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5b RJ 96/83

Gründe I.

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung einer Ausfallzeit.

Der 1928 geborene und 1980 verstorbene Ehemann der Klägerin war vom 20. Juni 1975 bis 24. Mai 1976 wegen eines Herzinfarktes arbeitsunfähig krank. Vom 5. Januar bis 24. Mai 1976 verrichtete er an seinem früheren Arbeitsplatz Teilzeitarbeit für vier Stunden täglich und erhielt weiterhin Krankengeld, das nach § 189 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Höhe des erzielten Arbeitsentgeltes ruhte.

Die Beklagte wertete die Zeit vom 5. Januar bis 24. Mai 1976 im Versicherungsverlauf als Pflichtbeitragszeit und lehnte deshalb den Antrag auf Berücksichtigung dieser Zeit als Ausfallzeit und Abgeltung der daneben entrichteten Beiträge nach § 1260a RVO durch Bescheid vom 5. November 1979 und Widerspruchsbescheid vom 15. April 1980 ab.

Die Klägerin hat das durch den Tod ihres Ehemannes unterbrochene Klageverfahren fortgesetzt und geltend gemacht, die auf ärztlichen Rat zur medizinischen Rehabilitation verrichtete Halbtagsbeschäftigung dürfe sich rentenversicherungsrechtlich im Vergleich zum vollen Krankengeldbezug nicht nachteilig auswirken. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen mit Bescheid vom 29. Dezember 1980 Hinterbliebenenrente gewährt und dabei wiederum die Zeit vom 5. Januar bis 24. Mai 1976 als Pflichtbeitragszeit gewertet.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 25. März 1981 abgewiesen, weil gesetzlich keine Möglichkeit bestehe, mit Pflichtbeiträgen belegte Zeiträume zusätzlich als Ausfallzeiten anzurechnen. Nachdem die Beteiligten hinsichtlich der Waisenrente des Beigeladenen einen Teilvergleich geschlossen hatten, hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin unter Einbeziehung des Witwenrentenbescheides mit Urteil vom 5. Mai 1983 zurückgewiesen. Die Aufnahme der versicherungspflichtigen Halbtagsbeschäftigung habe beim Ehemann der Klägerin die gleichzeitige Entstehung einer Ausfallzeit deshalb verhindert, weil dadurch die Unterbrechung seiner Beschäftigung infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (§ 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO) beendet worden sei. Die eine geringfügige Beschäftigung betreffende Entscheidung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. Oktober 1982 (= 4 RJ 85/81 = SozR 2200 § 1255 Nr. 16) treffe auf die hier zu beurteilende Halbtagsbeschäftigung nicht zu.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzungen der §§ 1255 Abs. 7 i.V.m. 1260a, 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO und des Art. 3 des Grundgesetzes (GG). § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO wolle den Rentenberechtigten vor wirtschaftlichen Nachteilen infolge vorrangiger Berücksichtigung entstandener Beitragszeiten bewahren und durchbreche deshalb den grundsätzlichen Ausschluß einer Ausfallzeit durch eine auf die gleiche Zeit entfallende Beitragszeit, wenn der Entgeltwert nicht dem Wert der anzurechnenden Ausfallzeit entspreche. Es gelte dann das von der Rechtsprechung des BSG anerkannte und durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. Februar 1983 ausdrücklich bestätigte Günstigkeitsprinzip. Nichts anderes könne gelten, wenn bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit eine Halbtagsbeschäftigung aufgenommen und somit die Versichertengemeinschaft entlastet werde.

Die Klägerin beantragt,

  • die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Beklagte in Abänderung ihres Bescheides vom 5. November 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1980 und des Bescheides vom 29. Dezember 1980 zu verurteilen, bei der Berechnung der Witwenrente die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1976 als weitere Ausfallzeit zu berücksichtigen und die während dieser Zeit entrichteten Pflichtbeiträge als Höherversicherungsbeiträge nach § 1260a RVO anzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Gründe II.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist begründet.

Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Witwenrentenbescheid vom 29. Dezember 1980 Gegenstand des Verfahren geworden ist. Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut, wohl aber aus dem auf schnelle und erschöpfende Entscheidung über das gesamte Streitverhältnis sowie auf Vermeidung divergierender Entscheidungen zielenden Sinn und Zweck des § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSGE 47, 241, 243 = SozR 4100 § 134 Nr. 11 m.w.N.). Davon ausgehend hat der 11. Senat des BSG in den Urteilen vom 24. November 1978 und 19. September 1979 (SozR 1500 § 96 Nr. 13 und 18) die entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG für geboten gehalten, wenn ein - außerhalb des Leistungsverfahrens erlassener - Bescheid über die Feststellung und Bewertung von Versicherungszeiten im Klageweg angefochten ist und während des Rechtsstreits der Rentenbescheid ergeht. Nach der genannten Rechtsprechung gilt dies jedenfalls dann, wenn die Einbeziehung des späteren Rentenbescheides dem Willen der Beteiligten entspricht. Dies muß hier im Hinblick auf die von der Beklagten im Schriftsatz vom 22. Januar 1981 befürwortete Einbeziehung der Hinterbliebenenrentenbescheide und die dementsprechende Antragstellung der Klägerin in der Berufungsinstanz bejaht werden.

Im vorliegenden Fall sind allerdings während des den Feststellungsbescheid vom 5. November 1979 betreffenden und von der Klägerin fortgesetzten Klageverfahrens Rentenbescheide nur noch an die Klägerin und den Beigeladenen als Hinterbliebene des Versicherten ergangen. Insoweit besteht aber der vom 11. Senat in den genannten Entscheidungen für die entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG für ausschlaggebend erachtete enge innere Zusammenhang zwischen dem Feststellungsbescheid und dem Witwenrentenbescheid gleichermaßen, weil sich die Bewertung der Zeiten im Feststellungsbescheid unmittelbar auf die Höhe der Witwenrentenleistungen auswirkt. Somit hat auch hier die ursprünglich allein streitige Berücksichtigung einer weiteren Ausfallzeit und von Höherversicherungsbeiträgen erst mit der Durchführung des Witwenrentenverfahrens ihre eigentliche und zugleich aktualisierte Bedeutung erlangt. Das Prozeßziel im anhängig gemachten Rechtsstreit wird demnach durch den Witwenrentenbescheid wesentlich berührt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem vom 11. Senat des BSG mit Urteil vom 9. September 1982 (SozR 1500 § 96 Nr. 27) entschiedenen Fall, daß während des Rechtsstreits über den Versichertenrentenbescheid der Bescheid über die Witwenrente erlassen wird. In jenem Fall hat der 11. Senat die entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG verneint, weil der Streitstoff im Rechtsstreit über die Versichertenrente durch die Regelung zur Hinterbliebenenrente nicht berührt werde. Diese Argumentation entfällt aber gerade bei Erlaß eines die Feststellung und Bewertung von Zeiten beinhaltenden Bescheides außerhalb des Leistungsverfahrens, weil hier die Feststellung von Ausfallzeiten bindende Wirkung für künftige Rentenbescheide nach Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles hat (vgl. BSG in SozR Nr. 1 zu § 1412 RVO und Nr. 1 § 11 VuVO sowie BSGE 46, 236, 238 = SozR 1500 § 77 Nr. 29).

Der Anspruch der Klägerin, die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1976 als Ausfallzeit und die dafür geleisteten Beiträge als Höherversicherungsbeiträge zu berücksichtigen, ist entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanzen begründet. Das ergibt sich aus § 1255 Abs. 7 Satz 2 und § 1260a RVO. § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO läßt die während einer anzurechnenden Ausfallzeit entrichteten Beiträge bei Anwendung der Absätze 1 und 3, d.h. bei Errechnung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage, außer Ansatz; § 1260a RVO schreibt die Anrechnung der nach § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO unberücksichtigt bleibenden Beiträge entsprechend den Vorschriften über die Höherversicherung vor.

§ 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO ist durch das 1. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (1. RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl. I, 476) in die RVO eingefügt worden. Die Vorschrift dient der Beseitigung aufgetretener Härten bei der Bewertung beitragsloser Zeiten. Sie soll ein Absinken des für die Berechnung der persönlichen Bemessungsgrundlage maßgebenden Vomhundertsatzes vermeiden (vgl. BT-Drucks. IV/3233 S. 4, 5) und die Rentenberechtigten so vor den wirtschaftlichen Nachteilen bewahren, die ihnen aus einer Rentenberechnung unter ausnahmsloser Berücksichtigung der geleisteten Beiträge entstehen würden (vgl. BT-Drucks. IV/2572). Dabei war primär an die zahlreichen Arbeitslosen der frühen dreißiger Jahre mit den zur Erhaltung ihrer Rentenanwartschaft erforderlichen niedrigsten Beiträgen gedacht, ebenso aber auch an die Pflichtbeiträge der Berliner Studenten. Erhebliche Rentenminderungen durch Anrechnung solcher im Vergleich zu den Ausfallzeiten regelmäßig niedriger zu bewertender Mindestbeiträge sollten vermieden werden (vgl. Gellhorn BABl. 1965, 588, 591). Diese gesetzgeberische Absicht entspricht der Systematik der Rentenversicherung, die regelmäßig vorrangigen Beitragszeiten (vgl. § 1258 Abs. 1 RVO) unter bestimmten - von den Versicherten nicht zu vertretenden - Voraussetzungen durch Anrechnung zusätzlicher - beitragsloser - Zeiten zu ergänzen und die Versicherten auf diese Weise dort zu begünstigen, wo sie schicksalhaft an der Beitragsleistung gehindert waren. Versicherte mit niedrigen Beiträgen während einer Ausfallzeit sollten dann aber nicht schlechter gestellt werden als Versicherte - normalerweise unter Berücksichtigung der Regelung in § 1258 Abs. 1 RVO - ohne Beitragsleistung während der Ausfallzeit stehen. Insoweit muß die Ausnahmevorschrift des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO auch für Beitragszeiten aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung gelten (ebenso bereits BSG SozR Nr. 13 zu § 1255 RVO und SozR 2200 § 1255, Nr. 16). Der Senat teilt daher die Auffassung des 11. Senats in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 9. Februar 1984 (11 RA 6/83), daß eine Zeit ihrem Charakter nach sowohl Beitragszeit als auch Ausfallzeit sein kann und daß Pflichtbeiträge das Vorhandensein einer Ausfallzeit für die gleiche Zeit nicht schlechthin ausschließen.

Die im Januar 1976 erfolgte Wiederaufnahme der vor dem Herzinfarkt ausgeübten Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin für vier Stunden täglich steht der Annahme einer Ausfallzeit nicht entgegen. Das LSG geht zu Recht davon aus, daß der hier zu beurteilende Zeitraum den Tatbestand sowohl einer Beitragszeit als auch einer Ausfallzeit erfüllt. Der Versicherte übte in diesem Zeitraum eine rentenversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung aus, für die Pflichtbeiträge entrichtet wurden (§ 1250 Abs. 1a); zugleich war seine - frühere - versicherungspflichtige Beschäftigung aber auch durch eine infolge Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit i.S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO unterbrochen. Der Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat in der Rentenversicherung dieselbe Bedeutung wie in der Krankenversicherung (vgl. Beschluß des Großen Senats des BSG vom 16. Dezember 1981 = BSGE 53, 22 = SozR 2200 § 1259 Nr. 59). Arbeitsunfähigkeit i.S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit weder seine vor der Unterbrechung ausgeübte noch eine ähnlich geartete Tätigkeit oder Beschäftigung ausüben kann (vgl. BSGE 53, 31 = SozR a.a.O., S. 168). Durch die Halbtagsbeschäftigung verrichtete der Versicherte hier wegen der zeitlichen Einschränkung nicht seine frühere oder eine ähnlich geartete Tätigkeit in diesem Sinne. Eine andere Beurteilung wäre nur möglich, wenn man die Arbeitsunfähigkeit nach Prozenten bemessen würde. Das Gesetz läßt dies jedoch begrifflich nicht zu. Es geht nämlich davon aus, daß sich Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsfähigkeit gegenseitig ausschließen (vgl. BSGE 47, 47, 50 = SozR 2200 § 1237 Nr. 9 m.w.N.), wie dem § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO zu entnehmen ist. Denn hier wird der Anspruch auf Krankengeld ausdrücklich davon abhängig gemacht, daß die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Der Anspruch entfällt mithin grundsätzlich erst bei Wegfall der Arbeitsunfähigkeit, d.h. mit der Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit. § 189 RVO enthält zwar auch eine Regelung für den Fall der allmählichen - stufenweisen - Rückkehr in den Arbeitsprozeß, wenn dort das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld vorgeschrieben wird, soweit der Versicherte während der Krankheit beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhält. Gerade die Verwendung des Ruhensbegriffs (vgl. BSGE 2, 142, 147) zeigt aber, daß vom Fortbestand des von der Arbeitsunfähigkeit abhängigen Stammrechts ausgegangen wird.

Die versicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung des Versicherten hat die krankheitsbedingte Unterbrechung der zuvor ausgeübten Vollzeitbeschäftigung i.S. des § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO auch nicht beendet. Das könnte nur angenommen werden, wenn infolge der Teilzeitbeschäftigung der Zweck der Ausfallzeit nicht mehr erreicht werden könnte, den Ausfall von Pflichtbeiträgen und damit den Verlust an Werteinheiten auszugleichen. Das ist jedoch nicht der Fall. Trotz der Pflichtbeiträge für die ab 5. Januar 1976 in halben Schichten ausgeübte frühere Tätigkeit entsteht nämlich die Beitragsdifferenz aus der früher vollen und später nur noch halben täglichen Arbeitsleistung infolge eingeschränkter Arbeitsfähigkeit. Ein Versicherter, der sich sozialadäquat verhält, indem er versucht, durch Aufnahme einer Halbtagsbeschäftigung die schrittweise Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu erreichen und der damit gem. § 189 RVO auch die Senkung seines Krankengeldbezugs bewirkt, darf aber rentenrechtlich nicht schlechter gestellt sein als ein Versicherter, der sich passiv verhält und es mithin bei der „vollen“ Arbeitsunfähigkeit beläßt. Ähnliche Erwägungen haben bereits in der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 7. Oktober 1982 (BSGE 54, 125, 127 = SozR 2200 § 1255 Nr. 16) mit dazu geführt, daß bei der Errechnung der persönlichen Bemessungsgrundlage Pflichtbeiträge unberücksichtigt bleiben, die ein Arbeitsloser durch Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung entrichtet und damit zur Senkung seines Unterstützungsbetrags beigetragen hat.

Der 4. Senat hat in diesem Urteil bereits zu Recht darauf hingewiesen, daß dem gewonnenen Ergebnis der Beschluß des Großen Senats vom 9. Dezember 1975 (BSGE 41, 41 = SozR 2200 § 1259 Nr. 13) nicht entgegensteht.

Vom dortigen Sachverhalt unterscheidet sich der vorliegende Fall schon deshalb, weil es dort nicht zu einer Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung um mindestens einen Kalendermonat gekommen ist, die hier bereits in der Zeit vor dem 5. Januar 1976 eingetreten war.

Ob im Einzelfall die Anrechnung der Ausfallzeit günstiger für den Versicherten und seine Hinterbliebenen ist, weil die Anrechnung der den gleichen Zeitraum betreffenden Beitragszeit zu einem Herabsinken der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage führen würde, kann nur durch eine Vergleichsberechnung ermittelt werde. Ihre Durchführung ist dem Versicherungsträger zumutbar, wie das BVerfG im Beschluß vom 8. Februar 1903 (SozR 2200 § 1255 Nr. 17) näher ausgeführt hat. Der Senat läßt dahingestellt, ob damit noch die Rechtsprechung des BSG zu § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO vereinbar ist, nach der die Anwendung der Vorschrift nicht davon abhängig gemacht werden kann, daß durch die Berücksichtigung der Ausfallzeit anstelle der gleichzeitig vorliegenden Beitragszeit in jedem Fall eine Begünstigung des Versicherten stattfindet (vgl. SozR 2200 § 1255 Nrn. 6 und 8; Beschluß des Großen Senats des BSG vom 9. Dezember 1975 a.a.O.). Denn im vorliegenden Fall geht es - anders als in den erwähnten Entscheidungen des BSG - nicht darum, ob trotz der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO diese Norm nicht anzuwenden ist, wenn die Berücksichtigung der Beitragszeiten eine günstigere Rentenhöhe bewirkt. Streitig ist hier vielmehr die von der Klägerin zu Recht begehrte Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO als Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Beitragszeiten vor den Ausfallzeiten.

Da die während der Ausfallzeit entrichteten Pflichtbeiträge gemäß § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO unberücksichtigt zu bleiben haben, sind sie nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 1260a Satz 1 RVO als Höherversicherungsbeiträge zu werten.

Die Beklagte muß deshalb unter Abänderung ihrer entgegenstehenden Bescheide und unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen verurteilt werden, bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden Witwenrente die streitige Ausfallzeit und die in dieser Zeit entrichteten Pflichtbeiträge wie Beiträge der Höherversicherung zu berücksichtigen (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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