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103/75

Tenor

hat

der Gerichtshof

aus diesen Gründen

auf die ihm gemaess Beschluss des Landessozialgerichts Berlin vom 13. August 1975 vorgelegte Frage fuer Recht erkannt:

Artikel 27 der Verordnung Nr. 1408/71 bezieht sich nur auf Leistungen bei Krankheit oder Mutterschaft, die vom zustaendigen Träger des Wohnsitzstaats des Rentners nach Eintritt dieser Risiken gewaehrt werden; er kann einen etwa bestehenden Anspruch des Rentners auf eine nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zu gewaehrende Leistung in der Art des Beitragszuschusses fuer eine freiwillige Krankenversicherung nicht beeintraechtigen.

Gründe

Das Landessozialgericht Berlin hat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 13. August 1975, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 29. September 1975, gemaess Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage zur Auslegung des Artikels 27 und des Anhangs V Teil H Ziffer 1 der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates (ABl. l 149, 1971, S. 2) vorgelegt.

Die Frage ist aufgeworfen worden in einem Rechtsstreit zwischen einem deutschen Versicherungstraeger und einem Rentner, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, aber in den Niederlanden wohnt, wo er eine Altersrente, jedoch keine Leistungen aus der Krankenversicherung bezieht. Bei der Frage geht es darum, ob der Betroffene unter Berufung auf PAR 381 Absatz 4 der Reichsversicherungsordnung von dem deutschen Versicherungstraeger die Gewaehrung eines Zuschusses zu den Beitraegen verlangen kann, die er fuer eine bei einem Niederlaendischen Versicherer abgeschlossene freiwillige Krankenversicherung zahlt.

Im wesentlichen geht die Vorlagefrage dahin, ob Artikel 27 der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates in Verbindung mit Anhang V Teil H Ziffer 1 Buchstabe a ein etwaiges Recht eines Rentners beruehren konnte, von einem Versicherungstraeger eines Mitgliedstaats nach den Rechtsvorschriften dieses Staates einen Zuschuss zu den Beitraegen fuer eine nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats abgeschlossene freiwillige Krankenversicherung zu erhalten, wenn der Rentner seinen Wohnsitz in diesem letzteren Staat hat.

Artikel 27 sah in seiner vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1972 geltenden Fassung folgendes vor:

„ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zum bezug von Rente berechtigt ist und - gegebenenfalls unter Beruecksichtigung von Artikel 18 und Anhang V - nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats in dessen Gebiet er wohnt, Anspruch auf Sachleistungen hat, sowie seine Familienangehoerigen erhalten diese Leistungen vom Traeger des Wohnorts und zu dessen Lasten, als ob der Rentner Anspruch auf Rente nach den Rechtsvorschriften nur dieses Mitgliedstaats haette.“

Diese Fassung ist nach Artikel 1 Nr. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2864/72 des Rates (ABl. l 306, 1972, S. 1) mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zu den Gemeinschaften durch eine Neufassung ersetzt worden, allerdings nicht fuer die neuen Mitgliedstaaten, fuer welche die Anwendung der Verordnung bis zum 1. April 1973 aufgeschoben wurde. Fuer die urspruenglichen Mitgliedstaaten sieht Artikel 27 der Verordnung Nr. 1408/71 seit dem 1. Januar 1973 folgendes vor:

„Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, darunter den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er wohnt, zum bezug von Rente berechtigt ist und - gegebenenfalls unter Beruecksichtigung von Artikel 18 und Anhang V - nach den Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Mitgliedstaats Anspruch auf Leistungen hat, sowie seine Familienangehoerigen erhalten diese Leistungen vom Traeger des Wohnorts und zu dessen Lasten, als ob der Rentner Anspruch auf Rente nach den Rechtsvorschriften nur dieses Mitgliedstaats haette.“

Anhang V Teil F Ziffer 1 Buchstabe a, aufgrund der Beitrittsakte seit dem 1. Januar 1973 Teil H Ziffer 1 Buchstabe a, bestimmt:

„Wer eine Altersrente nach den Niederlaendischen Rechtsvorschriften und zugleich eine Altersrente nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats bezieht, gilt fuer die Anwendung des Artikels 27 und/oder 28 als Anspruchsberechtigter in bezug auf Sachleistungen, sofern er - ebenfalls unter Beruecksichtigung von Artikel 9 - die fuer die Zulassung zur freiwilligen Alterskrankenversicherung erforderlichen Voraussetzungen erfuellt.“

Artikel 27 bewirkt in seinen beiden Fassungen, dass der zustaendige Traeger des Wohnsitzstaats, der nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Gewaehrung einer Leistung bei Krankheit oder Mutterschaft verpflichtet ist, sich nicht ganz oder teilweise dieser Verpflichtung entziehen kann, indem er geltend macht, der Betroffene habe Anspruch auf eine Leistung nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats. Es ist jedoch zu pruefen, ob Artikel 27 auch einen Anspruch auf eine Leistung der streitigen Art verdraengen konnte, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen als des Wohnsitzstaates des Rentners geschuldet ist.

Artikel 4 der Verordnung Nr. 1408/71 zaehlt die Arten von Leistungen auf, die von der Verordnung erfasst werden, und setzt jede dieser Leistungen in Verbindung zum Eintritt eines bestimmten Versicherungsrisikos.

Artikel 27 gehoert zu Kapitel 1 des Titels III der Verordnung, das den besonderen Vorschriften fuer die Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft gewidmet ist. Die Vorschrift kann sich also nur auf Leistungen bei Krankheit oder Mutterschaft nach Eintritt des versicherten Risikos beziehen. Da eine Leistung wie der umstrittene Beitragszuschuss nicht nach Eintritt des in der Kapitelueberschrift bezeichneten Risikos gewaehrt wird, kann sie durch Artikel 27 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht beschraenkt oder beruehrt werden. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Beitrag und der Leistung: Die Beitragszahlung begruendet den Leistungsanspruch, waehrend die Leistung voraussetzt, dass der Anspruch schon besteht. Daher koennen Zuschuesse, soweit sie eine Beteiligung am Krankenversicherungsbeitrag darstellen, nicht Leistungen eben dieser Versicherung sein.

Dem vorlegenden Gericht ist somit zu antworten, dass Artikel 27 der Verordnung Nr. 1408/71 sich nur auf Leistungen bei Krankheit oder Mutterschaft bezieht, die vom zustaendigen Traeger des Wohnsitzstaates des Rentners nach Eintritt dieser Risiken gewaehrt werden, und dass er einen etwa bestehenden Anspruch des Rentners auf eine nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zu gewaehrende Leistung in der Art des Beitragszuschusses fuer eine freiwillige Krankenversicherung nicht beeintraechtigen kann.

Kosten

Die Auslagen der Regierung des Königreichs der Niederlande und der Kommission der Europaeischen Gemeinschaften, die Erklaerungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfaehig. Fuer die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren vor dem Gerichtshof ein Zwischenstreit in dem vor dem innerstaatlichen Gericht anhaengigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung obliegt daher diesem Gericht.

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