mussten. Noch im Jahre 1991 war der Beklagten durch einen gerichtlichen Beschluss bekannt geworden, dass der letzte dort bekannte Aufenthalt des Klägers (von dem die Beklagte nie erfahren hatte) H gewesen war, sein Aufenthalt im Jahre 1991 von dort aber nicht ermittelt werden konnte. Auch dem Finanzamt -- einer Behörde mit weitgehenden Ermittlungsmöglichkeiten -- war es im Jahre 1994 nicht gelungen, den Aufenthalt des Klägers zu ermitteln. Die Beklagte musste daher davon ausgehen, dass Ermittlungen zum tatsächlichen Aufenthalt bei der letzten ihr bekannt gegebenen Anschrift erfolglos geblieben wären. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er sich aus H ordnungsgemäß abgemeldet hat, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine lückenlosen Rückverfolgung seiner Anschriften aus dem Jahre 1983 bis zu seinem im Jahre 1994 aktuellen Aufenthalt möglich gewesen wäre. Aus dem Sachverhalt ergeben sich jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte, Ermittlungen der Beklagten hätten - anders als die Ermittlungen der Gläubiger -Erfolg haben können.

Auch eine Verletzung der allgemeinen Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI, die einen Herstellungsanspruch nach sich ziehen könnte, scheidet vorliegend aus. Nach dieser Vorschrift sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Anders als bei der konkreten Beratungspflicht nach § 14 SGB I besteht in diesem Fall die Verpflichtung nicht nur einem einzelnen Berechtigten gegenüber, sondern sämtlichen Angehörigen einer Gruppe, die durch abstrakte Merkmale gekennzeichnet sind, die sie zu einem geeigneten Fall im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI machen. Der Angehörige dieser Gruppe hat dann im Regelfall einen Anspruch auf einen Hinweis.

Der Begriff "in geeigneten Fällen" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist (BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1). Nach dieser Rechtsprechung des BSG ist aus den im Gesetzgebungsverfahren genannten Beispielen zu schließen, dass vom Vorliegen eines geeigneten Falles auszugehen sei, in denen das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen vom Versicherungsträger generell aufgrund des Versichertenkontos ohne Befragung der Versicherten festgestellt werden kann und sofern es sich um Leistungen handelt, die von Versicherten nicht nur in bestimmten Situationen, sondern im Regelfall von allen Versicherten in Anspruch genommen werden. In anderen Entscheidungen des BSG wird demgegenüber einschränkender dargelegt, dass die Hinweispflicht (nur) bei typischen Sachverhalten gegenüber einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten bestünden, sobald es dem Versicherungsträger möglich sei zu erkennen, dass Angehörige dieser Gruppe den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellten, die Rentenantragstellung jedoch in der Regel zu höheren Leistungen führe (BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 2 und vom 22. Oktober 1998 -- B 5 RJ 62/97 R --).

Damit setzen alle Senate des BSG jedenfalls auch voraus, dass die Tatsachen, die den Versicherten zu einem Mitglied einer Gruppe geeigneter Fälle machen, ohne Weiteres aus dem Versichertenkonto ersichtlich sind. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Verfahrensweise der Beklagten nicht zu beanstanden, wonach solche Personen nicht zu einer geeigneten Gruppe im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI gehören, deren aktuelle Anschrift beim Versicherungsträger nicht bekannt ist. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem Ermittlungsmöglichkeiten nach der Anschrift -- wie hier -- von vornherein aussichtslos erscheinen müssen. Schon ein Jahr vor Vollendung des 65. Lebensjahres ließ sich der Akte aufgrund der Vollstreckungsversuche der geschiedenen Ehefrau des Klägers entnehmen, dass er unbekannten Aufenthaltes war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz --SGG--.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.

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