B 3 KR 1/05 R
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers als „Ausstellungsgestalter“ in der Künstlersozialversicherung.
Der 1969 geborene Kläger besitzt einen Studienabschluss als Diplom-Forstwirt. Seit August 1999 geht er einer selbstständigen Erwerbstätigkeit im Rahmen einer aus vier Mitgliedern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit der Geschäftsbezeichnung „Ingenieurbüro N.“ nach. Gegenstand der GbR ist die freischaffende Arbeit auf dem Gebiet der Umweltbildung; dies umfasst die Konzeption und Umsetzung von Naturausstellungen und Umweltbildungsprogrammen. Die Führung der Geschäfte und die Vertretung der Gesellschaft stehen den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; Gewinne und Verluste sind ihnen zu gleichen Teilen zugewiesen. Der Kläger befasst sich vor allem mit der Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen und Ausstellungselementen, mit dem Entwurf von Ausstellungsobjekten und der Erarbeitung von Ausstellungstexten und Bildtafeln nebst entsprechenden Fotografien, mit dem Text- und Bildlayout von Begleit- und Informationsmaterialien. Seine Einkünfte aus dieser Tätigkeit beliefen sich im Jahr 2000 auf 29.684 DM, im Jahr 2001 auf 8.470 DM und im Jahr 2002 auf 10.760 €; ab dem Jahr 2001 resultieren diese Einkünfte ausschließlich aus seiner Arbeit in dem Ingenieurbüro N. Weder die GbR noch der Kläger selbst haben abhängig beschäftigte Mitarbeiter.
Im Januar 2001 beantragte der Kläger bei der beklagten Künstlersozialkasse (KSK) die Feststellung seiner Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Dabei ordnete er seine Tätigkeit innerhalb der GbR dem Bereich „Bildende Kunst/Design“ als Objektemacher und Grafiker / Designer / Layouter sowie dem Bereich „Wort“ als Fachmann für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung zu. Seinem Antrag fügte er Werkverträge mit bisherigen Auftraggebern sowie eine Erläuterung der von ihm dazu geleisteten Arbeit bei. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 15. Mai 2001 ab, weil der Schwerpunkt der klägerischen Tätigkeit nicht im künstlerischen oder publizistischen, sondern im organisatorischen und konzeptionellen Bereich liege. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchbescheid vom 5. Oktober 2001 zurück.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht nach dem KSVG nach Einholung von Stellungnahmen mehrerer im Museumswesen tätiger Verbände und einer Anhörung des Klägers abgewiesen (Urteil vom 11. November 2004). Der Kläger sei weder als selbstständiger Künstler noch als Publizist i.S. des § 2 KSVG anzusehen. Die GbR veranstalte jährlich zwei bis drei größere Ausstellungen, die aber sowohl nach Inhalt und Umfang als auch im Hinblick auf ihre Konzeption, planerische Gestaltung und Umsetzung sehr unterschiedlich seien und deshalb keine allgemein gültige Bewertung zuließen. Entscheidend sei deshalb auf die jeweiligen Tätigkeiten abzustellen, die der Kläger im Zusammenspiel und in Ergänzung mit den anderen Mitgliedern der GbR zu verrichten habe. An den Ausstellungsprojekten sei er zu etwa gleichen Teilen mit der konzeptionellen Planung und mit dem Entwurf gegenständlicher Ausstellungsobjekte beteiligt. Diese Arbeiten seien zwar schöpferisch-gestaltend, aber nicht künstlerisch; es handele sich um angewandte Umweltpädagogik, nicht aber um die Schaffung von Kunstwerken. Der Kläger sei weder Objektemacher noch Designer i.S. des § 2 Satz 1 KSVG, denn seine Tätigkeit werde durch die technisch-konstruktive Gestaltung eines Gegenstandes geprägt, nicht aber durch eine künstlerisch-ästhetische Zielrichtung. Er sei auch kein Publizist i.S. von § 2 Satz 2 KSVG; weder die Konzeption von Ausstellungen noch der Entwurf interaktiver Ausstellungsobjekte entspreche der Charakteristik der Berufe im Bereich „Wort“.
Mit der Sprungrevision begehrt der Kläger weiterhin die Feststellung seiner Versicherungspflicht nach dem KSVG. Die von ihm ausgeübte und durch ihre Komplexität gekennzeichnete Tätigkeit sei eigenschöpferisch und erreiche auch eine gewisse Gestaltungshöhe. Er erstelle Schautafeln mit künstlerischen Zeichnungen und Grafiken, die er mit eigenen Texten kombiniere. Er arbeite nicht mit Schablonen, seine Entwürfe seien vielmehr durch einen eigenen kreativen Gestaltungsspielraum gekennzeichnet. Sein Ziel sei es, einer wissenschaftlichen Aussage durch eine eigenständige Objektgestaltung Leben einzuhauchen. Seine Arbeiten würden zudem alle Merkmale einer an die Öffentlichkeit gerichteten publizistischen Darbietung aufweisen. Zwar könne er sich immer nur an den begrenzten Kreis der Ausstellungsbesucher wenden, doch auf die Größe des Publikums komme es - wie bei einem Theaterschauspieler - nicht an, zumal die Ausstellungen jeweils auch in den Medien bekannt gemacht würden.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des SG Dresden vom 11. November 2004 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 15. Mai 2001 sowie 5. Oktober 2001 festzustellen, dass er seit dem 25. Januar 2001 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Es sei keine allgemeine Verkehrsauffassung feststellbar, wonach Kuratoren oder Ausstellungsgestalter als künstlerisch Tätige im Bereich der bildenden Kunst anzusehen seien. Das SG habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger vorrangig im Bereich der Umweltpädagogik und nicht als Künstler tätig sei. Er sei auch kein Publizist, da die Erstellung von Begleit- und Informationsmaterialien seiner Arbeit nicht das Gepräge gebe.
Die Beigeladenen haben keine inhaltlichen Stellungnahmen abgegeben und keine Anträge gestellt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
1. Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig. Gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Umgehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und sie vom SG zugelassen worden ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Das SG hat die Revision auf Antrag des Klägers in dem ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil vom 11. November 2004 zugelassen. Die Beklagte hat der Einlegung der Sprungrevision zwar nicht schriftlich, wohl aber zuvor in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2004 zur Niederschrift des SG ausdrücklich zugestimmt. Damit wird den strengen Formerfordernissen des § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG genügt, weil die gerichtliche Beurkundung dem Schriftformerfordernis ebenfalls entspricht und der Bedeutung und Tragweite der Zustimmungserklärung sowie den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ausreichend Rechnung getragen wird (GrS BSGE 12, 230, 232 f = SozR Nr. 14 zu § 161 SGG; BSG SozR 3-1500 § 161 Nr. 11 S. 22, 24 m.w.N.; vgl. auch Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl.. 2005, § 161 RdNr. 4a). Allerdings hat der Kläger die Zustimmungserklärung der Beklagten seiner Revisionsschrift vom 6. Januar 2005 entgegen § 161 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht beigefügt. Dies ist hier indes unschädlich, da er eine beglaubigte Ausfertigung des Urteils des SG vorgelegt hat, aus der sich nicht nur die Zulassung der Sprungrevision ergibt, sondern auch die Tatsache, dass die Beklagte über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hinaus selbst schon der Einlegung der Sprungrevision vorsorglich zur Niederschrift des SG in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2004 zugestimmt hat. Eine Zustimmung der beiden Beigeladenen war nicht erforderlich (GmS-OGB SozR 1500 § 161 Nr. 18 S. 32).
2. Die Sprungrevision ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Bescheide der beklagten KSK vom 15. Mai und 5. Oktober 2001 sind nicht zu beanstanden.
Gemäß § 1 Nr. 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der Rentenversicherung der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler i.S. dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist (§ 2 Satz 2 KSVG). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Kläger ist zwar nach den mit der Sprungrevision nicht angreifbaren und deshalb für den Senat bindenden (§§ 161 Abs. 4, 163 SGG) Feststellungen des SG zumindest seit Januar 2001 nicht nur vorübergehend selbstständig erwerbstätig und hat im Jahr der Antragstellung sowie im Folgejahr ein Arbeitseinkommen aus dieser Betätigung erzielt, welches deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze des § 3 Abs. 1 Satz 1 KSVG liegt. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit als Ausstellungsgestalter (Ausstellungsmacher) aber weder um eine künstlerische noch um eine publizistische Tätigkeit i.S. des KSVG.
a) Gegen die Annahme einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit spricht allerdings nicht, dass der Kläger seine Arbeiten im Rahmen einer GbR erbringt. Die GbR kann zwar nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) Rechtsfähigkeit besitzen, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet; sie ist jedoch nach wie vor keine juristische Person (BGHZ 142, 315; 146, 341; vgl. auch Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, § 705 RdNr. 24 m.w.N.). Deshalb wird auch durch den Zusammenschluss mehrerer Personen in einer GbR deren Selbstständigkeit „als Künstler“ in der Regel nicht berührt, wenn sie zur Erstellung eines oder mehrerer Werke zusammenarbeiten und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zweckverfolgung nicht i.S. von § 705 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemeinschaftlich geschieht. So liegt es hier: Nach den bindenden Feststellungen des SG wird die Führung der Geschäfte und die Vertretung der Gesellschaft von allen Gesellschaftern gemeinsam wahrgenommen; sie sind zu gleichen Teilen am Gewinn und Verlust beteiligt und haften nach außen gemeinschaftlich. Das von den Gesellschaftern empfangene Geld wird lediglich gesamthänderisch gebunden, ohne dass dadurch die Selbstständigkeit der einzelnen Gesellschafter „als Künstler“ tangiert wird (so auch Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Aufl. 2004, § 25 RdNr. 26). Dem entsprechend hat der Senat auch bereits zu § 25 KSVG entschieden, dass die Zahlung eines Entgelts an eine GbR als Zahlung des Entgelts an den einzelnen Künstler zu werten ist, auch wenn die künstlerische Leistung gemeinsam in der Form einer GbR erbracht wird (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 11 S. 59, 64; vgl. auch das weitere Urteil des Senats vom 7. Juli 2005 - B 3 KR 29/04 R - SozR 4-5425 § 24 Nr. 7). Hieran ist festzuhalten.
b) In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik, die bildende und die darstellende Kunst. Eine weiter gehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von „Künstlern“ und „künstlerischen Tätigkeiten“, auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BT-Drucks 8/3172 S. 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl. BSG SozR 4-5425 § 24 Nr. 6 RdNr. 13 und BSGE 83, 160, 161 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S. 33 - jeweils mwN; zum Kunstbegriff des Art. 5 Grundgesetz vgl. BVerfGE 30, 173, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl. BT-Drucks 9/26, S. 18 und BT-Drucks 8/3172, S. 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der „Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)“ aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (BSGE 83, 160, 165 f = SozR 3-5425 § 2 Nr. 9 S. 37 f; BSGE 83, 246, 250 = SozR 3-5425 § 1 Nr. 5 S. 23; vgl. auch Finke/Brachmann/Nordhausen a.a.O. § 2 RdNr. 3 und 9; Schriever „Der Begriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht“ in: von Wulffen / Krasney <Hrsg>, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S. 709, 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird.
In dem inzwischen 30 Jahre alten Künstlerbericht der Bundesregierung wird der Beruf des Ausstellungsgestalters (Ausstellungsmachers) nicht erwähnt. Zu Recht hat aber schon das SG darauf hingewiesen, dass die Nichtverzeichnung im Künstlerbericht 1975 nicht zwangsläufig gegen die Qualifizierung der Tätigkeit als künstlerisch spricht, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen (vgl. auch die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BT-Drucks 8/3172, S. 21 und 9/26, S. 18). Im Bereich „Bildende Kunst/Design“ finden sich allerdings die Berufe des Objektemachers, des Grafik- und Produktdesigners sowie des Kunsthandwerkers und des Kunstpädagogen (BT-Drucks 7/3071, S. 7). Wer einen dieser Berufe ausübt, ist - mit Ausnahme des Kunsthandwerkers (BSGE 80, 136 = SozR 3-5425 § 2 Nr. 5) - in aller Regel als Künstler anzusehen (vgl. Finke/Brachmann/ Nordhausen a.a.O. § 2 RdNr. 9 und 16; Brandmüller / Zacher / Thielpape, KSVG - Band I, Stand: Januar 2002, § 2 KSVG Anm. 2). Nach den tatsächlichen und für den Senat bindenden (§§ 161 Abs. 4, 163 SGG) Feststellungen des SG entspricht die berufliche Betätigung des Klägers mit ihrem nachfolgend dargestellten Wesensgehalt indes keinem der vorgenannten - künstlerischen - Katalogberufe.
Der Kläger übt im Zusammenwirken mit weiteren Mitgliedern des „Ingenieurbüro N. „ eine vielschichtige Tätigkeit aus, die im Wesentlichen durch folgende Merkmale geprägt ist:
- Planung von Ausstellungen und Ausstellungselementen nach didaktischem Konzept entsprechend den thematischen Vorgaben der Auftraggeber,
- Entwurf (interaktiver) Ausstellungsobjekte, die in die Ausstellungen eingebunden sind,
- Entwurf von Text- und Bildelementen oder -tafeln,
- Erarbeiten naturwissenschaftlich-pädagogischer Ausstellungstexte,
- Entwurf von Begleit- und Informationsmaterialien zu den Ausstellungen und Erarbeitung der darin enthaltenen Texte.
Diese Verrichtungen bilden - mit unterschiedlicher Bedeutung und bestimmt durch die konkret zu konzipierende Ausstellung - das Schwergewicht der Tätigkeit des Klägers und stellen den Kern seines beruflichen Schaffens dar. Damit unterscheidet er sich von einem Objektemacher, wie er noch im Künstlerbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 1975 aufgeführt ist. Darunter versteht man einen Künstler, der ein Objekt gestaltet, also ein aus verschiedenen Materialien zusammengesetztes Werk der modernen Kunst (Duden „Das große Wörterbuch der deutschen Sprache“ - Band 6, 3. Aufl. 1999, Stichwort „Objektemacher“). Im „Bericht der Bundesregierung über die soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler in Deutschland“ vom 7. Mai 2000 wird dieser Begriff schon nicht mehr erwähnt, sondern klarstellend durch die Bezeichnung „Experimenteller Künstler“ ersetzt (a.a.O. S. 13). Auch Finke/Brachmann/Nordhausen nennen den Experimentalkünstler ergänzend und zur Klarstellung dessen, was unter einem Objektemacher zu verstehen ist (a.a.O. § 2 RdNr. 17 - S. 83 oben). Es geht demnach um die Schaffung von - häufig experimentellen - Kunstobjekten und nicht um die Herstellung von Ausstellungselementen, wie sie der Kläger plant und konzipiert und denen lediglich eine dienende Funktion bei der Vermittlung naturkundlicher bzw. ökologischer Bildungsziele zukommt. Allerdings kann in bestimmten Fällen - die im Museumswesen tätigen Verbände haben in ihren Stellungnahmen gegenüber dem SG hierauf hingewiesen - auch eine Ausstellung bzw. deren Gestaltung die Kriterien der Kunst erfüllen, wenn in der Ausstellung als solcher eine eigenschöpferische künstlerische Leistung zum Ausdruck kommt (BSGE 77, 21, 29 f = SozR 3-5425 § 24 Nr. 12 S. 79 f; BSG SozR 3-5425 § 1 Nr. 4 S. 16; vgl. auch Schriever a.a.O. S. 715). Dies wird etwa bei den „Land-Art“-Großprojekten der Künstler Christo und Jeanne Claude (z.B. „The Gate of New York“ - 2004 oder „Gestapelte Ölfässer“ - Oberhausen 1999) oder bei den Garten- und Landschaftsarrangements eines Andre Heller (z.B. „Kristallwelten“ - Tirol 1995, „Bambusmann“ - Hongkong 1992, „Versinkende Riesin“ - Wien 1991) anzunehmen sein, denn in diesen und vergleichbaren Fällen wird die „Ausstellung“ - also die künstlerisch komponierte oder verfremdete Umwelt - zu einem aus sich heraus wirkenden Gesamtkunstwerk; sie steht im Fokus des Publikumsinteresses, ohne dass es wesentlich auf die Präsentation von Einzelobjekten ankäme. Gerade darin unterscheiden sich die vom Kläger und seiner GbR konzipierten und durchgeführten Ausstellungen, die sich zutreffend mit dem Begriff „Konzeptionelle Umweltbildungsarbeit“ beschreiben lassen (vgl. Homepage der GbR www.n....de). Denn hierbei geht es nicht um die freie eigenschöpferische Umfeldgestaltung, nicht um das Zusammenwirken von Intuition, Phantasie und Kunstverstand als Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers (vgl. BVerfGE 30, 173, 188 f; 83, 130, 138), sondern um die Darstellung und Vermittlung von Wissen zu einem ökologischen oder naturkundlichen Thema. Die Ausstellungsangebote des Klägers und seiner GbR haben keine eigenständige künstlerische Leistung zum Inhalt, sie zielen vielmehr auf Wissensvermittlung ab. Zudem zeigt auch die Eigenbezeichnung der GbR als „Ingenieurbüro N. „, dass im Wesentlichen technisch-naturwissenschaftliche und pädagogische Leistungen angeboten werden.
Die vom SG schwerpunktmäßig festgestellte Tätigkeit des Klägers entspricht auch nicht den ebenfalls im Künstlerbericht von 1975 genannten Berufen des Grafik- und Produktdesigners oder des Kunstpädagogen. Von den Berufsbildern des Grafik- und Produktdesigners (vgl. dazu http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp - Stichworte „Designer/in - Grafik“ und „Designer/in - angew. Formgebung, Schmuck/Gerät“) unterscheidet sich die Tätigkeit des Klägers dadurch, dass die formgerechte und funktionale Gestaltung von Gegenständen unter künstlerisch-ästhetischen Gesichtspunkten nicht Hauptzweck ist, sondern sich in die Konzeption und Planung von Ausstellungen einzufügen hat. Auch soweit ihm der Entwurf von Text- und Bildelementen und begleitenden Informationsmaterialien obliegt, der als schöpferische Leistung angesehen werden kann, ist dies nur ein untergeordneter Aspekt seiner Tätigkeit. Ebenso fehlt die Vergleichbarkeit mit einem Kunstpädagogen. Ein Kunstpädagoge kann entsprechend den Vorgaben im Künstlerbericht 1975 nur dann als Künstler angesehen werden, wenn er sich in größerem Umfang freiberuflich mit pädagogischen Tätigkeiten in der bildenden Kunst beschäftigt (a.a.O. S. 7). Dies ist nach den Feststellungen des SG nicht der Fall.
c) Der Kläger gehört schließlich auch nicht zum Kreis der in § 2 Satz 2 KSVG genannten Publizisten; dies sind Personen, die als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig sind oder Publizistik lehren. Leitbild publizistischer Tätigkeit ist somit das Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Publizisten i.S. des KSVG allerdings nicht hierauf beschränkt, wie sich aus der Öffnungsklausel „oder in anderer Weise publizistisch tätig ist“ ergibt. Der Begriff des Publizisten ist daher weit auszulegen (vgl. BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12). Er beschränkt sich nicht auf die „eigenschöpferische Wortgestaltung“ oder die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sog Massenkommunikationsmitteln (z.B. Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren), sondern erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 12 und § 25 Nr. 1). Danach könnte die Tätigkeit eines Ausstellungsgestalters/Kurators auch dem Bereich der Publizistik zuzuordnen sein, wenn es sich etwa um eine historische oder zeitgeschichtliche Ausstellung handelt (z.B. „Wehrmachtsausstellung“), mit der eine bestimmte Aussage getroffen werden soll, und er schwerpunktmäßig journalistisch und publizistisch tätig ist oder Pressearbeit zu erledigen hat (Finke/Brachmann/Nordhausen a.a.O. § 2 RdNr. 21 und § 24 RdNr. 170). Unabhängig von der Frage, ob die vom Kläger entworfenen Text- und Bildelemente sowie die begleitenden Informationsmaterialien an eine unbestimmte Öffentlichkeit gerichtete - kommunikative - Aussagen enthalten oder sich nur an den begrenzten und überschaubaren Kreis der Ausstellungsbesucher richten (vgl. dazu BSG SozR 3-5425 § 2 Nr. 7 - kunstgeschichtlicher Unterricht), bilden die vorstehend genannten Tätigkeiten des Klägers ebenfalls nicht den Schwerpunkt seiner Arbeit. Sie haben wie die „bildnerischen“ Tätigkeiten nur begleitende - dienende - Funktion und unterstützen die pädagogische Zielrichtung der Ausstellungen.
d) Nach den Feststellungen des SG ist die Tätigkeit des Klägers in ihrem Kerngehalt somit keinem der im Künstlerbericht 1975 aufgeführten Berufsbilder vergleichbar, vielmehr weist sie lediglich einige künstlerische Aspekte auf. Bei einem solchen, aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammengesetzten Berufsbild kann von einem künstlerischen Beruf nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild prägen, Kunst also den Schwerpunkt der Berufsausübung bildet (BSGE 82, 107, 111 = SozR 3-5425 § 25 Nr. 12 S. 64; so schon Künstlerbericht, S. 41; vgl. auch Finke/Brachmann/Nordhausen a.a.O. § 2 RdNr. 9). Dies ist hier nicht der Fall. Das SG hat auf Grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass sich die Tätigkeit des Klägers in ihrem Wesensgehalt zwar durch eine intensive schöpferische Leistung auszeichnet, diese aber nicht spezifisch künstlerisch ist. Sowohl auf der planerisch-konzeptionellen Ebene als auch im Zusammenhang mit dem Entwurf der Ausstellungsobjekte wird von ihm kreativ-gestalterisches Arbeiten verlangt, die dabei einzubringenden eigenschöpferisch-künstlerischen Elemente sind jedoch nur von untergeordneter Bedeutung und geben seinem Schaffen nicht das Gepräge. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden. Viele Berufe weisen - mehr oder weniger - eigenschöpferische Gestaltungselemente auf; diese Elemente machen sie aber noch nicht zu künstlerischen Berufen.
Soweit der Senat mit Urteil vom 30. Januar 2001 (SozR 3-5425 § 2 Nr. 13 S. 55 - Tiermodellbauer) die Künstlereigenschaft eines Modellbauers von ausgestorbenen Tieren, die in naturwissenschaftlichen Museen ausgestellt werden, bejaht hat, bestand der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall gerade darin, dass der damalige Kläger mit seinen Werken eine eigenständige ideell-ästhetische Wirkung zu erreichen suchte und seine Tätigkeit allein darauf beschränkt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.