XII ZB 183/16
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. März 2016 wird verworfen, soweit sie sich gegen den Ausspruch zur Zahlung rückständiger und laufender schuldrechtlicher Ausgleichsrente wendet.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Wert: 4.002 €
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um den Wertausgleich nach der Scheidung.
Die am 21. Juni 1986 geschlossene Ehe der 1948 geborenen Antragstellerin und des 1940 geborenen Antragsgegners wurde auf den am 5. Januar 2001 zugestellten Antrag durch Urteil vom 23. Mai 2005 geschieden.
In der gesetzlichen Ehezeit (1. Juni 1986 bis zum 31. Dezember 2000) haben beide Eheleute Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben; der Antragsgegner hat darüber hinaus ein betriebliches Anrecht bei der H. Pensionskasse erlangt.
Das Amtsgericht hatte den Versorgungsausgleich im Scheidungsverbund geregelt. Dabei hatte es die gesetzlichen Rentenanrechte im Wege des Rentensplittings durch Übertragung von Rentenanwartschaften vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin ausgeglichen. Das betriebliche Anrecht des Antragsgegners bei der H. Pensionskasse hatte das Amtsgericht unter Anwendung der seinerzeit gültigen Barwert-Verordnung dynamisiert und im Wege des erweiterten Splittings weitere monatliche Rentenanwartschaften in Höhe des damaligen Höchstbetrags von 45,81 € vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen. Hinsichtlich des sich nach damaliger Berechnung ergebenden Differenzbetrags wurde die Antragstellerin auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.
Die Antragstellerin bezieht seit dem 1. Dezember 2013 eine gesetzliche Altersrente in Höhe von 690,67 €. Dem zwischenzeitlich wiederverheirateten Antragsgegner steht eine gesetzliche Altersrente in Höhe von netto 867,58 € zu, die in vollem Umfang von einem Drittgläubiger gepfändet wird. Sein Anspruch auf Betriebsrente gegenüber der H. Pensionskasse beläuft sich auf netto 4.317,75 €. Aufgrund von Pfändungen der Landesjustizkasse B. und des Finanzamts B. H. wird diese Betriebsrente nur in Höhe des pfändungsfreien Betrags von 2.386,11 € an den Antragsgegner ausgezahlt.
Mit ihrem im November 2013 eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab Februar 2015 eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 830,53 € und für den Zeitraum von Dezember 2013 bis Januar 2015 einen Rückstandsbetrag in Gesamthöhe von 11.612,93 € zu zahlen. Ferner hat es den Antragsgegner dazu verpflichtet, seinen Anspruch auf Leistungen aus der Altersversorgung gegen die H. Pensionskasse in Höhe von monatlich 830,53 € an die Antragstellerin abzutreten, sobald "die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts B. H. vom 17. Dezember 2013 (…) und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Landesjustizkasse B. vom 2. Juli 2012 (…) aufgehoben wurden".
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung teilweise abgeändert, die von dem Antragsgegner seit April 2016 zu zahlende laufende monatliche Ausgleichsrente auf 748 € herabgesetzt und ihn für den Zeitraum von Dezember 2013 bis März 2016 zur Zahlung eines Rückstandsbetrags in Gesamthöhe von 20.930 € verpflichtet. Darüber hinaus hat es den Antragsgegner dazu verpflichtet, seine Rentenansprüche gegen die H. Pensionskasse in Höhe von monatlich 748 € für die Zeit ab Rechtskraft der Entscheidung an die Antragstellerin abzutreten.
Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsgegner weiterhin den vollständigen Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt: Die an die Antragstellerin zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente sei wegen des zu berücksichtigenden öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs und anfallender Krankenversicherungsbeiträge zu reduzieren. Darüber hinaus sei die Durchführung des Wertausgleichs nach der Scheidung nicht unbillig im Sinne des § 27 VersAusglG. Der Antragsgegner habe seinen Vorwurf, die Antragstellerin habe eigene Vermögenswerte im Millionenbereich verschleiert, weder konkret dargelegt noch bewiesen und zu seinen Unterhaltspflichten gegenüber seiner jetzigen Ehefrau keinen hinreichend substantiierten Vortrag gehalten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der notwendige Selbstbehalt des Antragsgegners bei Erfüllung des Ausgleichsanspruchs verletzt sei, weil ihm nach Abzug der schuldrechtlichen Ausgleichsrente vom pfändungsfreien Teil seiner Altersbezüge noch ein Betrag von rund 1.530 € verbleibe. Die Antragstellerin könne für ihren künftig fällig werdenden Ausgleichsanspruch gemäß § 21 Abs. 1 VersAusglG eine Abtretung der Ansprüche des Antragsgegners gegen die H. Pensionskasse verlangen. Vorschriften, die eine Übertragung bzw. Pfändung von laufenden Versorgungen verbieten, stünden der Abtretung nicht entgegen. Die H. Pensionskasse habe die schuldrechtliche Ausgleichsrente ab dem auf die Rechtskraft der Entscheidung folgenden Monat aus dem pfändungsfreien Betrag an die Antragstellerin zu zahlen. Die übrigen Pfändungen seien unverändert wie bisher weiter zu bedienen.
2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die im angefochtenen Beschluss enthaltene Verpflichtung zur Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG richtet, ist sie unzulässig. Insoweit fehlt es an der nach § 70 Abs. 1 FamFG erforderlichen Zulassung durch das Beschwerdegericht, weil die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf den Ausspruch der Abtretung nach § 21 VersAusglG beschränkt ist.
a) Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde muss nicht in der Beschlussformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist (vgl. BGH Beschlüsse vom 12. September 2018 - VII ZB 56/15 - NZBau 2018, 738 Rn. 12 und vom 21. August 2018 - VIII ZR 186/17 - NZM 2018, 983 Rn. 14 mwN).
So liegt der Fall hier. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde am Ende der Entscheidungsgründe "im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Auslegung des § 21 VersAusglG" zugelassen. Damit hat das Beschwerdegericht erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass es einen die Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietenden Rechtsfortbildungsbedarf (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. FamFG) nur bezüglich der - abweichend vom Amtsgericht beurteilten - Klärung der Rechtsfrage erblickt, ob § 21 Abs. 3 VersAusglG den vollstreckungsrechtlichen Schuldnerschutz durchbrechen und der ausgleichsberechtigten Person die Durchsetzung ihrer Ansprüche auch dann ermöglichen kann, wenn der nach § 850 c ZPO pfändbare Teil des Einkommens der ausgleichspflichtigen Person bereits durch andere Gläubiger gepfändet wird.
Diese Rechtsfrage ist nur für den Abtretungsanspruch nach § 21 VersAusglG von Bedeutung und konnte aus Sicht des Beschwerdegerichts unabhängig von der Verpflichtung zur Zahlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG beantwortet werden. Denn von dem für die Auslegung der Zulassungsentscheidung maßgeblichen Standpunkt des Beschwerdegerichts aus soll der angemessene Lebensbedarf des Antragsgegners und seiner (nach Ansicht des Beschwerdegerichts) nicht unterhaltsbedürftigen jetzigen Ehefrau auch dann nicht gefährdet sein, wenn die schuldrechtliche Ausgleichsrente in der vollen zuerkannten Höhe aus dem pfändungsfreien Betrag der Renteneinkünfte gezahlt würde. Die Durchbrechung der Pfändungsgrenzen hätte daher aus Sicht des Beschwerdegerichts keine Auswirkungen, denen im Rahmen der Härteklausel des § 27 VersAusglG bei der Bemessung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente Rechnung getragen werden müsste (vgl. dazu auch Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 21 VersAusglG Rn. 18; Erman/Norpoth/Sasse BGB 15. Aufl. § 21 VersAusglG Rn. 5; BeckOGK/Fricke VersAusglG [Stand: 1. November 2018] § 21 Rn. 25; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 4 Rn. 65; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 682).
b) Die Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch wirksam. Zwar ist eine solche Beschränkung auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente unzulässig. Anerkanntermaßen kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde aber wirksam auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des gesamten Verfahrensstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - FamRZ 2013, 109 Rn. 9 mwN; BGH Beschluss vom 21. August 2018 - VIII ZR 186/17 - NZM 2018, 983 Rn. 16 mwN).
Davon ist unter den hier obwaltenden Umständen auszugehen. Der Abtretungsanspruch nach § 21 VersAusglG kann auch nach rechtskräftiger gerichtlicher Festsetzung der Ausgleichsrente in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 21 VersAusglG Rn. 10; Erman/Norpoth/Sasse BGB 15. Aufl. § 21 VersAusglG Rn. 7; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 685; Borth Versorgungsausgleich 8. Aufl. Kap. 4 Rn. 69). Dann ist es für einen Rechtsmittelführer erst recht möglich, das Rechtsmittel bei einer gleichzeitigen gerichtlichen Entscheidung über die Zahlung der Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG und über die Abtretung der Ansprüche gegen den Versorgungsträger nach § 21 VersAusglG auf den Ausspruch zur Abtretung zu beschränken und den Zahlungsausspruch in Rechtskraft erwachsen zu lassen.
3. Im Umfang ihrer Zulassung ist die Rechtsbeschwerde nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht den amtsgerichtlichen Ausspruch zur Abtretung abgeändert.
Unter der Geltung des bis zum 31. August 2009 gültigen Rechts hat der Senat zur Vorgängervorschrift des § 1587 i Abs. 2 BGB aF im Einklang mit den Intentionen des damaligen Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 168) mehrfach ausgeführt, dass dem Ausgleichsberechtigten durch die Abtretung die Realisierung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente erleichtert und ihre unbeschränkte, auch über Pfändungsgrenzen hinausgehende Durchsetzung ermöglicht werden solle (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2008 - XII ZB 148/06 - FamRZ 2008, 1841 Rn. 10 und vom 11. September 2007 - XII ZB 177/04 - FamRZ 2007, 2055 Rn. 25). Der Gesetzgeber des reformierten Versorgungsausgleichs hat mit § 21 Abs. 3 VersAusglG eine inhaltlich identische und lediglich sprachlich angepasste Vorschrift geschaffen, die in gleicher Weise wie die Vorgängervorschrift klarstellen soll, dass der schuldrechtliche Versorgungsausgleich in seiner Bedeutung höher eingestuft wird als die Schutzvorschriften, die eine Übertragung und Pfändbarkeit von laufenden Versorgungen verbieten (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 64 f.). Nur dieses Verständnis wird dem Versorgungsausgleich gerecht. Denn der Ausgleichsberechtigte hat keinen geringeren Anspruch auf den Ertrag des durch gemeinschaftliche Lebensleistung in der Ehezeit geschaffenen Vorsorgerechts als der Ausgleichspflichtige. Sind beide aber im Hinblick auf das Vorsorgerecht grundsätzlich gleichberechtigt, können die einzig den Schutz des ausgleichspflichtigen Vorsorgerechtsinhabers bezweckenden Übertragungs- und Pfändungshindernisse im Verhältnis zum Ausgleichsberechtigten nicht gelten (MünchKomm/Eichenhofer BGB 7. Aufl. § 21 VersAusglG Rn. 5; vgl. auch BT-Drucks. 7/650 S. 168).
Für den Abtretungsanspruch ist es deshalb für sich genommen ohne Belang, ob der über der Pfändungsgrenze liegende Teil der aus dem Versorgungsanrecht bezogenen Einkünfte bereits von dritten Gläubigern gepfändet wird. Der auf diesen Pfändungen beruhende Einkommensrückgang bei der ausgleichspflichtigen Person ist - wofür das Beschwerdegericht im Streitfall keinen Anlass gesehen hat - gegebenenfalls im Rahmen des § 27 VersAusglG bei der Bemessung der Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG zu berücksichtigen.