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12 RK 25/88

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Recht der Klägerin zur Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) und - als Voraussetzung für die Ausübung dieses Rechts - über die Nachentrichtung von 60 Monatsbeiträgen nach Art. 2 § 51a Abs. 2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG).

Die 1924 in Berlin geborene und dort früher auch wohnhaft gewesene Klägerin ist rassisch Verfolgte. Sie wanderte 1939 nach England und von dort 1948 nach Palästina aus und besitzt inzwischen die israelische Staatsangehörigkeit. Sie hat nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Kapitalentschädigung für Schaden in der Ausbildung erhalten.

Mit Bescheid vom 30. Juli 1980 ließ die Beklagte sie auf ihren Antrag vom 22. Dezember 1975 für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum 31. Dezember 1973 zur Nachentrichtung von 60 Monatsbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.080 DM nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG und für die Zeit vom 15. Juli 1940 bis zum 31. Dezember 1955 zur Nachentrichtung von Beiträgen in Höhe von 20.088 DM nach § 10a WGSVG unter der Voraussetzung zu, „daß für mindestens 60 Kalendermonate Beiträge nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG bzw. gemäß § 1233 Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. §§ 1418, 1420 RVO nachentrichtet werden“. Zur Nachentrichtung nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG führte die Beklagte in dem Bescheid aus, diese sei „in angemessener Zeit, das sind höchstens 6 Monate nach Zustellung dieses Bescheides, vorzunehmen“. Für die Nachentrichtung nach § 10a WGSVG räumte sie eine Teilzahlungsmöglichkeit bis zum 31. Dezember 1981 ein. Vor Bescheiderteilung hatte sich die Klägerin nach Aufforderung durch die Beklagte mit Schreiben vom 4. Februar 1980 u.a. bereit erklärt, 60 Beiträge der Klasse 100 zu 18 DM für die Zeit von Januar 1969 bis Dezember 1973 nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG nachzuentrichten, nachdem sie im Antrag vom Dezember 1975 zunächst eine Nachentrichtung in den jeweils höchsten Beitragsklassen beantragt hatte. Mit Schreiben vom 6. April 1981 teilte sie der Beklagten mit, sie habe jetzt den Betrag von 1.080 DM für die Zeit von Januar 1969 bis Dezember 1973 überwiesen und bitte, diese Zahlung noch als fristgemäß für die weitere Nachentrichtung nach § 10a Abs. 2 WGSVG anzusehen; sie habe den Betrag nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist aufbringen können. Mit Bescheid vom 14. August 1981 lehnte die Beklagte den Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a WGSVG ab, weil die 60 Monatsbeiträge nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG nicht fristgerecht (bis zum 11. Februar 1981) nachentrichtet worden seien. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid zunächst nichts unternommen hatte, teilte sie Ende Januar 1983 der Beklagten mit, sie sei nunmehr in der Lage, den gesamten Nachentrichtungsbetrag von 21.168 DM (20.088 DM und 1.080 DM) einzuzahlen, und beantragte im März 1983, die Nachentrichtung, wie im Bescheid vom 30. Juli 1980 festgelegt, durchführen zu können. Mit Bescheid vom 24. Juni 1983 lehnte die Beklagte einen Widerruf ihres unanfechtbar gewordenen Bescheids vom 14. August 1981 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 1984 zurückgewiesen; Nachsicht, wie im Schreiben der Klägerin vom 6. April 1981 beantragt, habe ihr nicht gewährt werden können, schon weil sie nicht rechtzeitig um Fristverlängerung gebeten habe.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorg hat die Klage durch Urteil vom 25. Juni 1986 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat den Bescheid vom 24. Juni 1983 mit dem Widerspruchsbescheid vom 15. März 1984 sowie den Bescheid vom 14. August 1981 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Nachentrichtungsfristen unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu entscheiden (Urteil vom 15. September 1987). Nach Auffassung des LSG muß die Beklagte ihren Bescheid vom 14. August 1981 nach § 44 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) zurücknehmen. Die Beklagte hätte nämlich die von der Klägerin dem Sinne nach begehrte Fristverlängerung nicht als unzulässig ablehnen dürfen. Die Frist für die Nachentrichtung nach Art. 2 § 51 Abs. 2 ArVNG sei nicht im Gesetz geregelt und deshalb als behördliche Frist anzusehen, die gemäß § 26 Abs. 7 SGB X auch rückwirkend verlängert werden könne. Die Beklagte habe es versäumt, hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden und müsse dies jetzt nachholen, wobei sie diese Frist und auch die weitere für die Nachentrichtung nach § 10a WGSVG so setzen müsse, daß die Klägerin ihr Nachentrichtungsrecht verwirklichen könne. Auch müßte sie den gesetzlich vorgesehenen Fristenrahmen von fünf Jahren ausnutzen können.

Gegen das Urteil richtet sich die - vom Senat zugelassene - Revision der Beklagten, mit der sie eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 26 Abs. 7 SGB X rügt und im wesentlichen geltend macht: Die von ihr für die Nachentrichtung nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG gesetzte Sechsmonatsfrist sei eine „angemessene“ Frist i.S. von § 1420 Abs. 1 RVO. Sie sei - wie auch andere nur durch einen unbestimmten Rechtsbegriff umschriebene Fristen - der Disposition des Versicherungsträgers entzogen und könne nicht nach dessen Ermessen festgesetzt werden. Vielmehr unterliege sie der vollen Überprüfung durch die Rechtsprechung. Diese habe als angemessen eine Zeitspanne bezeichnet, die sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles bestimme und die ein sorgfältig und aufmerksam handelnder Mensch einhalten werde (vgl. u.a. BSGE 19, 247 ff.). In Anlehnung an diese Rechtsprechung hätten die Rentenversicherungsträger in ständiger Praxis eine Zahlungsfrist von drei Monaten bei Inlandsaufenthalt und von sechs Monaten bei Auslandsaufenthalt als angemessen angesehen. Dabei stehe den Trägern ein Ermessen in dem Sinne, im Einzelfall zwischen mehreren richtigen Entscheidungen zu wählen, nicht zu. Ein anderes Ergebnis würde auch Sinn und Zweck der Entrichtungsfrist des § 1420 Abs. 1 RVO widersprechen, weil die Einhaltung dieser Frist die gleiche Wirkung haben solle wie die Zahlung innerhalb der gesetzlichen Ausschlußfrist. Damit wäre nicht zu vereinbaren, wenn ein Nachentrichtungsberechtigter mit entsprechenden Verlängerungsanträgen die Zahlungsfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft in die Länge ziehen könnte, vor allem dann nicht, wenn dadurch - wie im vorliegenden Fall - die gesetzliche Rahmenfrist des Art. 2 § 51a Abs. 3 Satz 3 ArVNG überschritten würde. Selbst wenn aber die angemessene Frist nach § 1420 Abs. 1 RVO als eine behördliche Frist zu werten wäre, käme eine Verlängerung der Frist nach § 26 Abs. 7 SGB X wegen der vorrangigen Vorschriften der §§ 44, 45 SGB X nicht in Betracht; allenfalls nach diesen Vorschriften könnte bei fehlerhaft bestimmter Frist in ermessensfehlerfreier Weise eine neue Frist festgesetzt werden.

Die Beklagte beantragt,

  • das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und trägt noch vor: Die von der Beklagten festgesetzte Sechsmonatsfrist sei eine behördliche Frist, da deren Dauer, Beginn und Ende nicht in Rechtsvorschriften geregelt sei. Art. 2 § 51a ArVNG enthalte außer der Antragsfrist bis 31. Dezember 1975 und der fünfjährigen Frist bei Teilzahlung keinerlei Zahlungsfristen. Auch dürfe hier § 1420 Abs. 1 RVO nicht unmittelbar angewendet werden, da er sich nur auf Fälle des § 1418 RVO beziehe. Aber auch eine analoge Anwendung der Vorschrift sei nicht zulässig, da dies gegen § 31 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) verstieße. Bei der Einzahlung von Nachentrichtungsbeiträgen handele es sich im übrigen um einen Unterfall der Mitwirkung i.S. von § 60 Abs. 1 SGB I und damit um einen typischen Anwendungsfall für behördliche Fristen. Soweit die Beklagte ihre Auffassung vom Ergebnis her begründe, gehe sie von konstruierten Ergebnissen aus, die wirklichkeitsfern seien. Schließlich habe die Beklagte durch den Ablehnungsbescheid und die Rücküberweisung der 1.080 DM die Klägerin von einer Beitragsnachentrichtung innerhalb einer angemessenen Frist abgehalten. Die Auffassung der Beklagten, wonach die §§ 44, 45 SGB X die Anwendung des § 26 Abs. 7 SGB X ausschlössen, sei unzutreffend; wenn ein Nachentrichtungsbescheid mit einer Fristbestimmung zurückgenommen werde, habe der Versicherungsträger eine neue, ermessensfehlerfreie Frist zu bestimmen. Erst danach sei zu fragen, ob bei Fristablauf die Frist nach § 26 Abs. 7 SGB X zu verlängern sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. August 1981 zu Recht verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Frist zur Nachentrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge neu zu entscheiden.

Die Weigerung der Beklagten, ihren Bescheid vom 14. August 1981 zurückzunehmen, ist rechtswidrig. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, der - wie im vorliegenden Fall - weder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt noch einen Beitrag zu Unrecht erhoben hat und deshalb nicht unter § 44 Abs. 1 SGB X fällt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Rechtswidrig ist der genannte Bescheid deshalb, weil die Beklagte bei der Ablehnung einer von der Klägerin beantragten Fristverlängerung für die Zahlung der Beiträge nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG von dem ihr zustehenden Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat, jedenfalls ihr Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt hat (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Mit Recht hat das LSG in dem Schreiben der Klägerin vom 6. April 1981 zugleich einen Antrag auf rückwirkende Fristverlängerung gesehen. Über diesen Antrag hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 14. August 1981 zwar nicht ausdrücklich entschieden. In der Ablehnung des Antrags auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10a WGSVG (weil die Beiträge nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG nicht fristgerecht nachentrichtet worden seien) liegt aber gleichzeitig die Weigerung, die Möglichkeit einer Fristverlängerung zu prüfen.

Gemäß § 26 Abs. 7 Satz 2 SGB X hätte die Beklagte prüfen müssen, ob und ggf. um welchen Zeitraum die von ihr für die Nachentrichtung nach Art. 2 § 51 Abs. 2 ArVNG gesetzte und bereits abgelaufene Sechsmonatsfrist hätte verlängert werden können. Nach § 26 Abs. 7 Satz 2 SGB X können Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, auch nach deren Ablauf rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die von der Beklagten im Bescheid vom 30. Juli 1980 gesetzte Frist von sechs Monaten für die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG war - entgegen ihrer Ansicht - eine „von einer Behörde“, d.h. von einer „Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“ (§ 1 Abs. 2 SGB X), gesetzte Frist.

Zu den behördlichen Fristen in diesem Sinne hat der Senat bisher schon die von einem Versicherungsträger gesetzte Frist zur Konkretisierung eines Nachentrichtungsantrags gerechnet; denn diese Frist sei als solche nicht im Gesetz vorgesehen und auch in ihrer Länge nicht gesetzlich bestimmt; daher könne sie trotz der Einbettung des Konkretisierungsverfahrens in das gesetzlich geregelte Nachentrichtungsverfahren nicht als gesetzliche Frist i.S. des § 27 Abs. 1 SGB X angesehen werden (BSGE 60, 266, 271). Das Gleiche gilt für die Frist zur Zahlung bzw. Teilzahlung von nachzuentrichtenden Beiträgen, sofern nicht der Gesetzgeber dafür, wie z.B. in § 1418a Abs. 2 Satz 3 RVO, selbst eine Frist vorgeschrieben hat. Das ist für die Beitragsnachentrichtung nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG nicht geschehen, für die der Gesetzgeber in Abs. 3 Satz 3 dieser Vorschrift zwar einen Fristenrahmen („bis zu einem Zeitraum von fünf Jahren“) festgelegt, dessen Ausfüllung aber einer eigenen Entscheidung des Versicherungsträgers vorbehalten hat. Auch eine innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens vom Versicherungsträger bestimmte Frist ist mithin eine behördliche i.S. des § 26 Abs. 7 SGB X.

Daran ändert nichts der Hinweis der Beklagten auf § 1420 Abs. 1 RVO, wonach die Bereiterklärung eines Versicherten zur Nachentrichtung von Beiträgen der Beitragsentrichtung gleichsteht, wenn die Beiträge „binnen angemessener Frist“ entrichtet werden. Diese Regelung (mit der darin vorgesehenen Rückbeziehung der Beitragsentrichtung auf den Zeitpunkt der Bereiterklärung) gilt zwar, ebenso wie die in § 1419 Abs. 2 RVO getroffene ähnliche Regelung, grundsätzlich auch für die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG (zur Anwendung des § 1419 RVO im Nachentrichtungsverfahren vgl. BSGE 51, 230 und SozR 2200 § 1419 Nrn. 9 und 10); denn insoweit hat der Gesetzgeber für die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG nichts von den allgemeinen Vorschriften Abweichendes bestimmt. Das bedeutet jedoch nicht, daß auch der in § 1420 Abs. 1 RVO verwendete Begriff der „angemessenen Frist“ und die dazu ergangene Rechtsprechung auf die Frist zu übertragen ist, die der Versicherungsträger nach Art. 2 § 51a Abs. 3 Satz 3 ArVNG für die (Teil-)Zahlung von Beiträgen bestimmt. Diese Frist ist nämlich, wie der Senat bereits zur Anwendung des § 1419 RVO im Nachentrichtungsverfahren nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG entschieden hat, zugleich die „angemessene Frist“ i.S. des § 1419 Abs. 2 RVO, weil insoweit die besonderen Vorschriften über die Fristbestimmung in Art. 2 § 51a Abs. 3 ArVNG die allgemeinen in § 1419 Abs. 2 RVO „ersetzen“ (SozR 5750 Art. 2 § 51a Nr. 29 S 47; BSGE 51, 230, 232; vgl. ferner SozR 2200 § 1419 Nr. 10 S 20).

Entsprechendes gilt für die Anwendung des § 1420 Abs. 1 RVO im Rahmen der Beitragsnachentrichtung nach Art. 2 § 51a Abs. 2 ArVNG. Aus dem Begriff der „angemessenen Frist“ i.S. des § 1420 Abs. 1 RVO, den die Beklagte für einen gesetzlichen Begriff und deshalb die hier normierte Frist für eine „gesetzliche“ hält, ist somit nichts für die Frage zu entnehmen, ob auch die vom Versicherungsträger nach Art. 2 § 51a Abs. 3 Satz 3 ArVNG bestimmte (Teil-)Zahlungsfrist eine gesetzliche oder eine behördliche Frist ist. Dabei kann offen bleiben, ob nicht auch § 1420 Abs. 1 RVO eine nähere Bestimmung der „angemessenen Frist“ durch den Versicherungsträger zuläßt und dann nicht auch eine solche Fristbestimmung als behördliche i.S. des § 26 Abs. 7 SGB X anzusehen wäre. Auf die vom Versicherungsträger nach Art. 2 § 51a Abs. 3 Satz 3 ArVNG bestimmte (Teil-)Zahlungsfrist für die Nachentrichtung von Beiträgen ist jedenfalls § 26 Abs. 7 SGB X anzuwenden, weil diese Frist zu den von einer Behörde gesetzten Fristen gehört.

Die Beklagte hat ihre Befugnis zur Verlängerung dieser Frist bisher nicht erkannt und deshalb auch nicht ausgeübt. Damit hat sie sich ermessensfehlerhaft verhalten; denn ein Ermessensfehler liegt auch dann vor, wenn - wie hier - bei objektivem Vorhandensein eines Ermessensspielraums eine Abwägung der in Betracht kommenden Möglichkeiten unterblieben ist (vgl. Peters / Sautter / Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Bd. 1, § 54 Anm. 2 f bei „Ermessensfehler“).

Die Beklagte wird somit die bisher unterbliebene Entscheidung über eine Verlängerung der Zahlungsfrist nachzuholen und, da hiervon auch die Entscheidung über die - von ihr ebenfalls abgelehnte - Beitragsnachentrichtung nach § 10a WGSVG abhängt, zugleich über eine Verlängerung der dafür gesetzten Frist neu zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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