B 3 KR 7/97 R
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob die von der Klägerin an ihren Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer E. G. (G) gezahlten Entgelte der Bemessung der Künstlersozialabgabe (KSA) unterliegen.
Nach der Eintragung im Handelsregister ist Gegenstand des Unternehmens der Klägerin der Verkauf von Sportartikelprodukten, Werbung für Industrieunternehmen bei Sportveranstaltungen und deren Beratung, Schauveranstaltungen und Moderation bei Betrieben und Vereinen, Moderation für TV-Anstalten sowie Mitwirkung bei Fernsehsendungen. Die geschäftlichen Aktivitäten werden von G wahrgenommen, der einziger Angestellter des Unternehmens ist und als ehemaliger Spitzensportler über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. Mit Bescheid vom 14. April 1994 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin seit dem 4. Mai 1990 zum Kreis der dem Grunde nach abgabepflichtigen Unternehmen gehöre, weil sie Werbung für Dritte betreibe. Mit Bescheid vom 20. November 1994 setzte die Beklagte die KSA für die Jahre 1990 bis 1993 zunächst auf der Grundlage von Schätzungen fest, da die Klägerin keine Meldung über die Höhe abgabepflichtiger Entgeltzahlungen gemacht hatte. Nach der Angabe von nicht weiter erläuterten Zahlbeträgen durch G korrigierte die Beklagte ihre Forderung durch Bescheid vom 27. Dezember 1994 und setzte die KSA auf insgesamt 5.315,00 DM fest. Gegen diesen Bescheid sowie gegen einen nachfolgenden Bescheid vom 12. Januar 1995, mit dem die Beklagte Vorauszahlungen geltend machte, legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, für die von ihr an G geleisteten Zahlungen bestehe keine Abgabeschuld. G sei kein selbständiger Künstler. Er erbringe seine Tätigkeit ausschließlich als Arbeitnehmer und beziehe ein festes Gehalt, von welchem Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie Lohnsteuer abgeführt würden. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31. März 1995).
Die hiergegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Reutlingen <SG> vom 25. Januar 1996 sowie Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg <LSG> vom 5. September 1997). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Abgabepflicht der Klägerin stehe bindend fest, da der entsprechende Bescheid der Beklagten nicht angefochten worden sei. Die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Bemessung der KSA sei rechtmäßig. G sei nicht abhängig Beschäftigter der GmbH, weil er diese als Alleingesellschafter ausschließlich und uneingeschränkt beherrsche. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, daß G sich letztlich selbst vermarkte, weil G die Klägerin ganz bewußt zwischen sich und die Nachfrager seiner Leistung geschaltet habe. Bei der Moderation und der Werbung handele es sich um künstlerische Tätigkeiten, die von den anderen Tätigkeitsbereichen des G nicht abgegrenzt werden könnten. Den darauf entfallenden Anteil habe die Beklagte schätzen dürfen und dies zutreffend getan.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie eine Verletzung der §§ 2, 24, 25 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und von Art 3 Grundgesetz (GG) rügt. Die Tätigkeit des G als Sportler unterliege nicht der Abgabeschuld. Es handele sich hierbei nicht um künstlerische Leistungen i.S. der §§ 2 Satz 1 und 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG. Darüber hinaus verletze das angefochtene Urteil die §§ 2, 25 KSVG auch deshalb, weil der Abgabepflicht nur die an selbständige Künstler gezahlten Entgelte unterlägen. G sei jedoch Geschäftsführer der Klägerin und nicht ein von ihr beauftragter selbständiger Künstler. Wegen der wirtschaftlichen Identität des Geschäftsführers mit der Klägerin sei die Tätigkeit des Geschäftsführers abgabefreie Selbstvermarktung.
Der Kläger beantragt,
- die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. September 1997 und des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Januar 1996 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1994 und 12. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1995 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist i.S. der Rückverweisung an das LSG begründet. Ob die an ihren Alleingesellschafter und Geschäftsführer G. gezahlten Entgelte der Künstlersozialabgabepflicht nach § 25 KSVG unterliegen, kann wegen unzureichender Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden.
Der Rechtsstreit bezieht sich im Revisionsverfahren allein noch auf die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1994 und 12. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1995. Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten abgegebenen Erklärung sind die nach Klageerhebung erteilten, nachfolgende Abrechnungszeiträume betreffende Abgabebescheide vom 26. Mai 1995, 10. Januar und 30. Mai 1996 sowie vom 8. Januar und 22. April 1997 nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits, so daß nicht mehr darüber zu entscheiden ist, ob die Vorinstanzen diese Bescheide zu Recht entsprechend § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogen haben.
Die Klägerin ist dem Grunde nach künstlersozialabgabepflichtig nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG, weil sie u.a. Werbung für Dritte betreibt. Die Beklagte hat dies durch bindenden Bescheid vom 14. April 1994, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, festgestellt. Ein Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X) ist nicht eingeleitet worden.
Nach § 25 Abs. 1 KSVG sind Bemessungsgrundlage der KSA u.a. die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt. Als Entgelt kommt hier das regelmäßig monatlich für G. ausgewiesene Gehalt in Betracht. Die Einbeziehung des an G. gezahlten Gehalts in die Bemessungsgrundlage der KSA ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil G. bei der Klägerin angestellt ist. Das LSG hat G, ausgehend von den in ständiger Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit, zutreffend als Selbständigen und nicht als Arbeitnehmer der Klägerin angesehen. Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist nur, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies bedeutet eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung. Auch wenn das Weisungsrecht - vor allem bei Diensten höherer Art - erheblich eingeschränkt sein kann, darf es nicht vollständig entfallen. Demgegenüber wird die selbständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit frei zu verfügen (BSGE 13, 196, 201 und 38, 53, 57; BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4, 8 und 19).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Frage, ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH, dessen Organstellung allein eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern nicht ausschließt (BSGE 13, 196, 200 = SozR Nr. 5 zu § 1 Angestelltenversicherungsgesetz <AVG> a.F.), eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit darstellt. Ist der Geschäftsführer, wie hier, am Kapital der Gesellschaft beteiligt, ist der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Wer kraft seiner Gesellschafterrechte die für das Arbeitnehmerverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber vermeiden kann, kann nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. Für GmbH-Gesellschafter, die über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen und damit einen maßgebenden Einfluß auf deren Entscheidungen besitzen, hat die Rechtsprechung stets ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH verneint (BSG-Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 14/86 - = BB 1989, 73 m.w.N.). G. ist als Alleingesellschafter der Klägerin demnach als Selbständiger anzusehen. Dem steht auch nicht entgegen, daß G. für seine Geschäftsführertätigkeit ein Gehalt bezieht, das steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gewertet wird. Im Gegensatz zum Sozialversicherungsrecht stellt das Steuerrecht nicht auf den Umfang der Beteiligung am Gesellschaftskapital und damit auf die soziale Abhängigkeit ab, sondern primär darauf, ob der Gesellschafter vertraglich der Gesellschaft zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet ist (vgl. Huber, in: Personalbuch 1997, Seite 944, RdNr. 36). Soweit Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind, fehlt dafür der Rechtsgrund.
Die Selbständigkeit des G i.S. des Künstlersozialversicherungsrechts wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß er die von ihm beherrschte Gesellschaft eigens zu dem Zweck gegründet hat, seine eigenen Leistungen zu vermarkten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sieht das KSVG die Abgabenfreiheit einer Selbstvermarktung des Künstlers bzw. Publizisten nicht ausdrücklich vor. Sie ergibt sich nur aus der Systematik des KSVG, die die Abgabepflicht an das Betreiben eines Unternehmens knüpft, das typischerweise künstlerische oder publizistische Leistungen verwertet (§ 24 Abs. 1 KSVG) oder das nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen (§ 24 Abs. 2 KSVG). Fehlt es an einem solchen Unternehmen, wie es bei einem sich selbst vermarktenden Künstler der Fall ist, so kann auch eine Abgabepflicht nicht entstehen. Der Künstler trägt in diesem Fall als Versicherungspflichtiger nur den auf ihn entfallenden Beitragsanteil; an die Stelle der KSA des Vermarkters tritt der Zuschuß des Bundes (§ 14 KSVG). Hieraus kann jedoch nicht, wie die Klägerin meint, der Schluß gezogen werden, das KSVG sehe generell eine Abgabepflicht dann nicht vor, wenn es sich bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung um Selbstvermarktung handele, auch wenn diese von einem rechtlich selbständigen Unternehmen betrieben werde. Das KSVG läßt eine solche Sicht nicht zu. Für die KSA ist die Zwischenschaltung eines Unternehmens als eigenständiger Rechtsperson zwischen Künstler und „Kunstverbraucher“ entscheidend. G hat mit der Klägerin eine im Rechtsverkehr anerkannte Unternehmensform geschaffen, von der er sich offensichtlich Vorteile vor allem im Steuer- und Haftungsrecht verspricht. Die rechtliche Unabhängigkeit einer Gesellschaft auch von dem sie beherrschenden Alleingesellschafter ist in anderen Rechtsbereichen, etwa im Gesellschafts-, Steuer- und Haftungsrecht, unbestritten, obgleich auch dort gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen zwischen beiden Rechtssubjekten bestehen. Es gibt keinen Grund, der Allein-GmbH auf dem Gebiet des KSVG deshalb generell keine Wirkung beizumessen, weil sie in einem Punkt, nämlich bei der Frage des Beschäftigungsverhältnisses, anders behandelt wird als im Steuerrecht (so auch: Finke / Brachmann / Nordhausen, KSVG, 2. Aufl. 1992, § 25 RdNr. 20).
§ 25 Abs. 1 KSVG bezieht in die Bemessungsgrundlage der KSA allerdings nur Entgelte für künstlerische oder publizistische Leistungen ein, die ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt. Die Klägerin zahlt an G. keine Honorare für einzelne von ihm erbrachte künstlerische Leistungen, sondern ein Gehalt für dessen Geschäftsführertätigkeit sowie außerdem eine Gewinnbeteiligung. Dies allein schließt eine Einbeziehung der an G. geleisteten Zahlungen in die Bemessungsgrundlage der KSA aber nicht aus. Zwar mögen unter „Entgelte für künstlerische oder publizistische Leistungen“ in erster Linie Honorare für einzelne, auf Werkvertragsbasis vereinbarte Leistungen zu verstehen sein. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vorschrift schließen jedoch Dienstvergütungen aus. Es ist lediglich untypisch, daß selbständige Künstler dauerhaft auf dienstvertraglicher Basis Leistungen erbringen und hierfür ein gleichbleibendes monatliches Entgelt beziehen. Insbesondere § 25 Abs. 2 KSVG macht jedoch deutlich, daß es auf die Art des der Entgeltzahlung zugrundeliegenden Vertrages nicht ankommt. In die Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich alles einzubeziehen, was das abgabepflichtige Unternehmen aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Diese Definition stimmt zwar mit § 10 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) überein, wo sie den der Umsatzsteuer unterliegenden Umsatz bestimmt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß nur umsatzsteuerpflichtige Vorgänge der KSA unterliegen. Es soll nur verdeutlichen, daß auch das KSVG etwa im Hinblick auf Sachleistungen und Tauschgegenstände von der umfassenden Bemessungsgrundlage des UStG ausgeht (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, a.a.O., § 25 RdNr. 27).
Zweifelhaft ist jedoch, ob das von der Klägerin an G. gezahlte Entgelt Gegenleistung für eine künstlerische oder publizistische Leistung ist, wie es § 25 Abs. 1 KSVG voraussetzt. Hierfür reicht es nicht aus, daß einzelne von G. erbrachte Leistungen als künstlerische zu werten sind, wie das LSG im Hinblick auf die Werbe- und Moderatorentätigkeit von G. angenommen hat. Denn G. erhält gerade nicht für einzelne Leistungen ein Honorar; sein Gehalt ist vielmehr die Gegenleistung für die gesamte Geschäftsführertätigkeit und läßt sich nicht in einen künstlerischen und einen nichtkünstlerischen, etwa kaufmännischen Anteil aufteilen. Die Beklagte konnte deshalb nicht von der Gehaltszahlung der Klägerin an G. einen frei geschätzten Teil als Zahlungen für bestimmte abgabepflichtige Leistungen werten und der Abgabepflicht unterwerfen. Anders wäre es nur dann, wenn G. für seine verschiedenen Tätigkeiten jeweils gesonderte Honorare erhalten hätte. In diesem Fall käme es auf den Charakter der einzelnen Leistung an.
Bei einem aus mehreren Tätigkeitsbereichen zusammengesetzten gemischten Beruf, für den ein einheitliches Entgelt gezahlt wird, kann von einem Entgelt für eine künstlerische Tätigkeit nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen Elemente das Gesamtbild der Tätigkeiten prägen. Notwendige Geschäftstätigkeiten, die für die selbständige Ausübung eines Berufs typisch sind, wie Reisen, Organisation und Verwaltung, stehen einer Wertung als künstlerische Tätigkeit nicht entgegen. Hierauf hat sich G. aber nicht beschränkt.
Das LSG hat aufgrund der Vernehmung des G festgestellt, daß dieser als Geschäftsführer ganz unterschiedliche Aktivitäten für die Klägerin entfaltet. So war er etwa im Bereich Sport-Sponsoring als Vermittler zwischen werbenden Unternehmen und Sportveranstaltern bzw. Sportverbänden tätig. Insoweit übte G. eine kaufmännische Tätigkeit aus; die Erbringung künstlerischer Leistungen dürfte hier keine Rolle spielen. Bei einem weiteren Tätigkeitsschwerpunkt des G., dem Fallschirmspringen, steht der sportliche Charakter im Vordergrund; es handelt sich um eine allgemein anerkannte Sportart, die ihren Charakter nicht dadurch verliert, daß G. gleichzeitig damit Firmenwerbung betreibt und dafür an die Klägerin ein Entgelt gezahlt wird. Als künstlerische Tätigkeiten i.S. des KSVG kommen, unter Beachtung der vom erkennenden Senat im Urteil vom 25. Oktober 1995 (3 RK 24/94 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 12) aufgestellten Grundsätze, allenfalls die Aktivitäten des G. im Bereich Moderation und Artistik (z.B. Schauturnen mit Reck- / Bodenakrobatik) in Betracht. Während der Moderator von Fernsehshows oder sonstigen Unterhaltungsveranstaltungen nach der Verkehrsanschauung den künstlerischen Berufen zuzuordnen ist, ist die Artistik von der Sportausübung abzugrenzen, die selbst dann nicht zu einer künstlerischen Tätigkeit wird, wenn sie berufsmäßig erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann für die Abgrenzung von Sport und Kunst nicht maßgebend sein, daß der Ausführende sich selbst als Sportler definiert („Demonstrationssportler“) oder daß sich die für die Vermarktung ausschlaggebende Popularität aus früheren Erfolgen als Sportler herleitet. Maßgebend ist allein, ob die jeweiligen Darbietungen dem Bereich des Sports oder dem der Kunst einschließlich der Artistik zuzuordnen sind. Der Senat hat im Urteil vom 25. Oktober 1995 (a.a.O.) deutlich gemacht, daß der Gesetzgeber gerade auch den Artisten als Unterhaltungskünstler in den Schutzbereich der Künstlersozialversicherung einbeziehen wollte; dementsprechend unterliegt auch die Verwertung „artistischer Kunst“ der Künstlersozialabgabepflicht, obgleich Artistik nur dem Wortstamm nach zur Kunst zählt, im übrigen aber den allgemein gebräuchlichen Definitionen von Kunst nicht entspricht (zum Kunstbegriff vgl. BVerfGE 67, 213, 226 f.; 75, 369, 377 und 83, 130, 138 ff.; BVerwGE 91, 211, 213; BFHE 136, 474; 160, 253 und 175, 40 sowie BSG SozR 3-5425 § 24 Nr. 12 S. 75 ff.).
Kennzeichnend für den Sport ist zwar vorrangig der Wettkampfgedanke. Aber auch sportliche Betätigungen, die nicht wettkampfmäßig betrieben werden, können nicht ohne weiteres der Künstlersozialversicherung zugeordnet werden, selbst wenn die Ausführenden wegen des Unterhaltungswerts ihrer Darbietungen ein Entgelt erhalten. Zur Artistik und damit zum Schutzbereich der Künstlersozialversicherung gehören nur solche Darbietungen, bei denen der circensische Gehalt eindeutig im Vordergrund steht und sportliche Regeln und Bewertungsmaßstäbe bewußt mißachtet oder gar karikiert werden, wie dies etwa beim Schauturnen des G mit Reck- und Bodenakrobatik der Fall sein kann. Für die Abgrenzung ist in erster Linie auf die Verkehrsauffassung abzustellen. Maßgebende Kriterien für die Zuordnung sind insbesondere: die Existenz von Regeln und Wertmaßstäben aus dem Bereich des Sports, die Art der Veranstaltung, der Veranstaltungsort sowie die Zugehörigkeit des Akteurs zu einschlägigen Interessengruppen, Vereinigungen etc. So ist ohne weiteres von einer sportlichen Betätigung auszugehen, wenn für eine Aktivität ein Regelwerk existiert, das von einem Verband erlassen worden ist, der dem Deutschen Sportbund angehört. Die Art der Veranstaltung ist maßgebend, wenn Akteure etwa nach einer Wettkampfveranstaltung ihr Können im Rahmen einer Schauveranstaltung darbieten, wie dies beim Eiskunstlauf und Turniertanz der Fall ist. In diesem Fall muß die Schauveranstaltung als Annex des vorangegangenen Wettkampfs gewertet werden. Findet Eiskunstlauf oder Tanz dagegen im Rahmen einer Revue- oder Varieteveranstaltung statt, so handelt es sich um Artistik und damit um eine künstlerische Tätigkeit i.S. des KSVG. In gleicher Weise kann auch der Veranstaltungsort Hinweise auf den sportlichen oder künstlerischen Charakter einer Darbietung liefern.
Die für die Zuordnung der einzelnen Aktivitäten des G. erforderlichen Feststellungen hat das LSG zu treffen. Danach ist zusammenfassend der Schwerpunkt der Tätigkeiten des G. festzustellen. Bei der Gewichtung wird dabei mangels anderer geeigneter Kriterien (wie etwa der jeweilige Zeitaufwand) entscheidend auf die jeweiligen Umsätze der Klägerin in den einzelnen Tätigkeitsbereichen abzustellen sein. Um zufällige Schwankungen auszugleichen, kann es auch geboten sein, den Verlauf mehrerer Jahre zu betrachten. Sofern sich dabei keine grundlegenden Änderungen feststellen lassen, kann das Ergebnis nur sein, daß die Klägerin im streitigen Zeitraum mit dem gesamten an G. bezahlten Gehalt der Abgabepflicht unterliegt oder nicht.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.