B 3 KS 2/08 R
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die Klägerin ist gelernte Industriekauffrau, die seit ihrer Jugend Akkordeon und Klavier spielt; über eine musikalische Fachausbildung verfügt sie allerdings nicht. Seit Oktober 1999 leitet sie Gruppenstunden der musikalischen Früherziehung (Melodika) in einem Musikverein, für die sie im Jahre 2005 eine monatliche Pauschale von 82 Euro erhielt; bis dahin war sie ehrenamtlich tätig. Nach einer Weiterbildung im Bereich der Musikerziehung bietet sie dort sowie bei zwei weiteren Vereinen seit Herbst 2005 auch sog "Musikgarten-Kurse" für Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu viereinhalb Jahren an. Die Kurse mit einer Dauer zwischen 30 und 45 Minuten beinhalten das Singen von Liedern und sollen mit Bewegungen und der Berührung von Körperteilen auch dem Erlernen von Körpererfahrung dienen und den Kindern ein Rhythmusgefühl vermitteln. Soweit die Kinder altersgemäß hierzu noch nicht in der Lage sind, wird das Singen und Sprechen weitgehend von den anwesenden Eltern übernommen. Den Eltern werden Wiegenlieder und sog Bewegungslieder beigebracht, die sie zu Hause einsetzen können. Zudem werden Tierlaute, klassische Musik und sonstige Klänge vorgespielt, die bewusst und konzentriert gehört und von den Kindern imitiert werden. Die Teilnehmerzahl an den Kursen in den verschiedenen Altersgruppen lag im Frühjahr 2008 bei insgesamt 101 Kindern. Der Unterricht wird teils im Vereinsauftrag und teils auf Grundlage unmittelbarer vertraglicher Beziehungen mit den Eltern der Kinder erteilt. Die Klägerin hat einen Raum zur Durchführung ihrer Kurse angemietet. Für das Jahr 2008 rechnete sie mit Einkünften in Höhe von etwa 10.000 Euro.
Die Klägerin meldete sich am 6.1.2006 bei der beklagten Künstlersozialkasse als Ausbilderin im Bereich Musik und beantragte die Feststellung ihrer Versicherungspflicht nach dem KSVG. Die Beklagte lehnte dies ab, weil die Tätigkeit der Klägerin nicht als künstlerisch oder publizistisch iS des § 2 KSVG angesehen werden könne. Es liege keine "Lehre von Musik" vor, weil wegen Fehlens einer hinreichenden musikalischen bzw musikpädagogischen Qualifikation davon auszugehen sei, dass keine nennenswerten Fähigkeiten bzw Fertigkeiten zur Musikausübung vermittelt würden. Zudem seien die Kinder noch so klein, dass nur Grundfunktionen vorwiegend im Bereich der Rhythmik, nicht aber das Spielen eines Musikinstruments gelehrt werden könnten (Bescheid vom 30.3.2006, Widerspruchsbescheid vom 26.7.2006).
Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin seit dem 6.1.2006 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege (Urteil vom 5.11.2007). Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des erkennenden Senats zurückgewiesen (Urteil vom 15.7.2008). Danach umfasse die "Lehre von Musik" auch die Unterrichtung von Kindern im Rahmen der musikalischen Früherziehung. Auch sehr kleine Kinder könnten schon Musik wahrnehmen und hierauf reagieren. Entscheidend sei, dass das Musikgarten-Konzept darauf ausgerichtet sei, sehr kleine Kinder an die Ausübung von Musik heranzuführen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 2 Satz 1 KSVG. Nach der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senats beschränke sich die Lehre von Kunst auf solche Lehrtätigkeiten, die der aktiven Kunstausübung der Schüler dienten (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 7 - kunstgeschichtlicher Unterricht - sowie BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10 - Tanzlehrerin für Tango Argentino). Dieses Ziel stehe bei den von der Klägerin angebotenen Musikgarten-Kursen nicht im Vordergrund und sei im Übrigen bei Kindern im Alter bis zu viereinhalb Jahren auch nicht zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
- die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 15.7.2008 und des SG Karlsruhe vom 5.11.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie hat zu Recht die begehrte Feststellung der Versicherungspflicht (vgl. § 8 Abs. 1 KSVG) abgelehnt, weil die Klägerin nicht zu dem vom KSVG erfassten Kreis der selbstständigen Künstler und Publizisten gehört. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind deshalb zu ändern; die Klage ist abzuweisen.
1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Feststellungsanspruchs ist § 1 iVm § 2 Satz 1 KSVG. Dabei ist hier § 1 KSVG in der Fassung des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 (BGBl I 3242) und § 2 KSVG in der Fassung des 2. KSV-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001 (BGBl I 1027) anzuwenden. Nach § 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben (Nr. 1) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SGB IV (Nr. 2). Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne des KSVG ist derjenige, der als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (§ 2 Satz 2 KSVG). Im vorliegenden Fall kommt ersichtlich nur die "Lehre von Musik" iS des § 2 Satz 1 KSVG in Betracht. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind hier aber nicht erfüllt.
2. In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik sowie die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172 S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl. BSG SozR 4-5425 § 24 Nr. 6 RdNr. 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S 33 - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art 5 Grundgesetz vgl. BVerfGE 30, 173 , 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl. BT-Drucks 9/26, S 18 und BT-Drucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (BSGE 83, 160, 165 f = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S 37 f; BSGE 83, 246, 250 = SozR 3-5425 § 1 Nr. 5 S 23; vgl. auch Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 2 RdNr. 3 und 9; Schriever "Der Begriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht" in: von Wulffen/Krasney <Hrsg>, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S 709, 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (zB Theater, Malerei, Musik) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis der Betroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird (BSG, aaO).
a) Im vorliegenden Fall sind zwei Tätigkeitsbereiche zu unterscheiden. Bei den seit 1999 erteilten Melodika-Gruppenkursen geht es um die "musikalische Früherziehung" (MFE) von Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren, während die Musikgarten-Kurse für Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und viereinhalb Jahren vorgesehen und dem Bereich der MFE vorgelagert sind (sog Vor-MFE). Die MFE bezeichnet das Regelangebot der im Verband deutscher Musikschulen (VdM) zusammengeschlossenen Musikschulen für vier bis sechs Jahre alte Kinder (vgl. M. Neuhäuser, Musikalische Früherziehung, 1971; H. Rauhe, Hören und Verstehen, 1975). Der Begriff MFE ist in der "Elementaren Musikpädagogik" für diesen Altersbereich etabliert; mit der Vorverlagerung des Kindergarteneintrittsalters wird die MFE mittlerweile aber in zunehmendem Maße auch schon für drei Jahre alte Kinder angeboten. Der Unterricht in der MFE wird ohne Eltern durchgeführt und kann ohne besondere Voraussetzungen besucht werden. Die Begegnung mit den elementaren musikalischen Erlebnis- und Ausdrucksweisen (Schulung des Hörens, Umgang mit der Stimme, Singen, Erfahrung von Rhythmus als Musik und Bewegung, erstes Spiel mit einfachen Instrumenten, Grundkenntnisse der Musiklehre, Kennenlernen verschiedener Musikinstrumente) steht im Mittelpunkt der MFE. Die Vor-MFE richtet sich an Kinder im Alter bis zu vier Jahren und verfolgt im Wesentlichen die gleichen Ziele wie die MFE, findet aber altersentsprechend (nur) in der Form von Eltern-Kind-Kursen statt. Zu diesem Bereich gehören die von der Klägerin angebotenen Musikgarten-Kurse. Sie beinhalten die erste Begegnung der Kinder mit Musik und Klängen verschiedener Art, wobei die Eltern in die Lage versetzt werden, Musik in den Familienalltag hinüberzutragen und sich zu Hause mit den Kindern musikalisch zu beschäftigen (Schlaf-, Wiegen-, Wickel-, Spiellieder, Kniereiter, Fingerspiele usw). Auch die Kurse der Vor-MFE werden an den Musikschulen des VdM angeboten und gehen den MFE-Kursen vielfach voraus (vgl. näher das Schreiben des VdM vom 18.7.2008).
Die Klägerin ist nach den Feststellungen des LSG schwerpunktmäßig im Bereich der Vor-MFE tätig. Im Vergleich zu den Musikgarten-Kursen (Vor-MFE) sind die Melodika-Gruppenstunden (MFE) nur von untergeordneter Bedeutung. Dies ergibt sich sowohl aus dem jeweiligen Zeitaufwand als auch aus der jeweiligen Vergütung, denn den weitaus größten Teil ihrer Einkünfte bezieht die Klägerin aus den Musikgarten-Kursen. Da sich die Versicherungspflicht nach dem KSVG stets nach dem Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit richtet (BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12 zu gemischten Tätigkeiten), liegt der Schwerpunkt der Lehrtätigkeit der Klägerin im Bereich der Vor-MFE. Dieser Unterricht stellt indes keine "Lehre von Musik" iS des § 2 Satz 1 KSVG dar.
b) In dem inzwischen mehr als 30 Jahre alten Künstlerbericht wird ein speziell auf die MFE oder die Vor-MFE bezogener Beruf des Musiklehrers, Musikpädagogen oder musikalischen Ausbilders nicht erwähnt (BT-Drucks 7/3071, S 7). Die Nichtverzeichnung im Künstlerbericht 1975 spricht allerdings nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und publizistischer Berufstätigkeiten widersprechen (vgl. auch die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S 21 und 9/26, S 18). Im Bereich der Musik findet sich als Einordnungshilfe nur der Katalogberuf des "Pädagogen bzw Ausbilders im Bereich Musik" (BT-Drucks 7/3071, S 7). Diesem künstlerischen Berufsbild ist die Klägerin im Hinblick auf ihre vom LSG festgestellte berufliche Tätigkeit aber nicht zuzuordnen, weil diese nicht darauf gerichtet ist, die Kinder unmittelbar zur "Ausübung von Musik" zu befähigen.
c) Der Bereich "Musik" umfasst Sänger und Instrumentalmusiker aller Art, Komponisten, Arrangeure, Dirigenten, Chorleiter, professionelle Discjockeys, Liedermacher sowie Liedtexter und Librettisten (vgl. Finke / Brachmann / Nordhausen, aaO, § 2 RdNr. 10 und 11). Soweit es um die Aus- und Weiterbildung in einem dieser Berufe geht, werden "Pädagogen bzw Ausbilder im Bereich Musik" vom Regelungszweck des § 2 Satz 1 KSVG erfasst. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Lehrer über eine staatlich anerkannte musikalische Berufsausbildung als Musiker oder eine Berufsqualifikation als Musiklehrer verfügen (so bereits BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4 S. 15; teilweise aA Finke/Brachmann/Nordhausen, aaO, § 2 RdNr. 12 zu den Stichworten Musiklehrer/Musikerzieher/Musikpädagoge) und ob angehende Berufsmusiker oder Laien unterrichtet werden, die nur in ihrer Freizeit am Unterricht teilnehmen und das Gelernte auch nur für Freizeitzwecke verwenden wollen (so bereits BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 1 zum Afro-Dance; BSGE 69, 259, 263 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 1 zum Musikunterricht an einer Volkshochschule; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10 zum Tango Argentino). Demgemäß können auch Kinder und Jugendliche einen als "Lehre von Musik" iS des § 2 Satz 1 KSVG einzustufenden Musikunterricht zB im Musikverein, in der Schule oder im Internat erhalten. Voraussetzung ist aber jeweils, dass sie durch den Unterricht befähigt werden sollen, selbst aktiv musikalisch tätig zu werden, etwa als Instrumentalmusiker, Gesangssolisten oder Chorsänger.
d) Neben diesen Bereichen der "Lehre von Musik" als eigenständiger Kunstform, die von § 2 Satz 1 KSVG erfasst wird, gibt es aber auch Bereiche der Lehre mit musikalischem oder sonstigen künstlerischem Einschlag, die vorrangig von sozio- und psychotherapeutischen Zwecken (zB Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie) oder von pädagogischen bzw didaktischen Zielen geprägt sind. In diesen Bereichen stehen die musikalischen und sonstigen künstlerischen Elemente der Therapie oder des Unterrichts im Dienste eines übergeordneten, nicht-künstlerischen Zweckes, haben also nicht das primäre Ziel, den Patienten bzw Schüler zu befähigen, eine künstlerische Leistung zu vollbringen oder ein künstlerisches Werk zu schaffen, also zB ein Musikinstrument zu spielen. Alle einer vorrangig medizinisch-rehabilitativen Therapie bzw vorrangig pädagogisch-didaktischen Zwecken dienenden Formen der Unterrichtung unter Zuhilfenahme künstlerischer Elemente werden vom KSVG nicht erfasst, weil bei ihnen die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur eigenständigen Ausübung musikalischer oder sonstiger künstlerischer Betätigungen nicht im Mittelpunkt steht. Die gesetzliche Gleichstellung der Lehre von Musik und darstellender bzw bildender Kunst mit der - von der Verkehrsauffassung schon immer als "künstlerische" Tätigkeiten eingestuften - Schaffung und Ausübung von Darbietungen und Werken der Kunst ist nur gerechtfertigt, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet ist, dem Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen und Werke in der Lage zu sein. Dieser Aspekt ist in der Vergangenheit nicht immer beachtet worden und mag deshalb mitunter zu Fehleinschätzungen bei der Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG geführt haben.
e) Der erkennende Senat räumt ein, dass zu dieser partiellen Fehlbewertung seine Entscheidung vom 14.12.1994 - 3/12 RK 80/92 - (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4) zur Künstlereigenschaft einer im klassischen und modernen Tanz ausgebildeten Lehrerin, die an einer Musikschule Kinder im Alter ab vier Jahren im Rahmen der MFE im Fach "Kreativer Tanz" unterrichtet, beigetragen haben mag. Diese Lehrerin ist als selbstständige Künstlerin eingestuft worden, weil sie mit den Kindern der Musikschule im Rahmen der MFE unter Einsatz von sog Orffschen Instrumenten und Musikkassetten Rhythmus- und Klangübungen durchführte (vgl. dazu Carl Orff, Musik für Kinder, 5 Bände, 1950-1954). Dabei ist seinerzeit das Argument der Beklagten ausdrücklich als KSVG-rechtlich unerheblich bezeichnet worden, bei der Unterrichtstätigkeit der Klägerin stehe nicht die Vermittlung künstlerischer Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund, sondern die bloße Heranführung der Kinder an die Musik und die Vermittlung kindgerechten Grundlagenwissens im Sinne einer Allgemeinbildung. Es reichte dem Senat danach aus, wenn an einer Musikschule "künstlerischer Fachunterricht" erteilt wird; daneben konnte der pädagogische oder didaktische Anteil in den verschiedenen Teilnehmer- und Altersgruppen einen unterschiedlichen Raum einnehmen, ohne dass dies die Einordnung als "Lehre von Musik bzw Kunst" hinderte (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4 S 17).
Dieser sehr weite Begriff der Lehre von Musik bzw darstellender und bildender Kunst ist in den Gesetzesmaterialien (vgl. BR-Drucks 260/79 S 19) nicht angelegt und vom Sinn und Zweck des KSVG her nicht gerechtfertigt; er wird daher vom erkennenden Senat aufgegeben, weil er der jetzigen und der Motivation des Gesetzgebers besser entsprechenden Auslegung dieses Begriffes widerspricht. Auch bei Kindern im Alter bis zu sechs Jahren kann es zwar im Einzelfall eine "Lehre von Musik" iS des § 2 Satz 1 KSVG geben, dies aber nur dann, wenn den Kindern schwerpunktmäßig Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt werden, die auf die eigenständige aktive Ausübung musikalischer oder künstlerischer Betätigungen gerichtet sind, zB das Spielen eines Musikinstruments. Dies kann durch theoretischen und praktischen Unterricht gleichermaßen geschehen. Steht bei einem solchen Unterricht die aktive Musikausübung im Vordergrund, ist es auch unerheblich, wenn daneben pädagogisch-didaktische Zwecke verfolgt werden. Diese von der früheren Rechtsprechung aus dem Jahre 1994 teilweise abweichende Rechtsauffassung hat der erkennende Senat in der Entscheidung vom 7.12.2006 - B 3 KR 11/06 R - (BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 10) zur Tanzlehrerin für den Tango Argentino bereits angedeutet; sie wird nunmehr bekräftigt: § 2 Satz 1 KSVG bezieht sich nur auf solche Lehrtätigkeiten, die der aktiven Musik- bzw Kunstausübung der Schüler und Studenten dienen. Gegenstand der Lehrtätigkeit muss daher vorrangig die Vermittlung praktischer oder theoretischer Kenntnisse sein, die den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Unterrichteten zur Ausübung bzw Schaffung von Musik oder Kunst dienen. Dies ist nach den Feststellungen des LSG hier nicht der Fall. Die Unterrichtstätigkeit der Klägerin dient nach den nicht angegriffenen und für den Senat daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) trotz des Einsatzes musikalischer Gestaltungsmittel wie zB Gesang und instrumentaler Klangerlebnisse in erster Linie dem Kommunikations- und Kreativitätstraining der Kinder, dem Erlernen von Körpererfahrungen sowie der Förderung der Koordination, der Konzentration und des Gemeinschaftssinns, also im weitesten Sinne pädagogischen Zwecken, aber nicht der unmittelbaren Hinführung zu einer eigenständigen Musikausübung. Die Klägerin ist daher keine "Lehrerin von Musik" iS des § 2 Satz 1 KSVG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.