12 RK 67/87
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Unternehmerin eines Verlages i.S. des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) ist und ob sie der Beklagten Künstlersozialabgabe schuldet.
Die Klägerin verlegt ausschließlich das 14tägig erscheinende „Schwimm-Magazin“ mit dem Untertitel „Amtliches Organ des Deutschen Schwimmverbandes e.V.“. Der Bezugspreis belief sich 1987 im Jahresabonnement auf 144 DM. Herausgeber ist der Deutsche Schwimmverband e.V. Den Druck besorgt ein Druckhaus in P.
Auf einem Fragebogen der Beklagten gab die Klägerin an, daß alle redaktionellen Mitarbeiter ehrenamtliche Mandatsträger in den Landesverbänden und den Bezirken des Deutschen Schwimmverbandes seien. Der als Redakteur bezeichnete Beigeladene sei anderweitig fest als Werbeleiter beschäftigt. Er redigiere und umbreche das Schwimm-Magazin, ohne selbständig zu sein. Die Klägerin werde auch in Zukunft keine selbständigen Redakteure gegen Honorar beschäftigen.
Durch Bescheid vom 28. März 1984 stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin als „sonstiger Verlag“ zum Kreis der nach § 24 KSVG abgabepflichtigen Unternehmen gehöre. Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1986).
Im Laufe des anschließenden Klageverfahrens erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid vom 24. Februar 1986 zur Ergänzung des Bescheides vom 28. März 1984. Darin stellte sie fest, daß das dem Beigeladenen gezahlte Honorar Entgelt i.S. des § 25 KSVG sei und die Klägerin deshalb hierauf Künstlersozialabgabe zu zahlen habe. Dem Bescheid war der Hinweis beigefügt, daß er gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens werde.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides und den ergänzenden Bescheid vom 24. Februar 1986 aufgehoben (Urteil vom 29. September 1986). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 21. Oktober 1987). Es hat die Auffassung vertreten, daß es für die Zugehörigkeit zum Kreis der nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KSVG dem Grunde nach abgabepflichtigen Personen ausreiche, daß die Klägerin einen Verlag betreibe. Da der Verlag eine typische Erscheinungsform des „professionellen Vermarktens von Kunst und Publizistik“ darstelle, sei jeder Verlag als dem Grunde nach abgabepflichtig erfaßt worden. Diese Einbeziehung löse noch keine Abgabeschuld aus. Sie gewährleiste vielmehr die Erreichung des Gesetzeszwecks, indem sie die Betreffenden verpflichte, abgabepflichtige Entgelte aufzuzeichnen und der Künstlersozialkasse zu melden. Es komme deshalb für die Rechtsgültigkeit dieses Bescheides zunächst nicht darauf an, ob die Klägerin Werke oder Leistungen selbständiger Künstler oder Publizisten in Anspruch nehme. Auch der ergänzende Bescheid vom 24. Februar 1986 sei rechtmäßig. Abgabe sei für jeden selbständigen Publizisten i.S. des § 2 KSVG zu zahlen, gleichviel, ob seine Tätigkeit nur vorübergehend oder nicht gewerbsmäßig ausgeübt werde und auch unabhängig davon, ob er nach dem KSVG beitragspflichtig sei. Der Beigeladene sei ein selbständig tätiger Publizist. Er überarbeite die ihm zugesandten Manuskripte zum druckfertigen Text, stelle aus den Einzelbeiträgen der Einsender die jeweilige Ausgabe des Magazins zusammen und richte durch Ein- und Zusammenbau von Satzspalten, Klischees und ähnlichem die fertigen Druckseiten her. Ihm obliege damit insbesondere die Tätigkeit des sogenannten Umbruchredakteurs, der nach den Gesichtspunkten der wirksamen Plazierung der Einzelbeiträge und der Anzeigen sowie der lesbaren Gestaltung der Seite vorgehe. Dies sei eine gestalterische, freie Arbeit im publizistischen Bereich aufgrund eigener Kreativität. Daß der Beigeladene auch selbständig tätig sei, ergebe sich daraus, daß er keine Weisungen in bezug auf Zeit, Dauer, Ort, Inhalt und Gestaltung seiner Tätigkeit zu befolgen habe und auch nicht in einen übergeordneten Betriebsorganismus eingegliedert sei. Die Abgabepflicht werde schließlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß dem Beigeladenen nur eine „Aufwandsentschädigung“ für Arbeitsaufwand, Fahrtkosten und Spesen gezahlt werde. Entgelt sei alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwende, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, ihre Tätigkeit falle nicht in den Bereich der Normzwecke des KSVG. Das Gesetz wolle freischaffenden Künstlern und Publizisten einen sozialen Schutz gewähren. Das Unternehmen der Klägerin sei aber nicht darauf gerichtet, Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen. Das Schwimm-Magazin zeichne sich gerade dadurch aus, daß es wie eine Vereinszeitung lediglich Informationen weitergebe, insbesondere Beschlüsse der Organe des Verbandes und seiner Untergliederungen. Im übrigen sei der Beigeladene kein selbständiger Publizist. Das Wort Publizist dürfe nicht mit dem Beruf des Redakteurs gleichgesetzt werden. Der Beigeladene publiziere nichts, sondern stelle lediglich die Seiten des Magazins lesbar zusammen. Er sei nur technisch beim Druck des amtlichen Organs des Deutschen Schwimmverbandes e.V. „Schwimm-Magazin“ tätig und erhalte dafür nur eine unbedeutende Aufwandsentschädigung.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie beruft sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.
Der Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entschieden wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid vom 28. März 1984, mit dem die Beklagte festgestellt hat, daß die Klägerin nach Art ihres Unternehmens zu denjenigen Unternehmern gehört, die nach §§ 23 ff KSVG - in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 27. Juli 1981 mit den Änderungen vom 18. Dezember 1987 (BGBl. I 1981 S. 705 und 1987 S. 2794) - zur Künstlersozialabgabe verpflichtet sind, ist rechtmäßig, und zwar unabhängig davon, ob im Zeitpunkt der Entscheidung Arbeiten selbständiger Künstler oder Publizisten durch die Klägerin verwertet wurden und daraus konkret eine Abgabepflicht folgte. Derartige Bescheide dienen lediglich dazu, diejenigen Unternehmen zu erfassen, die ihrem Unternehmenszweck nach zu den in § 24 KSVG bezeichneten Abgabepflichtigen gehören. Sie klären vorab, daß der betreffende Unternehmer abgabepflichtig ist, sobald er Werke selbständiger Künstler oder Publizisten (§ 2 Abs. 1 KSVG) verwertet, und schaffen damit eine auch für den Unternehmer wünschenswerte Rechtsklarheit. Der erkennende Senat hat deshalb bereits in mehreren Entscheidungen (Urteile vom 8. Dezember 1988 - 12 RK 1/86 -, - 12 RK 8/88 -, - 12 RK 15/88 -, - 12 RK 38/88 -) die Zulässigkeit solcher Erfassungsbescheide bejaht. Im einzelnen kann auf die Begründung dieser Urteile verwiesen werden.
Die Klägerin kann aber auch mit ihren Einwendungen gegen den Bescheid vom 24. Februar 1986, mit dem wegen der Tätigkeit des Beigeladenen D. eine Abgabe festgesetzt wurde, keinen Erfolg haben; denn der Beigeladene war für die Klägerin als selbständiger Publizist (i.S. des § 2 Abs. 1 KSVG) tätig. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, werden zwar Redakteure in § 2 Abs. 1 KSVG nicht ausdrücklich erwähnt. Der dort verwendete Begriff des Publizisten wird auch nicht näher definiert. Genannt werden nur Journalisten und Personen, die „in anderer Weise publizistisch tätig“ sind. Aus dieser Formulierung ist aber zu folgern, daß der Begriff des Publizisten nicht eng zu verstehen ist und alle Personen umfaßt, die u.a. im Verlagswesen publizistisch tätig sind. Dazu gehören nicht nur die Verfasser von Schriftwerken, sondern auch solche Personen, die durch ihre gestalterische Tätigkeit den Charakter des Druckwerks mitbestimmen. Die u.a. zu § 28 KSVG ergangene Verordnung zur Durchführung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 23. Mai 1984 (BGBl. I S. 709) erwähnt deshalb in § 2 Abs. 1 Nr. 4 auch den Redakteur. Allerdings ergibt sich daraus nicht zwingend, daß auch Redakteure zu den Publizisten i.S. des KSVG zu rechnen sind; denn die Ermächtigung des Verordnungsgebers in § 28 KSVG bezieht sich nur auf Form und Inhalt der erforderlichen Aufzeichnungen. Die Anführung der verschiedenen Berufe gibt aber einen Anhalt, wie der Begriff des Publizisten in den beteiligten Kreisen verstanden wird.
Eine Unterscheidung nach der Intensität und dem Wert der gestalterischen Tätigkeit, wie sie die Klägerin vornehmen will, findet im Gesetz keine Grundlage. Sie würde auch zu kaum praktikablen Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Erfaßt werden demnach alle publizistischen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Umfang und Wert, mithin auch Tätigkeiten selbständiger Redakteure, sofern sie einen gestaltenden Einfluß auf das Druckwerk ausüben.
Auch die Erkenntnis des LSG, daß der Beigeladene selbständig tätig war, ist nicht zu beanstanden. Es hat dabei die Grundsätze zugrunde gelegt, die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden sind (vgl. dazu auch Schmidt, ZfS 1988, 167 f.). Dagegen sind Einwände nicht erhoben worden.
Unbeachtlich für die Abgabepflicht ist - wie das LSG ferner zu Recht entschieden hat -, ob der Redakteur selbst der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt. Die Künstlersozialabgabe wird nach dem Gesamtbetrag der gezahlten Entgelte für die Arbeiten selbständiger Künstler und Publizisten berechnet (§ 25 KSVG). Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (BVerfGE 75, 108, 124 ff = SozR 5425 § 1 Nr. 1 S. 8 ff).
Der Senat hat noch geprüft, ob zum Rechtsstreit außer dem Redakteur D. die gesetzliche Krankenkasse beizuladen war, die für ihn zuständig gewesen wäre, wenn seine Tätigkeit bei der Klägerin nicht als die eines selbständigen Publizisten, sondern als abhängige Beschäftigung anzusehen wäre. Ob der Redakteur D. nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen war oder seine Beiladung jedenfalls dann nicht notwendig war, wenn er nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig und deshalb auch nicht beitragspflichtig war - in diesem Falle würde sich die in diesem Rechtsstreit zu treffende Entscheidung über die Abgabepflicht der Klägerin für das ihm gezahlte Entgelt nicht oder mindestens nicht unmittelbar auf ihn auswirken -, hat der Senat offen gelassen. An seine Beiladung ist der Senat gebunden, da sie jedenfalls nicht unzulässig ist (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGG).
Die gesetzliche Krankenkasse, die im Falle einer abhängigen Beschäftigung des Redakteurs D. für ihn zuständig gewesen wäre, hätte beigeladen werden müssen, wenn die Frage, ob er abhängig beschäftigt oder selbständig als Publizist tätig war, ob für ihn also die Krankenkasse oder aber die Künstlersozialkasse zuständig war, ernsthaft zweifelhaft gewesen wäre. Da die Frage, welcher von mehreren Versicherungsträgern zuständig ist, für alle nur einheitlich entschieden werden kann, keiner der Träger aber an die Entscheidung des anderen gebunden ist und, wenn seine Entscheidung angefochten wird, das dann ergehende Urteil des Gerichts ohne die Beiladung des anderen Trägers für diesen nicht bindend ist, sind widersprechende Entscheidungen nur zu vermeiden, wenn die Versicherungsträger jeweils am Rechtsstreit des anderen beteiligt werden. Im vorliegenden Fall war eine Beiladung der gesetzlichen Krankenkasse indessen nicht erforderlich, weil ihre Zuständigkeit nach den Umständen, insbesondere nach der Art der Tätigkeit des Redakteurs D. bei der Klägerin, nicht ernstlich in Betracht kam und auch von keinem der Prozeßbeteiligten geltend gemacht worden ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.