B 3 KS 3/12 R
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Bemessungsentgelt für die Künstlersozialabgabe des Jahres 2004 nunmehr 45 870 Euro beträgt.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 19 021,44 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der klagenden Künstler- und Management Kommanditgesellschaft (KG) an die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) zu zahlenden Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für die Jahre 2002 bis 2004.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Veranstaltung von künstlerischen Darbietungen jeder Art sowie der Erwerb von Urheberrechten aller Art und deren Vermarktung. Im Wesentlichen werden dabei die Werke (Tonträgerproduktion, Kompositionen, Texte von Schlagern) und Auftritte der Künstlergruppe C vermarktet, die aus dem Sänger C C (CC) sowie dessen Sohn, dem Sänger L C (LC) besteht; beide treten oft gemeinsam, manchmal aber auch einzeln auf. Zusätzlich werden auch Auftritte der Tochter A C (AC) als Sängerin gemanagt. Persönlich haftende Komplementärin der KG ist die C GmbH, deren Gesellschafter CC und dessen Ehefrau I C (IC) sind; Kommanditisten waren in jenen Jahren IC, mit der CC im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, die Tochter AC (ausgeschieden zum 17.9.2009), die nicht im Musikgeschäft tätige Tochter E C (EC, ebenfalls ausgeschieden zum 17.9.2009) sowie der Sohn LC. Die Gewinnverteilung richtete sich nach den Anteilen am Gesellschaftskapital der KG, nämlich 35,7142 % für IC sowie je 21,4286 % für die drei Kinder.
Im Jahr 1999 gab es Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt. CC wollte einerseits seine Familie versorgt sowie bestehende Verbindlichkeiten bedient wissen, andererseits aber keine pfändbaren Einkünfte erzielen. Deshalb wurde vereinbart, dass die Klägerin die Vermarktungsrechte für die musikalische Tätigkeit von CC übernimmt, die dafür dessen Steuerschulden bediente. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die Klägerin alleiniger Vertragspartner der Auftrittsbesteller werden, weshalb sie mit den Auftraggebern (Veranstaltern) Engagementverträge über die entgeltliche Erbringung musikalischer Darbietungen schloss, an denen vornehmlich CC und LC, aber auch AC sowie eine Band teilnahmen. Die Klägerin zahlte der Komplementärin eine Vergütung für deren Haftungsrisiko und das Gehalt ihrer Geschäftsführerin IC.
Um zu vermeiden, dass für die Auftritte der als Künstler tätigen Kommandisten KSA anfällt, wurde am 8.9.2001 vereinbart, dass die Künstler CC, LC und AC "mit Wirkung ab 01.04.1999 unentgeltlich für die Gesellschaft und sämtliche Beteiligten tätig werden", zugleich verpflichteten sie sich zur Erstattung bereits ausbezahlter Vergütungen. CC, LC und AC erhielten daraufhin im streitigen Zeitraum weder von den Auftraggebern noch von der Klägerin Honorarzahlungen für ihre künstlerischen Tätigkeiten. Die Kommanditisten (IC, LC, AC und EC) erhielten Gewinnzuweisungen entsprechend ihrem gesellschaftsvertraglichen Anteil am Betriebsergebnis der Klägerin, das aus Einnahmen aus der künstlerischen Tätigkeit von CC, LC und AC einerseits sowie aus Merchandising-Erlösen und CD-Verkäufen bzw Ausschüttungen der GEMA bzw GVL andererseits bestand. CC lebte eigenen Angaben zufolge von Einkünften aus dem Ausland.
In den Jahren 2002/2003 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Zeit bis 2001 durch (Schlussprotokolle vom 21.5.2003 und 14.11.2003). Bei der Schlussbesprechung erklärte die Beklagte, dass Bemessungsgrundlage der KSA die gezahlten Entgelte für künstlerische Leistungen an alle selbstständigen Künstler seien. Der Begriff "gezahlt" meine nicht den eigentlichen Zahlungsvorgang, sondern die Verpflichtung zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Gegenleistung, und zwar unabhängig davon, ob der Gläubiger die Zahlung beanspruche. Dabei werde unterstellt, dass ein vergleichbarer Künstler, der nicht zur Familie gehöre, Honorare für seine Leistungen erhalte. Anschließend setzte die Beklagte die KSA für 1999 auf 5255,87 Euro, für 2000 auf 18 002,51 Euro und für 2001 auf 17 904,43 Euro sowie monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 1453,78 Euro fest (Betriebsprüfungsbescheid vom 9.1.2004, Widerspruchsbescheid vom 18.5.2004). Das Klageverfahren (S 3 KR 1845/04 SG Reutlingen) endete am 7.9.2006 mit einem Vergleich, wonach die Klägerin die KSA für 1999 aus 80 % des der Abgabenbemessung zugrunde gelegten Betrags von 657 731 DM, für 2000 aus 75 % des Bemessungsbetrags von 880 246 DM und für 2001 aus 67 % des Bemessungsbetrags von 897 898 DM zu entrichten habe und für bereits anhängige und etwaige zukünftige Widerspruchsverfahren die Vollziehung der Abgabebescheide bis zur endgültigen rechtskräftigen Klärung ausgesetzt werde.
Ungeachtet der Rechtsauffassung der Beklagten über die Einbeziehung der CC, LC und AC an sich zustehenden Entgelte in die Bemessungsgrundlage der KSA meldete die Klägerin für die Folgezeit ab 2002 jeweils nur die an die (familienfremden) Bandmitglieder gezahlten Honorare als abgabepflichtige Entgelte. Die Beklagte setzte daraufhin die KSA jeweils "unter Vorbehalt" fest, und zwar für 2002 auf 693,27 Euro, für 2003 auf 503,77 Euro und für 2004 auf 627,07 Euro (Bescheide vom 29.3./11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005). Dabei hielt sie aber an ihrer Auffassung fest, professionelle Künstler wie CC, LC und AC arbeiteten auch im Verhältnis zur Klägerin nicht ohne angemessenes Honorar. Deshalb seien die Gewinnzuweisungen der Klägerin für die Kommanditisten ausnahmslos als Vergütungen für künstlerische Leistungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei den künstlerisch tätigen LC und AC verstehe sich dies von selbst. Die Gewinnzuweisung für EC sei CC zuzurechnen, weil EC weder künstlerisch noch auf andere Weise für die Klägerin tätig sei; die Gewinnzuweisung für IC sei ebenfalls CC zuzurechnen, weil sie gleichfalls nicht künstlerisch arbeite und ihre Funktion als Geschäftsführerin gesondert vergütet werde. Nachdem die Klägerin eine Korrektur ihrer Meldungen vom 10.3.2004 (Gesamthonorar von 18 244 Euro für 2002), vom 8.7.2004 (13 257 Euro für 2003) und vom 30.9.2005 (15 870 Euro für 2004) abgelehnt hatte, setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.2.2006 im Wege der Schätzung die Bemessungsentgelte für 2002 bis 2004 auf jeweils 415 147 Euro und die KSA auf jeweils 15 775,59 Euro (2002 und 2003) sowie auf 17 851,32 Euro (2004) fest. Als Bemessungsgrundlage zog sie den Durchschnitt der für die Jahre 1999 bis 2001 bei der Betriebsprüfung festgestellten Werte heran. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 5.10.2007 setzte die Beklagte dann das Bemessungsentgelt für 2002 auf 201 002 Euro (KSA 7638,08 Euro), das Entgelt für 2003 auf 118 686 Euro (KSA 4510,07 Euro) und das Entgelt für 2004 auf 159 844 Euro (KSA 6873,29 Euro) herab und gab damit dem Widerspruch der Klägerin teilweise statt. Zugleich wurde die KSA für die Jahre 2005 und 2006 erstmals festgesetzt, und zwar nach Bemessungsentgelten von wiederum je 159 844 Euro auf 9270,95 Euro (2005) und 8791,42 Euro (2006). Dabei legte die Beklagte als Bemessungsgrundlage die von der Klägerin an IC gezahlten Beträge entsprechend den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2002 und 2003 zugrunde. Für die Zeit ab 2004 wurde mangels Einkommensteuerbescheid der Durchschnitt der beiden Vorjahre von 159 844 Euro herangezogen. Die bisher erteilten Bescheide, also die Abgabebescheide vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 15.2.2006, wurden zurückgenommen, soweit sie diesem neuen Bescheid widersprachen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008).
Im Klageverfahren (S 9 KR 3194/08 SG Reutlingen) hat die Klägerin geltend gemacht, die mit dem Bescheid vom 5.10.2007 erfolgte Festsetzung der KSA ab 2002 sei insoweit rechtswidrig, als höhere Bemessungsentgelte als die von ihr korrekt mitgeteilten Honorare zugrunde gelegt worden seien. Ab 2002 habe keine rechtliche Verpflichtung mehr bestanden, Vergütungen für künstlerische Leistungen an CC, LC und AC zu bezahlen, und solche Zahlungen habe es auch tatsächlich nicht mehr gegeben. Die ab 2002 erzielten Handelsbilanzgewinne der Gesellschaft seien im Wesentlichen erwirtschaftet worden durch Erträge der GEMA, der GVL und sonstiger Lizenzen, die ausschließlich den vier Kommanditisten zugewiesen worden seien. Im Übrigen ergäben sich aus den vorgelegten Einkommensteuererklärungen der Kommanditisten keine Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit und damit auch keine Zahlungen der Klägerin für solche Tätigkeiten, die Gegenstand einer KSA sein könnten. Es handele sich vielmehr um gesellschaftsrechtlich zulässige Gewinnentnahmen der Gesellschafter.
Die Beklagte hat entgegnet, die Gewinne der Gesellschaft beruhten auf der Verwertung der künstlerischen Leistungen der Familie C. Der vereinbarte Verzicht der Künstler auf ihr Honorar diene lediglich der Umgehung der KSA. Eine Doppelbelegung der Auftrittshonorare mit der KSA gebe es nicht, weil die Zahlungen der Auftraggeber (Veranstalter) vertragsgemäß der Klägerin zugestanden hätten und Vergütungen für Leistungen einer KG nicht der Abgabepflicht nach dem KSVG unterlägen.
Das SG hat das Klageverfahren über die KSA für 2005 und 2006 abgetrennt (S 9 KR 418/11 SG Reutlingen = L 5 KR 3544/11 LSG Baden-Württemberg). Hinsichtlich der KSA-Festsetzungen für die Jahre 2002 bis 2004 hat das SG den Schätzungsbescheid der Beklagten vom 5.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2008 antragsgemäß geändert und das Entgelt zur Bemessung der KSA für 2002 auf 18 244 Euro, für 2003 auf 13 257 Euro und 2004 auf 15 870 Euro festgesetzt (Gerichtsbescheid vom 9.2.2011): Es sei zwar nicht von einer unentgeltlichen Tätigkeit von CC und der an der Klägerin beteiligten Familienmitglieder LC und AC auszugehen, der angefochtene Bescheid verstoße aber gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und sei durch die Vorgaben des § 27 Abs 1 und 1a KSVG über die Möglichkeit zur Schätzung des Bemessungsentgelts nicht gedeckt. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 13.11.2012). Die Klägerin sei zwar zur Änderung der ursprünglichen Abgabebescheide vom 29.3.2004 für 2002, vom 15.7.2004 für 2003 und vom 27.4.2005 für 2004 nach § 27 KSVG prinzipiell berechtigt gewesen. Die streitgegenständlichen Festsetzungen der KSA in den Bescheiden vom 15.2.2006 und 5.10.2007 seien aber rechtswidrig, weil die Klägerin mit der Meldung der an die als selbstständige Musiker tätigen Bandmitglieder (sog "Freelancer") ihre Meldepflicht nach § 27 Abs 1 S 1 KSVG erfüllt habe. Die Gewinnzuweisungen der Klägerin an ihre Kommanditisten seien nach § 27 iVm § 25 KSVG nicht in die Bemessungsgrundlage der KSA einzubeziehen, weil es sich dabei nicht um "Entgelte für künstlerische oder publizistische Leistungen" iS des § 25 KSVG gehandelt habe. Dieses Ergebnis sei auch nicht deswegen zu korrigieren, weil es CC und den Gesellschaftern der Klägerin gerade darum gegangen sei, eine rechtliche Konstruktion zu wählen, bei der eine KSA-Pflicht nicht eintrete. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten zur Abwehr von Abgabepflichten sei nicht rechtsmissbräuchlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 25 und 27 KSVG. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung über die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen der Klägerin in die Bemessungsgrundlage zur KSA fest und beantragt,
- das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.11.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 9.2.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
- die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet. Die Klägerin unterliegt als musikalische Werke und Leistungen vermarktendes Unternehmen der Pflicht zur Abführung der KSA nur insoweit, als sie in den Jahren 2002 bis 2004 für künstlerische Leistungen Honorare an CC, LC und AC sowie an die selbstständig tätigen (familienfremden) Bandmitglieder gezahlt hat. Die Honorare an die Bandmitglieder beliefen sich auf insgesamt 18 244 Euro (2002), 13 257 Euro (2003) bzw 15 870 Euro (2004). Für die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sind von der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom 8.9.2001 keine Vergütungen gezahlt worden, sodass auch keine KSA zu entrichten war. Dennoch hat der erkennende Senat das Bemessungsentgelt für die KSA des Jahres 2004 auf 45 870 Euro erhöht, weil die Klägerin für die - der Unterhaltungskunst zuzurechnenden - Mitwirkung von CC in der im Fernsehen ausgestrahlten Unterhaltungsshow "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" (Dschungelcamp-Sendung) ein Honorar von netto 30 000 Euro gezahlt hat (Rechnung vom 31.3.2004). Für dieses Honorar muss die Klägerin ebenfalls die KSA entrichten.
1. Gegenstand der erhobenen isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist der die Höhe der KSA für die Jahre 2002 bis 2004 festsetzende Schätzungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 5.10.2007 und des Widerspruchbescheides vom 7.8.2008. Der Bescheid vom 5.10.2007 ist während des gegen den Ausgangsbescheid vom 15.2.2006 gerichteten Widerspruchsverfahrens ergangen und hat dessen Regelungen vollständig ersetzt. Er ist daher gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Die Beklagte hat hierüber mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008 entschieden. Da die Festsetzung der Höhe der von einem Unternehmen abzuführenden KSA grundsätzlich auf ein Kalenderjahr bezogen ist (vgl § 27 Abs 1 S 1 und Abs 1a S 1 KSVG), handelt es sich bei den KSA-Festsetzungen für die jeweiligen Jahre um eigenständige Streitgegenstände, sodass das SG das Verfahren über die KSA der Jahre 2005 und 2006 vom vorliegenden Verfahren abtrennen durfte (§ 202 SGG iVm § 145 Abs 1 ZPO).
Angefochten waren die KSA-Festsetzungen allerdings nur, soweit die zugrunde gelegten Bemessungsentgelte die Summen der Honorarzahlungen an die (familienfremden) Bandmitglieder in Höhe von 18 244 Euro für 2002, 13 257 Euro für 2003 und 15 870 Euro für 2004 überschritten. Diese Einschränkung ist in den Vorinstanzen auch beachtet worden und hat sich im Tenor des Gerichtsbescheides des SG vom 9.2.2011 entsprechend niedergeschlagen.
2. Den unmittelbar aus dem Regelungszweck des § 27 KSVG abgeleiteten Bedenken des SG gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Schätzungsbescheide der Beklagten ist das LSG zu Recht nicht gefolgt.
a) Das SG hatte entschieden, die Neufestsetzung des maßgeblichen Bemessungsentgelts im Wege der Schätzung verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und sei auch durch die Ermächtigung zur Schätzung in § 27 KSVG nicht legitimiert. Nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG sei die Beklagte nur berechtigt, bereits erlassene Abgabebescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Meldungen unrichtige oder jedenfalls nicht plausible Angaben enthalten oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen hätte. Neben § 27 Abs 1a KSVG finde die allgemeine Regelung des § 45 SGB X über die Rücknahme rechtswidriger begünstigter Verwaltungsakte keine Anwendung. Entsprechend seines Ausnahmecharakters könne § 27 Abs 1a KSVG aber nicht als Ermächtigung verstanden werden, Abgabebescheide auch ohne strikte Bindung an die gesetzliche Vorgabe wiederholt abzuändern, solange nur eine nach Ansicht der Beklagten noch nicht vollständig korrekte Meldung vorliege. Vielmehr ermächtige auch § 27 Abs 1a KSVG zur Korrektur eines Abgabebescheides nur insoweit, als im Falle einer nicht oder falsch abgegebenen Meldung oder wenn sich eine abgegebene Meldung ganz oder teilweise als unrichtig oder nicht plausibel erweise, sich die Schätzung nachträglich aufgrund objektiver neuer tatsächlicher Erkenntnisse und nicht etwa nur aufgrund einer geänderten rechtlichen Beurteilung als unrichtig erwiese. Hieran habe sich die Beklagte nicht gehalten. Schon die im Bescheid vom 15.2.2006 niedergelegte erste Schätzung sei auf der Basis von Erkenntnissen erfolgt, die der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung mit abschließendem Bescheid vom 9.1.2004 längst vorgelegen hätten; objektiv neue Erkenntnisse tatsächlicher Art habe es bei Erlass der Schätzungsbescheide nicht gegeben. Diesem rechtlichen Ansatz kann nicht gefolgt werden.
b) Gemäß § 27 Abs 1a S 2 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze - 2. KSVG-ÄndG - vom 13.6.2001 (BGBl I 1027) wird der Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten zurückgenommen, wenn die Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erweist. Dabei verdrängt § 27 Abs 1a S 2 KSVG die allgemeine Regelung des § 45 SGB X (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 10; BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5, RdNr 12; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1, RdNr 7; zu den Gesetzesmaterialien vgl BT-Drucks 14/5066 S 14). Die Beklagte darf also rechtswidrige Abgabebescheide auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Adressaten ändern, ohne dabei an die sonst in § 45 SGB X bestimmten Einschränkungen einer solchen rückwirkenden Rücknahme rechtswidriger bestandskräftiger Verwaltungsakte gebunden zu sein. Dies ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Berechtigung zur Rücknahme derartiger Abgabebescheide auf einer vom Betroffenen gemachten unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG beruht bzw auf einer unrichtigen Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG; die Rücknahme darf somit nur erfolgen, wenn der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet hat, was allein seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist. Beruht aber die rückwirkende Rücknehmbarkeit eines solchen Verwaltungsaktes letztlich auf unrichtigen, unvollständigen oder fehlenden Angaben des Betroffenen, mithin auf einem eigenen rechtswidrigen Verhalten, so kann er sich nicht darauf berufen, die Rechtsordnung müsse ihm Vertrauensschutz gewähren.
Daher ist die vom SG vorgenommene einschränkende Anwendung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG auf Fälle nachträglichen Erkenntnisgewinns sachlich nicht geboten; Anhaltspunkte für eine solche einschränkende Auslegung finden sich auch nicht im Gesetz. Die Regelung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG verdrängt § 45 SGB X nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses der Pflicht zur Ausübung von Ermessen und der Vertrauensschutzprüfung; die Vorschrift führt vielmehr auch dazu, dass die Voraussetzungen einer rückwirkenden Rücknahme nach § 45 Abs 4 S 1 iVm § 45 Abs 2 S 3 bzw Abs 3 S 2 und Abs 4 S 2 SGB X nicht vorzuliegen brauchen. Damit ist eine Rücknahme von rechtswidrigen Abgabebescheiden nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG nach Maßgabe seiner Voraussetzungen ohne Ausübung von Ermessen oder Prüfung von Vertrauensschutzaspekten so weit und so lange möglich, wie der Anspruch der Verwaltung auf Erhebung der KSA gemäß §§ 23 ff KSVG nicht verjährt ist (dazu vgl § 31 KSVG iVm § 25 SGB IV). Demgemäß kann ein rechtswidriger Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die KSA fällig geworden ist, zurückgenommen werden; ist die KSA vorsätzlich vorenthalten, beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre. Der Abgabebescheid ist rechtswidrig, wenn aufgrund einer unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG bzw aufgrund einer unrichtigen Schätzung iS des § 27 Abs 1 S 3 KSVG eine zu geringe KSA festgesetzt wurde. Bei einer zu hoch festgesetzten KSA richtet sich die Rücknehmbarkeit des Abgabebescheides nach § 44 SGB X, der durch § 27 Abs 1a S 2 KSVG nicht verdrängt wird.
c) Damit war entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen des § 27 Abs 1a S 2 KSVG vorlagen, dh die Meldungen der Klägerin nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthielten oder sich die Schätzungen der Beklagten nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen haben und deswegen in den Bescheiden vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils eine zu niedrige KSA festgesetzt worden war. Ob die Angaben in den Meldungen der Klägerin für diese Jahre unrichtig waren bzw die Meldungen nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet wurden, beurteilt sich nach dem Sachverhalt, wie er sich in dem jeweiligen Jahr dargestellt hatte, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts.
3. Rechtsgrundlage für die Erhebung von KSA sind hier die §§ 24, 25 und 27 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung des 2. KSVG-ÄndG. Gemäß § 23 KSVG erhebt die Beklagte von den zur Abgabe Verpflichteten (§ 24 KSVG) eine Umlage (KSA) nach einem Vomhundertsatz (§ 26 KSVG) der Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG). Dazu teilt sie dem zur Abgabe Verpflichteten den zu zahlenden Betrag schriftlich mit (§ 27 Abs 1a S 1 KSVG).
Die Klägerin betreibt ein zur KSA verpflichtetes Unternehmen, weil dessen wesentlicher wirtschaftlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen (§ 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG). Zudem handelt es sich um ein nach § 24 Abs 2 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler, nämlich die Sänger CC, LC und AC sowie die Bandmitglieder erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen und im Zusammenhang hiermit Einnahmen erzielt. Die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach ist zu Recht nicht streitig.
4. Bemessungsgrundlage der KSA sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG). Zur Bemessungsgrundlage zählen auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden (§ 25 Abs 1 S 2 KSVG). Entgelt ist nach § 25 Abs 2 S 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten steuerfreien Einnahmen (§ 25 Abs 2 S 2 KSVG).
a) Zahlungen der die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sowie der Begleitband bestellenden Unternehmen (Auftraggeber/Kunden/Veranstalter) an die Klägerin stellen insoweit keine KSA-pflichtigen Entgelte dar (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17, 18), weil nicht die Künstler selbst, sondern die Klägerin Vertragspartnerin und Schuldnerin der bestellenden Unternehmen ist und Honorarzahlungen an eine KG nicht als Zahlungen an selbstständige Künstler, also an natürliche Personen, anzusehen sind, die von § 25 Abs 1 S 1 KSVG allein erfasst werden. Da sich die Klägerin jedoch der selbstständigen Künstler CC, LC und AC bedient, um die von ihr gegenüber ihren Auftraggebern eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, ist sie als Zwischenverwerter grundsätzlich selbst KSA-pflichtig (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19 mwN). Kunstvermarkter und Kunstverwerter können nicht nur natürliche oder juristische Personen sein, sondern solche Unternehmen können auch von einer KG betrieben werden, die insoweit einer juristischen Person gleichsteht. Der KSA-Pflicht unterliegen dann aber alle Zahlungen, die die Klägerin ihrerseits an selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG für künstlerische oder publizistische Leistungen geleistet hat. Zahlungen an selbstständige Künstler können auch Zahlungen an die Gesellschafter der KSA-pflichtigen KG sein, wenn sie - auch soweit sie in einem Anstellungsverhältnis zur KG stehen - einen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und deshalb als Selbstständige anzusehen sind und zudem künstlerische oder publizistische Leistungen iS von § 2 KSVG erbracht haben (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19; BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 ff).
b) CC, LC und AC waren nicht Angestellte der Klägerin, sondern selbstständig tätige Künstler (§ 1 KSVG). Hierzu gehören alle Künstler, die nicht wegen ihrer konkreten künstlerischen Tätigkeit bei dem KSA-pflichtigen Unternehmen in einem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10; Nordhausen in Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 25 RdNr 8 ff). Weder waren CC, AC und LC bei ihrer Tätigkeit von dem Unternehmen der Klägerin persönlich abhängig und dort dienend eingegliedert noch waren sie auf sonstige Art und Weise Weisungen der Klägerin unterworfen, die über die im Rahmen der Durchführung des jeweiligen Auftritts notwendigen "Weisungen" hinausgingen.
Zwar hatte sich die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2004 gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern in zahlreichen Fällen verpflichtet, Konzerte oder Auftritte der Sänger CC, LC und AC, einzeln oder in Gruppen, durchzuführen. Doch erfüllten CC, LC und AC die von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen stets als selbstständige Künstler (Sänger) und nicht im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zur Klägerin. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass LC und AC seinerzeit Gesellschafter der Klägerin waren. Denn insoweit hatten sie über die gesellschaftsrechtliche Stellung hinaus keinerlei Befugnisse oder Aufgaben im Unternehmen der Klägerin; weder waren sie dort im Rahmen der Ausführung der täglichen Geschäfte eingebunden noch waren sie zu Geschäftsführern bestellt.
c) Die Einnahmen der Klägerin aus den Auftritten der Künstler CC, LC und AC beliefen sich nach den Feststellungen des LSG im Jahr 2002 auf 202 828,92 Euro, im Jahr 2003 auf 169 496,99 Euro und im Jahr 2004 auf 283 660,14 Euro. Die Klägerin hat jedoch - entsprechend der Vereinbarung vom 8.9.2001 - CC, LC und AC kein Entgelt für deren künstlerische Leistungen iS des § 25 KSVG gezahlt.
aa) Allein aus der Gesellschafterstellung bei der Klägerin, die bei CC ohnehin nicht vorlag, kann nicht geschlossen werden, dass Zahlungen per se KSA-pflichtige Entgelte wären. Für die Festlegung, ob eine bestimmte Zahlung als abgaberelevant einzustufen ist, ist wegen der Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung allein auf die gewählte Gesellschaftsform abzustellen und nicht auf die interne Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Die Höhe der KSA hat sich an den für den Kunstvermarkter erkennbaren Verhältnissen zu orientieren, denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17; BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16). Deshalb kann nicht angenommen werden, dass jeder Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke befassten KG schon kraft seiner Gesellschafterstellung typischerweise ähnlich dem GbR-Gesellschafter als selbstständiger Künstler oder Publizist iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteiligt ist (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18) und daher jede Zahlung an ihn Entgelt iS der §§ 24, 25 KSVG wäre. Insoweit hat es auch der erkennende Senat abgelehnt, die Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke befassten KG schon wegen ihrer Gesellschafterstellung als selbstständige Künstler oder Publizisten iS der §§ 1 und 2 KSVG anzusehen. Gewinnzuweisungen an die KG-Gesellschafter, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultieren, sind daher keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen Tätigkeit resultiert (so auch Pietrek, jurisPR-SozR 4/2014 Anm 3).
bb) In der Gewinnzuweisung kann auch nicht deshalb ein Entgelt iS des § 25 KSVG erblickt werden, weil die Gesellschafter LC und AC den Gewinn (teilweise) durch eigene künstlerische Tätigkeit erarbeitet und dafür keine Honorare bekommen haben. Der Entgeltbegriff des § 25 KSVG stellt darauf ab, dass das Entgelt konkret als Gegenleistung für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen geschuldet und gezahlt wird. Dabei kann es sich - so der Regelfall - um ein Honorar für ein einzelnes Werk oder eine einzelne Leistung handeln, aber zB auch um ein Gesamthonorar für eine künstlerische oder publizistische Leistung eines ganzen Jahres (so zB der Sachverhalt in BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12). Finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter stellen daher kein Entgelt für Werke oder Leistungen iS des § 25 KSVG dar. Insoweit können Gewinnzuweisungen, die letztlich zwar auf einer künstlerischen oder publizistischen Leistung beruhen, aber eben nicht hierfür, sondern nur "hieraus" gezahlt werden, keine Entgelte iS des § 25 KSVG sein.
cc) Zum abgabepflichtigen Entgelt werden Gewinnzuweisungen auch nicht deshalb, weil vorliegend nicht irgendwelche Künstler, sondern gerade zwei der Gesellschafter der KG (sowie mit CC ein formal außenstehender Dritter) den Gewinn erwirtschaftet haben. Zwar resultiert der Gewinn der KG in erheblicher Weise auch aus dem Umstand, dass LC und AC, vor allem aber auch CC keine Honorare für ihre Auftritte verlangt haben, jedoch geht durch die Saldierung der verschiedenen Einkunftsarten (zB Auftrittshonorare, GEMA-Gebühren, Merchandisingeinnahmen) und der erwirtschafteten Verluste die Eigenständigkeit der einzelnen Einnahmepositionen verloren. Es handelt sich beim Gewinn der Gesellschaft daher nicht mehr um Einnahmen aus künstlerischen und publizistischen Werken oder Leistungen.
Dasselbe gilt auch für die Gewinnzuweisungen an die Ehefrau, IC, die selbst nicht durch künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zum Gewinn der Klägerin beigetragen hat. Ihr kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sie die Gewinne an CC weitergeben würde. CC selbst hat von der Klägerin keine Zahlungen - weder unmittelbar noch mittelbar durch Zahlung an Dritte - erhalten, weshalb auch insoweit keine Abgabenpflicht nach § 25 KSVG bestand. Seine Ehefrau hat auch keine eigentlich dem CC geschuldeten Entgelte erhalten, sondern lediglich eigene Gewinnzuweisungen als Gesellschafterin der KG: Diese stellen aber, wie dargelegt, keine Entgelte iS des § 25 KSVG dar. Vergleichbares gilt für die Gewinnzuweisungen an EC, die ebenfalls nicht als Künstlerin für die Klägerin tätig war.
d) Diesem Ergebnis steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es den Gesellschaftern sowie CC darum gegangen war, ein Modell zu wählen, bei dem eine KSA-Pflicht für die Klägerin nicht eintritt. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung ist weder rechtlich unzulässig noch missbräuchlich.
Die gewählte Form der Vermarktung der musikalischen Aktivitäten von CC, LC und AC über eine "familieneigene" GmbH & Co. KG und der Verzicht auf die Honorierung der einzelnen Auftritte im Verhältnis von CC, LC und AC zur KG stellt weder einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot in Form eines Umgehungsgeschäftes (§ 134 BGB) noch einen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) dar. Das KSVG enthält keine Regelungen zur Frage, in welcher rechtlichen Form selbstständige Künstler und Publizisten ihre Leistungen und Werke vermarkten dürfen und welche rechtlichen Konstruktionen ihnen dabei untersagt sind. Solange in diesem Bereich aber eine unbeschränkte Wahlfreiheit besteht, kann eine zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung führende rechtliche Gestaltung der Vermarktung nicht als "Umgehung" einer im Gesetz angelegten Regelung angesehen werden (Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 134 RdNr 28).
e) Es gibt im KSVG auch keine dem § 42 Abgabenordnung (AO) entsprechende allgemeine Regelung zum Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Nach dieser Vorschrift kann das Steuergesetz durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden (Abs 1 S 1). Liegt ein Missbrauch vor, dann entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (Abs 1 S 2). Dieses Missbrauchsverbot ist auf das Steuerrecht beschränkt und müsste in einer den wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen des Künstlersozialversicherungsrechts angepassten Form im KSVG ausdrücklich niedergelegt werden, um auch für die Pflicht zur Abführung der KSA zu gelten.
f) Zu einem nicht unerheblichen Einnahmeausfall der KSK führt aber vor allem die Regelung des § 25 Abs 1 S 1 KSVG, wonach zur Bemessungsgrundlage der KSA nur jene Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zählen, die ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiger Unternehmer im Laufe eines Kalenderjahres "an selbstständige Künstler oder Publizisten" zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Damit sind nur Honorare und sonstige Entgelte erfasst, die an natürliche Personen (Einzelpersonen einschließlich der Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vgl BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15 mwN) gezahlt werden, nicht aber Vergütungen, die an juristische Personen (zB GmbH) oder die ihnen gleichgestellten Gesellschaften (zB KG) zu zahlen sind, selbst wenn sie - wie hier - von einem oder mehreren selbstständigen Künstlern oder Publizisten gegründet und betrieben werden. Beauftragt ein Vermarktungsunternehmen (§ 24 KSVG) also eine von einem Künstler zwischengeschaltete "eigene" juristische Person mit der Erstellung einer künstlerischen Leistung (wie zB hier die GmbH & Co. KG, die für die musikalischen Auftritte von CC, LC oder AC zu sorgen und für deren Durchführung einzustehen hat), ist dies für ihn regelmäßig wirtschaftlich vorteilhaft, weil er sich auf diese Weise die - bei unmittelbarer Beauftragung einer natürlichen Person anfallende - KSA "erspart", die nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber gerade die typischen Kunstvermarkter und Kunstverwerter treffen soll (§ 24 Abs 1 KSVG). Die KSA-Pflicht kann dann zwar im Einzelfall die beauftragte juristische Person als "Zwischenverwerter" treffen, dies ist aber keineswegs der Regelfall (vgl zu den engen Voraussetzungen BSGE 82, 107, 109 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 62 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 f; BSGE 88, 1, 5 = SozR 3-5425 § 1 Nr 6 S 32). Wer die wirtschaftlichen Nachteile der KSK bei Beauftragung juristischer Personen in solchen Fällen als unangemessen empfindet, muss darauf hinwirken, dass die §§ 24 und 25 KSVG eine entsprechende Änderung erfahren.
5. Hat die Klägerin mithin weder CC noch LC und AC Entgelte für musikalische Leistungen iS des § 25 KSVG gezahlt, bestand auch keine Verpflichtung, eine entsprechende Meldung zu machen. Die abgegebenen Meldungen waren im Hinblick auf die unstreitig der KSA-Pflicht unterliegenden Entgelte an die Bandmitglieder zutreffend.
a) Als unvollständig hat sich lediglich die Meldung der Klägerin vom 30.9.2005 für das Jahr 2004 erwiesen. Entgegen der allgemeinen Vereinbarung vom 8.9.2001, für die Klägerin unentgeltlich tätig zu sein, die auch für die Auftritte als Sänger konsequent eingehalten worden ist, hat CC für seine Mitwirkung an der in Australien gedrehten Dschungelcamp-Sendung "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" von der Klägerin ein Honorar von 30 000 Euro erhalten. Diese dem weiten Bereich der Unterhaltungskunst zuzurechnende Mitwirkung als Akteur und "Selbst-Darsteller" in einer inszenierten von Moderatoren begleiteten und dem Fernsehzuschauer als "Survivalshow" präsentierten TV-Produktion des sog Factual Entertainment (dazu Döveling/Kurotschka/Nieland in: Döveling/Mikos/Nieland, Im Namen des Fernsehvolkes - Neue Formate für Orientierung und Bewertung, 2007, S 103, 110 f) mit mehr oder weniger prominenten Personen in einer für sie ungewohnten Situation und Rolle (und dabei zugleich als im Wettbewerb um ein Preisgeld befindliche, aus dem Camp herauswählbare Kandidaten) stellt eine "künstlerische Leistung" iS des § 25 KSVG dar (ähnlich bereits BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5 für Juroren in TV-Castingshows), für die CC der Klägerin am 31.3.2004 ein Honorar von 30 000 Euro in Rechnung gestellt hat, das ausweislich der Bilanz für das Jahr 2004 auch als Ausgabeposten auf dem Konto 8400 verbucht und von CC als Einnahme aus selbstständiger Tätigkeit versteuert worden ist. Dieses Honorar hätte in der Meldung der Klägerin über die an selbstständige Künstler wegen einer künstlerischen Leistung gezahlten Entgelte enthalten sein müssen. Die Bemessungsgrundlage der KSA für das Jahr 2004 umfasste also nicht nur Honorare in Höhe von 15 870 Euro (so aber die Meldung vom 30.9.2005), sondern 45 870 Euro.
b) Der erkennende Senat konnte dieses Honorar in die Revisionsentscheidung einbeziehen, obgleich die Vorinstanzen hierzu keine Feststellungen getroffen hatten. Die Klägerin hatte bereits in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 15.5.2008 selbst auf dieses Honorar hingewiesen und eine Ablichtung der Rechnung vom 31.3.2004 beigefügt. Auch der Einkommensteuerbescheid der Eheleute C für das Jahr 2004 weist diese Einnahme aus. Im Streit um die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen in die Bemessungsgrundlage der KSA ist dieses abgabepflichtige Honorar im Verwaltungsverfahren sowie im ersten und zweiten Rechtszug schlichtweg "vergessen" worden. Einwände gegen die Berücksichtigung dieses Honorars haben die Beteiligten weder in der mündlichen Verhandlung am 2.4.2014 noch auf den zuvor erteilten rechtlichen Hinweis des Senats vom 26.3.2014 erhoben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Revision der Beklagten nur zu weniger als 10 % erfolgreich war und der eigentliche Streitpunkt, nämlich die abgabenrechtliche Behandlung der Gewinnzuweisungen einer KG an ihre Gesellschafter (§ 25 KSVG), zu Gunsten der Klägerin entschieden worden ist.
7. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 und § 47 Abs 1 GKG.