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2 RU 122/70

Gründe

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die einen Handel mit Kraftfahrzeugen, eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt und eine Tankstelle betreibt. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Kraftfahrzeugmeister A.D. Einziger Kommanditist ist sein Sohn, der beigeladene Kraftfahrzeugmechaniker K.D. Nach dem Gesellschaftsvertrag beläuft sich die Gesamteinlage des Komplementärs auf 30.000 DM, während der Beigeladene als Kommanditist einen Betrag von 15.000 DM in die Gesellschaft eingebracht hat.

Durch drei Bescheide forderte die beklagte BG von der Klägerin für die Jahre 1965 bis 1967 Beiträge zur ges. UV unter Berücksichtigung des Entgelts des Beigeladenen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück.

Das SG hat den Widerspruchsbescheid und die diesem zugrunde liegenden Beitragsbescheide aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen.

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beigeladene nicht im Unternehmen der Klägerin versichert und sein Entgelt demnach nicht gem. § 725 Abs. 1 RVO bei der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist.

Der Beigeladene ist nicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin, sondern als Gesellschafter tätig.

Die Beigeladene ist als Gesellschafter Mitunternehmer des Betriebes und als solcher kann er in dem Unternehmen nicht versicherungspflichtig beschäftigt sein (vgl. BSG 25, 51, 52 = SozR Nr. 43 zu § 537 RVO a.F.). Die KG ist eine Personalgesellschaft, die keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, bei der vielmehr Träger der Rechte der Gesellschaft die Gesellschafter sind (vgl. RGZ 141, 277, 280; BGH LM Nr. 17 zu BEG 1956 § 66). Dies schließt nicht aus, daß der Kommanditist in einem Beschäftigungsverhältnis zur KG stehen oder bei ihr wie ein nach § 539 Abs. 1 RVO Versicherter versichert sein kann (vgl. Brackmann, Handbuch der SozVers., 1. bis 7. Aufl., S. 470m; Oppinger, SozVers. 1965, 46, jeweils m.w.N.). Es ist nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu entscheiden, ob der Kommanditist in der Gesellschaft im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mitarbeitet. Hierbei kommt es nicht auf die zivilrechtlichen Erscheinungsformen oder auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung an. Entscheidend ist, ob der Beigeladene nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber steht (vgl. u.a. BSG 5, 168, 173; 11, 149, 150 = SozR Nr. 2 zu § 541 RVO a.F.; BSG SozR Nr. 19, 39 und 45 zu § 537 RVO a.F.; Brackmann a.a.O. S. 470d; Lauterbach, Ges. UV, 3. Aufl., § 539 Anm. 6 Buchst. a). Ebenso wie jedoch z.B. beim rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Verein ein Mitglied nicht als oder wie ein Beschäftigter tätig wird, wenn sich eine Pflicht zur entsprechenden Arbeitsleistung ausschließlich und unmittelbar aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergibt (s. BSG 14, 1, 3 = SozR Nr. 1 zu § 798 RVO a.F.; BSG 17, 211, 216 = SozR Nr. 30 zu § 537 RVO a.F.), kann ein Gesellschafter einer Personalgesellschaft im Rahmen seiner ausschließlich und unmittelbar aus dem Gesellschaftsverhältnis sich ergebenden Verpflichtung nicht als oder wie ein Beschäftigter tätig sein (vgl. BSG 25, 51, 52; BGH LM Nr. 17 zu BEG 1956 § 66; BAG BB 1970, 398, 399; Brackmann a.a.O. S. 470m I und S. 476g; ebenso die Auffassung der Spitzenverbände der KKen, der ... und der BA in Beitragsrecht 1971, 171, 172; ebenso zur OHG BGHZ 43, 384, 386). Auch für einen Kommanditisten kann dabei die Leistung von Diensten eine Form der Einlage bilden (vgl. u.a. Schilling in Großkomm. HGB, 3. Aufl., 1970, 2. Bd., 2. Halbbd., § 161 Rdn. 13; Schlegelberger / Geßler, HGB, 4. Aufl., 2. Bd., 1963, § 161 Rdn. 15; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der Personalgesellschaften, 1959, S. 15, 158, 367; derselbe NJW 1964, 1249). Ein mitarbeitender Gesellschafter ist - anders als das Mitglied eines nichtrechtsfähigen Vereins - selbst handelnder Unternehmer (BSG a.a.O.).

Der Beigeladene hat nach § 8 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages seine „volle“ Arbeitskraft dem Betrieb zur Verfügung zu stellen. Seine Mitarbeit gründet sich somit, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, unmittelbar auf seine Stellung als Gesellschafter.

Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beigeladene seine Tätigkeit nicht aufgrund seiner Pflichten als Gesellschafter, sondern aufgrund eines lediglich in dem Gesellschaftsvertrag mitgeregelten besonderen, neben den Gesellschafterpflichten begründeten Dienstverhältnisses leistet. Dagegen spricht schon, daß ein Anspruch auf Arbeitsentgelt fehlt. Zwar ist der Beigeladene nach § 7 des Gesellschaftsvertrages berechtigt, für seine Tätigkeit wöchentlich 100 DM vorweg zu entnehmen. Dieser Betrag kann jedoch, wie das LSG mit Recht dargelegt hat, unabhängig von seiner Höhe nicht als Gegenwert für den Einsatz der vollen Arbeitskraft angesehen werden. Auch der Komplementär ist zu einer Vorwegentnahme - und zwar in Höhe von wöchentlich 150 DM - berechtigt. Die Vorwegentnahmen der beiden Gesellschafter sind nicht nach ihrer Mitarbeit, sondern entsprechend der Aufteilung des Gewinns und des Verlustes abgestuft. Am Jahresende findet kein Ausgleich nach der tatsächlich geleisteten Arbeit statt. Diese Regelung der Entnahmen entspricht einem Tätigwerden als Gesellschafter (vgl. BAG a.a.O.; LSG NRW, SGb 1967, 470; s. auch Schleswig-Holst. LSG, DAngVers 1960, 300, 301 mit zustimm. Anm. = Breith. 1959, 287, 289; Possiwan, DAngVers 1957, 67, 68; Götz, DB 1962, 1363, 1367; Adolph, DB 1968, 43, 44). Darin liegt ein, was die Revision verkennt, wesentlicher Unterschied gegenüber dem einem Arbeitnehmer zunächst gewährten Fixum, das später durch die von ihm erzielte Umsatzprovision aufgestockt wird. Der Beigeladene erhält höhere Einnahmen aus der Gesellschaft dagegen nur aufgrund und im Verhältnis seiner Kapitaleinlage. Bei „Nichteinhaltung der vertraglichen Pflichten“, zu denen die Mitarbeit in der Gesellschaft nach § 8 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages zählt, ist in § 10 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages nicht die Kündigung des Beigeladenen als Mitarbeiter der Gesellschaft, sondern sein Ausschluß aus der Gesellschaft vorgesehen. Dies entspricht ebenfalls der Mitarbeit des Beigeladenen als Gesellschafter und nicht als Arbeitnehmer.

Entgegen der Auffassung der Revision folgt eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Beigeladenen auch nicht daraus, daß er, wie er gegenüber der Beklagten angegeben hat, nicht berechtigt ist, Personal einzustellen und zu entlassen, und nicht über Bank- und Postscheckkonten der KG verfügen kann. Dies ergibt sich lediglich aus der Vertretungsbefugnis des Komplementärs.

Den von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen sind ebenfalls keine Hinweise zu entnehmen, daß entgegen den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages die Mitarbeit des Beigeladenen sich nach dem Gesamtbild doch in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zur KG vollzieht.

Es kann demnach dahinstehen, ob ein Beschäftigungsverhältnis und eine Tätigkeit des Beigeladenen wie ein nach § 539 Abs. 1 RVO Versicherter außerdem zu verneinen ist, weil ihm aufgrund seiner Kapitaleinlage ein entscheidendes Mitspracherecht auch bei den laufenden Geschäften der Gesellschaft eingeräumt worden ist (vgl. u.a. Brackmann a.a.S. S. 470m; Lauterbach a.a.O., § 539 Anm. 5 Buchst. b cc).

Das SG und das LSG haben somit zu Recht ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen und damit eine sich daraus ergebende Beitragspflicht der Klägerin verneint.

Ob die Klägerin zu einer entsprechenden Beitragszahlung - wie die Beklagte wohl meint - verpflichtete wäre, wenn der Beigeladene dauernd wie ein Beschäftigter i.S. des § 539 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 RVO tätig würde und deshalb unter Versicherungsschutz stände, bedarf hier keiner Entscheidung. Beruht die Mitarbeit des Beigeladenen auf seiner gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung als Kommanditist und übt er sie auch nach ihrer Art und Ausgestaltung nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis aus, so führt er eine solche Tätigkeit auch nicht wie ein Beschäftigter i.S. dieser Vorschriften aus (s. Brackmann a.a.O. S. 476 f II ff.).

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