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5 RJ 84/89

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte berechtigt war, eine dem Kläger auf Zeit gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit völlig zu entziehen und die beantragte Weitergewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer abzulehnen.

Der 1948 geborene Kläger hat den Beruf des Landmaschinenmechanikers erlernt und 1967 die Gesellenprüfung in diesem Beruf bestanden. Er war danach im erlernten Beruf und im Baubereich tätig sowie von März 1978 bis November 1980 als Fensterbauer beschäftigt. Am 29. November 1980 erlitt er einen zerebralen Insult mit einer rechtsseitigen Hemiparese und Aphasie. Als Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz sind "Halbseitenlähmung rechts, Sprachstörungen" anerkannt. Der Grad der Behinderung ist durch Bescheid vom 9. November 1984 von vorher 80 auf 60 herabgesetzt worden.

Mit Bescheid vom 26. Mai 1982 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit für die Dauer vom 6. Oktober 1981 bis 30. April 1984. Mit Bescheid vom 3. Juni 1984 bewilligte die Beklagte dem Kläger über den Wegfallszeitpunkt hinaus weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit befristet bis Ende 1985.

Schon am 16. Mai 1984 hatte der Kläger eine Beschäftigung als Lagerarbeiter bei einer Standortverwaltung aufgenommen. Nachdem die Beklagte von der Aufnahme der Berufstätigkeit erfahren hatte, entzog sie dem Kläger nach Anhörung durch den angefochtenen Bescheid vom 27. März 1985 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des Monats April 1985. Mit seinem Widerspruch beantragte der Kläger, ihm auch über den April 1985 hinaus die Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag, die Rente als Dauerrente zu gewähren, durch den ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 1. August 1986 ab. Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Beide Widersprüche wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1986 zurück.

Mit seiner Klage und Berufung hat der Kläger seinen Anspruch auf (Weiter-) Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer geltend gemacht. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 10. Mai 1988 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gegen dieses Urteil zurückgewiesen (Urteil vom 20. Oktober 1989). Den Entzug der dem Kläger gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit hat das LSG - wie auch schon das SG und die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden - nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) für zulässig gehalten. Durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Lagerverwalter sei eine wesentliche Änderung in den für die Gewährung der Rente maßgebenden Verhältnissen eingetreten. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr erwerbs- oder berufsunfähig. Der Kläger verrichte diese Arbeit nicht auf Kosten seiner Gesundheit. Es handele sich auch nicht um eine vergönnungsweise Beschäftigung. Die tatsächlich verrichtete Arbeit eines Lagerarbeiters sei ihm auch ausgehend von seiner zuletzt verrichteten Arbeit als Fensterbauer sozial zumutbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Er macht geltend, daß die verrichtete Arbeit ihm sozial nicht zumutbar sei. Es dürfe dabei nicht allein auf die zuletzt ausgeübte Arbeit als Fensterbauer abgestellt werden; es müsse auch berücksichtigt werden, daß er über eine abgeschlossene Ausbildung verfüge. Die im Rahmen der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten seien ihm bei seiner Arbeit als Fensterbauer von Nutzen gewesen und hätten die Anlernzeit mit Sicherheit verkürzt. Es handele sich auch um eine vergönnungsweise Beschäftigung. Er könne lediglich 50 vH der Arbeiten ausführen, die seine Stelle umfasse. Ihm müsse bei den auszuführenden Arbeiten oftmals auch von Kollegen geholfen werden. Eine Auskunft des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung sei vom LSG fehlinterpretiert worden. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß er die Arbeit nur unter ständigen Schmerzen verrichten könne. Das LSG habe es zu Unrecht unterlassen, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung einzuholen, daß er - der Kläger - durch die Tätigkeit als Lagerarbeiter auf Dauer seine Gesundheit gefährde.

Der Kläger beantragt,

  • die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 10. Mai 1988 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Oktober 1989 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung bzw. Änderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Mai 1985 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Oktober 1989 zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Das LSG habe sowohl den bisherigen Beruf des Klägers als auch die Zumutbarkeit der ausgeübten Beschäftigung zutreffend festgestellt. Der Kläger habe auch den von ihm geltend gemachten Verfahrensmangel nicht substantiiert gerügt. Er habe nicht dargelegt, inwiefern das LSG einem Beweisantrag hätte stattgeben müssen oder von sich aus eine weitere Sachaufklärung hätte betreiben müssen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet.

Begründet ist sie in dem Umfang, in dem die Beklagte die bereits gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit für den Zeitraum von Mai 1985 bis Dezember 1985 auch insoweit entzogen hat, als dem Kläger damit zugleich die Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt worden war. Nur der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ist auch für diesen Zeitraum Streitgegenstand, denn der Kläger hat nur die Weitergewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit beantragt und damit seinen Antrag, den Bescheid vom 27. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1986 aufzuheben, beschränkt. Die Berufung ist auch hinsichtlich des geltend gemachten Rentenanspruchs für die Zeit von Mai 1985 bis Dezember 1985 nicht durch § 146 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen gewesen. Der Kläger macht einen einheitlichen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit über den April 1985 auf Dauer geltend. Es kann deshalb offenbleiben, ob die Berufung auch nach § 150 Nr 3 SGG zulässig war, wovon offensichtlich das LSG ausgegangen ist, ohne ausdrückliche Feststellungen über einen Verfahrensfehler zu treffen.

Hinsichtlich des Zeitraums von Mai 1985 bis Dezember 1985 ist die Revision begründet, weil die Voraussetzungen, unter denen nach den §§ 45 ff SGB X eine Rente entzogen werden darf, nicht vorlagen. Sowohl die Beklagte, als auch das SG und das LSG sind davon ausgegangen, daß durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Lagerarbeiter eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen gegenüber den zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung gegebenen eingetreten und der Kläger wegen der ausgeübten Beschäftigung nicht mehr berufsunfähig gewesen sei. In den für die Rentenbewilligung im Bescheid vom 3. Juni 1984 maßgebenden Verhältnissen ist durch die Aufnahme der Beschäftigung am 16. Mai 1984 aber keine wesentliche Veränderung eingetreten. Wenn diese Beschäftigung Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit ausschloß, so war der Bescheid vom 3. Juni 1984 von Anfang an unrichtig und konnte allein nach § 45 SGB X zurückgenommen werden. Die Beklagte hat zu Unrecht auf die Verhältnisse abgestellt, die im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenbewilligung am 26. Mai 1982 bestanden haben. Maßgeblich ist nicht dieser Zeitpunkt, sondern der 3. Juni 1984, dh der Zeitpunkt, in dem die bereits abgelaufene Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit durch einen neuen Bescheid weiter bewilligt wurde. Dieser Bescheid enthält gegenüber dem Bescheid vom 26. Mai 1982 eine neue eigenständige Entscheidung über den Anspruch des Klägers. Bei Erlaß des Bescheides vom 3. Juni 1984 hatte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umfassend zu prüfen. Die Beklagte hat nicht nur Modalitäten - etwa die Höhe des Zahlbetrages - einer bereits bewilligten Rente mit diesem Bescheid geändert. Bei seinem Erlaß lagen die Tatsachen, die der Rentengewährung entgegenstanden, schon vor, denn der Kläger hatte die Beschäftigung schon begonnen. Unerheblich ist, daß die Beklagte zu dieser Zeit noch keine Kenntnis von der Arbeitsaufnahme des Klägers hatte.

Die Beklagte hat den Entzug der Rente in den angefochtenen Bescheiden auch allein auf § 48 SGB X gestützt und nicht hilfsweise auf § 45 SGB X. Eine Umdeutung der angefochtenen Bescheide in Bescheide nach § 45 SGB X als Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte von dem ihr nach § 45 SGB X eingeräumten Ermessen in bezug auf die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides keinen Gebrauch gemacht hat. Wegen der fehlenden Ermessensausübung ist der Bescheid auch aufzuheben (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juli 1988 in SozR 1300 § 45 Nr 39; Urteil vom 27. Juli 1989 - 11 RAr 7/88 - in SozR 1300 § 45 Nr 45 und Urteil vom 9. November 1989 - 11 RAr 39/89 -).

Im übrigen ist die Revision unbegründet. Die Beklagte hat es mit dem Bescheid vom 1. August 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1986 zu Recht abgelehnt, dem Kläger ab 1. Januar 1986 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Der geltend gemachte Anspruch ist für die Zeit ab 1. Januar 1986 ohne Bindung an die vorher ergangenen Bescheide über die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit zu prüfen. Der Senat kann offenlassen, ob der Auffassung des 1. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 18. Februar 1984 (SozR 2200 § 1276 Nr 5) zu folgen ist, daß dann, wenn eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit auf Zeit gewährt worden ist und dieser Bescheid wegen der zeitlichen Begrenzung angefochten wird, nur zu prüfen ist, ob die besonderen Voraussetzungen des § 1276 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Befristung erfüllt sind. Ein Sachverhalt wie der, den der 1. Senat entschieden hat, ist hier nicht gegeben. Die Bescheide vom 26. Mai 1982 und 3. Juni 1984 hat der Kläger nicht angefochten. Sie sind bestandskräftig geworden. Der Kläger hat erst während des Verwaltungsverfahrens für den Entzug der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Weiterbewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer beantragt.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1986 nicht berufsunfähig. Berufsunfähig nach § 1246 Abs 2 Satz 1 RVO ist ein Versicherter, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift umfaßt der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Bisheriger Beruf im Sinne dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG die zuletzt auf Dauer verrichtete versicherungspflichtige Tätigkeit des Versicherten, es sei denn, der Versicherte hat eine früher verrichtete versicherungspflichtige Tätigkeit unfreiwillig aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben (SozR 2200 § 1246 Nr 134 mwN, SozR 2200 § 1246 Nr 158). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das LSG zutreffend als bisherigen Beruf die zuletzt vom Kläger verrichtete Tätigkeit als Fensterbauer zugrunde gelegt. Es hat dazu festgestellt, daß der Kläger die vorher von ihm ausgeübten Berufe nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern wegen besserer Verdienstmöglichkeiten aufgegeben habe. Diese Feststellungen des LSG hat der Kläger nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen.

Für die Beantwortung der Frage, wie einerseits die bisherige Berufstätigkeit des Versicherten qualitativ zu bewerten ist und andererseits Berufstätigkeiten, die der Versicherte nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen ausüben kann oder tatsächlich ausübt, zu beurteilen sind, hat das BSG aufgrund einer Beobachtung der tatsächlichen Gegebenheiten der Arbeits- und Berufswelt die generelle Feststellung getroffen, daß sich die Arbeiterberufe nach ihrer Leistungsqualität in drei hierarchisch geordnete Gruppen aufgliedern: Die unterste Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten, die mittlere Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten (mit sonstiger, dh nicht dem Facharbeiter entsprechende Ausbildung) und die Gruppe mit dem Leitberuf des gelernten (Facharbeiter). Darüber steht die zahlenmäßig kleine Gruppe mit dem Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktionen, dem der besondere qualifizierte Facharbeiter gleich zu behandeln ist. Als iS von § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO zumutbaren beruflichen Abstieg hat die Rechtsprechung des BSG jeweils den Abstieg zu der nächst niedrigeren Gruppe angenommen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 138 mwN). Das LSG hat den Kläger ausgehend von seinem bisherigen Beruf als Fenstermonteur zu Recht als angelernten Arbeiter im Sinne dieser Rechtsprechung beurteilt. Es hat sich dabei auf die Auskunft des Arbeitgebers vom 25. November 1985 gestützt, aus der hervorgeht, daß der Kläger einige Wochen angelernt worden ist und als angelernter Arbeiter bezahlt worden ist. Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren eingeräumt, daß es sich bei der Tätigkeit als Fenstermonteur nur um eine Anlerntätigkeit gehandelt habe. Das LSG brauchte sich auch nicht gedrängt zu fühlen, über die von der Beklagten eingeholte Arbeitgeberauskunft vom 25. November 1985 hinaus weitere Ermittlungen zur Qualität der vom Kläger als Fenstermonteur verrichteten Arbeit einzuholen. Der Kläger trägt zwar jetzt vor, daß die im Rahmen der Berufsausbildung zum Maschinenschlosser erworbenen Fähigkeiten die Anlernzeit als Fenstermonteur mit Sicherheit verkürzt hätten. Er hat aber weder im Klage- noch im Berufungsverfahren geltend gemacht, daß sich seine Anlernzeit zum Fenstermonteur durch die mehr als zehn Jahre zurückliegende Ausbildung zum Landmaschinenschlosser und die anschließende kurzfristige Tätigkeit als Schlosser wesentlich verkürzt habe und hat auch die schon vom SG getroffene Feststellung, daß er als Angelernter bezahlt worden sei, im Berufungsverfahren nicht angegriffen.

Als angelerntem Arbeiter sind dem Kläger ungelernte Arbeiten, sofern es sich nicht um Hilfsarbeiten mit nur ganz geringem qualitativem Wert handelt, zumutbar. Das LSG hat festgestellt, daß es sich bei den vom Kläger verrichteten Lagerarbeiten um einfache Arbeiten, nicht jedoch um Hilfsarbeiten von nur ganz geringem qualitativem Wert handele. Auch diese Feststellungen sind vom Kläger nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden. Die von dem Kläger tatsächlich verrichtete Arbeit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, wenn geprüft wird, ob er erwerbs- bzw berufsunfähig ist. Im allgemeinen ist davon auszugehen, daß derjenige, der eine Arbeit tatsächlich verrichtet, dazu auch gesundheitlich in der Lage ist. Das BSG hat allerdings auch wiederholt entschieden, daß als Ausnahme von diesem allgemeinen Satz ein Versicherter, der seine Arbeit nur unter unzumutbaren Schmerzen, unter einer unzumutbaren Anspannung seiner Willenskräfte oder auf Kosten seiner Gesundheit verrichtet, erwerbsunfähig ist, auch wenn er unter solchen Bedingungen einen zumutbaren Arbeitsplatz tatsächlich innehat (BSGE 51, 133 = SozR 2200 § 1247 Nr 31 mwN). Diese Ausnahmen sind hier nicht gegeben.

Nach den von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angefochtenen und deshalb für den erkennenden Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG übt der Kläger die Lagerarbeiten nicht mit einem von ihm nicht zu fordernden Energieaufwand und auch nicht auf Kosten und unter Gefährdung seiner Gesundheit aus. Diese Feststellungen hat es aufgrund von Gutachten, die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholt worden waren, sowie aufgrund eines Berichts über ein Heilverfahren im Februar 1988 getroffen. Es brauchte dazu keine weiteren ärztlichen Gutachten einzuholen, denn die von den Ärzten getroffenen Aussagen sind vom Kläger weder im Klage- noch im Berufungsverfahren angegriffen worden. Der Kläger hat auch erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen, daß er im gelähmten Arm täglich Schmerzen unterschiedlicher Ausprägung während der Arbeit habe, die im Ruhezustand nicht vorliegen sollen. In dem Entlassungsbericht über das Heilverfahren im Jahre 1988, den auch das LSG seiner Feststellung zugrunde gelegt hat, ist ausgeführt, daß der Kläger in der Lage sei, seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Dazu hat der Kläger vor dem SG selbst vorgetragen, das treffe nur insoweit zu, als sich diese Aussage auf die Tätigkeit als Lagerist beziehe. Entgegen dem Vorbringen in der Revisionsbegründung ist von dem Kläger auch weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren beantragt worden, ein Sachverständigengutachten ausdrücklich zu der Behauptung einzuholen, daß durch die Tätigkeit als Lagerarbeiter auf Dauer seine Gesundheit gefährdet werde. Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG allgemein beantragt, hilfsweise ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Allein aufgrund dieses Antrags brauchte sich das LSG aber nicht gedrängt zu fühlen, ein Gutachten einzuholen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Kläger im Zeitpunkt der letzten ärztlichen Untersuchung und Beurteilung im Februar 1988 schon mehr als drei Jahre bei seinem jetzigen Arbeitgeber beschäftigt war, ohne daß eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten war und auch für die Zeit danach eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich ist. Schließlich ist auch der Einwand des Klägers, er könne von den von einem Lagerarbeiter zu verrichtenden Arbeiten nur etwa 50 vH tatsächlich verrichten und sei für die übrigen Arbeiten auf die Hilfe von Arbeitskollegen angewiesen, unerheblich. Der Kläger kann zwar einzelne Tätigkeiten nicht verrichten, insoweit helfen ihm andere Lagerarbeiter mit. Sein Arbeitgeber bewertet indes die Arbeitsleistung des Klägers auch unter diesen Umständen als seinem Arbeitslohn entsprechend. Der Senat hat dazu schon in einem Urteil vom 29. Juni 1978 (5 RJ 104/76) entschieden, daß eine Arbeit, die tatsächlich verrichtet wird, wenn auch unter anderen als den üblichen Arbeitsbedingungen, Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit ausschließt. Da der Kläger eine ihm zumutbare Arbeit tatsächlich verrichtet, kann offenbleiben, ob er auch berufs- oder erwerbsunfähig wäre, wenn er diesen Arbeitsplatz nicht innehätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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