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9 RV 380/67

Gründe

Der im Jahre 1928 geborene Kläger war ab 1. April 1942 aufgrund eines Lehrvertrages für gewerbliche Lehrlinge zunächst 1 ½ Jahre als Lehrling im Metallflugzeugbau im Ausbildungswerk der „W.“ F. GmbH in B.-O. tätig und dann, ebenfalls noch als Lehrling, von 1943 bis 1945 in R. infolge Verlegung der Lehrwerkstätte in den Bereich des Fliegerhorstes R. (Sudetenland). Dort war er in einem Lehrlingsheim untergebracht und nahm als Angehöriger der Flieger-HJ außerhalb der Lehrlingsausbildung, die täglich von 7.00 bis 16.30 Uhr dauerte, an einer unter der Leitung der HJ-Dienststelle R. stehenden, wöchentlich einmal stattfindenden, von Wehrmachtunteroffizieren durchgeführten vormilitärischen Ausbildung teil. Diese erfolgte mit dem Karabiner 98 k und bestand zusätzlich in Unterrichtungen sowie in Tag- und Nachtübungen.

Mit der Behauptung, sich anläßlich seines Dienstes in der Flieger-HJ im Juli 1944 eine feuchte Rippenfellentzündung zugezogen zu haben, deswegen auf Anweisung des Truppenarztes bis Ende Dezember 1944 nach Hause beurlaubt worden zu sein, die Tätigkeit in R. am 2. Januar 1945 wieder aufgenommen und sich vom 1. März 1946 bis 23. August 1947 in der Sonnenheilstätte St. (O.) in Behandlung befunden zu haben, beantragte der Kläger am 31. August 1960 die Gewährung von Versorgung wegen einer Tuberkulose (Tbc) des 9. bis 12. Brustwirbels. Das Versorgungsamt B. lehnte den Antrag durch Bescheid vom 7. Juli 1961 ab, weil der Dienst in der Flieger-HJ kein militärischer oder militärähnlicher Dienst i.S. der §§ 1 ff. des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gewesen sei. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die gegen das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 14. März 1963 eingelegte Berufung nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland - die sich mit Schriftsatz des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 4. November 1966 ausführlich zur Sache geäußert hat - mit Urteil vom 16. Februar 1967 zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet. Bei der Fortsetzung der Lehrlingsausbildung in R. habe es sich nicht um die Teilnahme an einem anerkannten Lehrgang in einem Wehrertüchtigungslager gehandelt. Der Zweck seiner Tätigkeit habe in der Ausbildung für den Zivilberuf eines Flugzeugbauers bestanden und nicht in der Vorbereitung auf den Militärdienst. Lediglich bei Gelegenheit der zivilen Berufsausbildung habe der Kläger in der Flieger-HJ eine gewisse vormilitärische Ausbildung erhalten. Die als militärähnlicher Dienst geltende Wehrertüchtigung der HJ sei im Rahmen der Jugenddienstpflicht ausschließlich in besonderen Lagern und Lehrgängen von 3 oder 6 Wochen Dauer im Dienstjahr aufgrund einer amtlichen Einberufung unter Freistellung von der Berufsarbeit durchgeführt worden (vgl. MBlV 1941 S. 1763; 1942 S. 1258 ff.; 1943 S. 758, 759; HVBl 1940 S. 402). Eine solche vormilitärische Ausbildung des Klägers - durch das NSFK - habe aber nicht stattgefunden. Bei der Lehrlingswerkstatt der Firma „W.“ F. habe es sich nicht um eine besondere Schule oder Ausbildungseinrichtung des NSFK gehandelt, auch sei der Kläger für eine vormilitärische Ausbildung nicht von der Berufsarbeit freigestellt gewesen. Die Ausbildung im Rahmen de HJ-Dienstes habe sich von den Lehrgängen der Unteroffiziersschulen der Luftwaffe oder dem Dienst der Militärschüler der ehemaligen flugtechnischen Flugschulen wesentlich unterschieden. Zwar sei die Ausbildung an militärischen Waffen erfolgt und es könne auch unterstellt werden, daß die Ausbilder Angehörige der Wehrmacht gewesen seien. Außerhalb des HJ-Dienstes seien die Lehrlinge aber nicht an die Weisungen der Ausbilder gebunden und der Wehrmacht nicht unterstellt gewesen. Nicht jede vormilitärische Ausbildung oder jeder vormilitärische Dienst werde von den §§ 1 ff BVG erfaßt, sondern nur der ausdrücklich in § 3 Abs. 1 BVG genannte. Die vormilitärische Ausbildung von Zivilpersonen außerhalb von Schulen und Ausbildungseinrichtungen der Wehrmacht sowie außerhalb eines Wehrertüchtigungslagers sei nach dem BVG (§ 3 Abs. 1 Buchst. b) allgemein und umfassend dann geschützt, wenn sie von einem militärischen Befehlshaber veranlaßt worden sei; daran aber mangele es hier. Da ein Nachweis dafür fehle, daß die vormilitärische Ausbildung der Werkslehrlinge der „W.“ F. GmbH - Lehrwerkstatt R. - auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers erfolgt sei, müsse der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen der Beweislosigkeit hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen tragen. Dies gelte im übrigen auch hinsichtlich der Frage, ob sich der Kläger die Tbc durch eine Einwirkung zugezogen habe, die auf die Ausbildung in R. zurückzuführen sei. Die Möglichkeit, sich eine Tbc zuzuziehen, sei bei zahlreichen Gelegenheiten des täglichen Lebens gegeben, ohne daß es dazu einer schädigenden Einwirkung i.S. des § 1 BVG bedürfe.

Der Kläger rügt mit der zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG auf den vorliegenden Sachverhalt sei geboten. Dem LSG sei zwar zuzustimmen, soweit es eine vormilitärische Ausbildung und Wehrertüchtigung in dazu besonders errichteten Lagern und mit Freistellung von der Berufsarbeit verneint habe (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1962 - 11 RV 300/62 - in Breith. 1963, 147, 148). Dagegen habe das LSG sich mit der Frage einer möglichen Zugehörigkeit zu einer fliegertechnischen Vorschule (der Luftwaffe) nicht hinreichend auseinandergesetzt und auch das BSG-Urteil vom 30. Juni 1965 - 9 RV 4/64 (BSG 23, 156 ff.) nicht ausreichend berücksichtigt. Es fehle zwar - anders als bei der vorgenannten Entscheidung des BSG - an einem Lehrvertrag mit dem Reichsminister für Luftfahrt und einer Verpflichtungserklärung des Schülers, nach der Lehre bei der Luftwaffe zu dienen, jedoch werde dadurch eine Gleichsetzung mit Militärschülern (hier im Sinne einer fliegertechnischen Vorschule der Luftwaffe) nicht ausgeschlossen. Der Kläger habe wie ein Militärschüler der fliegertechnischen Vorschule zum Metallflugzeugbauer ausgebildet werden sollen. Ein Unterschied habe nur insoweit bestanden, als in den Fliegervorschulen (als Militärschulen) neben der gründlichen technischen Ausbildung eine soldatische Erziehung zu erstklassigen fliegertechnischen Soldaten. insbesondere zu langdienenden Unteroffizieren der Luftwaffe angestrebt worden sei. Bei dem Lehrlingswohnheim, in dem der Kläger untergebracht gewesen sei, habe es sich offensichtlich um eine Einrichtung des Luftfahrtministeriums gehandelt, zumal ein Feldwebel als Heimleiter, unterstützt durch Unteroffiziere der Wehrmacht, eingesetzt gewesen sei. Beachtlich sei dabei auch, daß die Leitung des Lehrlingsheims nicht etwa dem dienst- oder rangältesten Lehrlingsausbilder, sondern dem Wehrmachtfeldwebel obgelegen habe, der von einer HJ-Dienststelle damit betraut gewesen sei. Die Lehrwerkstatt habe neben anderen Betriebsteilen der „W.“ F. GmbH dem Bevollmächtigten für das Luftfahrtindustrie-Personal und Kommandeur der fliegertechnischen Vorschule unterstanden. Aufgabe des vom Reichsluftfahrtministerium zugeteilten Feldwebels als Betriebsjugendwalter sei es gewesen, neben einer gründlichen technischen Ausbildung der Jugendlichen auch für deren soldatische Erziehung im vormilitärischen Sinne zu sorgen. Für die Bewertung der vormilitärischen Ausbildung komme es daher auf die Freistellung von der Berufsarbeit nicht an, weil eine solche auch bei den gleichfalls kasernierten Flugschülern der flugtechnischen Vorschule nicht erfolgt sei. Die Gleichstellung mit Militärschülern der fliegertechnischen Vorschule scheitere auch nicht etwa daran, daß die vormilitärische Ausbildung an Handfeuerwaffen nicht regelmäßig, sondern nur wöchentlich in unterschiedlicher Dauer stattgefunden habe, und daß die Lehrlinge außerhalb dieser Ausbildung nicht an die Weisungen der Ausbilder gebunden gewesen seien. Entscheidend komme es vielmehr darauf an, daß die Lehrlinge, sofern nicht zwingende Grunde vorlagen, sich der vormilitärischen Ausbildung durch Angehörige der Wehrmacht nicht hätten entziehen können. Maßgebend sei auch nicht, ob sich die Wehrertüchtigung nur auf einen Objektschutz (Sicherung des Flugplatzes) habe beschränken sollen oder ob sie ähnlich wie im organisatorischen Rahmen eines Wehrertüchtigungslagers durchgeführt worden sei. Denn der Kläger sei während der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Lehrlingsheim R. auf jeden Fall wie ein Militärschüler an einer fliegertechnischen Vorschule der Luftwaffe vormilitärisch ausgebildet worden; aus dem ermittelten Tatbestand ergebe sich nicht, daß die Anordnung zu einer militärischen Ausbildung ausschließlich von der Führung der Flieger-HJ gegeben worden sei. Das LSG habe im übrigen tatsächliche Feststellungen zur Zusammenhangsfrage hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden, inzwischen die Erwerbsunfähigkeit bedingenden Tbc aufgrund einer medizinischen Sachaufklärung nicht getroffen, so daß dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung über den Ursachenzusammenhang zwischen schädigenden Einwirkungen i.S. des § 1 BVG und der Tbc nicht möglich sei.

Der Kläger beantragt,

  • die Streitsache unter Aufhebung des Berufungsurteils vom 16. Februar 1967 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Bremen zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

  • die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Nach § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG gelte als militärähnlicher Dienst i.S. des § 1 Abs. 1 BVG der Dienst der Jungschützen, Jungmatrosen und Unteroffizierschüler der Luftwaffe. Nach der Verwaltungsvorschrift (VerwV) Nr. 3 erfasse diese Vorschrift die noch nicht wehrfähigen Jugendlichen, die auf Schulen der Wehrmacht eine vormilitärische Ausbildung erhalten haben. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in der Entscheidung vom 30. Juni 1965 - 9 RV 4/64 - ausgeführt daß nach § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG die Zivilpersonen Versorgung erhalten, die für den späteren Wehrdienst als Unteroffiziere geschult bzw. ausgebildet worden seien, dabei nicht unmittelbar der Wehrmacht angehört hätten, jedoch in eine Schule eingegliedert gewesen seien, die von der Wehrmacht bzw. der Luftwaffe eingerichtet und geleitet worden sei. Dies alles sei beim Kläger aber nicht der Falls was vom LSG zutreffend gewürdigt worden sei.

Die Beigeladene ist dieser Auffassung beigetreten und hat auf ihre Darlegungen im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 4. November 1966 - V/3-5347. 1-BL 443 -) Bezug genommen.

Die Beteiligten und die Beigeladene haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erklärt.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sachlich konnte sie keinen Erfolg haben.

Nach § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG, dessen Verletzung der Kläger rügt, gilt als militärähnlicher Dienst i.S. des § 1 Abs. 1 BVG der Dienst der Jungschützen, Jungmatrosen und Unteroffizierschüler der Luftwaffe. Zutreffend stellt daher Nr. 5 der VerwV zu § 3 BVG in Bezug auf § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG auf die noch nicht wehrfähigen Jugendlichen ab, die auf Schulen der Wehrmacht eine vormilitärische Ausbildung erhalten haben (vgl. erk. Senat im Urteil vom 30. Juni 1965 - 9 RV 4/64 -). § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG bezieht sich danach auf jugendliche Zivilpersonen die für den späteren Wehrdienst ausgebildet worden sind, ohne schon unmittelbar der Wehrmacht anzugehören. Die Ausbildung mußte an einer Schule erfolgen, die von der Wehrmacht bzw. der Luftwaffe eingerichtet worden war und geleitet wurde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den Ausbildungseinrichtungen für die „Unteroffizierschüler der Luftwaffe“ i.S. des § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG um eine „Unteroffizierschule der Luftwaffe“ oder um eine „fliegertechnische Vorschule der Luftwaffe“ gehandelt hat. Denn in § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG wird nicht auf die Bezeichnung der Schule abgestellt, in der die Ausbildung durchgeführt worden ist, sondern auf den Dienst, den die jugendlichen Zivilpersonen als Unteroffizierschüler zu leisten hatten. Ebensowenig ist entscheidend, ob der Unteroffizierschüler später tatsächlich Unteroffizier geworden ist oder mangels Eignung nur als Soldat Verwendung gefunden hat; es genügt, daß die Ausbildung darauf ausgerichtet war, Unteroffiziere heranzubilden (vgl. erk. Senat a.a.O.). Dieser in § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG vorausgesetzte Tatbestand ist aber beim Kläger nicht erfüllt. Als Lehrling einer Flugzeugbaufirma gehörte er keiner militärischen Einrichtung des Reichsluftfahrtministeriums (Unteroffizierschule der Luftwaffe oder fliegertechnische Vorschule der Luftwaffe) an, der die Aufgabe übertragen gewesen wäre, Jugendliche durch gründliche technische Ausbildung und soldatische Erziehung zu fliegertechnischen Soldaten und gegebenenfalls zu langdienenden Unteroffizieren heranzubilden. Daß es sich bei dem Lehrlingsheim in R. um eine „Unteroffizierschule der Luftwaffe“ gehandelt habe, wird von der Revision selbst nicht behauptet, der vorliegende Sachverhalt bietet für eine solche Annahme auch keinen Anhalt. Entgegen der Auffassung der Revision kann bei dem Lehrlingsheim in R. aber auch nicht von einer „fliegertechnischen Vorschule der Luftwaffe“ oder von einer Einrichtung die Rede sein, die wie eine solche angesehen werden müßte. Das ergibt sich zweifelsfrei aus zwei - verschiedenen - Erlassen des Reichsluftfahrtministeriums vom 11. Juni 1940, die einmal die „Einstellung von Lehrlingen für die Werften der Luftzeugämter und Luftparks“ und weiter die „Einstellung von Militärschülern der fliegertechnischen Vorschulen“ - für das Einstellungsjahr 1941 - gesondert regeln (vgl. LwVOBl 1940 S. 386 Nr. 792, 793). Während bei den Lehrlingen für die Werften der Luftzeugämter und Luftparks eine reine Facharbeiterausbildung mit dem Ziel einer gewissen Bodenständigkeit des Facharbeiternachwuchses bei den Werften der Luftwaffe angestrebt und eine Erziehungsbeihilfe gewährt wurde, wobei die Ausbildung in den Werkstätten der Luftfahrtindustrie zu erfolgen hatte, waren die fliegertechnischen Vorschulen „militärische Einrichtungen des Reichsluftfahrtministeriums“. Sie unterstanden dem Bevollmächtigten des Reichsluftfahrtministeriums für das Luftfahrtindustriepersonal und Kommandeur der fliegertechnischen Vorschulen. Ihnen oblag die Aufgabe, durch gründliche technische Ausbildung (in den Lehrberufen Metallflugzeugbauer, Maschinenschlosser, Elektromechaniker und Mechaniker mit abschließender Facharbeiterprüfung) und eine eingehende soldatische Erziehung eine Auslese deutscher Jungen zu „erstklassigen“ fliegertechnischen Soldaten und insbesondere zu langdienenden fliegertechnischen Unteroffizieren heranzubilden. Ausbildung, Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Heilfürsorge waren kostenfrei. Es handelte sich also bei den fliegertechnischen Vorschulen schon rein organisatorisch, aber auch in der Zielsetzung, um völlig andere Einrichtungen als die, deren einer der Kläger angehört hat. Einer Gleichstellung der Lehrwerkstätten mit den fliegertechnischen Vorschulen stehen auch Art und Umfang der vormilitärischen Ausbildung entgegen; während bei den Lehrwerkstätten die vormilitärische Ausbildung im Rahmen und im üblichen Umfang des HJ-Dienstes erfolgte (regelmäßig einmal wöchentlich nach Beendigung der täglichen Berufsarbeit)v wurde die vormilitärische Ausbildung in den fliegertechnischen Vorschulen in wesentlich anderen Formen durchgeführt: Ausbildung in den vorgesehenen Lehrberufen mit anschließender Facharbeiterprüfung nach 3 ½ Jahren, sodann für die Dauer eines weiteren halben Jahres vormilitärische Ausbildung in einem „besonderen Übungsfeld“. Deshalb kann nicht zweifelhaft sein, daß anders als die Zugehörigen der Lehrwerkstätten (Lehrlingsheime) die Militärschüler der fliegertechnischen Vorschulen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG erfüllen. Im übrigen war auch in dem mit der „W.“ F. GmbH als Lehrherrn abgeschlossenen Lehrvertrag, der nach dem von der Reichswirtschaftskammer unter Mitwirkung der Deutschen Arbeitsfront, der Hitler-Jugend und dem Reichsinstitut für Berufsausbildung in Handel und Gewerbe vorgesehenen Muster für die Dauer der Lehrlingsausbildung des Klägers Geltung hatte, keinerlei militärische oder vormilitärische Ausbildung vorgesehen. Im Rahmen des Lehrverhältnisses hat eine solche auch unstreitig nicht stattgefunden. Dies gilt sowohl für die Zeit, in der der Kläger noch in B.-O. beschäftigt war, als auch für die Zeit der weiteren Lehrlingsausbildung in R. Hiervon aber durfte das LSG ausgehen, wenn es feststellte, daß eine gewisse vormilitärische Ausbildung des Klägers ausschließlich im Rahmen des HJ-Dienstes nach der Arbeitszeit an Abenden, gelegentlich auch während der Nacht, stattgefunden hat. Auch die Revision verkennt nicht;, daß das Lehrlingsheim in R. die Voraussetzungen einer „fliegertechnischen Vorschule“ nicht in vollem Umfang erfüllt hat, meint aber, daß es einer derartigen Schule gleichzusetzen sei, weil die Leitung des Lehrlingsheims nicht einem Lehrlingsausbilder, sondern einem im Auftrage der HJ-Dienststelle handelnden Wehrmachtfeldwebel obgelegen hat. Dabei verkennt die Revision jedoch, daß auch dieser Umstand nicht genügt, um eine von der Wehrmacht eingerichtete und geleitete Schule annehmen zu können. Denn nicht jede im Rahmen des HJ-Dienstes durchgeführte vormilitärische Ausbildung erfüllte die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. h BVG, selbst wenn sie wie hier unter der Leitung von Wehrmachtdienstgraden stattfände Es genügt nicht, daß eine gewisse vormilitärische Ausbildung nur gelegentlich und nach Beendigung der Arbeitszeit im Rahmen des HJ-Dienstes stattfand, sondern es mußte sich, wenn anstelle der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. h diejenigen des § 3 Abs. 1 Buchst. e BVG erfüllt sein sollen, beim Dienst in der HJ um eine fortlaufende mehrwöchige Ausbildung in einem Lehrgang zur Wehrertüchtigung der Hitlerjugend (MBliV 1942 S. 1258, 1259) oder aber wie bereits ausgeführt um eine Ausbildung in einer von der Wehrmacht errichteten und geleiteten Schule handeln. Daß es sich bei dem Lehrlingsheim in R. um ein Wehrertüchtigungslager der Hitlerjugend gehandelt hätte, wird von der Revision selbst nicht behauptet Der festgestellte Sachverhalt läßt hierfür auch alle Anhaltspunkte vermissen. Nicht ohne Grund hat die Revision selbst eingeräumt, daß es sich hier um ein Lehrlingsheim gehandelt habe, das einem kriegsversehrten Feldwebel als Betriebsjugendwalter unterstanden habe, der von der örtlichen HJ-Dienststelle bestellt worden sei. Sie hat daraus allerdings eine unrichtige Folgerung gezogen, wenn sie glaubt, damit ein Argument für den militärischen Charakter des Heimes vorbringen zu können. Nach dem Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 7. Mai 1943 - Va 209 II/43 - 1749 (MBliV S. 761) i.V.m. dem Runderlaß vom 2. Dezember 1941 (MBliV S. 2138) war die Errichtung von Jugendwohnheimen (Lehrlingsheimen) Betriebsaufgabe im Rahmen der Berufserziehung. Die Erziehungs- und Wirtschaftsträgerschaft der nichtbetrieblichen Jugendwohnheime sollte dabei der HJ überlassen werden. Die Anstellung des Heimleiters, Versetzung und Entlassung sollte durch die NSDAP - HJ - erfolgen. Auch wenn im Lehrlingsheim R. also ein kriegsversehrter Wehrmachtfeldwebel als Heimleiter und Betriebsjugendwalter eingesetzt war und weitere Wehrmacht- oder SS-Dienstgrade ihn bei seinen Aufgaben unterstützten, ändert dies doch nichts daran, daß das Heim der Erziehungs- und Wirtschaftsträgerschaft der NSDAP - HJ - unterstand und keine Schule der Wehrmacht war. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Lehrlingsheim an sich um eine betriebliche Einrichtung gehandelt hat. Maßgeblich ist, daß die Leitung des Heimes der HJ-Dienststelle in R. oblag, die diese ihrerseits im Rahmen der Wirtschafts- und Erziehungsträgerschaft teilweise an Wehrmachtdienstgrade delegierte. Sie hatte die Aufgabe, die Lehrlinge in Beachtung der Jugenddienstpflicht zur Pflichterfüllung anzuhalten (vgl. § 12 Abs. 4 der JugenddienstVO vom 25. März 1939 (RGBl. I 710) zum Gesetz über die HJ vom 1. Dezember 1936 (RGBl. I 993) i.V.m. dem Runderlaß des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei im RMdl vom 20. Oktober 1942 (MBliV S. 2037), wobei auch die zuständige Ortspolizeibehörde eingeschaltet werden konnte (vgl. § 12 Abs. 4 der JugenddienstVO). Weder diese Befugnis noch der Umstands daß die Wehrertüchtigung der noch nicht wehrfähigen Jugendlichen entsprechend den Vereinbarungen mit dem Oberkommando der Wehrmacht (MBliV 1942 S. 1258 und 1841; 1943 S. 758) der HJ oblag, waren aber geeignet, dem Lehrlingsheim in R. die Eigenschaft eines Wehrertüchtigungslagers oder einer Wehrmachtschule zu geben, fehlt es doch hierfür u.a. schon an den dafür festgelegten Voraussetzungen wie Lehrgangsdauer, Einberufung, Verpflichtung usw. (vgl. Absolon, Wehrgesetz und Wehrdienst 1935 bis 1945 S. 102). Somit besagt auch die Tatsache, daß sich die Jugendlichen der Dienstleistung nicht entziehen konnten, lediglich, daß sie der Jugenddienstpflicht unterstanden, nicht aber daß sie Dienst in einer Wehrmachtschule oder einem Wehrertüchtigungslager leisteten. Dem steht auch entgegen, daß der Kläger anläßlich seiner behaupteten Erkrankung zu den Eltern nach Hause geschickt wurde und sich dort in privatärztliche Behandlung begeben hat, obwohl ihm freie Heilfürsorge zugestanden hätte, wenn er Angehöriger einer fliegertechnischen Vorschule gewesen wäre. Die von der Revision behauptete Gleichstellung der Flugzeugbaulehrlinge mit den Militärschülern scheitert im übrigen an der erschöpfenden Aufzählung der in § 3 BVG bezeichneten Versorgungstatbestände (vgl. BSG 10, 4, 6/7) Einem versorgungsrechtlichen Schutz des Dienstes des Klägers außerhalb von Schulen und Einrichtungen der Wehrmacht sowie außerhalb eines Wehrertüchtigungslagers steht auch der in § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG normierte Tatbestand entgegen, der zwingend voraussetzt, daß der Dienst aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistet worden ist. Zwecken der Wehrmacht hat sicherlich jede Art der vormilitärischen Ausbildung gedient; ist sie aber im Rahmen der Jugenddienstpflicht durch die HJ als Teil der Erziehungsmaßnahmen durchgeführt worden, dann geschah dies nicht auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers. Bei dieser Sachlage durfte sich das LSG darauf beschränken, festzustellen daß der Kläger keinen militärähnlichen Dienst i.S. des § 3 BVG geleistet hat. Einer Entscheidung und einer Aufklärung des Sachverhalts zur Klärung der Frage des ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Wirbelsäulen-Tbc mit schädigenden Ereignissen i.S. des § 1 BVG bedurfte es nicht, weil hierfür Voraussetzung ist, daß ein versorgungsrechtlich geschützter Tatbestand vorgelegen hat. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind somit im Ergebnis zutreffend. Die Revision des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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