B 13 RJ 11/03 R
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine Rentennachzahlung - erneut - an die Klägerin auszuzahlen.
Die Klägerin ist Griechin mit Wohnsitz in Deutschland. Im Juni 1995 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) oder Berufsunfähigkeit. In dem hierüber geführten Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Osnabrück (SG) (S 1 RI 159/97) bot die Beklagte am 1. April 1998 im Wege eines Vergleichs an, Rente wegen EU ab 1. September 1995 zu gewähren. Die Klägerin nahm dieses Vergleichsangebot an. Mit Bescheid vom 20. Mai 1998 teilte die Beklagte mit, die Rente wegen EU betrage ab 1. Juli 1998 monatlich 1.176,05 DM; für die Zeit von September 1995 bis einschließlich Juni 1998 ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag von 39.434,64 DM, der zunächst zur Prüfung von Erstattungsansprüchen einbehalten werde.
Auf dem Formularantrag auf Versichertenrente vom 14. Juni 1995 hatte die Klägerin gegenüber der Beklagten ursprünglich als Bankverbindung ein Konto bei der O. Landesbank AG (OLB), Filiale Q., angegeben. Am 3. Juni 1998 teilte sie bei der Rentenabteilung der Samtgemeinde A. auf einem Formular, das an das Postrentendienstzentrum gerichtet war, eine Kontoänderung mit. Auf diesem Vordruck hieß es unter 1.2 (Antrag auf unbare Zahlung/Kontoänderung): "Ich bitte, meine Rente künftig auf folgendes Konto zu überweisen: Nummer ... der Deutschen Bank Q.". Die Samtgemeinde A. leitete diesen Antrag an das Postrentendienstzentrum H. weiter, das der Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 1998 mitteilte: "Aufgrund des bei uns eingegangenen Antrags auf Kontoänderung werden wir Ihre Rente erstmals Ende 06.98 für Monat 07.98 auf das Konto ..., Deutsche Bank AG, Filiale O., überweisen."
Mit Schreiben vom 2. Juli 1998 rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin die Rentennachzahlung wie folgt ab: Nach Befriedigung eines Erstattungsanspruchs des Sozialamtes der Samtgemeinde A. verbleibe für die Klägerin ein Restbetrag in Höhe von 6.680,95 DM; dieser Betrag werde "auf das angegebene Konto" überwiesen. Die Beklagte veranlasste noch am selben Tag die Überweisung dieses Nachzahlungsbetrags auf das Konto bei der OLB in Q. Die am 7. Juli 1998 veranlasste Zahlung der Verzinsung hingegen erfolgte auf das Konto der Deutschen Bank in Q.
Die OLB nahm den Nachzahlungsbetrag entgegen und verrechnete ihn auf bei ihr noch bestehende Verbindlichkeiten der Klägerin. Die Klägerin begehrte daraufhin von der Beklagten die nochmalige Auszahlung des Betrages. Sie verwies darauf, dass das Konto bei der OLB Ende 1995/Anfang 1996 gekündigt worden sei; außerdem legte sie eine Abtretungserklärung vom 15. Juli 1996 vor, wonach 6.000,-- DM aus der zu erwartenden Rentennachzahlung an einen Herrn V. G. abgetreten worden seien. Mit Schreiben vom 6. Mai 1999 lehnte die Beklagte eine erneute Überweisung der Rentennachzahlung ab, weil die Klägerin die Abtretung nicht angezeigt habe, das Konto bei der OLB noch bestanden habe und der Nachzahlungsbetrag daher in den Verfügungsbereich der Klägerin gelangt sei; ihr Vermögen sei durch die Minderung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der OLB vermehrt worden.
Das SG hat die auf Zahlung von 6.680,95 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Juli 1998 gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Änderungsanzeige der Kontoverbindung habe sich nach dem Wortlaut nur auf "künftige Rentenzahlungen" bezogen; die Rente für den Nachzahlungszeitraum sei hiervon nicht betroffen gewesen (Urteil vom 17. August 2001). Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte Eventualwiderklage erhoben, mit der sie für den Fall der Verurteilung die Rückgewähr der bereits erbrachten Nachzahlung begehrt hat. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 30. Januar 2003). Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
Die Beklagte habe den Anspruch der Klägerin bereits durch Überweisung des Nachzahlungsbetrags auf das Konto bei der OLB erfüllt. Die Erfüllung des Rentenanspruchs der Klägerin sei gemäß § 47 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch (SGB I) iVm § 362 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dadurch eingetreten, dass der ihr zustehende Restbetrag auf dem Konto der OLB zu ihren Gunsten gebucht worden sei. Bei diesem Konto habe es sich um "ein Konto" der Klägerin iS des § 47 SGB I gehandelt, das die Beklagte habe auswählen dürfen. Im Hinblick auf die schriftliche Auskunft dieser Bank vom 18. August 1998 habe der Berufungssenat keinen Zweifel daran, dass das dortige Konto der Klägerin zum Zeitpunkt des Eingangs der Überweisung noch bestanden habe. In diesem Zusammenhang könne dahingestellt bleiben, ob die OLB verpflichtet gewesen sei, wegen der Kündigung des Kontos durch die Klägerin das Konto bereits vor dem Eingang der Überweisung zu löschen; diese Frage betreffe ausschließlich das Innenverhältnis der Klägerin mit der Bank. Eine Beiladung der OLB sei deshalb ebenso entbehrlich wie die nähere Auslegung der allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Bank.
Für den Eintritt der Erfüllungswirkung könne dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Verbuchung des Nachzahlungsbetrages auf dem Konto der OLB noch das Einverständnis der Klägerin mit der Wahl gerade dieses Überweisungsweges bestanden habe. Die sich aus § 33 Satz 2 SGB I ergebende Befugnis des Leistungsempfängers, ein bestimmtes Konto für die Überweisung seiner Leistung zu benennen, sei für den Leistungsträger nicht bindend und somit für die Frage des Eintritts der Erfüllung der Forderung nicht von Bedeutung.
Im Übrigen sei die Klägerin durch die Vorschrift des § 55 SGB I hinreichend geschützt. Danach könne eine Forderung des Berechtigten, die durch die Gutschrift eines Geldbetrages auf seinem Konto entstanden sei, für die Dauer von sieben Tagen nicht gepfändet werden. Ebenso könne innerhalb dieser Frist gegen diese Forderung nicht aufgerechnet werden. Insofern stehe die Klägerin nicht schlechter, als wenn die Leistung auf das von ihr angegebene Konto erfolgt wäre.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 47, 33 SGB I). Sie ist der Auffassung, dass - in Anlehnung an zivilrechtliche Rechtsprechung - grundsätzlich keine Tilgungswirkung eintrete, wenn der Schuldner auf ein anderes als das vom Gläubiger angegebene Konto überweise. Insofern könne nicht allein auf § 47 SGB I abgestellt werden. Sie, die Klägerin, habe die eindeutige Anweisung gegeben, ausschließlich auf das Konto bei der Deutschen Bank zu zahlen. Hiervon könne die Beklagte nur abweichen, wenn der Überweisungswunsch unangemessen iS des § 33 Satz 2 SGB I sei, was vorliegend nicht der Fall sei. Im Übrigen ergebe sich aus dieser Vorschrift, dass den Wünschen des Leistungsempfängers Folge zu leisten sei. Demzufolge habe die Beklagte nur auf das Konto bei der Deutschen Bank leistungsbefreiend zahlen können. Der Hinweis des LSG auf § 55 SGB I sei verfehlt, weil sie, die Klägerin, die Frist von sieben Tagen, in der der Geldbetrag vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt sei, gar nicht habe ausnutzen können; denn sie sei von der OLB aufgrund der Kündigung ihres Kontos (= Umwandlung in ein reines Buchungskonto) nicht über die Gutschrift informiert worden.
Die Klägerin beantragt,
1. | das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. Januar 2003 sowie das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 17. August 2001 aufzuheben, |
2. | die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.415,92 € (6.680,95 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Juli 1998 zu Händen des Prozessbevollmächtigten zu zahlen. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen. |
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes). Streitig ist allein die Frage, ob die Klägerin (nochmals) die Auszahlung der mit Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 1998 festgestellten Rentennachzahlung in Höhe von 3.415,92 € (6.680,95 DM) verlangen kann, oder ob dieser Anspruch durch die Überweisung der Beklagten auf das ursprünglich von der Klägerin angegebene Konto bei der OLB bereits erfüllt ist. Das Urteil des LSG könnte nur dann bestätigt werden, wenn die Beklagte bei der Überweisung dieses Betrages noch davon ausgehen durfte, dass sie auf das zuerst von der Klägerin angegebene Konto bei der OLB mit befreiender Wirkung zahlen konnte. Dies kann mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden.
Der Anspruch der Klägerin auf die Rentennachzahlung für die Zeit vom 1. September 1995 bis 30. Juni 1998 basiert auf dem vor dem SG am 23. April 1998 mit der Beklagten geschlossenen Vergleich. Der Nachzahlungsanspruch bezifferte sich nach dem Ausführungsbescheid der Beklagten vom 20. Mai 1998 auf 39.434,64 DM, wovon nach der Erfüllung des Erstattungsanspruchs der Samtgemeinde A. Sozialamt - in Höhe von 32.753,69 DM ein an die Klägerin auszuzahlender Restbetrag in Höhe von 3.415,92 € (= 6.680,95 DM) verblieb; allein hinsichtlich dieses Betrages ist streitig, ob die Beklagte den Zahlungsanspruch der Klägerin durch die Überweisung auf das Konto bei der OLB erfüllt hat.
Gemäß § 47 SGB I hat der Leistungsträger, soweit die besonderen Teile dieses Gesetzbuches keine Regelung enthalten, die Geldleistungen kostenfrei auf ein Konto des Empfängers zu überweisen. Diese Vorschrift regelt jedoch nur, wie die Geldleistung zu erbringen ist (Mrozynski, Komm zum SGB I, 3. Aufl, § 47 RdNr. 2; VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 2002, 842 ff; aA Wannagat, Komm zum SGB I, Stand: Juli 2000, § 47 RdNr. 4), und dass eine Banküberweisung im Gegensatz zur Barauszahlung der Regelfall sein soll, sie also grundsätzlich zur Erfüllung einer Geldforderung geeignet ist. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung von Geldschulden, etwa als Schickschulden und damit auch hinsichtlich der Gefahrtragung, gelten ergänzend die zivilrechtlichen Vorschriften (Mrozynski, aaO, § 47 RdNr. 2).
Nach § 362 BGB muss für die Erfüllung eines Zahlungsanspruches die geschuldete Leistung bewirkt sein, dh es kommt nicht auf die Leistungshandlung, sondern auf den Leistungserfolg an (BGHZ 12, 267, 268; 87, 156, 162). Die Erfüllung tritt daher erst mit Eingang der Leistung beim Gläubiger (Erfüllungsort) ein (so auch Mrozynski, aaO, § 47 RdNr. 10). Dabei genügt es, wenn die Geldleistung auf dem Konto, über das der Leistungsempfänger auch verfügungsberechtigt ist, gutgeschrieben wird (BSG SozR 1200 § 47 Nr. 1). Verfügt der Gläubiger über mehrere Konten und teilt er dem Schuldner ein bestimmtes Bankkonto mit, besteht grundsätzlich kein Einverständnis mit der Überweisung auf ein anderes Konto des Gläubigers (BGHZ 98, 24, 30 = NJW 1986, 2428; FG Köln, Urteil vom 12. Oktober 1994, Az: 6 K 103/92 = EFG 1995, 354; Staudinger, Komm zum BGB, Vorbem zu § 362 RdNr. 38). Denn der Gläubiger kann aus unterschiedlichen Gründen ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Zahlung nicht auf ein beliebiges Konto erfolgt, zB weil das Konto gepfändet ist oder im Soll steht (BGHZ 98, 24, 30; Staudinger, Komm zum BGB, 13. Aufl 1995, Vorbem zu § 362 ff, RdNr. 38). Die Zahlung eines Leistungsträgers auf ein anderes als von dem Leistungsempfänger bestimmtes Konto hat daher grundsätzlich keine Tilgungswirkung (vgl Heinrichs in Palandt, BGB, Komm, 61. Aufl, § 362 RdNr. 8; zu einem vergleichbaren Fall vgl auch FG Köln, Urteil vom 12. Oktober 1994, Az: 6 K 103/92 = EFG 1995, 354).
Nichts anderes kann für die Mitteilung einer Kontoänderung gelten. Teilt ein Gläubiger die Eröffnung eines neuen Kontos mit und wünscht er die Zahlung noch ausstehender Beträge ausschließlich auf das neue Konto, so hat der Schuldner dem im Regelfall Folge zu leisten, auch wenn das ursprünglich genannte Konto noch (übergangsweise) weitergeführt wird. Liegt kein Ausnahmetatbestand vor, kommt der Überweisung des geschuldeten Zahlbetrages auf das ursprünglich genannte Konto keine Tilgungswirkung zu.
Für dieses Ergebnis spricht auch die Vorschrift des § 33 SGB I. Danach sind, wenn die Rechte oder Pflichten nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmt sind, bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten und Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
§ 33 SGB I bezieht sich nicht auf die Rechtsansprüche als solche, sondern auf deren Ausgestaltung, dh er nimmt Bezug nicht auf das "Ob", sondern auf das "Wie" der Leistungen (Mrozynski, aaO, § 33 RdNr. 2 mwN). Aus der Formulierung des § 33 Satz 2 SGB I (" .... soll den Wünschen des Berechtigten entsprochen werden ...") folgt, dass der Leistungsträger grundsätzlich (= Regelfall) verpflichtet ist, den Wünschen des Leistungsempfängers Folge zu leisten (Hauck in Hauck/Noftz, SGB I, Komm, Stand: Mai 2000, § 47 RdNr. 3b). Regelmäßig hat er daher auch dem Wunsch eines Leistungsempfängers Rechnung zu tragen, die Überweisung einer Geldleistung auf das von ihm ausdrücklich genannte Konto vorzunehmen. Die Überweisung der Leistung auf ein vom Berechtigten gewünschtes Konto kann der Leistungsträger jedoch verweigern, wenn der zusätzliche Verwaltungsaufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu den objektiven oder vermeintlichen Vorteilen für den Berechtigten steht, also "unangemessen" ist (vgl BSG SozR 1200 § 47 Nr. 1).
Damit der Leistungsträger seiner Pflicht zur Leistung auf das vom Leistungsempfänger gewünschte Konto nachkommen kann, muss der Berechtigte seinerseits Sorge dafür tragen, dass dieser Wunsch dem leistungsverpflichteten Träger hinreichend deutlich und rechtzeitig vor dem gewünschten oder in Betracht kommenden Zahlungstermin bekannt wird. Dies gilt in gleichem Maße für etwaige Änderungswünsche hinsichtlich des zuvor angegebenen Überweisungswegs. Betroffene Leistung(en) und gewünschter Änderungstermin müssen so klar und für den Leistungsträger unmissverständlich bezeichnet sein, dass dieser bei vernünftiger Organisation in der Lage ist, die gewünschte Änderung fristgerecht umzusetzen.
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die von der Klägerin mitgeteilte Kontoänderung so klar und eindeutig war, dass die Beklagte diese nicht nur auf die zukünftigen laufenden Rentenzahlungen, sondern auch auf die Rentennachzahlung beziehen konnte und musste. Im Hinblick auf den Wortlaut des verwendeten Kontoänderungsformulars iVm den beigefügten Erläuterungen und des von der Deutschen Post AG am 9. Juni 1998 übersandten Antwortschreibens drängen sich weiter Zweifel auf, dass die Änderungsanzeige über den Postrentendienst auch dem Rentenversicherungsträger rechtzeitig zur Kenntnis gelangt ist.
Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin am 3. Juni 1998 bei der Samtgemeinde A. ein Formblatt mit der Überschrift "Änderungsanzeige und Anträge im Postrentendienst" ausgefüllt, das diese an den Postrentendienst weitergeleitet hat. Hieraus ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob die Klägerin gegenüber der Gemeindeverwaltung zum Ausdruck gebracht hat, dass alle Rentenzahlungen - auch Nachzahlungen - ab dem nächstmöglichen Termin nur noch auf das neue Konto überwiesen werden sollten. Ist schon der Wortlaut der Änderungsanzeige nicht eindeutig, so bleibt dem Senat jedenfalls deshalb eine (eigene) Auslegung verwehrt, weil die Fußnote 1) oben rechts auf dem Formular den drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis enthält, dass die "Erläuterungen (z.B. 1) auf dem abzutrennenden Blatt zu beachten seien", dieses Hinweisblatt aber nicht in den Akten enthalten ist. Damit ist unklar, ob aus der Sicht des Rentenempfängers die Änderungsanzeige eindeutig alle künftigen Zahlungen erfasste oder auf die vom Postrentendienst im Auftrag der Rentenversicherungsträger auszuzahlenden laufenden Geldleistungen iS der jeweils monatlich fällig werdenden Rentenzahlungen beschränkt sein sollte (vgl § 119 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch).
Wegen der Unklarheit der formularmäßigen Änderungsanzeige hätte das LSG, weil eine persönliche Vorsprache der Klägerin bei der Samtgemeinde A. stattgefunden hat, die näheren Umstände dieser Vorsprache klären müssen. Aufklärungsbedürftig war insbesondere, mit welchem ausdrücklichen Begehren die Klägerin an die Gemeinde herangetreten ist und in welcher Hinsicht tatsächlich eine Beratung der Gemeindeverwaltung erfolgt ist. Hierbei wird entscheidend sein, ob die Klägerin auf die bevorstehende Möglichkeit einer Nachzahlung hingewiesen hat - ggf auch durch Vorlage des Rentenbescheides - und ob der Gemeinde erkennbar sein musste, dass eine übliche formularmäßige Meldung beim Postrentendienst allein nicht ausreichend war, um auch eine Auszahlung des Nachzahlungsbetrags auf das neue Konto der Klägerin sicher zu stellen.
Eine Klärung dieser Frage erübrigte sich insbesondere nicht wegen des von der Deutschen Post AG, Postrentendienstzentrum H., auf die Änderungsanzeige der Klägerin erstellten Antwortschreibens am 9. Juli 1998. Es lautete: "Sehr geehrter Rentenempfänger, aufgrund des bei uns eingegangenen Antrags auf Kontoänderung werden wir Ihre Rente erstmals Ende 06.98 für den Monat 07.98 auf das Konto ... der Deutschen Bank, Filiale O., überweisen." Zwar spricht der Monatsbezug ("für den Monat 07.98") eher dafür, dass der Postrentendienst die Änderungsmitteilung nur auf die künftigen monatlichen Rentenzahlungen bezog, sodass ein verständiger Versicherter gehalten gewesen wäre, zur Beseitigung von Unklarheiten (Bezug der Änderungsmitteilung auch auf die Rentennachzahlung) Rücksprache beim Postrentendienst oder bei der Beklagten selbst zu nehmen. Das Schreiben war jedoch an eine nichtdeutsche und damals nicht fachkundig vertretene Versicherte gerichtet, die zur Kommunikation mit der Beklagten die Hilfe der Gemeinde A. in Anspruch genommen hatte und aufgrund ihrer Vorsprache möglicherweise davon ausgehen durfte, bezüglich der Mitteilung der Kontoänderung auch für die erwartete Rentennachzahlung alles aus ihrer Sicht Erforderliche getan zu haben.
Unklar - und vom Berufungsgericht aufzuklären - ist auch, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der Anweisung des Nachzahlungsbetrags (2. Juli 1998) nicht bereits konkret Kenntnis von der Kontoänderung hatte bzw bei ordnungsgemäßer Organisation hätte erlangen können. Denn hätte die Beklagte trotz Kenntnis von der Kontoänderung auf das alte Konto der Klägerin überwiesen, hätte sie nicht erfüllt. Nach den Feststellungen des LSG hatte die Deutsche Post AG spätestens am 9. Juni 1998 von der Änderungsanzeige Kenntnis erhalten, als sie der Klägerin die am 3. Juni 1998 der Gemeinde mitgeteilte geänderte Kontoverbindung schriftlich bestätigte. Ob und wann die Beklagte vom Postrentendienst über die Kontoänderung genau informiert wurde, ist hingegen nicht dokumentiert. Den Rentenakten der Beklagten lässt sich insoweit nur entnehmen, dass der Datenausdruck der Beklagten mit Datum 2. Juli 1998 neben der Anschrift und der Höhe des an die Klägerin auszuzahlenden Nachzahlungsbetrags noch die - bisherige - Kontoverbindung bei der OLB beinhaltet (vgl Bl 250 RA). Dagegen enthält der Datenausdruck vom 7. Juli 1998 (Bl 260 RA), mit dem die Abrechnung der Zinsen erfolgte, die geänderte Kontoverbindung, jedoch ohne Hinweis darauf, wann und auf welche Weise die Beklagte von der Kontoänderung Kenntnis erlangte.
Selbst wenn die Beklagte im Zeitpunkt der Überweisung noch keine konkrete Kenntnis vom neuen Konto der Klägerin gehabt haben sollte, so wäre zu klären, ob sie von der geänderten Kontoverbindung jedenfalls hätte wissen können bzw müssen. Auch hierzu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts, insbesondere wie die allgemeine Organisation über die Weiterleitung der Mitteilung einer Kontoänderung vom Postrentendienst an die Beklagte geregelt ist.
Ein möglicher Organisationsmangel der Beklagten bzw des von ihr in Anspruch genommenen Postrentendienstes in diesem Zusammenhang (zB unterlassene Nutzung einer online-Dateninformation bzw fehlende Einrichtung einer solchen) könnte der Klägerin zudem zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch des Inhalts verhelfen, dass sie so zu stellen wäre, als sei die Beklagte rechtzeitig von der geänderten Kontoverbindung in Kenntnis gesetzt worden. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könnte ferner in Betracht kommen, sollten die Ermittlungen des LSG ergeben, dass die Klägerin bei der Gemeinde A. ausdrücklich oder sinngemäß das Begehren geäußert hätte, ihre neue Kontoverbindung solle sobald wie möglich für alle zu erwartenden Rentenleistungen, dh auch für Rentennachzahlungen, gelten und, wenn durch ein Unterlassen oder einen Fehler der Gemeinde die Änderungsanzeige nur an den Postrentendienst weitergeleitet wurde, ohne sich zu versichern, dass von dort eine rechtzeitige Information der Beklagten erfolgen werde, obwohl durch unverzügliche Meldung direkt an die Beklagte die Überweisung der Rentennachzahlung auf das neue Konto der Klägerin möglich gewesen wäre.
Sollte das LSG nach der erforderlichen weiteren Sachaufklärung zu dem Ergebnis kommen, der Anspruch der Klägerin auf nochmalige Auszahlung der streitigen Summe bestehe zu Recht, so wird es auch über die von der Beklagten erhobene Widerklage sowie eine notwendige Beiladung der OLB zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.