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B 5 R 286/16 B

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

Mit Urteil vom 28.6.2016 hat das LSG Rheinland-Pfalz einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten (EP) für Kindererziehung nach § 307d SGB VI auch für die Kinder G. und S. verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm ange­strebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin misst folgenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung bei:

  1. "Ist für die Gewährung des Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01. Januar 1992 geborenes Kind nach § 307 d Abs. 1 SGB VI Voraussetzung, dass die Kindererziehung für ein vor dem 01. Januar 1992 geborenes Kind in den ersten 12 Kalendermonaten in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen worden sein muss"?
  2. Ist "mit der angerechneten Berücksichtigungszeit für Kindererziehung auch die Voraussetzung des § 307 d Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfüllt"?

Sie hat es jedoch versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit schlüssig aufzuzeigen.

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass höchstrichterlich zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 183 mwN).

Hieran fehlt es. Die Klägerin behauptet noch nicht einmal, dass höchstrichterliche Entscheidungen zu den von ihr aufgeworfenen Fragen nicht bestehen.

Hinsichtlich der Frage zu 2. fehlt überdies jedes Eingehen auf den Wortlaut des § 307d Abs 1 Nr 1 SGB VI, nach dem der Zuschlag an persönlichen EP eindeutig an die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (iS von § 56 SGB VI) geknüpft ist. Warum angesichts dieser Gesetzesformulierung klärungsbedürftig ist, ob auch eine Berücksichtigungszeit (iS von § 57 SGB VI) die Voraussetzung für einen Zuschlag an persönlichen EP erfüllt, legt die Beschwerdebegründung nicht dar. Ihrer Darlegungspflicht wird die Klägerin auch nicht durch den Hinweis gerecht, dass sich das von ihr vertretene Normverständnis im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 307d Abs 1 Nr 1 SGB VI ergebe. Insoweit wäre vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zu den Voraussetzungen und Grenzen dieses Rechtsinstituts erforderlich gewesen. So ist etwa nach dem Beschluss des 1. Senats des BVerfG vom 10.6,2009 (1 BvR 825/08, 1 BvR 831/08 - BVerfGE 124, 25, 39 = Juris RdNr 47) die verfassungskonforme Auslegung einer Norm geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt. Ferner hat das BVerfG erklärt, dass Grenzen der verfassungskonformen Auslegung durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck gezogen werden und ein Normverständnis, welches mit dem Gesetzeswortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, durch verfassungskonforme Auslegung ebenso wenig gewonnen werden kann wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers treten würde (vgl auch BVerfGE 95, 64, 93 mwN). Mit diesen höchstrichterlichen Erwägungen setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.

Hinsichtlich der Frage zu 1. hat die Klägerin darüber hinaus die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit nicht schlüssig aufgezeigt.

Entscheidungserheblichkeit bedeutet, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinn hätte ausfallen müssen. Kann mangels entsprechenden Vortrags nicht ausgeschlossen werden, dass der geltend gemachte Anspruch unabhängig vom Ergebnis der angestrebten rechtlichen Klärung womöglich aus einem anderen Grund scheitern müsste, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und damit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3 mwN). So verhält es sich hier.

§ 307d Abs 1 Nr 1 SGB VI setzt voraus, dass in der Rente eine Kindererziehungszeit für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde.

Die Beschwerdebegründung weist indes selbst darauf hin, dass in dem Bescheid vom 2.3,2010 für die am 3.10.1970 geborene Tochter G. eine Kindererziehungszeit für den Zeitraum 1.11.1970 bis 28.2.1971, und damit nur bis zum 4. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt sowie für die Tochter S. keine Kindererziehungszeit angerechnet worden ist. Dass der im vorliegenden Rechtsstreit angefochtene Bescheid vom 17.9.2014 eine entsprechende Regelung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Töchter G. und S. enthält und auch insoweit von der Klägerin angegriffen worden ist, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liegen danach die Voraussetzungen des § 307d Abs 1 SGB VI Nr 1 schon deshalb nicht vor, weil die dort geforderte Anrechnung der Kindererziehungszeit in der Rente bisher nicht erfolgt ist und mangels Regelung im Bescheid vom 17.9,2014 auch nicht im hiesigen Rechtsstreit erstritten werden kann. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf einen Zuschlag an persönlichen EP für Kindererziehung scheitert damit nach der Beschwerdebegründung unabhängig von der Frage, ob § 307d Abs 1 SGB VI neben der og Voraussetzung weitere Anspruchsvoraussetzungen enthält. Dass das LSG nach dem Vorbringen der Klägerin diesbezüglich eine andere Rechtsauffassung vertritt, ist unerheblich.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

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