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B 5 RE 16/14 B

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

Mit Urteil vom 22.1.2014 hat das LSG Niedersachsen-Bremen eine Versicherungspflicht des Klägers als selbstständiger Kurierfahrer gemäß § 2 S 1 Nr 9 SGB VI bejaht.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG und Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

-die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
-das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
-ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger misst der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung bei,

"ob die vertraglichen Bindungen des Klägers zu den Kurierunternehmen G. und C. Express ausreichend sind für die Annahme, die Kurierunternehmen seien einzige Auftraggeber des Klägers i.S.v. § 2 Satz 1 Nr. 9 b SGB VI."

Mit dieser Formulierung hat der Kläger schon keine abstrakte, sondern eine konkrete, seine rechtliche Situation betreffende Rechtsfrage aufgeworfen.

Zudem hat er die Klärungsfähigkeit, dh Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht dargetan. Die Entscheidungserheblichkeit lässt sich nur auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG entscheiden (vgl nur BSG vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris RdNr 6). Welchen Sachverhalt das Berufungsgericht festgestellt hat, gibt die Beschwerdebegründung aber nicht an.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger trägt vor, die angefochtene Entscheidung weiche von dem Urteil des BSG vom 4.11.2009 (B 12 R 3/08 R - BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12) ab. Aus den dortigen Ausführungen sei der Rechtssatz abzuleiten, "dass in Franchise Systemen oder ähnlichen vertraglichen Systemen der Franchise-Geber erst dann sozialversicherungsrechtlich als einziger Auftraggeber anzusehen ist, wenn die Ausübung der Tätigkeit dem Franchisenehmer ohne Leistungen des Franchise-Gebers unmöglich wäre". Demgegenüber führe das LSG aus, "die angebliche wirtschaftliche Abhängigkeit werde auch dadurch bestätigt, weil es nach dem eigenen Vortrag des Klägers schwierig ist, Aufträge von einzelnen Kunden zu akquirieren und damit Gewinne zu erzielen".

Mit diesem Vorbringen ist eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht dargetan. Die Bezeichnung einer Abweichung im Sinne der Norm setzt die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung in dem angefochtenen Urteil infrage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Das Berufungsgericht hat sich zur Stützung seiner Entscheidung auf das Urteil des BSG vom 4.11.2009 (aaO) berufen. Angesichts dessen hätte es näherer Darlegungen in der Beschwerdebegründung bedurft, dass gleichwohl nicht nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall vorliege, sondern das LSG der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung widersprechende Maßstäbe entwickelt habe.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG).

Ein solcher Verstoß liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Dementsprechend sind insbesondere Überraschungsentscheidungen verboten (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 62 RdNr 8b mwN). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 =SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger sieht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das LSG zum einen darin, dass dieses zu Unrecht die vorgelegten Gewinnermittlungen seines Steuerberaters nicht berücksichtigt und der Beklagten die festgesetzten Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe zugesprochen habe. Er, der Kläger, habe durch die Vorlage der Gewinnermittlungen seines Steuerberaters nachgewiesen, dass er im Jahr 2005 lediglich ein monatliches Einkommen in Höhe von 708,20 Euro und im Jahr 2006 nur ein monatliches Einkommen in Höhe von 1273,58 Euro erzielt habe. Weshalb das diesbezügliche Vorbringen unsubstantiiert sein solle, sei nicht nachvollziehbar.

Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht schlüssig aufgezeigt. Vielmehr ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass das LSG das Vorbringen des Klägers zu seinen monatlichen Einkommen in den Jahren 2005 und 2006 sehr wohl zur Kenntnis genommen und erwogen hat, sich diesen Ausführungen jedoch mangels Substantiiertheit nicht anzuschließen vermochte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert den Beteiligten jedoch nicht, dass die gerichtliche Entscheidung auf ihr Vorbringen gestützt wird.

Ob das LSG den Vortrag des Klägers zu Recht als unsubstantiiert zurückgewiesen hat, ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu überprüfen. Die dem Gericht gemäß § 128 Abs 1 S 1 SGG obliegende Beweiswürdigung ist ausweislich des Wortlauts des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbar.

Der Kläger macht zum anderen geltend, das Berufungsgericht hätte ihm einen richterlichen Hinweis erteilen müssen, soweit es "für eine Reduzierung der Beitragsschuld ... die Vorlage der Einkommensteuerbescheide für erforderlich gehalten hätte".

Der Senat versteht den Vortrag des Klägers dahin, dass er mit diesem eine Überraschungsentscheidung des LSG rügen will.

Einen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, gibt es indessen nicht (BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 = NJW 2000, 3590, 3591; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3).

Abgesehen davon hat der Kläger nicht vorgetragen, welches Vorbringen durch das Verhalten des LSG verhindert worden sei und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen könne. Die Beschwerdebegründung legt weder dar, dass der Kläger die Einkommensteuerbescheide auf einen entsprechenden Hinweis des LSG vorgelegt hätte, noch gibt sie an, dass sich aus diesen das behauptete geringere Einkommen in den Jahren 2005 und 2006 ergebe.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

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