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1 BvL 11/87

Tenor

I. § 57 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Februar 1987 (Bundesgesetzbl. I Seite 570) in Verbindung mit § 4 Absatz 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. Februar 1983 (Bundesgesetzbl. I Seite 105) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

II. Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Vorlage betrifft im Kern die Frage, ob § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich - VAHRG - vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Vorschrift sieht vor, daß der Ausgleichsverpflichtete, dessen Versorgung zugunsten des Ausgleichsberechtigten gekürzt wurde, diese unter bestimmten Voraussetzungen wieder ungekürzt erhält, wenn der ausgleichsberechtigte geschiedene Ehegatte vor ihm verstirbt. Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dieser Regelung.

I.

Am 1. Juli 1977 traten neben dem geänderten Scheidungsrecht auch die wesentlichen Bestimmungen über den Versorgungsausgleich in Kraft. Durch diesen werden im Fall der Scheidung die während der Ehe erworbenen Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich findet zum einen in der Form der Übertragung von Rentenanwartschaften (Splitting - § 1587 b Abs. 1 in Verbindung mit § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB -) und zum anderen in der Form der Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung (Quasi-Splitting - § 1587 b Abs. 2 in Verbindung mit § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB -) statt.

Der Jahresbetrag der Rente bemißt sich bei dem Ausgleichsberechtigten nach dem Betrag, der sich aus den erworbenen Werteinheiten gemäß den Berechnungsvorschriften des § 1304 a Abs. 4 RVO (= § 83 a Abs. 4 AVG; § 96 a Abs. 4 RKG) ergibt. Entsprechend wird der Jahresbetrag der Rente beim Ausgleichsverpflichteten vermindert.

Beim Quasi-Splitting werden die Versorgungsbezüge des verpflichteten Ehegatten und seiner Hinterbliebenen gekürzt. Dazu bestimmt das Beamtenversorgungsrecht:

§ 57

(1) Sind Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung

nach § 1587 b Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch

Entscheidung des Familiengerichts begründet worden, werden nach

Wirksamkeit dieser Entscheidung die Versorgungsbezüge des

verpflichteten Ehegatten und seiner Hinterbliebenen nach Anwendung

von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften um den nach

Absatz 2 oder 3 berechneten Betrag gekürzt. Das Ruhegehalt, das der

verpflichtete Ehegatte im Zeitpunkt der Wirksamkeit der

Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich

erhält, wird erst gekürzt, wenn aus der Versicherung des

berechtigten Ehegatten eine Rente zu gewähren ist...

(2) bis (4) ...

Das Bundesverfassungsgericht hat den Versorgungsausgleich grundsätzlich auch bei den sogenannten Altehen für verfassungsmäßig erklärt, jedoch dem Gesetzgeber aufgegeben, eine ergänzende Regelung für Härtefälle zu schaffen, die etwa im Zusammenhang mit dem Vorversterben des ausgleichsberechtigten vor dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten denkbar wären. Es sei möglich, daß der Versorgungsausgleich wegen der Kürze der Rentenleistungen an den ausgleichsberechtigten Ehegatten im Verhältnis zur Höhe der übertragenen Werteinheiten und unter Würdigung der Lage des überlebenden Ausgleichsverpflichteten verfassungswidrige Auswirkungen haben könne (vgl. BVerfGE 53, 257 (258, 303)).

II.

Mit dem Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich wollte der Gesetzgeber unter anderem den "Vorversterbensfällen" Rechnung tragen. Der Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zeigt, daß der dem Gesetzgeber durch das Bundesverfassungsgericht erteilte Auftrag, eine Härteregelung zu schaffen, nur unter Schwierigkeiten auszuführen war. So wurden drei Gesetzentwürfe eingebracht, und zwar der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich vom 5. Dezember 1980 (BTDrucks. 9/34), ein von der CDU/CSU-Fraktion stammender Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Verbesserung des Versorgungsausgleichs vom 11. Juni 1981 (BTDrucks. 9/562) und schließlich der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich vom 15. September 1982 (BTDrucks. 9/1981) durch die Fraktionen der SPD und der F.D.P.

Nach dem Regierungsentwurf sollte die Versorgung des Verpflichteten um 20 vom Hundert des sonst maßgebenden Kürzungsbetrags gemindert werden, wenn feststehe, daß die Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich übertragenen Anrecht einen Jahresbetrag nicht übersteigen; stehe fest, daß diese Leistung zwar mehr als einen Jahresbetrag, nicht jedoch zwei Jahresbeträge ausmache, sollte die Kürzung 40 vom Hundert betragen. Der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion enthielt den Vorschlag, die beim Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte auf den Verpflichteten zurückzuübertragen, wenn feststehe, daß aus ihnen keine Leistungen gewährt worden seien, die zwei Jahresbeträge überstiegen. Der Entwurf der SPD- und der F.D.P.-Fraktion sah vor, daß die Versorgung des Verpflichteten um 30 oder 40 vom Hundert des sonst maßgebenden Kürzungsbetrags herabgesetzt werden sollte, wenn die Leistungen an den Berechtigten nicht über einem oder zwei Jahresrentenbeträgen lägen.

Schließlich wurde die vom federführenden Rechtsausschuß auf der Grundlage der drei Gesetzentwürfe vorgeschlagene Härteregelung angenommen (BTDrucks. 9/2296; Deutscher Bundestag, 9. Wp., 140. Sitzung vom 16. Dezember 1982, StenBer. S. 8832). Sie lautet:

§ 4 VAHRG

(1) Ist ein Versorgungsausgleich gemäß § 1587 b Abs. 1 oder 2 des

Bürgerlichen Gesetzbuchs durchgeführt worden und hat der

Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen aus dem im

Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten, so wird die

Versorgung des Verpflichteten oder seiner Hinterbliebenen nicht

aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt.

(2) Ist der Berechtigte gestorben und wurden oder werden aus dem

im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht Leistungen gewährt, die

insgesamt zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des

Leistungsbezuges berechneten Rente (§ 1254 Abs. 1 Halbsatz 1 der

Reichsversicherungsordnung, § 31 Abs. 1 Halbsatz 1 des

Angestelltenversicherungsgesetzes) aus dem erworbenen Anrecht nicht

übersteigen, so gilt Absatz 1 entsprechend, jedoch sind die

gewährten Leistungen auf die sich aus Absatz 1 ergebende Erhöhung

anzurechnen.

(3) ...

Die Vorschrift trat mit Wirkung vom 1. Juli 1977 in Kraft und sollte zunächst bis 31. Dezember 1986 gelten (§ 13 VAHRG). Das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs - VAwMG - vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2317) hat ihre Geltung jedoch bis zum 31. Dezember 1994 verlängert (§ 13 Abs. 2 VAwMG).

III.

Der Vorlagebeschluß

1. Die 1939 geschlossene Ehe des Klägers des Ausgangsverfahrens wurde im Herbst 1977 geschieden, nachdem er seit 1953 von seiner Ehefrau getrennt gelebt hatte. Im Zeitpunkt der Ehescheidung war der Kläger - früher Staatsanwalt - bereits pensioniert. Zugunsten der geschiedenen Ehefrau wurden im Wege des Quasi- Splittings monatliche Rentenanwartschaften von 1300 DM begründet. Der Ausgleichsanspruch der Ehefrau war auf Antrag des Klägers gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 des 1. EheRG (Billigkeitsregelung, wenn die Ehe allein wegen des Widerspruchs des anderen Ehegatten - § 48 Abs. 2 des Ehegesetzes - nicht geschieden wurde) um rund 200 DM herabgesetzt worden.

Die geschiedene Ehefrau ist am 13. August 1980 gestorben. Bis zu ihrem Tod erhielt sie ein Altersruhegeld von insgesamt 43 638,70 DM. Der ihr im Sterbemonat zustehende Betrag belief sich auf 1449,10 DM. Als Träger der Versorgungslast erstattete das beklagte Land der Landesversicherungsanstalt 48 744,48 DM

Da die Verstorbene aus den begründeten Anwartschaften Leistungen erhalten hatte, die zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente überstiegen, kürzte der Versorgungsträger nach Verkündung des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich endgültig die Versorgungsbezüge des Klägers um 36,32 vom Hundert. Sein Widerspruch blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die Klage.

2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

ob § 57 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtVG in Verbindung mit § 4

Abs. 2 VAHRG mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist.

Diese Regelung habe dazu geführt, daß die Versorgungsbezüge des Klägers in der Zeit vom 1. Dezember 1978 bis zum Zeitpunkt der Vorlageentscheidung um einen Betrag von 172 921,92 DM gekürzt worden seien. Unter Berücksichtigung der vom Land an die Landesversicherungsanstalt erstatteten Beträge habe dieses bereits 124 177,49 DM "für sich vereinnahmt". Eine rechtliche Regelung, die ein solches Ergebnis ermögliche, sei mit Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unvereinbar.

§ 4 VAHRG werde der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257) nicht voll gerecht. Die Vorschrift ermögliche nicht die Beseitigung aller nachträglich eintretenden unverhältnismäßigen Härten. Unter welchen Voraussetzungen die spürbare Kürzung der Versorgungsbezüge dem Berechtigten nicht angemessen zugute komme, habe weder das Bundesverfassungsgericht näher bestimmt, noch lasse sich dies allgemeingültig durch Auslegung ermitteln. Der dem Gesetzgeber zustehende weite Gestaltungsraum werde jedoch in § 4 Abs. 2 VAHRG eindeutig unterschritten. Bei den aus Gründen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes besonders betroffenen versorgungsberechtigten Beamten aus "Altehen", die von dem ausgleichsberechtigten Ehegatten länger als zwanzig Jahre getrennt gelebt hätten, werde der Eingriff in den durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierten Alimentationsanspruch mindestens dann unverhältnismäßig, wenn der Kürzungsbetrag den Erstattungsbetrag um mehr als das Dreifache übersteige. Zudem bestehe beim Quasi-Splitting kein Rentenrisiko der Solidargemeinschaft, das abgedeckt werden müsse, da für Leistungen aus der fiktiven Versicherung der Träger der Versicherungslast im Erstattungswege aufkomme. Selbst wenn man berücksichtige, daß im Fall eines Vorversterbens des ausgleichsverpflichteten Beamten der Dienstherr weiter bis zum Tode des Ausgleichsberechtigten Erstattungsbeträge leisten müsse, rechtfertige das nicht die Regelung in § 4 Abs. 2 VAHRG. Diesem Risiko des Dienstherrn, also der Allgemeinheit, könne, wenn es aus Gründen der Kostenneutralität verfassungsrechtlich überhaupt hinnehmbar wäre, mit einer Kürzung der Versorgungsbezüge in Höhe des dreifachen Erstattungsbetrages hinreichend Rechnung getragen werden.

Eine verfassungskonforme Auslegung der Regelung sei wegen ihres Wortlauts und nach ihrem Sinn und Zweck nicht möglich.

IV.

Die Verfassungsbeschwerden

1. 1 BvR 1053/87

a) Die 1948 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers wurde im Frühjahr 1981 geschieden. Unter Berücksichtigung der eigenen Rentenanwartschaften der Ehefrau übertrug das Familiengericht auf diese monatliche Rentenanwartschaften von 517, 30 DM. Ab September 1981 bezog der Beschwerdeführer eine monatliche Rente von 1107, 70 DM; diejenige seiner geschiedenen Frau betrug 812, 90 DM.

Die Ausgleichsberechtigte starb im November 1984. Die Leistungen der Landesversicherungsanstalt, soweit sie den Versorgungsausgleich betrafen, beliefen sich auf 25 213, 21 DM und überschritten damit den zweifachen Jahresbetrag der auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente von 14 907,74 DM.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Auszahlung seiner ungekürzten Rente wurde im Hinblick auf § 4 Abs. 2 VAHRG zurückgewiesen. Das Sozialgericht wies seine Klage ab; die Sprungrevision blieb erfolglos. Dabei ging das Bundessozialgericht von der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 2 VAHRG aus.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG könne nicht darin gesehen werden, daß bei Vorversterben des Ausgleichsberechtigten der ausgleichsverpflichtete Ehegatte nur die gekürzte Versorgung erhalte, wenn die gewährten Leistungen den sogenannten Grenzbetrag überstiegen. Es liege im Rahmen einer zulässigen Typisierung, daß bei einer nur geringfügigen Unterschreitung dieses Wertes der "Rückausgleich" vorgenommen werde.

Die Härteregelung verstoße auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber sei mit dem Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich der Verpflichtung nachgekommen, die sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1980 ergebe. Die Einschränkung in § 4 Abs. 2 VAHRG sei im Interesse der Erhaltung und Funktionsfähigkeit des Leistungssystems der Rentenversicherung erfolgt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei die "Lage des überlebenden Ausgleichsverpflichteten" nicht zwingend zu berücksichtigen gewesen. Gesetzgeberisches Ziel habe es nur sein müssen, die Härtefälle zu erfassen, bei denen der Versorgungsausgleich später nicht zu angemessenen Leistungen beim Berechtigten führe. Das sei mit § 4 VAHRG erreicht worden. Keinesfalls seien die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in Verbindung mit allgemeinen Billigkeitserwägungen zu bringen, wie Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Lebensbedarf und Unterhaltsverpflichtungen des Ausgleichsverpflichteten. Die Verwendung dieser eher sozialrechtlich orientierten Gesichtspunkte erscheine insbesondere deshalb nicht gerechtfertigt, weil das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betont habe, daß gegen den Versorgungsausgleich auch dann keine grundsätzlichen Bedenken bestünden, wenn dem Verpflichteten eine Rente bliebe, die durch andere Sozialleistungen ergänzt werden müsse.

b) Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG.

Die Regelung des § 4 Abs. 2 VAHRG sei nicht geeignet, um den vom Bundesverfassungsgericht erwogenen grundrechtswidrigen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs beim Vorversterben des Ausgleichsberechtigten wirksam zu begegnen. Der Gesetzgeber habe das wohl selbst erkannt und daher das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich zunächst auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1986 beschränkt. Auch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs habe die Geltung des § 4 VAHRG mit der Begründung befristet, man wolle diese Regelung über einen längeren Zeitraum in ihrer praktischen und finanziellen Auswirkung beobachten.

§ 4 Abs. 2 VAHRG zwinge zu einer starren schematischen und daher dem Einzelfall nicht angemessenen und willkürlichen Handhabung. Das Kriterium "Kürze der Rentenleistungen" habe der Gesetzgeber mit einem festen Zweijahresrentenbezug berücksichtigt, ohne daß dabei andere, für die Einzelfallgerechtigkeit wesentliche Gesichtspunkte maßgeblich sein könnten. Das führe zu einer Gleichbehandlung von Tatbeständen, die in entscheidenden Punkten unterschiedlich seien.

Eine der Verfassung entsprechende ausgewogene Lösung des "Rentenrückfalls" könne durch eine differenzierende Regelung etwa in der Weise erfolgen, daß die zurückzuübertragenden Rentenanwartschaften um einen Faktor gekürzt würden, der auf die Dauer und die Höhe der vom Ausgleichsberechtigten bezogenen Rente abstelle.

2. 1 BvR 556/88

a) Die 1939 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers - früher Erster Amtsanwalt - wurde im Frühjahr 1979 geschieden. Hinsichtlich seiner beamtenrechtlichen Versorgung wurde das Quasi-Splitting durchgeführt. Daneben wurden von seiner Erwerbsunfähigkeitsrente Anwartschaften von monatlich 104, 30 DM auf das Versicherungskonto der Ausgleichsberechtigten übertragen.

Diese starb im März 1984. Da die aus der übertragenen Rentenanwartschaft bezogenen Leistungen den Grenzbetrag des § 4 Abs. 2 VAHRG überschritten, lehnte die Bundesversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückgängigmachung der Rentenkürzung ab. Klage, Berufung und Revision des Beschwerdeführers blieben erfolglos. Die Gerichte gingen in ihren Entscheidungen von der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 2 VAHRG aus.

b) Mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der Gerichte rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 33 Abs. 5 GG.

Entgegen der Auffassung der Gerichte sei § 4 Abs. 2 VAHRG nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Regelung genüge nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die verlangte Härteregelung. Die tatsächliche Ehezeit des Beschwerdeführers habe lediglich achtzehn Jahre betragen. Gleichwohl sei bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs von einer vierzigjährigen Ehezeit ausgegangen worden. Dies habe im Ereignis zu einer Halbierung der Rentenansprüche geführt. Wenn man auch diese Folge der Ehescheidung hinnehmen wolle, so sei doch die sachliche Berechtigung für die Kürzung der Rentenansprüche mit dem Tod der geschiedenen Ehefrau viereinhalb Jahre nach Durchführung des Versorgungsausgleichs entfallen.

Art. 3 Abs. 1 GG sei deshalb verletzt, weil in den Fällen, in denen der Grenzbetrag nicht überschritten worden sei, ein Anspruch auf die ungekürzte Versorgung bestehe.

V.

1. Zu dem Vorlagebeschluß hat der Bundesminister des Innern namens der Bundesregierung wie folgt Stellung genommen:

§ 4 Abs. 2 VAHRG enthalte eine Härteregelung, durch die weder Art. 33 Abs. 5 GG noch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt werde.

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Notwendigkeit einer ergänzenden Härteregelung könnten unter Berücksichtigung des Gesamtsystems des Versorgungsausgleichs und der gesetzlichen Rentenversicherung nicht dahin verstanden werden, daß eine an den individuellen Besonderheiten des Einzelfalls orientierte Billigkeitsregelung von Verfassungs wegen geboten sei. Dies bedeutete eine grundlegende Korrektur des gewählten Systems und ginge über eine Härteregelung weit hinaus. Bei deren Ausformung habe der Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit gehabt. Es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, den Härtefall "Kürze der Rentenleistung" durch Festlegung eines Höchstbetrags der Leistungen an den Ausgleichsberechtigten und seine Hinterbliebenen abstrakt und generell einzugrenzen. Damit werde auch der Sachnotwendigkeit einer weitgehend automatisierten und deshalb auf gesetzliche Typisierung in besonderer Weise angewiesenen Massenverwaltung Rechnung getragen.

Eine verfassungswidrige Härte läge wohl nur vor, wenn die Kürzung der Versorgung des Verpflichteten auch unter Berücksichtigung des vom Versorgungsträger übernommenen Versorgungs- oder Versicherungsrisikos unverhältnismäßig erscheine. Eine solche Unverhältnismäßigkeit könne sich nicht schon aus der Höhe des übertragenen Anrechts und damit aus der Höhe der Kürzung ergeben, da diese grundsätzlich im Versorgungs- oder Versicherungsrisiko ihre Entsprechung finde. Die tatsächliche Entwicklung im Sinn der an den Berechtigten (und gegebenenfalls dessen Hinterbliebene) erbrachten Leistungen werde vom Gesetz insoweit berücksichtigt, als es darauf ankomme, daß sich das Versorgungs- oder Versicherungsrisiko auch realisiert und zu nicht nur geringfügigen Leistungen des Versorgungsträgers an den Berechtigten geführt habe. Eine "Geringfügigkeitsgrenze" lege es nahe, die Kürzung der Versorgung des Verpflichteten und die Leistungen an den Berechtigten oder seine Hinterbliebenen in ein Verhältnis zu setzen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Festlegung der Geringfügigkeitsgrenze an der durchschnittlichen Rentenbezugsdauer in der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert, die bei Männern - als den im Regelfall Verpflichteten - zehn bis zwölf Jahre betrage. Im Hinblick auf diese durchschnittliche Rentenbezugsdauer habe er Leistungen an den Berechtigten bis zur Höhe eines Zweijahresbetrages einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente des Berechtigten als geringfügig angesehen. Diese Wertung halte sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens. Jede großzügigere Limitierung hätte wegen der notwendigen Kostenbegrenzung einen - möglicherweise nach der Dauer des Leistungsbezugs des Berechtigten gestaffelten - Mindesteinbehalt unabweisbar erscheinen lassen. Von einer solchen Aufweichung der verfassungsrechtlich gebotenen Härteregelung habe der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 VAHRG bewußt abgesehen.

2. Zu der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1053/87 hat namens der Bundesregierung der Bundesminister der Justiz Stellung genommen. Nach seiner Ansicht ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. § 4 Abs. 2 VAHRG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Regelung entspreche den Anforderungen der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Versorgungsausgleich.

3. In der mündlichen Verhandlung haben sich zusätzlich die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, die Arbeitsgemeinschaft für Betriebliche Altersversorgung e. V., die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen und der Deutsche Beamtenbund geäußert. Bis auf den Vertreter des Deutschen Beamtenbundes haben sie die Ansicht vertreten, daß § 4 Abs. 2 VAHRG nicht gegen die Verfassung verstoße.

B.

§ 57 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtVG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 VAHRG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

I.

Es verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG, daß bei einem Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten die Kürzung der Versorgung des Ausgleichsverpflichteten nur dann entfällt, wenn die aus dem Versorgungsausgleich gewährten Leistungen innerhalb der in § 4 Abs. 2 VAHRG bestimmten Grenzen liegen. Ebensowenig verletzt die Norm Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten übernimmt Art. 33 Abs. 5 GG die gleiche Funktion, die außerhalb von Beamtenverhältnissen Art. 14 Abs. 1 GG zukommt (vgl. BVerfGE 53, 257 (307)). Daher kann das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Prüfung des § 4 Abs. 2 VAHRG nicht davon abhängen, ob die Vorschrift Rentenanwartschaften betrifft, die durch Art. 14 GG geschützt sind (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 257), oder ob der Anspruch eines Beamten auf standesgemäßen Unterhalt berührt wird, der durch Art. 33 Abs. 5 GG gesichert ist (vgl. BVerfGE 37, 167 (173)).

1. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung keine für die Durchführung des Versorgungsausgleichs maßgebliche Bestimmung für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, sondern nur eine ergänzende Härteregelung nach Maßgabe der Gründe unter anderem für die Fälle des Vorversterbens des Ausgleichsberechtigten gefordert. Dabei hat es in Betracht gezogen, daß wegen der Kürze der Rentenleistungen an den ausgleichsberechtigten Ehegatten der Versorgungsausgleich verfassungswidrige Auswirkungen haben könnte (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 303). Aus der Erörterung einzelner Fallgestaltungen in diesem Zusammenhang folgte keine Bindung des Gesetzgebers im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG. Er war zwar gehalten, eine Härteregelung zu schaffen und bei deren Ausgestaltung die beschriebene Härtelage - Vorversterben des Berechtigten vor dem Ausgleichsverpflichteten - grundsätzlich zu berücksichtigen. Im übrigen lag es aber in seiner Gestaltungsfreiheit, die Grenzen für die "Rückabwicklung" des Versorgungsausgleichs zu ziehen und damit zugleich die Gruppe der Ausgleichsverpflichteten zu bestimmen, die bei Vorversterben des Ausgleichsberechtigten einen Anspruch auf ihre ungekürzte Versorgung zurückgewinnen. Allerdings muß sich bei der gesetzlichen Regelung die sachliche Vertretbarkeit des Differenzierungsgrundes aus der Eigenart des zu regelnden Sachverhältnisses heraus entwickeln lassen; der Grund muß in diesem Sinne "sachbezogen" sein und unter diesem Gesichtspunkt vertretbar erscheinen (vgl. BVerfGE 26, 72 (76)); ferner muß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Diese Voraussetzungen erfüllt § 4 Abs. 2 VAHRG.

a) Wie sich aus dem Gesetzgebungsverfahren ergibt (vgl. unter A. II), gingen die Gesetzentwürfe zum Fall des Vorverstrebens des Ausgleichsberechtigten übereinstimmend davon aus, daß keine auf die individuellen Verhältnisse des Ausgleichsverpflichteten bezogene Lösung möglich sei, sondern die Voraussetzungen für den Härtefall "Kürze der Rentenleistung" allein durch die Festlegung eines Höchstbetrags der Leistungen an den Ausgleichsberechtigten abstrakt und generell eingegrenzt werden könnten. Maßgebend für den Ausschluß einer allgemeinen Billigkeitsregelung, die Raum für die Berücksichtigung der Belange des einzelnen Ausgleichsverpflichteten gelassen hätte, war dabei - wie die Bundesregierung im Verfahren deutlich gemacht hat -, daß eine solche dem System der Sozialversicherung fremd ist. Auch der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hat darauf abgestellt, daß es im Wesen einer Versicherung liege, nur den Versicherungsschutz zu gewähren, also die Möglichkeit, bei Eintritt des versicherten Risikos Leistungen zu erhalten. Es sei unerheblich, ob ein Versicherungsfall eintrete und die zugesagte Leistung auslöse. Wenn es in einem Fall zu keiner oder nur zu einer geringeren Leistung komme, werde dies in einem anderen Fall ausgeglichen, in dem überdurchschnittlich lang Leistungen zu erbringen seien.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten rentenversicherungsrechtlichen Positionen des Ausgleichsverpflichteten nur deshalb als eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung gewertet, weil der Versorgungsausgleich durch Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG gerechtfertigt wird. Er dient nicht der Erhaltung oder Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Leistungssystems der Rentenversicherung, sondern der Abwicklung des durch die Ehe begründeten Privatrechtsverhältnisses (vgl. BVerfGE 53, 257 (295)). Daraus folgt aber nicht, daß das Versicherungsprinzip keinen Einfluß auf die Ausgestaltung der Härteregelung haben darf. Denn der legitimierende Grund für den Versorgungsausgleich berührt nicht die Eingliederung des ausgleichsverpflichteten Ehegatten in die Gemeinschaft der Rentenversicherten mit den entsprechenden Auswirkungen. Der ausgleichsverpflichtete Ehegatte hat also von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf eine von den übrigen Rentenversicherungsverhältnissen völlig losgelöste Regelung seiner Versorgungsansprüche; anderenfalls wären gleichheitswidrige Ergebnisse innerhalb der Versichertengemeinschaft zu befürchten, die vermieden werden müssen (vgl. BVerfGE 71, 1 (15)).

Die grundsätzliche Orientierung der Härteregelung am System der Rentenversicherung ist danach ein vertretbarer sachlicher Gesichtspunkt, der nicht zur verfassungsrechtlichen Beanstandung des § 4 Abs. 2 VAHRG führt.

b) Es ist auch nicht verfassungswidrig, daß die zur Prüfung gestellte Vorschrift ohne gleitenden Übergang einen "Rückfall" der im Versorgungsausgleich abgegebenen Anrechte an den Ausgleichsverpflichteten nur dann vorsieht, wenn der Ausgleichsberechtigte Leistungen bezogen hat, die zwei Jahresbeträge einer auf das Ende des Leistungsbezugs berechneten Rente nicht übersteigen. Da es von Verfassungs wegen nicht geboten war, daß der Gesetzgeber eine einzelfallbezogene Härteregelung traf, kann es ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt sein, für sie feste zeitliche Grenzen zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt ein Vergleich mit der Zulässigkeit von Stichtagsregelungen nahe. Der Gesetzgeber ist nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härte mit sich bringt (vgl. BVerfGE 3, 58 (148); 49, 260 (275); st. Rspr.). Allerdings ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsraum in sachgerechter Weise genutzt, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfGE 44, 1 (21 f.)).

Einer Prüfung an diesen Kriterien hält § 4 Abs. 2 VAHRG stand. Bei der Ausgestaltung der Härteregelung brauchte der Gesetzgeber nicht auf die absolute Höhe der übertragenen Versorgungsanwartschaften abzustellen. Es war vielmehr sachgerecht, daß er von der statistisch ermittelten durchschnittlichen Rentenbezugsdauer ausgegangen ist und auf dieser Grundlage bestimmt hat, in welchen Grenzen die Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs unter Berücksichtigung der bereits vom Versicherungsträger erbrachten Gegenleistung noch vertretbar erscheint. Anhaltspunkte dafür, daß der in § 4 Abs. 2 VAHRG als unschädlich festgesetzte Leistungszeitraum willkürlich sein könnte, liegen nicht vor.

c) Der Eingriff in die Versorgungsrechte des Ausgleichsverpflichteten ist im Fall des Vorversterbens des Ausgleichsberechtigten infolge der Härteregelung auch nicht mehr unverhältnismäßig.

Der Gesetzgeber sah sich zwei Anforderungen gegenüber: Zum einen galt es, dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nachzukommen. Zum anderen mußte er im Interesse der Versicherungsgemeinschaft bemüht sein, die mit der Härteregelung zu erwartenden Mehrkosten für die Versicherungsträger in Grenzen zu halten (vgl. Anl. 2 zu BRDrucks. 527/3/80). Zwar kann es den einzelnen Ausgleichsverpflichteten hart treffen, wenn er nach dem Tod seines geschiedenen Ehegatten erkennen muß, daß es bei der Kürzung seiner Versorgung endgültig verbleibt, weil die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 VAHRG nicht erfüllt sind. Daraus folgt aber nicht die Unzumutbarkeit der Regelung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Diese wäre nur dann gegeben, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von ihm hinzunehmenden Einbußen stünde (vgl. BVerfGE 65, 1 (54); st. Rspr.). Das ist hier nicht der Fall.

Der Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten findet im Zeitpunkt des Vollzugs des Versorgungsausgleichs statt und ist durch Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs bestehen zwei selbständige Versicherungsverhältnisse, so daß die rentenrechtlichen Schicksale der geschiedenen Ehegatten grundsätzlich unabhängig voneinander zu sehen sind. Daraus folgt, daß der Versicherungsverlauf des Ausgleichsverpflichteten regelmäßig nicht von dem des Ausgleichsberechtigten beeinflußt werden kann. Des weiteren ist zu berücksichtigten, daß Rentenversicherungsansprüche und Rentenversicherungsanwartschaften in einem ausgeprägten sozialen Bezug stehen; sie sind Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besondere soziale Funktion zukommt. Die Berechtigung des einzelnen "Eigentümers" läßt sich nicht von den Rechten und Pflichten anderer lösen (vgl. BVerfGE 53, 257 (292)). Bei diesen "anderen" ist es ausgeschlossen, daß der Tod des Versicherten, selbst wenn der Versicherungsträger keine Leistungen erbracht hat, zu einer Übertragung seiner Anwartschaften auf Dritte, etwa auf die Ehefrau des Verstorbenen, führt. Insoweit stellt die Härteregelung des § 4 Abs. 2 VAHRG - wie der Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - ohnehin ein Sonderrecht für geschiedene Eheleute dar. Es kann daher nicht als unzumutbar angesehen werden, daß ein "Rückausgleich" nur unter den engen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 VAHRG erfolgt.

2. Schließlich war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten, für "Altehen" eine weitergehende Härteregelung zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht ist zwar davon ausgegangen, daß vor allem bei diesen Ehen nach längerem Getrenntleben oder aus anderen Gründen Umstände vorliegen können, die den mit dem Versorgungsausgleich verbundenen Eingriff als unverhältnismäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 53, 257 (310)). Daraus folgt aber nicht die Verpflichtung, bei der Regelung des Härtefalls "Vorversterben des Ausgleichsberechtigten" zwischen Alt- und Neuehen zu differenzieren und die sachlich vertretbare Grenze in § 4 Abs. 2 VAHRG zugunsten geschiedener Ehegatten, die vor dem 1. Juli 1977 geheiratet haben, weiter zu ziehen.

Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht daran gehindert, das Scheidungsfolgenrecht des Ersten Eherechtsreformgesetzes auch auf Altehen zu erstrecken. Soweit er rentenversicherungs- und beamtenversorgungsrechtliche Positionen durch den Versorgungsausgleich umgestaltet hat, war er gehalten, deren Schutz durch Art. 14 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG für Altehen und für Neuehen in gleicher Weise zu wahren. Die Ausgangslage ist insoweit für alle Verheirateten, die Inhaber grundrechtlich gesicherter Versorgungspositionen sind, grundsätzlich gleich, so daß dem Zeitpunkt der Eheschließung keine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 53, 257 (309 f.)). Davon konnte der Gesetzgeber auch bei der Gestaltung der Härteregelung ausgehen. Darüber hinaus erlaubt die Kürzungsregelung in Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 und 4 des 1. EheRG für Altehen, bereits bei Durchführung des Versorgungsausgleichs besondere Härten zu mildern.

3. Das vorlegende Gericht hält bei Vorversterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Kürzung der amtsangemessenen Alimentation um mehr als das Dreifache auch deshalb für verfassungswidrig, weil eine Abgeltung des Rentenrisikos der Solidargemeinschaft beim Rentenversicherungsträger ausscheide. Beim Quasi-Splitting bestehe dieses Risiko wegen des Erstattungsverfahrens von vornherein nicht.

Aus diesem Argument folgt indessen nicht die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Härteregelung großzügiger zu gestalten, wenn es sich nicht um versicherungsrechtliche Positionen, sondern um beamtenrechtliche Versorgungen handelt; denn das Erstattungsverfahren beim Quasi-Splitting betrifft allein die technische Durchführung des Versorgungsausgleichs (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 307). Eine Unterscheidung hinsichtlich der Voraussetzungen, die zum Rückausgleich beim Splitting und beim Quasi-Splitting führen, ist sachlich auch nicht zu rechtfertigen. Dabei ist davon auszugehen, daß an die Stelle des beim Splitting maßgeblichen Versicherungsprinzips die Belastung der Allgemeinheit als Folge des Quasi-Splittings tritt. Die Bundesregierung hat in der mündlichen Verhandlung diese zusätzlichen Belastungen im einzelnen wie folgt dargelegt:

Rehabilitations-Leistungen und Krankenversicherungs-Zuschüsse zu

erstatten. Ohne Ehescheidung und Quasi-Splitting würden diese

Leistungen dem Ehegatten und den Kindern nach dem Beamtenrecht

nicht zustehen.

- Der Träger der Versorgungslast hat Aufwendungen für den

Ausgleichsberechtigten und dessen Hinterbliebene auch dann

zu erstatten, wenn sich der Ausgleichsverpflichtete noch im

aktiven Dienst befindet. Ohne Ehescheidung und Quasi-Splitting

wäre das Beamtenrecht maßgebend, das keine Erhöhung

der Dienstbezüge vorsieht, wenn der Ehegatte des Beamten

vorzeitig berufs- oder erwerbsunfähig wird oder stirbt.

- Der Träger der Versorgungslast hat auch Aufwendungen für

Hinterbliebene des Ausgleichsberechtigten aus dessen neuer

Ehe zu erstatten, also für einen neuen Ehegatten und leibliche

und angenommene Kinder aus der neuen Ehe. Ohne Ehescheidung

und Quasi-Splitting gäbe es diesen Personenkreis in dieser

familienrechtlichen Konstellation nicht und folglich keine

entsprechenden Leistungen aus dem Beamtenverhältnis des

Ausgleichsverpflichteten.

- Der Träger der Versorgungslast hat neben den Erstattungen für

den geschiedenen Gatten aus der ersten Ehe häufig noch

beamtenrechtliche Hinterbliebenenbezüge für den hinterbliebenen

Gatten des Ausgleichsverpflichteten aus dessen neuer Ehe zu

gewähren. Ohne Ehescheidung und Quasi-Splitting wäre die

neue Ehe, die häufig mit einer jüngeren und daher länger

versorgungsberechtigten Ehefrau eingegangen wird, nicht geschlossen

worden.

Diese Gründe tragen verfassungsrechtlich § 4 Abs. 2 VAHRG auch im Bereich des Quasi-Splittings.

II.

Die gerichtlichen Entscheidungen, die Gegenstand der Verfassungsbeschwerden sind, beruhen auf der mittelbar angegriffenen Vorschrift des § 4 Abs. 2 VAHRG. Da darüber hinaus keine Verletzung von Grundrechten bei der Anwendung dieser Bestimmung gerügt worden ist, waren die Verfassungsbeschwerden ohne weitere Prüfung zurückzuweisen.

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