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XII ZB 573/18

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2018 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Wert: 48.450 €

Gründe

A.

Die Klägerin ist die Vermieterin, die Beklagte die Mieterin von Gewerberäumen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete und von Nebenkosten in Höhe von insgesamt 48.449,59 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Mit der Beklagten am 18. Mai 2018 zugestelltem Urteil hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Hiergegen hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten mit einem am 18. Juni 2018 um 11.36 Uhr an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (im Folgenden: EGVP) übermittelten elektronischen Dokument vom selben Tag Berufung eingelegt. Die dabei verwendete qualifizierte elektronische Signatur (im Folgenden: qeS) bezieht sich nach dem Transfervermerk nicht auf dieses elektronische Dokument selbst, sondern auf den Nachrichtencontainer (sog. Container-Signatur) mit den Inhaltsdaten "nachricht.xml, nachricht.xsl, visitenkarte.xml, visitenkarte.xsl, herstellerinformation.xml" und zwei Anhängen jeweils im PDF-Format, bei denen es sich um den Berufungsschriftsatz sowie einen Scan des angefochtenen Urteils handelt. Im Anschluss an einen nach Eingang der Berufungsbegründung erteilten Hinweis des Oberlandesgerichts zu Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Container-Signatur hat die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Berufungsfrist beantragt und nochmals erklärt, Berufung einzulegen.

Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

B.

Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Berufung sei nicht binnen der Notfrist von einem Monat eingelegt worden, weil der Berufungsschriftsatz nicht die vorgeschriebene Form wahre. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe ihn weder eigenhändig unterschrieben noch die Unterschrift wirksam durch Einhaltung des Verfahrens nach § 130 a ZPO in Verbindung mit der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ersetzt. Die verwendete qualifizierte Container-Signatur sei vielmehr seit dem 1. Januar 2018 nicht mehr zulässig.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei der Beklagten zu versagen, weil sie die Berufungsfrist durch ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, das ihrem Verschulden gleichstehe, versäumt habe. Dieser habe seine früher geübte Praxis fortgesetzt und sich dabei in einem nicht entschuldigten Rechtsirrtum befunden. Da der Berufungsschriftsatz erst am Tag des Fristablaufs auf dem Server des Empfangsgerichts eingegangen sei, habe das Oberlandesgericht auch im Rahmen seiner Fürsorgepflicht im ordentlichen Geschäftsgang nicht mehr rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist auf den Formmangel hinweisen können, so dass sich das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausgewirkt habe.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Oberlandesgericht ist zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass die Beklagte nicht innerhalb der am 18. Juni 2018 abgelaufenen einmonatigen Berufungsfrist formgerecht Berufung eingelegt hat.

a) Nach § 519 Abs. 1 ZPO ist die Berufung binnen der gemäß § 517 ZPO mit Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beginnenden einmonatigen Berufungsfrist mittels Berufungsschrift einzulegen. Als bestimmender Schriftsatz muss sie gemäß §§ 519 Abs. 4, 130 Nr. 6, 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein (vgl. BGH Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZB 35/17 - juris Rn. 13 mwN; Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 120/06 - FamRZ 2008, 1243 Rn. 7).

Die Berufungsschrift kann nach § 130 a ZPO auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Dieses elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen (§ 130 a Abs. 2 ZPO). Diese sind geregelt in der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017 (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV, BGBl. I S. 3803; geändert durch Verordnung vom 9. Februar 2018, BGBl. I S. 200), die nach § 10 Abs. 1 ERVV zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Das elektronische Dokument muss zudem mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130 a Abs. 3 und 4 ZPO). Ein mit einer qeS versehenes Dokument darf lediglich auf einem sicheren Übermittlungsweg oder an das EGVP übermittelt werden (§ 4 Abs. 1 ERVV). Mehrere elektronische Dokumente dürfen hingegen nicht mit einer gemeinsamen qeS übermittelt werden (§ 4 Abs. 2 ERVV).

b) Diesen rechtlichen Vorgaben wird die am 18. Juni 2018 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufungsschrift der Beklagten nicht gerecht, weil die nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von §§ 130 a Abs. 3 und 4 ZPO, 4 Abs. 1 Nr. 1 ERVV, sondern an das EGVP übermittelte Berufungsschrift nicht mit der erforderlichen qeS versehen ist. Die sog. Container-Signatur, die sich auf den mehrere Dateien umfassenden Nachrichtencontainer bezieht und in der Papierwelt einer Unterschrift auf der Rückseite eines verschlossenen Briefumschlags entspricht (vgl. Bacher NJW 2015, 2753, 2754), ist nicht ausreichend.

aa) Allerdings hat der Bundesgerichtshof für die vor dem 1. Januar 2018 geltende Rechtslage entschieden, dass die im EGVP-Verfahren eingesetzte qualifizierte Container-Signatur den Anforderungen des § 130 a Abs. 1 Satz 2 ZPO aF, wonach die verantwortende Person das Dokument mit einer qeS versehen sollte, genügte. Denn mit ihr würden Sinn und Zweck der qualifizierten Signatur - die Sicherstellung von Authentizität und Integrität des Dokuments - erreicht. Die qualifizierte Container-Signatur sei dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur die jeweils übersandte Einzeldatei, sondern die gesamte elektronische Nachricht umfasse, mit der die Datei an das Gericht übermittelt werde. Ebenso wie die Einzelsignatur stelle sie sicher, dass die Nachricht auf dem Weg vom Sender zum Empfänger nicht manipuliert worden sei, und ermögliche die Feststellung, ob der Inhalt der übersandten Dateien verändert worden sei. Darüber hinaus biete die qualifizierte Container-Signatur eine der Einzelsignatur vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen des Verfassers, die übersandten Dokumente in den Rechtsverkehr zu bringen (BGHZ 197, 209 = NJW 2013, 2034 Rn. 10 mwN).

bb) Für die seit dem 1. Januar 2018 geltende Rechtslage kann diese Rechtsprechung jedoch keine Geltung mehr beanspruchen. Wegen der in §§ 130 a Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 ZPO, 4 Abs. 2 ERVV getroffenen Regelung ist eine Container-Signatur nicht mehr zulässig.

(1) Durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) ist § 130 a ZPO mit Wirkung vom 1. Januar 2018 vollständig neu gefasst und durch die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ergänzt worden. Die Sollvorschrift des § 130 a Abs. 1 Satz 2 ZPO aF zur qeS ist durch die Muss-Bestimmung in § 130 a Abs. 3 ZPO ersetzt worden. § 4 Abs. 2 ERVV untersagt nun die Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente mit einer gemeinsamen qeS.

(2) Die Reichweite des § 4 Abs. 2 ERVV ist streitig. Teilweise wird vertreten, die Vorschrift sei einschränkend auszulegen. Bei verfassungskonformem Verständnis erfasse sie nicht mehrere elektronische Dokumente, die sämtlich ein Verfahren betreffen und bei nicht elektronisch geführten Akten mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt werden (vgl. OLG Brandenburg NJW 2018, 1482, 1483 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen Zwischenurteil vom 10. Oktober 2018 - L 2 R 117/18 - juris Rn. 30 ff.; Spitz jurisPR-ITR 21/2018 Anm. 6). Demgegenüber versteht die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Regelung als generelles Verbot der Container-Signatur (vgl. BSG Beschlüsse vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 5 f. und NJW 2018, 2222 Rn. 4 ff.; BVerwG NVwZ 2018, 1880 Rn. 6 ff.; BAG NJW 2018, 2978 Rn. 5 ff.; OLG Frankfurt NJW-RR 2018, 1456 f.; HessLAG Urteil vom 18. Oktober 2018 - 11 Sa 70/18 - juris Rn. 23; Bacher MDR 2019, 1, 6; Plum NJW 2018, 2224; Müller NVwZ 2018, 1882 f. und NJW 2018, 2979 f.; BeckOK ZPO/von Selle [Stand: 1. März 2019] § 130 a Rn. 15; Musielak/Voit/Stadler ZPO 16. Aufl. § 130 a Rn. 5; Saenger/Kießling ZPO 8. Aufl. § 130 a Rn. 18; Thomas/Putzo/Seiler ZPO 40. Aufl. § 130 a Rn. 3; Zöller/Greger ZPO 32. Aufl. § 130 a Rn. 8).

(3) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.

(a) Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 ERVV untersagt nach ihrem Wortlaut die Verwendung einer qeS für mehrere elektronische Dokumente. Gemäß dem im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers sollte mit der Neuregelung die nach der bis dahin geltenden Rechtslage zulässige Möglichkeit, mehrere elektronische Dokumente mit einer Container-Signatur zu versehen, ausgeschlossen werden. Andernfalls wäre nach Ansicht des Gesetzgebers eine Überprüfung der Authentizität und Integrität der elektronischen Dokumente im weiteren Verfahren vor allem für den Prozessgegner oder andere Verfahrensbeteiligte regelmäßig nicht mehr möglich, weil nach der Trennung der elektronischen Dokumente die "Container-Signatur" nicht mehr überprüft werden könne. Insbesondere bei mehrere Verfahren betreffenden elektronischen Dokumenten werde eine solche Prüfung im Zuge der (geplanten) verbindlichen Einführung der elektronischen Akte auch für Gerichtspersonen unmöglich (vgl. BR-Drucks. 645/17 S. 15).

Für das von der Rechtsbeschwerde vertretene Normverständnis, das Verbot beziehe sich nur auf die Versendung mehrerer für sich genommen formbedürftiger Dokumente und nicht (wie hier) auf die eines einzigen formbedürftigen Schriftsatzes nebst Anlage, findet sich weder im - nicht nach der Art der elektronischen Dokumente differenzierenden - Wortlaut noch im gesetzgeberischen Willen ein Anhaltspunkt. Der Ausschluss der Container-Signatur schafft vielmehr die von der Aktenführung - in Papierform und/oder elektronisch - unabhängige rechtliche Grundlage, um für die gesamte Verfahrensdauer und alle Akteure nachprüfbar sicherzustellen, dass das Dokument mit einem nach Eingang bei Gericht unveränderbaren Inhalt einer bestimmten verantwortenden Person zuzuordnen ist (vgl. auch BSG Beschluss vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 6). Dies lässt sich durch eine Container-Signatur nicht gewährleisten, weil nur das Dokument, nicht jedoch der Container mit Sicherheit zur elektronischen Akte gelangt und die lediglich an dem Container angebrachte Signatur mithin verloren gehen kann (vgl. Siegmund NJW 2017, 3134, 3135). Insoweit verhält es sich nicht anders als bei einer nicht unterschriebenen Berufungsbegründungsschrift, die in den Gerichtsbriefkasten in einem verschlossenen - aber nicht zur Akte genommenen - Briefumschlag eingeworfen wird, der einen vom Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Vermerk trägt. Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein solcher auf dem Umschlag aufgebrachter Vermerk die Unterschrift auf dem bestimmenden Schriftsatz nicht ersetzen kann (BGH Beschluss vom 27. März 1980 - VII ZB 1/80 - VersR 1980, 765).

(b) Dem mit der Regelung verfolgten Ziel der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (vgl. BSG Beschluss vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 6) würde es widersprechen, bei einer Aktenführung (auch) in Papierform entgegen dem Wortlaut der Norm eine mehrere elektronische Dokumente umfassende Container-Signatur ausreichen zu lassen. Der Absender elektronischer Dokumente wäre nämlich nur dann in die Lage versetzt, formunwirksame Übermittlungen zu vermeiden, wenn er Kenntnis von der Art der jeweiligen gerichtlichen Aktenführung hätte. Zudem würden auf diese Weise Absender elektronischer Dokumente in Abhängigkeit davon ungleich behandelt, ob das empfangende Gericht elektronische oder (auch) Papier-Akten führt (vgl. BSG NJW 2018, 2222 Rn. 6). Im Übrigen würde die Befugnis des Gesetzgebers, Prozessordnungen so auszugestalten, dass sie neben dem Individualrechtsschutz zugleich auch der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit Rechnung tragen, in Frage gestellt, wenn Gerichte gestützt auf normtextlich nicht fixierte Motivlagen des Gesetzesgebers in eine jeweils einzelfallbezogene Prüfung der Anwendbarkeit von Rechtsnormen eintreten dürften. Rechtsnormen sind wegen ihres Rechtssatzcharakters typischerweise genereller Natur und erheben deshalb einen gerade einzelfallunabhängigen Geltungsanspruch (BVerwG NVwZ 2018, 1880 Rn. 8).

(c) Die Regelung beschränkt den Zugang zu Gericht auch nicht unzumutbar und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Justizgewährungsanspruch vereinbar. Den Rechtssuchenden stehen zumutbare andere Übermittlungswege wie unter anderem der Versand des mit einer qeS versehenen elektronischen Dokuments an das EGVP zur Verfügung (vgl. BSG Beschluss vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 6; BAG NJW 2018, 2978 Rn. 7; BVerwG NVwZ 2018, 1880 Rn. 8).

c) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, gemäß § 130 a Abs. 6 Satz 2 ZPO sei selbst bei Annahme einer formunwirksamen Berufungseinlegung Heilung eingetreten. Dabei kann dahinstehen, ob diese Bestimmung bei einem Verstoß gegen § 4 Abs. 2 ERVV einschlägig ist (dies verneinend etwa BSG Beschluss vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 7 f.; BAG NJW 2018, 2978 Rn. 8 ff.). Denn die Beklagte hat das die Berufungseinlegung beinhaltende elektronische Dokument nicht mit einer qeS nachgereicht, sondern in ihrem Wiedereinsetzungsantrag und mithin durch ein neues Dokument erklärt, Berufung einzulegen. Hierfür gilt die Zugangsfiktion des § 130 a Abs. 6 Satz 2 ZPO nicht, weil die Vorschrift eng auszulegen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Mai 2019 - XII ZB 8/19 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Berufungsfrist abgelehnt.

a) Die Fristversäumung war nicht unverschuldet im Sinne des § 233 ZPO, weil die Beklagte sich den Rechtsirrtum ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn die Partei, die dem Anwalt die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er dieser als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Ein Rechtsirrtum ist jedoch ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (Senatsbeschluss vom 11. März 2015 - XII ZB 572/13 - FamRZ 2015, 1006 Rn. 34 mwN).

Der vorliegende Irrtum war nicht unvermeidbar in diesem Sinne. Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, war bereits Ende 2017 über den bevorstehenden Ausschluss der Container-Signatur in der einschlägigen Fachliteratur berichtet worden (vgl. etwa Müller NJW 2017, 2713 f.; Siegmund NJW 2017, 3134, 3135). Dass ihr Prozessbevollmächtigter gleichwohl auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg (NJW 2018, 1482, 1483 ff. mit ablehnender, auf das anwaltliche Haftungsrisiko hinweisender Anmerkung von Müller) vertraut hätte, macht die Beklagte schon nicht geltend. Im Übrigen war diese Entscheidung mit Blick auf ihre vom Regelungswortlaut abweichende Auslegung sowie auf die damals bereits veröffentlichte Kommentarliteratur (vgl. etwa BeckOK ZPO/von Selle [Stand: 1. März 2018] § 130 a Rn. 15; Musielak/Voit/Stadler ZPO 15. Aufl. [2018] § 130 a Rn. 5) nicht geeignet, ein Vertrauen des Rechtsanwalts darauf zu begründen, dass sich ihr auch andere Rechtsmittelgerichte anschließen würden.

Soweit sich die Beklagte ohne weitere Substanziierung und ohne Bezug zum hiesigen Berufungsgericht darauf beruft, ihr Prozessbevollmächtigter habe auch nach dem 1. Januar 2018 in einer Vielzahl von Verfahren mit Billigung sämtlicher damit befasster Gerichte Container-Signaturen verwendet, ist das nicht geeignet, ein Verschulden im Sinne des § 233 ZPO auszuräumen. Denn es ist damit nicht dargetan, dass die irrige Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten durch das Gericht veranlasst und so ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, der eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnte (vgl. dazu BGH Beschluss vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und 2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; BVerfG NJW 2004, 2887, 2888).

b) Ob das Oberlandesgericht im Rahmen seiner gerichtlichen Fürsorgepflicht die Beklagte im gewöhnlichen Geschäftsgang auf den Formmangel hätte hinweisen müssen und ein Verstoß gegen diese Hinweispflicht eine Wiedereinsetzung unabhängig vom Verschulden der Partei begründen könnte (vgl. BSG Beschlüsse vom 20. März 2019 - B 1 KR 7/18 B - juris Rn. 9 f. und NJW 2018, 2222 Rn. 10 f.), bedarf hier keiner Entscheidung. Da die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist eingelegt wurde, wäre die Fristversäumnis auch dann eingetreten, wenn das Oberlandesgericht den Formfehler im gewöhnlichen Geschäftsgang bemerkt und auf ihn hingewiesen hätte. 

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