Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

1 BA 125/89

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 1989 ist mangels formgerechter Darlegung eines Zulassungsgrundes unzulässig.

Auf die Beschwerde ist die Revision unter anderem zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). In der Begründung der Beschwerde muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 160a Abs. 2 Satz 3 SGG). Dazu ist erforderlich, daß in der Beschwerdebegründung die nach einer Zulassung der Revision vom Revisionsgericht zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnet wird. Außerdem muß ersichtlich sein, weshalb ihrer Klärung eine grundsätzliche Bedeutung zukommt (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr. 11 S. 14; BSG SozR a.a.O. Nr. 17 S. 24). Hierfür sind Ausführungen des Beschwerdeführers erforderlich, aus denen sich ergibt, daß die angestrebte Entscheidung über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung besitzt, von ihr also erwartet werden kann, daß sie in einer bisher nicht geschehenen, jedoch die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise das Recht oder die Rechtsanwendung fortentwickeln oder vereinheitlichen wird (BSG SozR a.a.O. Nr. 39 S. 58 und Nr. 60 S. 81). Eine Rechtsfrage ist in der Regel nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie vom Revisionsgericht bereits geklärt worden ist. Abweichend von dieser Regel kann ihre Klärungsbedürftigkeit ausnahmsweise bejaht werden, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen worden ist und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht worden sind. Das hat der Beschwerdeführer substantiiert darzulegen (BSG SozR a.a.O. Nr. 13 S. 19f und Nr. 65 S. 87).

Diesen Anforderungen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers nicht.

Er begehrt in der Sache eine Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Januar 1952 bis 26. Dezember 1955 und vom 26. Februar 1956 bis zum 31. März 1957, während derer er nach seinen Angaben bei Lehrkräften der Musikhochschule Leipzig ein privates Violinen-Musikstudium absolviert hat, als Ausfallzeit der Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) bei der Berechnung des ihm bewilligten Altersruhegeldes. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) Köln vom 23. November 1988 im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der private Musikunterricht habe nicht die vom Bundessozialgericht (BSG) herausgearbeiteten, zur Bejahung einer Fachschul- oder Hochschulausbildung erforderlichen Kriterien erfüllt (Hinweis auf das Urteil des BSG vom 3. Juni 1981 - 11 RA 68/80 -). Der Kläger habe immer nur privaten Einzelunterricht außerhalb der Musikhochschule erhalten, an dem außer ihm andere Schüler nicht teilgenommen hätten, so daß es zu keiner Zeit zu einem räumlichen Beisammensein von Lehrern und einer Mehrzahl von Schülern während des Unterrichts gekommen sei.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Meinung, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, vor, es bedürfe der Klärung, ob das formale Kriterium der Unterrichtserteilung in mündlicher Form und in räumlichem Beisammensein von Lehrern und einer Mehrzahl von Schülern für die Bejahung einer abgeschlossenen Fachschul- oder Hochschulausbildung unabdingbar sei oder ob nicht zur Begründung einer abgeschlossenen Ausbildung im Sinne des Sozialversicherungsrechts ausschließlich materielle Kriterien gefordert werden müßten. Unter Berücksichtigung des Zwecks des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) AVG könne es nicht darauf ankommen, ob ein räumliches Beisammensein von Lehrern und Schülern zwingend vorgeschrieben sei, um den Begriff der Fachschul- oder Hochschulausbildung zu erfüllen. Entscheidend sei, ob qualitativ eine adäquate Fachschul- oder Hochschulausbildung vorliege, die materiell den hieran gestellten Anforderungen entspreche. Das müsse insbesondere für künstlerische Berufe gelten, bei denen aufgrund ihrer Eigenart und andersartigen Ausbildungstradition vom Auszubildenden beziehungsweise Schüler vielfach unorthodoxe Wege gegangen würden und der Weg der alleinigen Privatunterrichtung auch heute noch gegeben sei. Von grundsätzlicher Bedeutung sei außerdem, ob es rentenrechtlich für die Frage der Anerkennung von Ausfallzeiten erheblich sei, daß er (Kläger) aus politischen Gründen an einem regulären Besuch der Musikhochschule gehindert worden sei.

Mit diesem Vorbringen ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt worden. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. zum Beispiel die Urteile des beschließenden Senats in BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 86 S. 230 und Nr. 109 S. 290 m.w.N.) ist für den Begriff der (Fach-, Hoch-) Schulausbildung maßgebend darauf abzustellen, ob die Ausbildung dem Erscheinungsbild einer Schule entspricht. Diese wird im allgemeinen durch ein räumliches Beisammensein von Lehrern und einer Mehrzahl von Schülern während des Unterrichts, die Einteilung der Schüler entsprechend ihrem Ausbildungsstand in Klassen sowie durch die ständige Leistungskontrolle im Unterricht und das Erteilen von Zeugnissen gekennzeichnet. Nicht jedes dieser Merkmale ist unerläßlich; unverzichtbar ist aber das Erfordernis der Erteilung von Unterricht an mehrere Schüler (BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 62 S. 174 und Nr. 76 S. 205; jeweils m.w.N.). Demzufolge läßt sich die Zeit einer ausschließlich privaten Vorbereitung auf eine Prüfung nicht unter den Begriff der Schulausbildung einordnen (BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 25 S. 73 m.w.N.). Die hiernach unabdingbaren Mindesterfordernisse müssen auch für die zu einem künstlerischen Beruf führende Fachschul- oder Hochschulausbildung gelten. Die Besonderheiten dieser Studiengänge können allerdings dazu führen, daß die Ausbildung im Einzelfall auch ohne die Ablegung einer Prüfung im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b) AVG erfolgreich "abgeschlossen" sein kann (vgl. für Orchestermusiker zuletzt BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 100 S. 270 ff und Urteil des beschließenden Senats vom 18. Mai 1988 - 1 RA 3/87 -).

Die nach Meinung des Klägers rechtsgrundsätzlichen Fragen sind demnach höchstrichterlich entschieden worden. Daß, von welcher Seite und mit welcher Begründung der für den vorliegenden Rechtsstreit einschlägigen Rechtsprechung des BSG widersprochen worden ist und welche Einwendungen dagegen erhoben worden sind, läßt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Mit seinem Vorbringen, angesichts der bei ihm vorliegenden besonderen Verhältnisse dürfe für die Bejahung einer abgeschlossenen Fachschul- oder Hochschulausbildung nicht auf formale, sondern müsse ausschließlich auf materiell-qualitative Kriterien abgestellt werden, macht der Kläger im Ergebnis geltend, das LSG habe in der Sache "nicht richtig" entschieden. Damit ist der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt worden (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7 S. 10).

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist somit in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Zusatzinformationen