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7 RAr 45/77

Gründe

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Alg.

Die 1947 geborene Klägerin ist verheiratet und hat vier in den Jahren 1966 bis 1971 geborene Kinder. Aus wirtschaftlichen Gründen nahm sie am 20.01.1975 eine Beschäftigung als Näherin bei der Firma K. in H. auf; Wohnort der Klägerin war F. Die Klägerin war in dieser Zeit in der sog. „Dämmerschicht“ von 17.00 bis 22.00 Uhr beschäftigt. Nach Auflösung dieser „Dämmerschicht“ durch den Arbeitgeber arbeitete die Klägerin weiterhin für ihn ab 01.09.1975 in Heimarbeit. Dieses Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber zum 30.11.1975 gekündigt.

Am 01.12.1975 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Alg. Sie erklärte dabei, daß sie von montags bis freitags jeweils von 17.00 bis 22.00 Uhr, insgesamt also 25 Wochenstunden, arbeiten möchte. Während dieser Zeit sollte ihr berufstätiger Ehemann die Kinder betreuen. Der Beklagten war bekannt, daß der Klägerin ein Pkw zur Verfügung stand, so daß zur Vermittlung der gesamte Raum S. in Betracht kam.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit der Begr. ab, daß sie der Arbeitsvermittlung nicht unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zur Verfügung stehe.

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin auf ihren Antrag vom 01.12.1975 hin Alg. zu gewähren.

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Alg. zu. Nach §§ 100 ff. AFG hat Anspruch auf Alg., wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim ArbA. arbeitslos gemeldet und Alg. beantragt hat. Aus den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ergibt sich, daß die Klägerin ab 01.12.1975 arbeitslos war und sich an diesem Tage arbeitslos gemeldet und Antrag auf Alg. gestellt hat. Danach war die Klägerin ferner (subjektiv) bereit, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die sie ausüben konnte (§ 103 Abs. 1 Satz l Nr. 2 AFG). Entgegen der Auffassung der Beklagten stand die Klägerin auch der Arbeitsvermittlung i.S. der übrigen Bestimmungen des § 103 AFG zur Verfügung.

Für die Zeit vom 01.12. bis 31.12.1975 ist insoweit maßgebend § 103AFG i.d.F. vom 25.06.1969 (BGBl. I 582), für die Zeit ab 01.01.1976 i.d.F. des HStruktG-AFG, das an diesem Tage in Kraft getreten ist, ohne in bezug auf § 103 AFG eine Übergangsregelung oder eine Sonderregelung für ein abweichendes Inkrafttreten zu treffen (vgl. Art. 1 §2 und Art. 5 §§ 1, 2 HStruktG-AFG). Die Neufassung des § 103 AFG durch das HStruktG-AFG erfaßt nach ihrem zeitlichen Geltungswillen deshalb unmittelbar alle an diesem Tage noch laufenden Leistungsfälle (vgl zur Wirkung von Rechtsänderungen BSGE 5, 246, 247 m.w.N.).

Aus der Anwendung beider Fassungen des § 103 AFG ergeben sich allerdings für den Leistungsanspruch der Klägerin keine rechtlichen Unterschiede, weil § 103 AFG n.F., auf diesen Sachverhalt bezogen, keine von der alten Fassung abweichende Regelung trifft. § 103 Abs. 1 AFG a.F. lautet, soweit es hier in Betracht kommt, wie folgt:

„(1) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer

1. eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf sowie

2. bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann.

Nummer 1 gilt nicht hinsichtlich der Arbeitszeit; der Arbeitsvermittlung steht jedoch nicht zur Verfügung, wer nur geringfügige Beschäftigungen (§ 102) ausüben kann oder darf, weil er

1. in seiner Leistungsfähigkeit gemindert und berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist oder

2. tatsächlich oder rechtlich gebunden ist.“

Demgegenüber heißt es in § 103 Abs. 1 AFG i.d.F. des HStruktG-AFG:

„(1) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer

1. eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf sowie

2. bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann.

Nummer 1 gilt nicht hinsichtlich der Arbeitszeit; Lage und Verteilung der Arbeitszeit müssen jedoch den Bedingungen entsprechen, zu denen Beschäftigungen der in Betracht kommenden Art und Dauer üblicherweise ausgeübt werden. Der Arbeitsvermittlung steht nicht zur Verfügung, wer

1. nur geringfügige Beschäftigungen ausüben kann und darf, weil er

a) in seiner Leistungsfähigkeit gemindert und berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist oder

b) tatsächlich oder rechtlich gebunden ist,

2. wegen häuslicher Bindungen, die nicht in der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder oder pflegebedürftiger Personen bestehen, Beschäftigungen nur zu bestimmten Arbeitszeiten ausüben kann,

3. wegen seines Verhaltens nach der im Arbeitsleben herrschenden Auffassung für eine Beschäftigung als Arbeitnehmer nicht in Betracht kommt.“

Insbesondere die Best. des § 103 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AFG n.F., daß Lage und Verteilung der Arbeitszeit den Bedingungen entsprechen müssen, zu denen Beschäftigungen der in Betracht kommenden Art und Dauer üblicherweise ausgeübt werden, bedeutet keine rechtliche Neuregelung gegenüber dem vorher geltenden Recht, das diesen Halbsatz nicht enthielt. In dieser Regelung kommt - auf den Teilaspekt „Arbeitszeit“ bezogen - lediglich der - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - in der ArblV seit jeher geltende Grundsatz zum Ausdruck, daß Leistungen nur derjenige erhalten kann, dessen Vermittlung in Arbeit objektiv möglich ist, weil Arbeitsplätze der Art, wie sie für ihn in Betracht kommen, üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt vorhanden, aber nicht frei (oder „freie“ nicht bekannt) sind. Wer seine Arbeitsleistung hingegen nur zu Zeiten erbringen kann, in denen allgemein, fachlich oder räumlich - wenn nur eine entsprechende Einsatzmöglichkeit besteht - üblicherweise auf diesem Markt abhängige Beschäftigung nicht stattfindet, steht der Arbeitsvermittlung in diesem Sinne nicht zur Verfügung; denn seine Arbeitslosigkeit kann objektiv durch Vermittlung in Arbeit nicht beendet werden. Während diese Frage bei Arbeitslosen, die vollschichtig arbeiten können, in der Regel keine Rolle spielt, kommt der Lage und Verteilung der Arbeitszeit für das Anspruchsmerkmal der Verfügbarkeit bei Beschränkungen auf Teilzeitarbeit größere Bedeutung zu. In erster Linie an diesen Bereich hatte offenbar auch der Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 103 Abs. 1 Satz 2 AFG durch das HStruktG-AFG gedacht (vgl BT-Drucks. 7/4243. Begr. zu Art. 20 § 1 Nr. 22a, S. 9).

Nach der Rechtspr. des Senats zu § 103 Abs. 1 AFG a.F. (vgl. Urteile vom 19. 12. 1973 - 7 RAr 10/72 - SGb 1974,519; ABA 1974, 125, Dienstbl. C der Beklagten Nr. 1781 a zu § 103 AFG, und vom 11.02.1976 - 7 RAr 20/74 -, DRV 1976, 268; SGb 1976, 324, Dienstbl. C der Beklagten Nr. 2050 zu § 103 AFG), die sich an frühere Rechtspr. zu § 76 AVAVG anschloß (vgl BSGE 11, 16; 12, 226; 17, 164), kam es für die Verfügbarkeit eines Arbeitslosen, der zwar noch mehr als geringfügig, aber nicht mehr vollschichtig arbeiten konnte, darauf an, daß die ihm noch mögliche Arbeitszeit nach Lage und Verteilung der Marktüblichkeit entspricht. § 103 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AFG i.d.F. des HStruktG-AFG entspricht diesem Grundsatz. Er hat danach gegenüber dem früheren Rechtszustand nur klarstellende Bedeutung, wie auch die hierzu verlautbarte Absicht des Gesetzgebers erhellt (vgl BT-Drucks. 7/4243, Begr zu Art. 20 § 1 Nr. 22 a, S. 9).

Die Klägerin stand sowohl nach § 103 Abs. 1 a.F. wie n.F. AFG der Arbeitsvermittlung in diesem Sinne (objektiv) zur Verfügung. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war sie zwar mit Rücksicht auf ihre häuslichen Verhältnisse gehindert, eine vollschichtige Beschäftigung zu üblichen Bedingungen auszuüben. Die Besonderheiten der von ihr als erbringbar bezeichneten mehr als geringfügigen Arbeitszeit nach Dauer, Lage und Verteilung waren danach auf die Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder zurückzuführen, so daß die die Verfügbarkeit ausschließende Regelung des § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG i.d.F. des HStruktG-AFG in ihrem Falle nicht eingreift.

Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG n.F. allerdings keinen unmittelbaren Schluß auf die Verfügbarkeit von Arbeitslosen zuläßt, die wegen häuslicher Bindungen, welche in der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder oder pflegebedürftiger Personen liegen, nur noch Teilzeitarbeit ausüben können. Wie aus dem Bericht des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zum HStruktG (vgl. BT-Drucks. 7/4243 S. 9) hervorgeht, soll diese Vorschrift vielmehr nur sicherstellen, daß Arbeitslose, die wegen anderer als der oben genannten häuslichen Bindungen nur noch Teilzeitarbeit ausüben können, hinsichtlich deren Lage und Verteilung keine besonderen Bestimmungen treffen dürfen. Gedacht war hier vor allem an kinderlose Ehegatten, deren Bindung lediglich in der ehelichen Versorgung des anderen Ehegatten besteht. Ihnen wird zugemutet, daß sie sich den Bedürfnissen der Arbeitsvermittlung anpassen. Welche Bedürfnisse das hinsichtlich der Arbeitszeitverteilung sind, sollen diese Personen grundsätzlich der sachgerechten Beurteilung der Beklagten im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit überlassen. Ihre Verfügbarkeit i.S des § 103 AFG scheint nach der eindeutigen Regelung in § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG deshalb schon dann beseitigt zu sein, wenn sie eine eigene Best. hinsichtlich Lage und Verteilung der Arbeitszeit treffen (sofern dies nicht nur ein berechtigter Vermittlungswunsch ist), selbst wenn diese von ihnen bestimmte Lage und Verteilung üblich i.S. des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG sein sollte (so Hennig / Kühl / Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, Anm. 5 c zu § 103 - 14.  ErgLfg -). Trotz dieser aus dem Wortlaut des § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG anzunehmenden Folge, über die der Senat hier allerdings nicht abschließend zu entscheiden hat, wird man in der Praxis erwarten dürfen, daß dem Arbeitslosen in dem letztgenannten Falle keine Nachteile entstehen; denn es erschiene wenig sachgerecht, ihm Nichtverfügbarkeit entgegenzuhalten, bloß weil er Lage und Verteilung einer Arbeitszeit in einer Weise bestimmt, die den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes entspricht und damit auch ehestens zu einem Vermittlungserfolg führen wird. Hier wird es nicht fernliegen, die Bezeichnung bestimmter Arbeitszeiten als einen sachgerechten Vermittlungswunsch des Arbeitslosen anzusehen, zumal da auch der o.a. BT-Ausschuß davon ausgegangen ist, daß ungeachtet der Regelung des § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 „bei der Arbeitsvermittlung die persönlichen Verhältnisse des Arbeitslosen berücksichtigt werden, so daß Schwierigkeiten für den betroffenen Arbeitnehmer weitgehend vermieden werden“ (BT-Drucks 7/4243 S. 9). Die Einschränkung des § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG gilt jedenfalls aber nicht für solche Arbeitslose, die nur Teilzeitarbeit wegen häuslicher Bindungen aus der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder - wie die Klägerin - oder pflegebedürftiger Personen ausüben können. Ihrer Verfügbarkeit steht es nicht entgegen, wenn sie auch hinsichtlich der Lage und Verteilung der Teilzeitarbeit eine eigene Bestimmung treffen, die den objektiven Gegebenheiten entspricht. Da § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG -  wie dargestellt - nur in bezug auf Arbeitslose mit anderen als den o.a. häuslichen Bindungen eine Regelung bezüglich der Verfügbarkeit trifft, gelten im übrigen die allgemeinen Grundsätze des § 103 Abs. 1 AFG weiter. Das bedeutet, dass Arbeitslose, die - wie die Klägerin - auf Teilzeitarbeit nur wegen der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder beschränkt sind, der Arbeitsvermittlung nur dann zur Verfügung stehen, wenn sie insoweit noch eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes i.S. des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG ausüben können und dürfen. Ein derart an Vollzeitarbeit gehinderter Arbeitsloser ist infolgedessen ungeachtet der Regelung in § 103 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AFG nicht verfügbar, wenn er wegen seiner Bindungen nur zu arbeitsmarktunüblichen Zeiten arbeiten könnte (§ 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG).

Lage und Verteilung der Arbeitszeit von 25 Wochenstunden, die die Klägerin wegen der häuslichen Bindungen zumutbar noch ausüben konnte, stehen jedoch der Annahme ihrer Verfügbarkeit nicht entgegen; denn sie entsprachen den üblichen Bedingungen des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarktes (§ 103 Abs. 1 AFG a.F.), d.h. den Bedingungen, zu denen Beschäftigungen der in Betracht kommenden Art und Dauer üblicherweise ausgeübt werden (§ 103 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 AFG i.d.F. des HStruktG-AFG). Das LSG hat unangegriffen festgestellt (§ 163 SGG), daß die Klägerin schon ab Antragstellung an fünf Werktagen in der Woche täglich fünf Stunden in der Zeit zwischen 16.00 und 23.00 Uhr und ggf. auch am Sonnabend und Sonntag ohne zeitliche Einschränkungen eine Beschäftigung ausüben wollte und konnte.

Dem LSG ist darin beizupflichten, daß die Frage, ob eine Teilzeitbeschäftigung hinsichtlich der Lage und Verteilung der Arbeitszeit üblichen Bedingungen entspricht, nicht von der Lage und Verteilung der Arbeitszeiten vollschichtiger Beschäftigungen üblicher Art abhängig ist. Das war - entgegen der Auffassung des LSG - schon nach § 103 Abs. 1 AFG a.F. nicht der Fall. Bereits in dem erwähnten Urteil vom 19.12. 1973 - 7 RAr 10/72 - (a.a.O.) hat der Senat entschieden, daß sich die Privilegierung der Arbeitszeitdauer in § 103 Abs. 1 AFG a.F. nicht auf Lage und Verteilung dieser Arbeitszeit erstreckt, sondern diese „der Marktüblichkeit“ entsprechen müssen. Er hatte damit die Verfügbarkeit einer arbeitslosen Ehefrau verneint, die mit Rücksicht auf die Versorgung von Kindern nur im entsprechenden Schichtwechsel mit ihrem Ehemann, nämlich in der Folge von zwei Wochen Spätschicht und einer Woche Frühschicht, arbeiten konnte. Obwohl die Lage der Arbeitszeit als solcher hier der für die entsprechenden Schichten üblichen Arbeitszeiten entsprach, war Üblichkeit wegen des besonderen Schichtrhythmus (Verteilung der Arbeitszeit) zu versagen. Im Urt. vom 11.02. 1976 - 7 RAr 20/74 - (a.a.O) hat der Senat die Verfügbarkeit mehrerer Klägerinnen bejaht, die nur in einer sog Hausfrauenspätschicht von 17.45 bis 23.00 Uhr arbeiten konnten, weil sich aus den Feststellungen des LSG ergab, daß derartige Arbeitsplätze in einer die Üblichkeit kennzeichnenden Weise vorhanden waren. Auch hier hat der Senat somit diese Frage unabhängig von der Üblichkeit der Arbeitszeit vollschichtiger Tätigkeiten beantwortet (so wohl auch Schönefelder / Kranz / Wanka, Arbeitsförderungsgesetz, Rd. Nr. 13 zu § 103).

Es konnte schon bisher zwar im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß Lage und Verteilung einer Teilzeitbeschäftigung den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes entsprechen, wenn Anfang oder Ende mit Anfang oder Ende von Arbeitszeiten üblicher Vollzeitbeschäftigungen zusammenfallen (vgl BSG SozR 4100 § 134 Nr 3). Es kann dabei dahinstehen, ob insoweit ein entsprechender Arbeitsmarkt fingiert oder nur dessen Feststellung erleichtert wird, eine Frage, mit der sich das LSG auseinandergesetzt hat; der Senat hat ersteres im Urteil vom 19.12.1973 - 7 RAr 10/72 - (a.a.O.) für möglich gehalten. Bedingung für die Anerkennung der Üblichkeit von Teilzeitbeschäftigungszeiten war dieses Zusammenfallen von Anfang oder Ende der jeweiligen Arbeitszeiten jedoch nicht. Dem LSG ist darin beizupflichten, daß dies nunmehr im Wortlaut des § 103 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AFG in der Fassung des HStruktG-AFG deutlich wird. Maßgebend ist danach für solche Teilzeitbeschäftigungen, deren Marktüblichkeit nicht schon deshalb angenommen werden kann, weil sie sich hinsichtlich Arbeitszeitbeginn oder -ende mit Beginn oder Ende der entsprechenden üblichen Vollzeitbeschäftigungen decken, daß Arbeitsplätze dieser An in nennenswerter Zahl auf dem für den Arbeitslosen in Betracht kommenden Arbeitsmarkt vorhanden sind (vgl auch Hennig / Kühl / Heuer, a.a.O., Anm. 4 zu § 103).

Auszugehen ist insoweit von dem Arbeitsmarkt, der der Klägerin offenstand. Das ist fachlich der Bereich aller Tätigkeiten, für die sie in Betracht kam, und räumlich der Bereich, den sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln, d.h. hier also (auch) mit Hilfe ihres Pkw, zumutbar täglich erreichen konnte (vgl. BSG vom 19.12.1973 - 7 RAr 10/72 - a.a.O. - und vom 11.02.1976 - 7 RAr 20/74 - a.a.O. -). Der Auffassung des LSG, daß es dann, wenn auf diesem Arbeitsmarkt Teilzeitarbeit der für die Klägerin in Betracht kommenden Art nicht üblich sei, darauf ankomme, ob derartige Beschäftigungen in räumlich und fachlich angrenzenden Arbeitsmärkten üblich seien, kann nicht gefolgt werden, sofern das LSG damit Arbeitsmärkte gemeint haben sollte, die die Klägerin nicht in dem o.a. Sinne hätte erreichen können. Für die Frage der Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung muß auch für die Vermittlung arbeitsloser Leistungsempfänger auf Teilzeitarbeitsplätze objektiv ein Vermittlungserfolg möglich sein, wenn entsprechende Arbeitsplätze frei sind oder werden. Selbst wenn man davon ausgeht, daß das Gesetz einen Teilzeitarbeitsmarkt fingiert habe, so kann es sich wegen dieses Zusammenhangs nur um den für den einzelnen Arbeitslosen erreichbaren Arbeitsmarkt handeln.

Die Feststellungen des LSG ergeben, daß auf dem für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarkt (Raum Stade) - freie oder besetzte - Arbeitsplätze, auf denen sie hätte tätig werden können, in einem Umfange vorhanden waren, daß der Begriff der Üblichkeit im Sinne von § 103 Abs. 1 AFG alter und neuer Fassung erfüllt ist. Fachlich war die Klägerin zu Tätigkeiten in der Industrie und im Dienstleistungsbereich imstande. Dazu hat das LSG, ohne daß die Beklagte dies angegriffen hätte (§ 163 SGG), festgestellt, daß es im Bereich der Industriearbeit üblich sei, Teilzeitarbeit der normalen Arbeitszeit vorzuschalten oder anzuhängen, wobei es sich um in nennenswerter Anzahl vorkommende Arbeitsplätze handele. Auch im Hotel- und Gaststättengewerbe würden Arbeitsplätze mit Arbeitszeiten von 16.00 bis 23.00 Uhr in nennenswerter Zahl angeboten. In letzterer Hinsicht hat das LSG allerdings auf den gesamten Arbeitsmarkt im Geltungsbereich des AFG abgestellt, so daß es zweifelhaft erscheint, ob diese Feststellung auch für den für die Klägerin regional eingeschränkten Arbeitsmarkt des Raumes Stade Geltung hat. Das kann jedoch auf sich beruhen.

Für den Raum Stade hat das LSG nämlich ferner festgestellt, daß jedenfalls 5 bis 10 Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich und weitere 5 bis 10 Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich - entsprechend ihrer früheren Berufstätigkeit - mit den der Klägerin möglichen Arbeitszeiten vorhanden waren. ...

Die sich sonach ergebende Mindestzahl 20 von fachlich und räumlich für eine Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin vorhandenen Arbeitsplätzen hat das LSG rechtsfehlerfrei als einen Wert angenommen, aus dem auf die Üblichkeit solcherart Beschäftigungen geschlossen werden darf. Übliche Bedingungen liegen in dem Sinne vor, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang, in beachtlicher Zahl (vgl BSGE 11, 16, 21; ferner Hennig / Kühl / Heuer, a.a.O., Anm. 2 b zu § 103; Schönefelder/Kranz/Wanka, a.a.O., Rd. Nr. 6 zu § 103). Dieser Begriff ist nicht ziffernmäßig, auch nicht als Prozentwert aller Arbeitsplätze festzulegen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles in seinem Bezug zu dem maßgeblichen Arbeitsmarkt während der Zeit, für die Leistungen begehrt werden. Dabei müssen auch voraussehbare Veränderungen und Entwicklungen in die Überlegung einbezogen werden (BSGE 11, 16, 21; BSG vom 11.02.1976 - 7 RAr 20/74 - a.a.O.; Hennig / Kühl / Heuer, a.a.O., Anm 2 b zu § 103). Unter Zugrundelegung aller dieser Umstände hat das LSG hinsichtlich der von ihm festgestellten Zahl von 20 für die Klägerin geeigneten vorhandenen Arbeitsplätzen den Begriff des Nennenswerten nicht verkannt.

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