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B 3 KS 3/08 R

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Künstlersozialkasse die Feststellung ihrer Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die 1963 geborene Klägerin hat ein Pädagogik-Studium in den Fächern Deutsch und Bildende Kunst absolviert und ist Diplompädagogin. Sie übte zunächst diesen Beruf aus und bildete sich dann in den Bereichen Spiel- und Theaterpädagogik, Kreativtraining sowie Tanz und Bewegung fort. In der Zeit vom 16.9.1996 bis zum 31.12.1998 unterlag sie der Versicherungspflicht nach dem KSVG, weil sie von der Beklagten wegen einer selbstständigen Tätigkeit im Bereich der Tanz- und Theaterpädagogik als "Lehrerin von darstellender Kunst" eingestuft worden war (Feststellungsbescheid vom 25.9.1996, Aufhebungsbescheid vom 28.12.1998). Ab 1.1.1999 folgten Berufstätigkeiten als Angestellte und Zeiten der Arbeitslosigkeit. Seit dem 21.12.2004 ist die Klägerin wieder selbstständig als Tanz- und Theaterpädagogin tätig. Sie unterrichtet in ihrer Wohnung sowie in Schulen und Kindertagesstätten Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren in "Kreativem Tanz". Dabei geht es um Sensibilisierungsübungen, Wahrnehmung des eigenen Körpers, Erwärmung (Drehen, Hüpfen, Springen, Laufen), Isolationstechnik (in Anlehnung an den Orientalischen Tanz), kreativen freien Tanz nach Musik verschiedenster Musikrichtungen und Kulturen sowie Förderung der Phantasie. Der unter dem Oberbegriff "Kreative Entspannung" angebotene Kurs "Phantasiereisen" wird in der Werbebroschüre der Klägerin wie folgt beschrieben: "Körperwahrnehmungsübungen dienen dem Ankommen im 'Raum der Stille' sowie der Vorbereitung der Phantasiereisen. Während der angeleiteten Phantasiereise, in der Verbindung mit entspannter Musik, richtet sich die Aufmerksamkeit auf eigene, imaginäre, innere Bilder. Diese inneren Bilder werden anschließend mit Wachsmalstiften auf Papier gebracht".

Am 24.3.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die erneute Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG. Sie machte geltend, Musik und darstellende Künste zu lehren und deshalb als Künstlerin iS des § 2 Satz 1 KSVG einzustufen zu sein. Die Beklagte lehnte den Antrag ab: Die Unterrichtstätigkeit der Klägerin sei nicht "Lehre von Kunst" iS des Künstlersozialversicherungsrechts. Ihre Angebote ergänzten die allgemeinpädagogische Zielsetzung von Kindergärten und Schulen. Vorrangiges Ziel der Kurse sei die Vermittlung sozialer Kompetenzen und motorischer Fähigkeiten. Es solle das körperliche, geistige und soziale Wohlbefinden der Kinder geweckt werden. Schulen und Kindergärten seien im Übrigen keine Verwerter von Kunst nach dem KSVG und zahlten daher auch keine Künstlersozialabgabe (Bescheid vom 30.6.2005, Widerspruchsbescheid vom 24.10.2005).

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin seit dem 24.3.2005 als selbstständige Künstlerin nach dem KSVG versicherungspflichtig sei, und zwar in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der sozialen Pflegeversicherung (SPV) und der gesetzlichen Rentenversicherung (RV): Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei Künstler, wer kreatives Tanzen lehre. Das sei hier der Fall. Unerheblich sei es dagegen, ob der Verwerter der Werke oder Dienste eines Künstlers verpflichtet sei, Abgaben nach dem KSVG zu zahlen (Urteil vom 29.8.2006).

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.12.2007): Die Klägerin sei keine Künstlerin iS des KSVG. Die insoweit maßgebende Vorschrift des § 2 Satz 1 KSVG erfasse nur solche Lehrtätigkeiten, die der aktiven Kunstausübung der Schüler dienten. Gegenstand der Lehrtätigkeit müsse daher die Vermittlung praktischer oder theoretischer Kenntnisse sein, die sich unmittelbar auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Unterrichteten bei der Ausübung von Kunst auswirkten. Diene eine Lehrtätigkeit nicht einer Form der Kunstausübung, sondern anderen Zwecken, sei eine Einordnung als Kunst ausgeschlossen. Das sei hier der Fall. Die Klägerin unterrichte die Kinder nicht darin, selbst Kunst auszuüben. Ziel ihrer Arbeit sei es vielmehr, die Entwicklung der Kinder durch Musik, Tanz und Bewegung positiv zu beeinflussen und soziales Verhalten in der Gruppe zu fördern. Der kreative Tanz stärke das Selbstvertrauen und die Spielfreude, wobei vor allem Vertrauen in die eigenen "persönlichen" Ausdrucks- und Beweglichkeitsmöglichkeiten entstehe. Im Vordergrund des Unterrichts stünden daher allgemeine soziale und pädagogische Ziele.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das LSG habe den Begriff "Lehre von Kunst" iS des § 2 Satz 1 KSVG zu eng ausgelegt. Sie sei einer Eurythmielehrerin, die Schüler und Erwachsene unterrichte (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 2), sowie einer Tanzlehrerin, die an einer Musikschule Kinder im Alter zwischen vier und acht Jahren im Rahmen der musikalischen Früherziehung im Fach "Kreativer Tanz" unterrichte (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4), gleichzustellen; diese seien jeweils als "Lehrerinnen von Kunst" anerkannt worden.

Die Klägerin beantragt,

  • das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 7.12.2007 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 29.8.2006 zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte zu Recht den Antrag der Klägerin auf Feststellung ihrer Versicherungspflicht (vgl. § 8 Abs. 1 KSVG) abgelehnt, weil die Klägerin nicht zu dem vom KSVG erfassten Kreis der selbstständigen Künstler und Publizisten gehört. Das die Klage abweisende Urteil des LSG ist nicht zu beanstanden.

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Feststellungsanspruchs ist § 1 i.V.m. § 2 Satz 1 KSVG. Dabei ist hier § 1 KSVG in der Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) und § 2 KSVG in der Fassung des 2. KSVG-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001 (BGBl. I 1027) anzuwenden. Nach § 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen RV, in der GKV und in SPV versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben (Nr. 1) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SGB IV (Nr. 2). Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler iS dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist iS des KSVG ist derjenige, der als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (§ 2 Satz 2 KSVG). Im vorliegenden Fall kommt ersichtlich nur die "Lehre von darstellender Kunst" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG in Betracht. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind hier aber nicht erfüllt.

2. In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172 S. 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl. BSG SozR 4-5425 § 24 Nr. 6 RdNr. 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S. 33 - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art 5 Grundgesetz vgl BVerfGE 30, 173 , 188 ff. und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl. BT-Drucks 9/26, S. 18 und BT-Drucks 8/3172, S. 19 ff.). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (BSGE 83, 160, 165 f = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S. 37 f; BSGE 83, 246, 250 = SozR 3-5425 § 1 Nr. 5 S. 23; vgl. auch Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 2 RdNr. 3 und 9; Schriever "Der Begriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht" in: von Wulffen/Krasney <Hrsg>, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S 709, 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (zB Theater, Malerei, Musik) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis der Betroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (BSG aaO).

3. Die Klägerin ist nach den Feststellungen des LSG schwerpunktmäßig im Bereich der Tanz- und Theaterpädagogik für Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren tätig. An diesen Personenkreis richten sich ihre diversen Kurse zum "Kreativen Tanz" bzw. zur "Kreativen Entspannung (Phantasiereisen)". Daneben hält sie Weiterbildungs-Kurse für Erzieher und Erzieherinnen zur Thematik "Kreativer Tanz" ab. Ferner bietet sie in speziellen Kursen unter dem Stichwort "Kreativer Tanz" Tanzimprovisationen und Tanztheater für Jugendliche, dh Kinder ab 14 Jahren an. Diese beiden Bereiche sind aber im Vergleich zu den genannten Kursen für die Kinder im Alter zwischen drei und zehn Jahren nur von untergeordneter Bedeutung. Dies ergibt sich insbesondere aus der Widerspruchsbegründung der Klägerin vom 4.8.2005. Im Übrigen hat das LSG diese Nebenbereiche ihrer Tätigkeit auch nicht in seine Feststellungen aufgenommen, ohne dass dies von der Klägerin mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden ist.

Da sich die Versicherungspflicht nach dem KSVG stets nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit richtet (BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12 zu gemischten Tätigkeiten als Fallschirmspringer, Veranstaltungsmanager und Moderator), ist hier allein die tanz- und theaterpädagogische Lehrtätigkeit der Klägerin für Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren maßgebend. Dieser Unterricht stellt indes keine "Lehre von darstellender Kunst" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG dar.

4. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig, obgleich sie die Klägerin bei inhaltlich ähnlicher selbstständiger Tätigkeit in den Jahren 1996 bis 1998 als "Lehrerin von darstellender Kunst" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG anerkannt und deswegen ihre Versicherungspflicht nach dem KSVG festgestellt hat, bis sie zum Jahresbeginn 1999 in ein Angestelltenverhältnis wechselte. Dieser Entscheidung kommt keine Bindungswirkung für die hier betroffene Zeit ab 24.3.2005 zu. Wird nach einer Unterbrechung durch ein Angestelltenverhältnis die selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen, hat die Künstlersozialkasse die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der RV, der GKV und der SPV neu zu prüfen, und zwar unabhängig davon, ob die nun wieder aufgenommene selbstständige Tätigkeit mit der früheren, als "künstlerisch" eingestuften Tätigkeit identisch ist oder nicht. Ein irgendwie gearteter "Bestandsschutz" kommt der früheren Verwaltungsentscheidung nicht zu.

5. In dem inzwischen mehr als 30 Jahre alten Künstlerbericht wird der Beruf des "Kreativen Tänzers" bzw des Lehrers von Kreativem Tanz nicht erwähnt (vgl. BT-Drucks 7/3071, S 7). Die Nichtverzeichnung im Künstlerbericht 1975 spricht jedoch nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen (vgl auch die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S. 21 und 9/26, S. 18). Im Bereich der darstellenden Kunst - die Bereiche Musik und bildende Kunst sind im vorliegenden Fall ersichtlich nicht betroffen - finden sich als Einordnungshilfe für den Bereich Tanz und Tanztheater nur die Katalogberufe des "Ballett-Tänzers", des "Ballett-Meisters" sowie des Choreographen (BT-Drucks 7/3071, S. 7). Diesen Katalogberufen ist die Klägerin im Hinblick auf ihre vom LSG festgestellte berufliche Tätigkeit aber nicht zuzuordnen, weil diese nicht darauf gerichtet ist, die Kinder unmittelbar zur "Ausübung oder Schaffung von darstellender Kunst" zu befähigen.

a) Der Beruf des Balletttänzers ist ein teilweise landesrechtlich geregelter schulischer Ausbildungsberuf, der insbesondere an Ballettschulen und -akademien, an Schulen für Bühnentanz und an solchen für darstellende Künste angeboten wird; entsprechende Studiengänge existieren an Kunst- und Musikhochschulen. Traditionelle Aufgabe des Balletttänzers ist es, Tanzrollen in Ballettinszenierungen zu gestalten, zu reproduzieren, zu interpretieren und auszuführen. Heute steht Ballett für eine bestimmte Form des Bühnentanzes neben anderen Richtungen wie zB dem Modern Dance (vgl Reclams Ballettführer, 13. Aufl 2002, S. 11, 21 f; Brockhaus, Die Enzyklopädie, Bd. 2, 20. Aufl. 1996, S. 542, Stichwort: "Ballett"; Duden, "Das große Wörterbuch der deutschen Sprache", Bd. 6, 3. Aufl. 1999, S. 449, Stichwort: "Ballett"). An den meisten Bühnen treten (Ballett-)Tänzer nicht nur im (klassischen) Ballett auf, sondern auch in Opern, Operetten und Musicals (vgl. http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe - Stichwort "Tänzer/in - Klassisch"). Daneben gibt es professionellen Tanz auch in Film und Fernsehen. Ballettmeister nennt man die Ausbilder der Balletttänzer; Choreographen schaffen die Entwürfe (das "Design") für Ballettstücke und getanzte Szenen.

b) Neben diesem Bereich der "Tanzkunst", die Teil der sehr weit gefächerten "Unterhaltungskunst" ist und zur "darstellenden Kunst" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG gehört, gibt es den Tanz aber auch als Teil des Sports. Ist eine bestimmte Form des Tanzes Bestandteil des (professionellen) Spitzen- bzw Leistungssports oder des (nicht-professionellen) Breiten- bzw Freizeitsports, ist eine Einordnung als Kunst ausgeschlossen (vgl. BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10 zum Tanzlehrer für den Tango Argentino).

c) Der Bereich "Tanz" im Sinne von "Tanzkunst" (in Abgrenzung zum Tanzsport) umfasst Tänzer, Tanzlehrer und Choreografen für die Bereiche Ballett, Theater, Film und Fernsehen (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 2 RdNr. 13). Soweit es um die Aus- und Weiterbildung in einem dieser Berufe geht, werden "Pädagogen bzw Ausbilder im Bereich der Tanzkunst" vom Regelungszweck des § 2 Satz 1 KSVG erfasst. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Lehrer über eine staatlich anerkannte musikalische Berufsausbildung als Tänzer oder eine Berufsqualifikation als Tanzlehrer verfügen (so bereits BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4 S. 15; vgl. auch Finke / Brachmann / Nordhausen, aaO, § 2 RdNr. 15 zu den Stichworten Pädagoge/Ausbilder im Bereich Tanz und Bewegung) und ob angehende Berufstänzer oder Laien unterrichtet werden, die nur in ihrer Freizeit am Unterricht teilnehmen und das Gelernte auch nur für Freizeitzwecke verwenden wollen (so bereits BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 1 zum Afro-Dance; BSGE 69, 259, 263 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 1 zum Musikunterricht an einer Volkshochschule; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10 zum Tango Argentino). Demgemäß können auch Kinder und Jugendliche einen als "Lehre von darstellender Kunst" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG einzustufenden Tanzunterricht z.B. im Musikverein, in der Schule oder im Internat erhalten. Voraussetzung ist aber jeweils, dass sie durch den Unterricht befähigt werden sollen, selbst aktiv als Tänzer tätig zu werden, um einen Tanz als Kunstform (nicht als Sport) darzubieten.

d) Neben diesen Bereichen der "Lehre von Tanz als darstellende Kunst" als eigenständiger Kunstform, die von § 2 Satz 1 KSVG erfasst wird, gibt es aber auch Bereiche der Lehre mit musikalischem, tänzerischem oder sonstigen künstlerischem Einschlag, die vorrangig von sozio- und psychotherapeutischen Zwecken (z.B. Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie) oder von pädagogischen bzw didaktischen Zielen geprägt sind. In diesen Bereichen stehen die musikalischen und sonstigen künstlerischen Elemente der Therapie oder des Unterrichts im Dienste eines übergeordneten, nicht-künstlerischen Zweckes, haben also nicht das primäre Ziel, den Patienten bzw Schüler zu befähigen, eine künstlerische Leistung zu vollbringen oder ein künstlerisches Werk zu schaffen, also zB ein Musikinstrument zu spielen. Alle einer vorrangig medizinisch-rehabilitativen Therapie bzw vorrangig pädagogisch-didaktischen Zwecken dienenden Formen der Unterrichtung unter Zuhilfenahme künstlerischer Elemente werden vom KSVG nicht erfasst, weil bei ihnen die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur eigenständigen Ausübung musikalischer oder sonstiger künstlerischer Betätigungen nicht im Mittelpunkt steht. Die gesetzliche Gleichstellung der Lehre von Musik und darstellender bzw bildender Kunst mit der - von der Verkehrsauffassung schon immer als "künstlerische" Tätigkeiten eingestuften - Schaffung und Ausübung von Darbietungen und Werken der Kunst ist nur gerechtfertigt, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet ist, dem Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen und Werke in der Lage zu sein. Dieser Aspekt ist in der Vergangenheit nicht immer beachtet worden und mag deshalb mitunter zu Fehleinschätzungen bei der Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG geführt haben.

e) Der erkennende Senat räumt ein, dass zu dieser partiellen Fehlbewertung seine Entscheidung vom 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 - (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4) zur Künstlereigenschaft einer im klassischen und modernen Tanz ausgebildeten Lehrerin, die an einer Musikschule Kinder im Alter ab vier Jahren im Rahmen der musikalischen Früherziehung im Fach "Kreativer Tanz" unterrichtet, beigetragen haben mag. Diese Lehrerin ist als selbstständige Künstlerin eingestuft worden, weil sie mit den Kindern der Musikschule im Rahmen der musikalischen Früherziehung unter Einsatz von sog Orffschen Instrumenten und Musikkassetten Rhythmus- und Klangübungen durchführte (vgl. dazu Carl Orff, Musik für Kinder, 5 Bände, 1950-1954). Dabei ist seinerzeit das Argument der Beklagten ausdrücklich als KSV-rechtlich unerheblich bezeichnet worden, bei der Unterrichtstätigkeit der Klägerin stehe nicht die Vermittlung künstlerischer Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund, sondern die bloße Heranführung der Kinder an die Musik und die Vermittlung kindgerechten Grundlagenwissens im Sinne einer Allgemeinbildung. Es reichte dem Senat danach aus, wenn an einer Musikschule "künstlerischer Fachunterricht" erteilt wird; daneben konnte der pädagogische oder didaktische Anteil in den verschiedenen Teilnehmer- und Altersgruppen einen unterschiedlichen Raum einnehmen, ohne dass dies die Einordnung als "Lehre von Musik bzw Kunst" hinderte (BSG aaO).

Auf der gleichen Linie lag seinerzeit ein weiteres Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.1994 - 3/12 RK 62/93 - (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 2) zur Künstlereigenschaft einer Eurythmie-Lehrerin. Die Eurythmie ist eine von der Anthroposophie entwickelte akustisch-motorische Kunst des "sichtbaren Gesangs", der "sichtbaren Sprache". Sie erspürt natürliche, mit Klang zusammenhängende Bewegungsimpulse (Alltagsbeispiel: Mitschwingen des Körpers bei Musik, sprachbegleitende Gestik) und gestaltet sie zu Gebärden und Bewegung im Raum. Die Beklagte war in jenem Verfahren der Auffassung, die Lehre der Eurythmie gehöre im Falle der damaligen Klägerin nicht zur darstellenden Kunst, weil es dort nicht darum gehe, andere Menschen selbst zur Ausübung von Eurythmie als Ausdrucksform der darstellenden Kunst (zB Ausübung einer eurythmischen Darbietung auf einer Bühne vor Publikum) zu befähigen, sei es beruflich oder im Freizeitbereich, sondern der Unterricht der Klägerin in erster Linie das Ziel einer ganzheitlichen "Persönlichkeitsbildung" nach den Grundsätzen der anthroposophischen Lehre verfolge. Dazu hat der erkennende Senat seinerzeit ausgeführt, es sei rechtlich unerheblich, ob die Persönlichkeitsbildung vorrangiges Handlungsmotiv der Klägerin bzw der Teilnehmer sei. Sofern eine Darbietung nur ein Mindestmaß an eigenschöpferischer Gestaltung aufweise, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden, komme es im Rahmen des KSVG nicht weiter darauf an, ob und welche Geisteshaltung oder Weltanschauung dieser Darbietung zugrunde liege und welche Zwecke - außer dem des Gelderwerbs - der Künstler mit seiner Darbietung verfolgt. Ein vorrangig pädagogisches oder therapeutisches Ziel eines Unterrichts schloss damit die Einstufung als "Lehre von Kunst" nicht von vornherein aus.

Dieser sehr weite Begriff der Lehre von Musik bzw darstellender und bildender Kunst ist in den Gesetzesmaterialien (vgl. BR-Drucks 260/79 S. 19) nicht angelegt und vom Sinn und Zweck des KSVG her nicht gerechtfertigt; er wird daher vom erkennenden Senat aufgegeben, weil er der jetzigen und der Motivation des Gesetzgebers besser entsprechenden Auslegung dieses Begriffes widerspricht. Auch bei der musikalischen bzw tänzerischen Erziehung von Kindern kann es zwar im Einzelfall eine "Lehre von Musik" i.S. des § 2 Satz 1 KSVG geben, dies aber nur dann, wenn den Kindern schwerpunktmäßig Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt werden, die auf die eigenständige aktive Ausübung musikalischer oder künstlerischer Betätigungen gerichtet sind, z.B. das Spielen eines Musikinstruments oder das Aufführen von Tänzen. Dies kann durch theoretischen und praktischen Unterricht gleichermaßen geschehen. Steht bei einem solchen Unterricht die aktive Musik- bzw Kunstausübung im Vordergrund, ist es auch unerheblich, wenn daneben pädagogisch-didaktische Zwecke verfolgt werden. Diese von der früheren Rechtsprechung aus dem Jahre 1994 teilweise abweichende Rechtsauffassung hat der erkennende Senat in der Entscheidung vom 7.12.2006 - B 3 KR 11/06 R - (BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10) zur Tanzlehrerin für den Tango Argentino bereits angedeutet; sie wird nunmehr bekräftigt: § 2 Satz 1 KSVG bezieht sich nur auf solche Lehrtätigkeiten, die der aktiven Musik- bzw Kunstausübung der Schüler und Studenten dienen. Gegenstand der Lehrtätigkeit muss daher vorrangig die Vermittlung praktischer oder theoretischer Kenntnisse sein, die den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Unterrichteten zur Ausübung bzw Schaffung von Musik oder Kunst dienen. Dies ist nach den Feststellungen des LSG hier nicht der Fall:

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat verbindlichen Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG möchte die Klägerin die Kinder nicht vorrangig dazu befähigen, selbst die Tanzkunst auszuüben, sondern sie will die Kinder durch Musik, Tanz und Bewegung in ihrer Persönlichkeit stärken sowie deren Sozialverhalten und Kreativität fördern. Dies hat das LSG aus den Werbebroschüren und Flyern der Klägerin sowie aus deren eigenen Angaben geschlossen. Hieraus wird deutlich, dass die Klägerin unter Verwendung künstlerischer Elemente allgemeine soziale und pädagogische Ziele bei den von ihr unterrichteten Kindern fördert. Der Unterricht zielt aber nicht vorrangig darauf ab, den Kindern Fähigkeiten oder Fertigkeiten zu vermitteln, damit sie über kurz oder lang selbst künstlerische Formen des Tanzes bzw des Tanztheaters ausüben können. Die Beklagte hat es daher zu Recht abgelehnt, die Klägerin erneut als "Lehrerin von Kunst" anzuerkennen und ihre Versicherungspflicht nach dem KSVG festzustellen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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