B 3 KR 2/06 R
Tatbestand
Streitig ist die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung. Die klagende Aktiengesellschaft (AG) ist Rechtsnachfolgerin eines bis zum 30. Mai 2005 als A GmbH (im Folgenden: A GmbH) firmierenden Unternehmens der Metall- und Elektroindustrie, das Schaltanlagen entwickelt, herstellt und vertreibt und nunmehr den rechtlich unselbstständigen Geschäftsbereich C Mittelspannungsprodukte der Klägerin darstellt. Für jedes Produkt erstellt das Unternehmen eine Bedienungsanleitung sowie eine Werbebroschüre, in der zu einem Teil Bilder und Texte aus der Bedienungsanleitung übernommen werden. Die hausintern erstellte deutsche Fassung der Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren lässt das Unternehmen jeweils in die englische Sprache und bei Bedarf in weitere Sprachen übersetzen. Die - durchschnittlich fünfmal jährlich anfallenden - Übersetzungsarbeiten vergab das Unternehmen bis 2002 an das Übersetzungsbüro „BKL Übersetzungen C S“ in Düsseldorf, das von der Inhaberin C S. seinerzeit als Einzelunternehmen geführt und erst nach 2002 in eine GmbH umgewandelt wurde. Die Werbebroschüren wurden in Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur (P GmbH in Düsseldorf) erstellt, die ihrerseits Werbefotografen und Layouter einschaltete.
Die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) stufte die Übersetzerin als „selbstständige Publizistin“ i.S. des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) und ihre Übersetzungen als publizistische Leistungen ein. Sie setzte aufgrund einer Meldung der A GmbH vom 2. Juli 2001 die auf die Honorare für die Übersetzungsarbeiten in den Jahren 1996 bis 2000 zu zahlende Künstlersozialabgabe (KSA) auf insgesamt 5.315,82 DM (jetzt: 2.717,94 €) fest. Zusätzlich forderte sie Vorauszahlungen für das Jahr 2001 in Höhe von monatlich 108,06 DM für die Monate Januar und Februar sowie von monatlich 38,14 DM für die Monate März bis Juni, sodass im Juli 2001 5.684,50 DM (jetzt: 2.906,44 €) zu zahlen waren (Bescheid vom 6. Juli 2001, Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2001).
Im Klageverfahren hat die A GmbH ihre Abgabepflicht bereits dem Grunde nach bestritten. Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Abgabetatbestände des § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 KSVG seien nicht erfüllt, weil die an die Übersetzerin gezahlten Honorare keine Entgelte für „publizistische Werke oder Leistungen“ darstellten. Die Übersetzung eines deutschen Textes in eine andere Sprache könne nicht als publizistische Leistung angesehen werden, wenn dem Übersetzer - wie hier - keinerlei gestalterischer Spielraum eröffnet sei. Da die Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren wortgetreu übersetzt werden müssten, könne ein Übersetzer weder auf den Inhalt noch auf die Form der Texte Einfluss nehmen. Für die grafische Gestaltung, das Schriftbild und die sonstige Aufmachung sei die Werbeagentur zuständig.
Die Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, auch bei der Übersetzung von Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren sei von einem Gestaltungsspielraum auszugehen, weil vom Übersetzer erwartet werde, dass er anschaulich und „publikumswirksam“ übersetze, also unter Verwendung einprägsamer Bilder und Idiome sowie der in der Übersetzungssprache üblichen Redewendungen. Außerdem bestehe ein kreativer Spielraum insoweit, als für ein bestimmtes deutsches Wort mitunter mehrere Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Daher seien die Übersetzungen publizistische Leistungen, deren etwa fünfmal jährlich erfolgende Inanspruchnahme zu einer Einbeziehung der A GmbH in den Kreis der abgabepflichtigen Vermarktungsunternehmen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 KSVG führe.
Das Sozialgericht (SG) hat der Klage auf Aufhebung des Abgabenbescheides vom 6. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2001 nach Beweisaufnahme stattgegeben, jedoch die zusätzlich erhobene Klage, „der Beklagten aufzugeben, von der Heranziehung der A GmbH zur Zahlung der KSA abzusehen“, abgewiesen (Urteil vom 10. November 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 7. Juli 2005): Es fehle bei den in Auftrag gegebenen wortgetreuen Übersetzungen der Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren an der für die Publizistik charakteristischen inhaltlichen Gestaltung und Aufmachung von Schriftwerken, die eine eigenschöpferische Leistung von einer Gestaltungshöhe verlange, die zumindest derjenigen einer einfachen journalistischen oder schriftstellerischen Tätigkeit entspreche. Von der Einzelfallprüfung könne bei Übersetzungen nicht abgesehen werden, weil sich nicht jeder Übersetzer berufstypisch in einem publizistischen Umfeld bewege, wie es z.B. bei Journalisten und Redakteuren der Fall sei. Eine Gleichstellung mit Betriebsanleitungen, Werbebroschüren und Handbücher für technische Geräte verfassenden „technischen Redakteuren“, die vom Bundessozialgericht (BSG) als Publizisten im Sinne des KSVG anerkannt worden seien (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12), scheide aus, weil es hier an der eigenständigen Formulierung der Texte fehle und auch keine redaktionelle Konzeption gefordert werde.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 2, 24 und 25 KSVG. Sie meint, Übersetzer von publizistischen Werken, zu denen auch Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren gehörten, seien generell als Publizisten i.S. des § 2 KSVG einzustufen. Die berufstypische Bearbeitung fremder Texte sei auch für Lektoren, Nachrichtenredakteure und Layouter charakteristisch, die seit jeher als Publizisten angesehen würden.
Die Beklagte beantragt,
- die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2005 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. November 2003 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 165, § 153 Abs. 1 und § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Anfechtungsklage gegen den Abgabenbescheid für die Jahre 1996 bis 2000 zu Recht stattgegeben.
Streitgegenstand ist zwar sowohl die Höhe der Abgabenschuld der Rechtsvorgängerin der Klägerin in den Jahren 1996 bis 2000 (§ 25 KSVG) als auch die Abgabepflicht selbst (§ 24 KSVG). Nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG ist aber davon auszugehen, dass auf die Honorare für die Übersetzungsarbeiten eine KSA in Höhe von 2.717,94 € zu zahlen wäre, wenn die A GmbH in den Jahren 1996 bis 2000 zu den abgabepflichtigen Unternehmen (§ 24 KSVG) gehörte. Umstritten ist somit allein, ob das Unternehmen durch die in Auftrag gegebenen Übersetzungsarbeiten die Voraussetzungen der - hier einzig in Betracht kommenden - Abgabetatbestände des § 24 Abs. 1 Satz 2 und/oder des Abs. 2 KSVG erfüllt hat. Das ist zu verneinen.
Die Klägerin ist formell klagebefugt und materiell-rechtlich aktivlegitimiert, obgleich der angefochtene Bescheid nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber der A GmbH erlassen worden ist. Durch den gesellschaftsrechtlichen Verschmelzungsvertrag vom 30. Mai 2005 ist die A GmbH aufgelöst worden, das von ihr bis dahin betriebene Unternehmen in den Konzernverbund der Klägerin integriert und die Klägerin Rechtsnachfolgerin der A GmbH geworden. Der angefochtene Bescheid wirkte dadurch ab 30. Mai 2005 unmittelbar gegenüber der Klägerin; die Beklagte war nicht gehalten, wegen der Auflösung der A GmbH einen inhaltsgleichen neuen Bescheid gegenüber der Klägerin zu erlassen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 20).
Rechtsgrundlage des angefochtenen Abgabenbescheides ist § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2606, aF), die in der Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 30. Juni 2001 gültig war und damit den gesamten hier streitigen Zeitraum von 1996 bis 2000 abdeckt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG aF waren Bemessungsgrundlage der KSA die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten oder ein in § 24 Abs. 3 KSVG genannter Dritter im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Die Klägerin ist mit dem Einwand der schon dem Grunde nach fehlenden Abgabepflicht nicht ausgeschlossen, weil die Beklagte gegenüber der A GmbH allein einen Abgabenbescheid nach § 25 KSVG erlassen, nicht aber die Abgabepflicht des Unternehmens dem Grunde nach in einem gesonderten Erfassungsbescheid vorab oder daneben festgestellt hat (zur Zulässigkeit solcher gesonderten Erfassungsbescheide vgl. BSGE 64, 221 = SozR 5425 § 24 Nr. 2 und BSGE 69, 259 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 1). Mangels selbstständiger bestandskräftiger Feststellung der Abgabepflicht der A GmbH dem Grunde nach ist deshalb bei der Überprüfung eines Abgabenbescheids dies zunächst festzustellen. In Betracht kommen hier allein die Abgabentatbestände des § 24 Abs. 1 Satz 2 und des Abs. 2 KSVG, wobei wiederum die bis zum 30. Juni 2001 gültige Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2606) maßgebend ist. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KSVG aF (ähnlich, aber weiter gefasst § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG nF) waren zur KSA solche Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Satz 1 Nr. 7 genannten Unternehmen entspricht (Werbung einschließlich Öffentlichkeitsarbeit für Dritte) und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Nach § 24 Abs. 2 KSVG aF (wortgleich mit § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG nF) waren zur KSA ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Welcher der Abgabetatbestände hier eher in Betracht kommt, kann offen bleiben, weil letztlich beide zu verneinen sind.
Unbegründet ist allerdings der Einwand der Klägerin, beide Tatbestände seien schon deshalb nicht erfüllt, weil die A GmbH „nur gelegentlich“ Übersetzungsaufträge erteilt habe. Da im Zeitraum von 1996 bis 2000 jährlich durchschnittlich fünf Aufträge zur Übersetzung von Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren erteilt worden sind, ist das beiden Tatbeständen gemeinsame Merkmal einer „nicht nur gelegentlichen“ Auftragsvergabe erfüllt. Bestätigt wird dies durch die - allerdings nach dem Wortlaut nur für Veranstaltungen geltende - Geringfügigkeitsgrenze von drei Aufträgen pro Kalenderjahr nach § 24 Abs. 2 Satz 2 KSVG nF.
Die Abgabetatbestände des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und des Abs. 2 KSVG aF sind jedoch nicht erfüllt, weil es an weiteren beiden Tatbeständen gemeinsamen Voraussetzungen fehlt; die Übersetzungen der Bedienungsanleitungen und Werbebroschüren stellen keine publizistischen Werke oder Leistungen dar, und die Aufträge sind auch nicht einer selbstständigen Künstlerin oder Publizistin im Sinne des KSVG erteilt worden. Die Übersetzerin war zwar zu jener Zeit mit dem von ihr geführten Einzelunternehmen selbstständig tätig; ihr fehlte jedoch die hier allein in Betracht kommende Eigenschaft einer selbstständigen Publizistin i.S. des insoweit maßgebenden § 2 Satz 2 KSVG. Danach ist Publizist im Sinne des KSVG, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt, wobei die letzte Variante dem Tatbestand erst durch das 2. KSVG-Änderungsgesetz vom 13. Juni 2001 (BGBl I S. 1027) angefügt worden ist. Die hier allein in Erwägung zu ziehende Variante einer „in anderer Weise“ publizistischen Tätigkeit ist nicht erfüllt.
Der Begriff des Publizisten ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG nach dem weit gefassten Wortlaut der Öffnungsklausel des § 2 KSVG, der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift sowie Sinn und Zweck des Künstlersozialversicherungsrechts weit auszulegen (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12 m.w.N.; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 7 RdNr. 13 und BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 8 RdNr. 11). Er ist nicht auf die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sog Massenkommunikationsmitteln (z.B. Zeitungen, Zeitschriften) begrenzt, sondern erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr. 1; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr. 8; so auch Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl. 1977, Band 19 S. 381). Im Zuge der gesetzgeberischen Arbeiten zum KSVG wurde neben dem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Künstlerbericht eine ähnliche Untersuchung für Publizisten angesprochen (BR-Drucks. 410/76, S. 13). Gemeint war damit der „Autorenreport“ (Fohrbeck/Wiesand, Der Autorenreport, 1972), der durch einen Schriftstellerverband veranlasst und von privater Seite finanziert worden war. In diesem Report sind Berufszweige genannt, die im Allgemeinen - ähnlich wie die im Künstlerbericht erwähnten Künstlergruppen und soweit die erforderliche Nachhaltigkeit ihrer Ausübung (§ 1 Nr. 1 KSVG) gesichert ist - als publizistische Berufe anzuerkennen sind, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedarf. Hierzu gehören neben den als Leitbilder der Publizistik in § 2 Satz 2 KSVG ausdrücklich genannten Schriftstellern und Journalisten die Berufe des Dichters, des Autors für Bühne, Film, Funk und Fernsehen, des Lektors, des Redakteurs, des Bildjournalisten bzw. Bildberichterstatters, des Kritikers und des wissenschaftlichen Autors (vgl. Finke / Brachmann / Nordhausen, KSVG, 3. Aufl. 2004, § 2 RdNr. 19). Bei einigen weiteren Berufen ist nach dem Autorenreport die Publizisteneigenschaft nicht generell zu bejahen. Dazu gehören auch die Übersetzer. Es gibt sonach keine allgemeine Verkehrsanschauung über die Einordnung von Übersetzern und auch kein einheitliches Berufsbild.
Bei der schriftlichen Übersetzung eines Textes wird gemeinhin unterschieden zwischen wörtlichen, wortgetreuen, werktreuen, sinngemäßen, kongenialen und freien Übersetzungen (vgl. zu alledem Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl. 1979, Stichwort Übersetzung Anm. 4; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. 1999, Stichworte „übersetzen“ und „Übersetzung“). Im Urheberrecht werden nach § 3 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) nur Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbstständige Werke geschützt. Die Übersetzung und jede andere Form der Bearbeitung muss dabei zwar das Originalwerk erkennen lassen, sich aber durch eine eigene schöpferische Ausdruckskraft von ihm abheben (BGH GRUR 1972, 143, 144; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 3 RdNr. 11). Die danach zu stellenden Anforderungen sind grundsätzlich die gleichen wie bei einem Originalwerk. Nach § 2 Abs. 2 UrhG sind erforderlich eine persönliche Schöpfung, geistiger Gehalt, Formgebung und Individualität. Übersetzungen stellen in der Regel eine eigenschöpferische Leistung dar, weil die neue Sprachform Einfühlungsvermögen und stilistische Fähigkeiten erfordert und damit den individuellen Geist des Übersetzers zum Ausdruck bringt. Die Untergrenze wird im Urheberrecht durch das rein Handwerkliche bestimmt; keine Werkqualität haben z.B. rein routinemäßige Übersetzungen einfacher Sprachwerke (Schricker / Loewenheim, a.a.O., RdNr. 21 m.w.N.). Der Schutz der Übersetzung erstreckt sich auf „Übersetzungen im engeren Sinn“, die das Ziel haben, den Sinn des Originalwerkes in der neuen Sprachgebung so wortgetreu wie möglich wiederzugeben, auf die „Übertragungen“, also die sinngemäßen, freien Übersetzungen, und auf die „Nachdichtungen“, die die Form des Originalwerkes durch eine eigene ersetzt, aber die Fabel übernimmt (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Aufl. 1994, § 3 RdNr. 5). Wenn auch das Urheberrecht wegen seiner Zielrichtung, den Schutz des geistigen Eigentums zu gewährleisten, nicht ohne weiteres auf das Gebiet der Künstlersozialversicherung, die den sozialen Schutz von Künstlern und Publizisten bezweckt, übertragen werden kann, lässt sich immerhin festhalten, dass alle Übersetzer, die wegen ihrer schöpferischen Leistung den Schutz des Urheberrechts in Anspruch nehmen können, auch das Mindestmaß an schöpferischer Eigenleistung erbringen, die im KSVG zur Anerkennung von Künstlern und Publizisten erforderlich ist, ohne dass sie die für das Urheberrecht maßgebende Gestaltungshöhe erreichen muss. Denn sozial geschützt werden soll auch der weniger begabte und erfolgreiche Künstler oder Publizist.
Im Einzelfall kommt es aber auch in der Künstlersozialversicherung darauf an, ob dem Übersetzer ein Gestaltungsspielraum zukommt, der über das rein Handwerkliche hinausgeht. Dabei ist die Schwierigkeit des Textes nicht entscheidend, solange dies nicht mit einem Interpretationsspielraum verbunden ist und im Prinzip auch durch einen Übersetzungsautomaten erledigt werden könnte.
Wenn es um die Übersetzung eines literarischen oder künstlerischen Textes geht, sich der Übersetzer also in einem schriftstellerischen oder künstlerischen Umfeld bewegt, wird der erforderliche Interpretationsspielraum stets vorhanden sein. Handelt es sich hingegen um die Übersetzung von Texten, die nicht der „Literatur“ im weitesten Sinne zuzurechnen sind, aber dennoch veröffentlicht werden sollen, wozu z.B. journalistische und redaktionelle Texte, Werbebroschüren, Bedienungsanleitungen und Handbücher für technische Geräte gehören, ist näher zu prüfen, ob es nach der Natur der Sache oder den konkreten Vorgaben des Auftraggebers um eine wörtliche bzw. wortgetreue Übersetzung geht oder ob dem Übersetzer ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, was in der Praxis bei Texten dieser Art eher den Ausnahmefall darstellen dürfte. Wörtliche bzw. wortgetreue Übersetzungen solcher Texte sind nicht der Publizistik i.S. des § 2 KSVG zuzurechnen, weil es am notwendigen sprachlichen und inhaltlichen Gestaltungsspielraum fehlt. Es handelt sich dann um rein technische bzw. handwerkliche Übersetzungen, die zwar inhaltlich korrekt und sprachlich einwandfrei sein müssen, im Ergebnis aber gewissermaßen nur eine „Kopie“ des Originaltextes darstellen. Typischerweise werden rein technische bzw. handwerkliche Übersetzungen dieser Art in Übersetzungsbüros oder Übersetzungsdiensten angefertigt. Dass die Übersetzungen zum Teil im Bereich der Werbung eingesetzt werden, begründet keinen entscheidenden Unterschied. Auch dort gibt es neben „kreativen“ auch „handwerkliche“ Tätigkeiten. Die in diesem Bereich tätigen Übersetzer unterscheiden sich mangels jeglichen eigenen Gestaltungsspielraums etwa von den Werbefotografen; sie sind vielmehr vergleichbar mit Fotografen, die technisch und qualitativ einwandfreie Gemäldefotografien für ein Kunstdia-Archiv anfertigen, ohne dabei über einen kreativen bildnerischen Spielraum zu verfügen (BSG SozR 3-5425 § 25 Nr. 11 und SozR 4-5425 § 24 Nr. 2).
Die nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG streng dem vorgegebenen Wortlaut der Werbebroschüren und Bedienungsanleitungen der A GmbH folgende Übersetzungsarbeit ist deshalb eine nicht-publizistische Tätigkeit, deren Vergütung nicht der KSA unterfällt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 und § 47 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Betrag von 2.717,94 € setzt sich zusammen aus der festgesetzten KSA für die Jahre 1996 bis 2000. Die in dem angefochtenen Bescheid zugleich festgesetzten KSA-Vorauszahlungen für die Monate Januar bis Juni 2001 in Höhe von 188,50 € waren nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil sich diese KSA-Vorauszahlungen schon bei Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hatten, sodass die Klägerin insoweit nicht mehr beschwert war. Die vorläufige Streitwertfestsetzung von 2.906,44 € war deshalb nicht aufrecht zu erhalten.
Eine Streitwertfestsetzung nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG kam nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist in sozialgerichtlichen Verfahren bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistung maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist. Diese vom SG in seinem Streitwertbeschluss vom 7. Januar 2004 angewandte Regelung, die sich seinerzeit in § 17 Abs. 3 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung befand, ist nicht anwendbar.
Die grundsätzliche Pflicht von Vermarktungsunternehmen, auf die voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr anfallende KSA monatliche Vorauszahlungen zu leisten (§ 27 Abs. 2 bis 5 KSVG), macht die KSA nicht zu einer Abgabe, die als „wiederkehrende Leistung“ zu qualifizieren wäre. Die KSA wird für jedes Kalenderjahr gesondert festgesetzt und stellt daher allenfalls eine jahresbezogene einmalige Leistung dar, sofern an einen Sozialversicherungsträger zu leistende Beiträge und Abgaben überhaupt als „Leistung“ in diesem Sinne verstanden werden können. Die Vorauszahlungen sind, soweit sie von der KSK festgesetzt und vom Vermarktungsunternehmen gezahlt worden sind, auf die festgesetzte KSA anzurechnen. Eine aus den Vorauszahlungen sich ergebende Überzahlung ist an den Abgabepflichtigen auszuzahlen bzw. ihm gutzuschreiben; erreichen die Vorauszahlungen nicht den Betrag der festgesetzten KSA, hat der Abgabepflichtige die Differenz nachzuentrichten.