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B 4 RA 212/04 B

Gründe I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) ab 1. Januar 2002.

Die Beklagte erkannte dem Kläger ein bis 31. Dezember 2001 befristetes Recht auf Rente wegen EU zu (Bescheid vom 10. März 1999). Auf „Weiterzahlungsantrag“ billigte die Beklagte dem Kläger ein Recht auf Rente wegen EU zu, nunmehr auf unbestimmte Dauer, längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Bescheid vom 5. September 2001) Den Wert dieses Rechts setzte sie mit dem Hinweis fest, dass für die Berechnung der Rente weiterhin der bisherige Bescheid vom 15. März 2001 unter Berücksichtigung der Rentenanpassung gelte. Den Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die Berechnung sei mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Oktober 1996 - 4 RA 31/96 - unvereinbar, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 6. November 2001). Auf Klage hob das Sozialgericht (SG) die Rentenhöchstwertfestsetzung auf und verpflichtete die Beklagte, einen höheren Wert festzusetzen (Urteil vom 26. Januar 2004). Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 19. Juli 2004 zurückgewiesen und u.a. ausgeführt: Mit dem 1. Januar 2002 sei für den Kläger - unabhängig von der vorangegangenen Bewilligung einer Rente wegen EU auf Zeit - ein neues eigenständiges Recht auf Rente wegen EU entstanden, das eine Berechnung der Rente nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften erforderlich mache. Bisher sei lediglich ein bis 31. Dezember 2001 begrenztes Stammrecht auf Rente wegen EU entstanden. Mit Ablauf der zeitlich begrenzten Geltung könne der Bescheid vom 15. März 2001 keine Regelungswirkungen mehr entfalten. Aus § 302b Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung ergebe sich keine andere Beurteilung.

Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

Gründe II

Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 i.V.m. § 160a Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, denn die Beklagte hat in der Beschwerdebegründung den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160a Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Senat sieht gemäß § 160a Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG von einer Begründung ab, weil dies zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung nicht beitragen könnte. Er beschränkt sich auf folgende Hinweise:

Die Beklagte misst folgender Frage grundsätzliche Bedeutung bei:

„Wird mit Erteilung eines sog. Weitergewährungsbescheides im Anschluss an eine zuvor nur auf Zeit bewilligte Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit (richtig: Erwerbsfähigkeit) über einen neuen, eigenständigen Rentenanspruch entschieden (mit der Folge, dass für die Berechnung der Rentenhöhe gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI das Recht maßgebend ist, das zu Beginn des Weitergewährungszeitraums gilt) oder handelt es sich bei ursprünglichem Zeitrentenbescheid und Weitergewährungsbescheid um einen durchgehenden Rentenanspruch, bei dem durch den Weitergewährungsbescheid lediglich die Nebenbestimmung über die Dauer der Rente abgeändert wird (mit der Folge, dass für die Berechnung der Rentenhöhe gemäß §§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 Satz 2 SGB VI das gleiche Recht gilt, das bei Erteilung des ursprünglichen Bescheides galt)?“

Mit dieser Fragestellung hat die Beklagte schon keine abstrakte Rechtsfrage bezeichnet, die sich auf die Auslegung einer bestimmten Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) bezieht. Denn die Beklagte vermengt den verwaltungsverfahrensrechtlichen Themenkreis, inwieweit ein Verwaltungsakt, mit dem über einen „Anspruch“ auf Rente entschieden wird, selbst mit einer (auflösenden) Befristung versehen werden darf (vgl. § 32 Abs. 1 und 2 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 117 SGB VI; „dazu stellvertretend: BSGE 67, 104, 114 f = SozR 3-1300 § 32 Nr. 2 S. 16 f), also dessen Wirksamkeit auflösend befristet werden darf, mit dem materiell-rechtlichen Themenkreis des Wegfalls von Rechten auf Renten durch eine auflösende Befristung dieses Rechts selbst. Sie hat nicht aufgezeigt, aus welcher Norm des Bundesrechts sich insoweit Auslegungszweifel ergeben könnten. Dies wäre umso mehr erforderlich gewesen, als § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB VI als insoweit maßgebliche materielle Norm des Bundesrechts wie folgt lautet: „Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist.“

Auch die Klärungsbedürftigkeit des von ihr angesprochenen Themenkreises hat sie nicht dargelegt. Sie hat in der Beschwerdebegründung selbst ausgeführt, dass es dazu bereits eine höchstrichterliche Entscheidung des BSG vom 24. Oktober 1996 (4 RA 31/96, veröffentlicht in SozR 3-2600 § 300 Nr. 8) gäbe, der die Instanzgerichte weitgehend folgten. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit reicht es deshalb nicht aus, dass sie auf eine abweichende Verwaltungspraxis hinweist. Vielmehr wäre auszuführen gewesen, dass der von der Beklagten aufgeworfene Themenkreis trotz der höchstrichterlichen Rechtsprechung klärungsbedürftig geblieben oder erneut klärungsbedürftig geworden ist, weil vom BSG bislang noch nicht bedachte Argumente zu einer anderen Auslegung führen könnten. An diesbezüglichen Ausführungen fehlt es. Im Gegenteil: In der Anlage wird darauf hingewiesen, dass es sich beim Urteil vom 24. Oktober 1996 (4 RA 31/96) um eine Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26. Juni 1990 -5 RJ 62/89 - und vom 17. März 1983 -11 RA 24/82) gehandelt habe. Auch der Hinweis der Beklagten auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. August 1968 - VI B 46/68 (BFHE 93, 267, 269) führt nicht weiter, denn die Beklagte hat übersehen, dass in dieser Entscheidung ein neuer rechtlicher Gesichtspunkt, nämlich eine in späteren Erlassen geäußerte Rechtsansicht des Bundesministers der Finanzen und der Länderfinanzminister, vorgelegen hat, während sich die Beklagte im Wesentlichen auf einen mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung verbundenen hohen Verwaltungsaufwand sowie eine vermeintliche Besserstellung der Zeitrentner gegenüber den Dauerrentnern stützt, u.a. ohne darzulegen, dass dem mit den genannten verfahrensrechtlichen Mitteln nicht begegnet werden könnte. Die Beklagte hat auch nicht hinreichend dargelegt, inwieweit sich angesichts des seit dem Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 unveränderten Wortlauts des § 102 Abs. 1 Satz 1 SGBVI mit den Änderungen in den §§ 302b Abs. 1 Satz 2, 303a Satz 2 SGBVI durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 neue rechtliche Gesichtspunkte ergeben haben könnten, die das BSG bislang nicht erwogen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

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